Donnerstag, 19. Juli 2018

Eos, die rosenfingrige Göttin der Morgenröte ...

... verehrt von unseren Vorfahren

Ein Gemälde des französischen Rokoko-Malers Honoré Fragonard (1732–1806) (Wiki): Ein duftendes Weib, Verkörperung der Morgenröte, schwebt im Licht, während im Dunkel auf dem Boden noch in letzten Träumen die Verkörperung der Nacht liegt.

Abb.: Honoré Fragonard (1732-1806) - Die Göttin Aurora triumphiert über die Nacht (1755)

Über das gesamte Gemälde ist viel rosiger Duft ausgebreitet. Auch schon Homer beschreibt Eos als anmutige, schön gelockte, rosenarmige und rosenfingerige Gottheit (ῥοδοδάκτυλος Ἠώς rhododaktylos Ēōs) in einem safran-farbigen Kleid (Wiki). Auf die Bezeichnung "rosenfingrig" muß man ja auch erst einmal kommen. Und sicherlich ist das Gemälde von Fragonard von der Dichtung Homers inspiriert.

Aber schon unsere Vorfahren am Beginn der Bronzezeit müssen irgendwie ähnlich empfunden haben wie dieser Rokoko-Künstler und wie Homer. Laut einer neuen Forschungsstudie haben sie Weihgaben für die Sonnen-Gottheit in der freien Natur abgelegt und zwar am liebsten an Orten mit freiem Blick zum Sonnenaufgang, insbesondere am Tag der Sommer- oder der Wintersonnenwende (1).

Sorgfältig ausgewählte Bronze-Gegenstände wurden in der Frühen Bronzezeit in Schottland an auffallenden Orten innerhalb der Landschaft als Weihgaben für die Gottheit niedergelegt. Mehr als die Hälfte dieser Orte hatten direkte Sicht auf den Punkt des Sonnenaufgangs oder Sonnenuntergangs zur Winter- oder Sommersonnenwende. Diese Forschungsergebnisse erinnern daran, daß die Beobachtung von Sonnenauf- und -untergang an markanten Punkten in der Landschaft auch eine Rolle spielt etwa bei der Himmelsscheibe von Nebra (2).

Der Schwerpunkt scheint auf der Wintersonnenwende gelegen zu haben. In einer früheren archäologischen Studie war schon dargelegt worden, daß diese Bronzegegenstände immer an hervorgehobenen Punkten der Landschaft niedergelegt worden waren, an landschaftlich schönen Punkten, auch in Grenzbereichen von Landschaften. Das heißt etwa am Übergang von Ackerland zu Weideland (3). Alles Umstände, die bezeugen, daß unsere Vorfahren in der Bronzezeit Sinn für die Schönheiten der Landschaft hatten. 

Wenn es solche Sitten von Sachsen-Anhalt bis hinauf nach Schottland gegeben hat in der Frühen Bronzezeit, dann wird deutlich, von welcher Sehnsucht nach der Sonne die Menschen dieser Zeit beseelt gewesen sind, welche Verehrung sie ihr zugedacht haben. Es ist dies eine Verehrung, die sich ja auch noch in der "Ilias" von Homer wiederfindet, wenn er etwa Eos, die Göttin der Morgenröte (Wiki). Und in diese Verehrung reiht sich auch der "Sonnenwagen von Trundholm" (4) ein.

Aber diese Sehnsucht gab es in Mitteleuropa schon vor dem Eintreffen der Indogermanen. In zahlreichen Kreisgrabenanlagen wie der von Goseck aus dem Mittelneolithikum kann man am Tag der längsten Nacht beobachten, wie im Südwesttor die Sonne untergeht. Am Morgen danach geht die Sonne im Südosttor wieder auf (Wiki). Vermutlich haben die Indogermanen die Verehrung der Sonne in Mitteleuropa von den Vorgängerkulturen übernommen.
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  1. The Placing of Early Bronze Age Metalwork Deposits: New Evidence from Scotland. By Richard Bradley, Chris Green, Aaron Watson. First published: 01 February 2018, Oxford Journal of Archaeology, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/ojoa.12135?campaign=woletoc& 
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Himmelsscheibe_von_Nebra 
  3. Bading, Ingo: Menschen aus der Bronzezeit hatten ein Auge für die Landschaft. 13.2.2018, https://plus.google.com/+IngoBading/posts/LzyU4J9NFgR 
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Sonnenwagen_von_Trundholm

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