Donnerstag, 8. März 2012

Deutscher Widerstand gegen Hitler - Naive Idealisten, Mitläufer und verabscheuungswürdige Verbrecher

Ehrliche, gutmeinende deutsche Patrioten einerseits - deutsche "Beneschs" andererseits

Im folgenden einige vorläufige Überlegungen nach dem Studium neuerer zeitgeschichtlicher Literatur (1 - 3). Daß es einen neuen, einen "Zweiten" Weltkrieg geben würde und müsse, um "die Menschheit", "Das Reich" (der "Kommenden") dorthin zu bringen, wohin sie der eigenen Meinung nach sowieso hinkommen würden, hingebracht werden mußten oder sowieso "durch die Vorsehung" oder "das harte, gesetzmäßige, unerbittliche, grausame, weltgeschichtliche Schicksal" gebracht werden würden - einem "unsentimentalen" Schicksal, dem es sinnlos wäre, sich entgegenzustellen, das war unter den ("nationalbolschewistischen") okkulten und okkult-nahen Hardcore-Ideologen der 1920er und 1930er Jahre ausgemachte oder weitgehend ausgemachte Sache. Zu diesen zählen etwa der (nachmalige) Freimaurer Friedrich Hielscher ("Das Reich", 1932), der Buddhist Karl Strünckmann ("Adolf Hitler und die Kommenden", 1931), der Hochgradfreimaurer Paul Köthner ("Pandaimonion", 1928), Oswald Spengler, Ernst Jünger und viele andere mehr. Gerne auch unter sonstigen deutschen "Neuen Nationalisten" und "Nationalbolschewisten", gerne auch unter okkultverblödeten deutschen Mazdaznan-Anhängern wie Ernst Kallmeyer. Plakate wie das folgende konnten sie nicht mehr ernüchtern.


"Bolschewismus heißt, die Welt im Blut ersäufen" - Plakat 1919

Manchen - wie Ernst Jünger - tat sich in dieser Sichtweise ein großes "europäisches Imperium" auf, das sich dem amerikanischen und russischen "Imperium" entgegenstellen würde. Aber letztlich war in dieser Sichtweise ebenso inbegriffen, was der tschechische Freimaurer Eduard Benesch 1939 (GAj 2012) in die Worte faßte "Rußland wird in Mitteleuropa das Sagen haben ... Geographisches Gesetz." Und in diesem Sinne zelebrierte man auch auf deutscher Seite die "grandiose" Bombardierung von Paris bei einem Glas Rotwein (Ernst Jünger) und war sich dabei klar, daß das so glorreich zelebrierte europäische "Imperium" - "zunächst" - durch ein unsagbares Elend würde gehen "müssen" (- was "faszinierend" zu beobachten wäre bei einem Glas Rotwein). 

Derartige Ideologen bereiteten die westlichen und mitteleuropäischen Eliten auf das vor, was "kommen würde". (So wie heute Wolfgang Schäuble sich selbst und die Eliten auf das vorbereitet, was "kommen müsse". So wie offenbar auch Otto Schily dabei ... "kosmischen Gesetzen" gehorcht (siehe das Ende des  Filmes "Die Anwälte").

Man möchte nun nach neueren Veröffentlichungen (2, 3) mutmaßen, daß damals auf deutscher Seite zu diesen Kreisen der "deutschen Beneschs" sehr bewußt auch Leute gehörten wie: Wilhelm Canaris (Wehrmacht-Abwehr), Reinhard Gehlen (Wehrmacht-Abwehr Ost), Alexis von Roenne (Wehrmacht-Abwehr West), Hans Speidel, der Separatistenführer von 1923 Konrad Adenauer und auch dessen späterer Geheimdienstmann Friedrich Heinz - und viele dergleichen mehr. Sie alle kamen, soweit sie das Jahr 1945 überlebt hatten, mit der Situation danach ... "glänzend" zurecht. Wurden sofort in westliche Dienste übernommen. Die Zeit, die sie erwartet hatten, war genauso gekommen, wie sie sie erwartet hatten, und wie sie auch auf diese hingearbeitet hatten oder wie sie sie sich "grandios" vollziehen sahen - bei einem Glas Rotwein in Paris.

"Verratene Verräter"

Wenn man nun ein Buch liest wie das von Hans Meiser "Verratene Verräter - Die Schuld des 'Widerstandes' am Ausbruch und Ausgang des Zweiten Weltkrieges" (1), wird einem erst bewußt, wie leicht man Politiker am Narrenseil ihrer Naivität leiten kann, wenn sie nicht durch resolute Hintergrundpolitik-Kritik und Lobbypolitik-Kritik vor eben dieser ihrer abgrundtiefen Naivität gefeit sind. So möchte man etwa die darin behandelten "Verratenen Verräter" wie Ernst von Weizsäcker, Ludwig Beck, Erwin von Witzleben ehrlichste Absichten - im Sinne des modernen, humanistischen Weltbildes einer offenen freien Gesellschaft - in keiner Weise absprechen. Aber wie konnten sie auf den geradezu absurd-naiven Gedanken kommen, sich ausgerechnet in der damaligen britischen Politik die wesentlichsten Helfer gegen Hitler und gegen den Ausbruch eines neuen Weltkrieges zu - - - "erhoffen"? Und zu erwarten? - - - Wie?

Daß solche Leute wie Canaris, Gehlen, von Roenne, Speidel etc. diese Naivität in ihrem Umfeld bewußt förderten - ohne daß sie ihre eigenen Agenden "im Geiste eines Eduard Benesch" dabei offenlegten -, wird man ebenfalls kaum bezweifeln wollen. Aber waren von Weizsäcker und Beck wirklich so unselbständige Naturen, daß sie nicht mehr in Erinnerung hatten, daß es echt und zuverlässig deutschfreundliche Tendenzen in der britischen Politik schon seit den Vorkriegskrisen (vor 1914) und bis 1933 nie gegeben hatte? Warum sollte gerade die Machtergreifung Adolf Hitlers etwas daran geändert haben? Warum sollte nicht gerade diese Machtergreifung auch von eben dieser deutschfeindlichen britischen Politik in letzter Instanz sogar begrüßt worden sein und weiterhin gestützt werden? Wie es ja Churchill und Loyd George in damaliger Zeit auch einigermaßen offen, heuchlerisch und zynisch zum Ausdruck gebracht hatten. Nämlich daß sie Hitler toll fanden - ?

Diese grenzenlose, abgrundtiefe Naivität der "Verratenen Verräter" von Weizsäcker, Beck, von Witzleben, war es, die es der britischen Politik und den hinter ihr stehenden Kreisen so leicht ermöglichte, 1938/39 die Bestrebungen des deutschen Widerstandes auszutricksen und zu verschaukeln. Nein, mit so viel Naivität konnte man den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht verhindern. - Und wie wir gelernt haben, gibt es seither in den Eliten der westlichen Welt gegenüber Kriegsbestrebungen noch viel weniger "Widerstand" als jenen der "Verratenen Verräter" der Jahre 1938 und 1939.

Der General Ludwig Beck hatte sich mindestens über ein Jahr hinweg intensivst auch mit der Hintergrundpolitik-Kritik des Generals Erich Ludendorff auseinandergesetzt. Und hatte doch offenbar so gut wie nichts daraus gelernt, als er 1938 und 1939 ausgerechnet durch das Hoffen auf eine starke Haltung der britischen Politik - "zum rechten Zeitpunkt" - hoffte, Hitler stürzen und den Ausbruch des Krieges verhindern zu können.

Offenbar hat er sich - wie von Weizsäcker - nie klar gemacht, daß man einen solchen Kriegsausbruch gegenüber einem solchen Kriegshetzer wie Hitler ganz ebenso verhindern mußte, wie gegenüber solchen Kriegshetzern wie sie allseits in der britischen Politik spätestens seit 1914 saßen. Und auch gegenüber zahllosen "deutschen Beneschs" in den eigenen Reihen des Widerstandes, die schicksalsgläubig und heuchlerisch den Krieg gerne auch herbeizführen gewillt waren, da man nur durch ihn das Hitler-Regime stürzen könne ...

Ehrliche, gutmeinende deutsche Patrioten einerseits - deutsche "Beneschs" andererseits

Und welche Motive hatten nun all jene, die in "Verrat an der Ostfront" (2) an den Pranger gestellt werden? Der Generalquartiermeister Eduard Wagner (1894-1944) (Wiki) etwa? Kann man so viel dort geschilderte Sabotage gegenüber der Kriegführung im Osten aus bloßer Naivität heraus tun? Man hat kaum den Eindruck, daß die in diesem Buch immer wiederkehrenden Personen gutmeinende aber naive Patrioten waren (wie etwa von Weizsäcker, Beck, von Witzleben oder auch Franz Halder), und daß sie die deutsche Kriegsführung im Osten schwächten und sabotierten, weil sie glaubten, dadurch ausgerechnet - und nur - das Hitler-Regime stürzen zu können. Das Hitler-Regime stürzen, indem man der Roten Armee den Weg bereitet? So viel Naivität kann man diesen Leuten nicht zutrauen. Wo - beispielsweise - Eduard Wagner selbst 1919 an der Niederschlagung der bayerischen Sowjetrepublik beteiligt war. (Wie so viele übrigens, die dann als "Nationalbolschewisten" schon wenige Jahre später die Sowjetunion auch in politisch rechtsstehenden Kreisen glorifizierten - man denke an Friedrich Hielscher.)

Diese Leute wird man also eher der ersten in diesem Beitrag behandelten Kategorie von Leuten zuordnen müssen, die "schicksalsgläubig" - wie der Exilpolitiker und Freimaurer Eduard Benesch, nur eben auf deutscher Seite - den Weg Rußlands nach Mitteleuropa hinein ebneten.

Zu einer Zuordnung von Eduard Wagner zur Kategorie Friedrich Hielscher, Werner Best, Ernst Jünger würde passen, was er am 9. September 1941 an seine Frau mit Bezug auf die Aushungerung Leningrads schrieb (Wiki):
Zunächst muß man ja Petersburg schmoren lassen, was sollen wir mit einer 3 1/2 Mill. Stadt, die sich nur auf unser Verpflegungsportemonnaie legt. Sentimentalitäten gibt’s dabei nicht.
"Sentimentalitäten" kannte Wagner (wie Hielscher, wie Best ...) weder gegenüber dem eigenen noch gegenüber dem russischen, noch gegenüber anderen Völkern (dem polnischen, jüdischen etc.). So war das Denken jener, die nicht nur auf westalliierter Seite, sondern auch auf deutscher Seite dem dann tatsächlich erfolgten  Kriegsausgang von 1945 bewußt zuarbeiteten.

Während des Krieges möchte man dann zu den gutmeinenden Patrioten zusätzlich noch zählen etwa Leute wie: Erwin Rommel, Claus von Stauffenberg, ...

Die Gründe dafür, daß dann so viele Personen aus dem Umfeld der "deutschen Benesche" dem 20. Juli 1944 und den Folgeereignissen zum Opfer fielen (Wilhelm Canaris, Eduard Wagner, ...) oder den Nachkriegsereignissen (Wolfram von Sievers, die Familie Haushofer, ...), wären im einzelnen noch zu klären. So viel scheint sicher: Ihrer Verräterdienste bedurfte man seit dem Erfolg der Invasion in der Normandie (Ende Juni 1944) und seit Beginn des Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte (22. Juni 1944) kaum noch.

Vielleicht benutzte man im Reichssicherheitshauptamt (Heinrich Müller & Co.) den 20. Juli 1944 auch dazu, zu viele unzuverlässige Mitwisser - des Handelns auf der politischen Linie von Eduard Benesch auf deutscher Seite - zu beseitigen? Oder doch einzuschüchtern? Vielleicht waren sie doch zu unflexible Anhänger europäischer "Imperien"?

Bei der Erforschung des deutschen Widerstandes scheint man also ein starkes "Wissensgefälle" mitberücksichtigen zu müssen, will heißen unterschiedliche Ebenen von Mitwisser-Hierarchien. Erst dann scheinen einem viele Zusammenhänge entschlüsselbar zu sein. Deshalb kann dieser Beitrag dazu nur erste Vorüberlegungen enthalten. Die genannte Literatur (1 - 3) versucht das Handeln der Landesverräter und Verratenen Verräter psychologisch kaum zu erklären. Eine solche Erklärung ist deshalb weiterhin ein Desiderat, das zu Überlegungen wie den hier angestellten Anlaß gibt.


______________________
  1. Meiser, Hans: Verratene Verräter - Die Schuld des "Widerstandes" an Ausbruch und Ausgang des Zweiten Weltkrieges. Druffel & Vowinckel Verlag, Stegen am Ammersee, 2. Aufl. 2008 (2006)
  2. Friedrich, Georg: Verrat in der Normandie. Eisenhowers deutsche Helfer. Grabert Verlag, Tübingen (2. Aufl.) 2007, (4. Aufl.) 2011 
  3. Friedrich, Georg: Verrat an der Ostfront. Der verlorene Sieg 1941 - 42. Grabert Verlag, Tübingen 2012

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