Ein Gedicht, das dem Bloginhaber schon in seiner eigenen Jugendzeit (um 1985 herum) über den Weg gelaufen ist, und das er sich in guter Erinnerung bewahrt hat, soll hier einmal zur Veröffentlichung gelangen, um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
| Abb. 1: "Speerwerferin" - Skulptur des Bildhauers Ernst Seger (1868-1939) aus dem Jahr 1937, Grugapark Essen |
Es lautet:
Jung seinJung sein, heißt die Zukunft zwingen,ihr bestimmte Formen geben!Mit sich selbst muß Jugend ringenwill sie bau’n ein starkes Leben!Jung sein, heißt: für alles Hohe,alles Schöne, alles Freiein sich schüren hell zur Loheder Begeistrung lautre Weihe!Jung sein, heißt: mit starken Händenfest das schwerste Schicksal packen,alles Leiden muß sich wenden,beugst du nicht vor ihm den Nacken!Jung sein, heißt: des Lebens Pfortenzu umranken rot mit Rosen,heißt: mit Tat und FlammenwortenTrost zu reichen Hoffnungslosen!Jung sein, heißt: die Welt zu hebenaus den Angeln, wenn sie rosten,Lust zu streuen, Glück zu geben,alle Seligkeit zu kosten!Jung sein, heißt: im Lebenslenzemitzutun der Menschheit Kriege,jeder Tag reicht neue Kränze,neue Wunden, neue Siege!
Abschließend noch einige Worte zur Erläuterung: Es handelt sich hier um ein Gedicht des Arbeiterdichters Ludwig Lessen (1873-1943) (Wiki). Offenbar ist es erstmals veröffentlicht worden im Jahr 1924 und wäre dementsprechend ein Ausdruck des kulturellen Aufbruchgeistes der damaligen Zeit (1). Die Zeitschrift "Der Steinarbeiter" brachte 1929 Zeilen aus dem Gedicht (2). Eine Vertonung des Liedes, die nach unserer Meinung das Gedicht aber keineswegs aufwertet, ist 1934 von Ernst Lothar von Knorr (1896-1973) (Wiki) veröffentlicht worden (s. deutscheslied) (s. Yt).
Über das Büchlein von 1924, das dieses Gedicht - wohl - enthält, finden wir die Worte (ZVAB):
Man braucht den Jahren nach kein Junger mehr sein und kann dennoch mit den Jungen fühlen und denken. Das trifft auch für den zu, der die Gedichte dieses Büchleins den jugendlichen Arbeitern als Gabe reichen möchte. Von einem, der also fühlt und denkt, wollen die Gedichte erzählen, dessen Titel einer Anfangszeile eines in dem Buche enthaltenen Liedes entnommen ist. Ludwig Lessen, eigentlich Louis Salomon, geboren: 17. 09. 1873, gestorben: 11. 02. 1943, deutscher Lyriker, Redakteur, Journalist, Herausgeber, 1933 erhielt Lessen als Jude und Sozialdemokrat Berufsverbot. Die ständigen Verfolgungen durch die Nationalsozialisten trieben ihn 1943 zum Selbstmord.
Und noch zum Vorschaubild: In Nordrhein-Westfalen sind mehrere Skulpturen des Bildhauers Ernst Seger aufgestellt (s. Kulturraum).
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- Ludwig Lessen: Wir wollen werben, wir wollen wecken: Gedichte für die arbeitende Jugend. Arbeiterjugend-Verlag, 1924 (42 Seiten) (GB)
- Der Steinarbeiter. Zeitschrift des Zentralverbandes der Steinarbeiter Deutschlands. 13.7.1929 (pdf)
- Adalbert Wichert: Lessen, Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 335 f. (Digitalisat)
- Ingmar Burghardt: Jung sein, 8.5.2024 (Yt2024)
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