Mittwoch, 21. September 2011

Überkommene soziologische "Erzählungen"

Die moderne Soziologie und stalinistische Verhärtungen in ihr 

Es gibt immer noch Soziologen (1), die bei ihrer Theoriebildung die Tatsache, daß sich Völker und Ethnien auch biologisch auf der physischen und psychischen Ebene unterscheiden (2), völlig außer acht lassen. Man lese dazu einmal die folgende Zusammenfassung eines neuen Aufsatzes eines Wolf-Dietrich Bukow, Soziologieprofessor in Köln, in einem Band über "Georg Simmel und die aktuelle Stadtforschung" (1):
 "Was heißt hier ethnische Gemeinschaftsbildung?"
Bis heute geht man davon aus, dass das urbane Zusammenleben letztlich über einen gemeinschaftlich geteilten Wertekosmos gestiftet wird. Dieser vor allem im Nationalstaat des 19. Jahrhunderts entwickelten Vorstellung ist man jedoch bald entgegengetreten. Insbesondere Georg Simmel macht schon früh klar, dass die moderne Stadtgesellschaft nicht mehr auf überkommene Überzeugungen und einen gemeinsamen Glauben zurückgreifen kann, sondern sich ihren Zusammenhalt durch formale Strukturen wie die politische Steuerung oder das Recht organisieren muss. Die urbane Gesellschaft hat einerseits die gemeinschaftlichen Bindungen konsequent in die Lebenswelt (Familie, Wir-Gruppe und Milieu) ausgelagert und anderseits ihre Organisation weiter ausdifferenziert und auf Verständigung abgestellt. Neue Formen der Mobilität, neue Medien und Kommunikationsformen verstärken diesen Trend weiter. Wer angesichts dieser Entwicklung von Leitkulturen, ethnischen Gemeinschaften und Parallelgesellschaften spricht, kehrt damit nicht nur zu einem vordemokratischen familistischnationalistisch geprägten Weltbild zurück, sondern bereitet damit auch denjenigen den Boden, die zur Sicherung ihrer Privilegien und Machtansprüche an den überkommenen nationalen Erzählungen festhalten. 
Wenn hier von "überkommenen nationalen Erzählungen" gesprochen wird, wird unterstellt, Völker und Ethnien würden sich "nur" über kulturelle Merkmale (sprich "Erzählungen") definieren. (Wobei, nebenbei bemerkt, sogar schon Jahrhunderte lange gemeinsame geschichtliche Schicksale, die ja nicht nur "Erzählung", sondern "Tatsachen" sind, in typischer Weise abgewertet werden. Und wer weiß, welche Fehlgriffe sonst noch festgestellt werden könnten, wenn man einmal genauer dieses soziologische Weltbild-Basteln analysieren würde ...)

Aber der wesentliche Einwand ist: Soweit man den Aufsatz selbst übersieht, handelt es sich bei ihm über 30 Seiten hinweg um allein soziologische, sprich geisteswissenschaftliche Erörterungen. Also um eine "überkommene soziologische Erzählung". Damit soll noch gar nichts darüber gesagt sein, welche Schlußfolgerungen man zieht, wenn man die unterschiedlichen Häufigkeitsverteilungen von genetischen Merkmalen auf Bevölkerungen berücksichtigt. Aber daß sie berücksichtig werden müssen, ist beim heutigen Stand der Forschung unvermeidlich (2). Es sei denn, man ist ein bigotter Stalinist, was die Aufrechterhaltung von Wissenschaftsgräben betrifft.

In den letzten 200.000 Jahren hat die Humanevolution und -geschichte in Völkern und ethnischen Gemeinschaften stattgefunden. Und sie hat damit immense Erfolge verzeichnen können und zehrt derzeit von diesen Erfolgen immer noch. Wenn man von diesem Prinzip künftig abgehen will, muß man gute Gründe dafür vorbringen und liegt die Beweislast bei jenen, die das tun wollen. Man muß zumindest einigermaßen plausibel nachweisen, daß mit einem Abgehen von diesem Prinzip der weitere Weg der Humanevolution ebenso fortschrittlich verlaufen wird wie die letzten 200.000 Jahre. Solange das Soziologen nicht nachweisen können, sollten sie nicht so großspurig weiter an Ideologien bastelnd ihre "überkommenen Erzählungen" erzählen, sondern sich lieber einmal mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand von heute (2) vertraut machen.

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1. Bukow, Wolf-Dietrich: Was heißt hier ethnische Gemeinschaftsbildung? Zur nachhaltigen Marginalisierung gemeinschaftsorientierter Bindungen. In: Georg Simmel und die aktuelle Stadtforschung. Springer 2012, Part 5, S. 213-242, DOI: 10.1007/978-3-531-93132-6_12 (Zusammenfassung; pdf.)
2. Bolhuis JJ, Brown GR, Richardson RC, Laland KN, 2011 Darwin in Mind: New Opportunities for Evolutionary Psychology. PLoS Biol 9(7): e1001109. doi:10.1371/journal.pbio.1001109

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