weil er lehrte: "Liebet Eure Feinde"
- Edward O. Wilson und James Watson sind dazu auch in hohem Alter nicht bereit
Im September letzten Jahres trafen zwei der bedeutendsten, lebenden Biologen des 20. Jahrhunderts in einer öffentlichen Diskussion aufeinander. Zwei "große, alte Männer". Beide arbeiteten lange Zeit ihres Lebens an der Universität Harvard, nur einen Flur voneinander entfernt: Der Ameisenforscher und Soziobiologe Edward O. Wilson und der Entdecker der Doppelhelix James Watson. (1) Und was sie sich zu sagen hatten, dürfte nicht uninteressant sein auch für eine größere Öffentlichkeit von heute.
Wilson über Watson in den 1970ern:
"Der unangenehmste Mensch, der mir jemals begegnet ist"
Watson über Wilson in den 1970ern:
"Briefmarkensammler"
Sie sprachen also über ihre früheren Animositäten. Aber irgendwann legte Watson seine Feindschaft gegenüber Wilson und der Soziobiologie zur Seite. Watson:
"Jesus wäre kein guter Wissenschaftler gewesen."
Aber ob diese Aussage von Wilson wirklich überlegt genug ist, daß er der einzige Wissenschaftler in modernen Zeiten gewesen sein soll, der um seiner Forschungen willen körperlich angegriffen worden ist? Stimmt sie für Naturwissenschaftler? Sagen wir für Intelligenz-Genetiker? (Die sogenannten "Rasse-Realisten"?) Stimmt sie - etwa - für Naturwissenschaftler unter dem Kommunismus? (Ähnlichkeiten zwischen beiden Gruppen rein zufällig ...) Stimmt sie für Geisteswissenschaftler, nehmen wir: Deutschland seit 1933 oder seit 1945? Der Autor dieser Zeilen saß in den frühen 1990er Jahren in Vorlesungen des Berliner Historikers Ernst Nolte und weiß daher, welcher Haß ihm an der Freien Universität Berlin noch in den 1990er Jahren entgegenschlug.
"Francis Crick verschwendete seine Zeit, weil er an unlösbaren Problemen arbeitete ..."
Aber noch einige weitere Auszüge aus dem Gespräch zweier geistreicher, brillianter, funkensprühender, humorvoller - und unerschrockener - alter Wissenschaftler sind es wert, weitergegeben zu werden:
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1. Wilson vs Watson: The blessing of great enemies. New Scientist, 10.9.2009
- Edward O. Wilson und James Watson sind dazu auch in hohem Alter nicht bereit
Im September letzten Jahres trafen zwei der bedeutendsten, lebenden Biologen des 20. Jahrhunderts in einer öffentlichen Diskussion aufeinander. Zwei "große, alte Männer". Beide arbeiteten lange Zeit ihres Lebens an der Universität Harvard, nur einen Flur voneinander entfernt: Der Ameisenforscher und Soziobiologe Edward O. Wilson und der Entdecker der Doppelhelix James Watson. (1) Und was sie sich zu sagen hatten, dürfte nicht uninteressant sein auch für eine größere Öffentlichkeit von heute.
Wilson über Watson in den 1970ern:
"Der unangenehmste Mensch, der mir jemals begegnet ist"
(...) As professors at Harvard, they worked one floor apart and for years considered one another enemies. Wilson once called Watson "the most unpleasant human being I have ever met". Watson referred to Wilson and his naturalist colleagues as "stamp collectors".Das war natürlich James Watson in Reinkultur.
The rivalry stemmed from their differing opinions on what direction Harvard's biology department should take. As far as Watson was concerned, molecular biology and genetics was the future of biology and organismic biology was irrelevant. "Smart people didn't go into ecology," he says. "It's not intellectually demanding. I mean, you need ecologists. You don't need all people to be bright people."
Watson über Wilson in den 1970ern:
"Briefmarkensammler"
Sie sprachen also über ihre früheren Animositäten. Aber irgendwann legte Watson seine Feindschaft gegenüber Wilson und der Soziobiologie zur Seite. Watson:
"Ich freundete mich mit Wilson an, weil ich seine Feinde" - also die ideologisch verrannten, heute völlig überholten Gegner der Soziobiologie - "haßte: Ich möchte heute Abend höflich sein und darum nicht beschreiben, wie ekelhaft sie sind."Nun, mit ähnlich gestrickten Feinden hatte es Watson ja erst vor ein, zwei Jahren wieder zu tun bekommen, als er - wie jetzt wieder Thilo Sarrazin - auf die Erblichkeit und Rassenunterschiede im Intelligenz-Quotienten verwies (siehe frühere Beiträge hier auf dem Blog).
Wilson and Watson eventually became friends ... of a sort. "I became close to Ed because I hated Ed's enemies," Watson says. "I'm trying to be polite tonight so I won't describe how awful they are."Der Moderator kann also auch Wilson nicht zu freundlichen Worten über seine ideologischen Feinde aus den 1970er Jahren bewegen ...
Krulwich reminds Wilson that he once noted, "I have been blessed with brilliant enemies." Wilson nods. "I'm the only scientist in modern times to be physically attacked for an idea," he says, referring to the time that a member of the International Committee Against Racism poured a pitcher of water over his head at a science conference in 1978 to protest sociobiology, which some saw as potentially providing a rationale for racism by pointing out genetic differences between races. "Top that, Jim."
"Jesus wäre kein guter Wissenschaftler gewesen."
Aber ob diese Aussage von Wilson wirklich überlegt genug ist, daß er der einzige Wissenschaftler in modernen Zeiten gewesen sein soll, der um seiner Forschungen willen körperlich angegriffen worden ist? Stimmt sie für Naturwissenschaftler? Sagen wir für Intelligenz-Genetiker? (Die sogenannten "Rasse-Realisten"?) Stimmt sie - etwa - für Naturwissenschaftler unter dem Kommunismus? (Ähnlichkeiten zwischen beiden Gruppen rein zufällig ...) Stimmt sie für Geisteswissenschaftler, nehmen wir: Deutschland seit 1933 oder seit 1945? Der Autor dieser Zeilen saß in den frühen 1990er Jahren in Vorlesungen des Berliner Historikers Ernst Nolte und weiß daher, welcher Haß ihm an der Freien Universität Berlin noch in den 1990er Jahren entgegenschlug.
"Francis Crick verschwendete seine Zeit, weil er an unlösbaren Problemen arbeitete ..."
Aber noch einige weitere Auszüge aus dem Gespräch zweier geistreicher, brillianter, funkensprühender, humorvoller - und unerschrockener - alter Wissenschaftler sind es wert, weitergegeben zu werden:
All the talk of enemies and physical attacks leads Krulwich to question,"Can a gentle person do well in science?""Crick kannte zu vielen Frauen ..."
Watson shakes his head. "Jesus would not have succeeded."
Watson believes that scientists ought to push themselves to be stars, making at least one great achievement, going for the gold.
"Why should scientists be stars?" Krulwich prods.
Watson answers without missing a beat. "It's better to be bright than dim."
"Darwin didn't want to be a star," Krulwich replies, noting that Darwin didn't publish his theory of evolution by natural selection for two decades.
"He just thought he had no competition," Watson says, adding that things changed after Darwin heard that a naturalist named Alfred Russel Wallace had proposed a theory of natural selection. "The minute he heard of Wallace, he immediately published."
For Watson, being a star – and a good scientist – means only working on tractable problems. Scientific questions that might take decades to answer aren't worth one's time, he says, because it probably means you don't have enough data yet and need to make headway elsewhere.
"Crick worked on uncrackable problems for years," Krulwich notes, referring to work on the problem of consciousness by Watson's late collaborator Francis Crick.
"Yes," says Watson, "and he wasted his time. He had a great place in La Jolla, a white Mercedes and he knew a lot of girls, so he had a good life. He was much brighter than me, but not as sensible." (...)... Also auch Wilson weiß den Segen eines guten Feindes zu schätzen. Aber soll man sich heute noch über die ideologisch verrannten politischen Gegner von Thilo Sarrazin "freuen"? Die ebenso wie Sarrazin selbst herumbramabasieren, anstatt einfach einmal die Forschungserkenntnisse von heute ganz ruhig und sachlich zur Kenntnis zu nehmen und die Öffentlichkeit über dieselben zu informieren?
Despite Wilson's cordial demeanor and willingness to work with people with whom he doesn't necessarily agree (...) it's clear that he too appreciates the value of a good enemy. "Ambition, competitiveness ... these are crucial to do good work," he says. "I don't show it as much as Jim because I'm a Southerner."
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1. Wilson vs Watson: The blessing of great enemies. New Scientist, 10.9.2009
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