Dienstag, 2. Februar 2010

"Früher" hat man ja auch Sklaven gehalten ...

... sagt der Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen

Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen - bis 2009 Radio Vatikan

Ein Blick in die heutige Berichterstattung über die Jesuiten zeigt, daß die Presse inzwischen ebenfalls beginnt, sich mit der Geschichte des Jesuitenordens überhaupt zu beschäftigen. Etwa unter der Überschrift: "Elitechristen - Die Jesuiten haben rund um die Welt Einfluß". Und die TAZ fragt zu den jüngsten Enthüllungen über den Jesuitenorden:
Wie legt man einen solchen Sumpf von Lebensfeindlichkeit und – man muss das Wort gerade gegenüber der Kirche gebrauchen – Unmoral trocken?
(TAZ) Sie erwartet aber dann weiterhin, daß sich dieser Sumpf von selbst trocken legt:
Das Canisius-Kolleg und der Jesuitenorden könnten in die Offensive gehen und eine internationale Konferenz aus Theologen, Soziologen, Medizinern und Missbrauchsopfern einberufen, um darüber zu reden, welche Strukturen in der Kirche dem sexuellen Missbrauch Vorschub leisten.
Die TAZ wird sogar wundergläubig. Schreibt sie doch im letzten Satz:
Wenn man irgendwo Wunder erwarten darf, dann doch wohl in der katholischen Kirche.
Aber hallo! Aber hallo! Die TAZ wartet ja wahrlich mit großartigen Erkenntnissen auf. Wie ernst soll denn eigentlich dieser letzte Satz gemeint sein? Oder will man sich da über den Leser lustig machen?

"Über kurz oder lang wäre es sowieso herausgekommen"

Im "Domradio" jedoch meldet sich der freundliche und auf allen Fotos so glatt lächelnde Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen zu Wort. - Freundlich waren und sind sie ja alle, diese Jesuitenpater. - Warum es gut war, daß der Jesuitenorden selbst mit diesen Dingen an die Öffentlichkeit gegangen ist:
Über kurz oder lang wäre es sowieso rausgekommen.
Hallo! Hört hier eigentlich noch jemand zu? Was ist denn das für eine Sprache? Von Seiten dieses freundlichen Herrn von Gemmingen? Soll das etwa heißen: Wenn man nicht hätte erwarten brauchen, daß etwas "herauskommt", dann hätte man auch nicht an die Öffentlichkeit gehen sollen? Soll das etwa heißen: Sümpfe darf man schon bewässern. Man darf sich halt nur nicht dabei erwischen lassen? Irgendwie so klingt es jedenfalls.

Nachdenklich lächelnd: Der Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen

Wie wird hier eigentlich geredet? Was für eine Sprache ist das? Und wie verteidigt dieser freundliche Herr dann weiter seinen Orden? Er möchte nicht, "daß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird" (!!!). Man lasse sich diesen Satz einmal auf der Zunge zergehen. Man möchte fragen: Welches Kind, Herr Pater? Welches Bad, Herr Pater? - Und der Pater weiter:
Man muss auch dazu sagen, tausende, vielleicht zehntausende von Schülerinnen und Schülern sind durch unsere Kollegien in Berlin, Bad Godesberg und St. Blasien gegangen und haben dadurch eine fantastische Vorbereitung für das Leben bekommen.
Ja, darum geht es ja gerade. Um diese "fantastische Vorbereitung für das Leben".

"Eine fantastische Vorbereitung für das Leben"

Der Herr Pater scheint ja doch über eine gewisse Portion Fröhlichkeit zu verfügen. Man ist schon fast versucht, über seine vor Naivität strotzenden Worte eine Satire zu schreiben, wenn man weiter liest:
Ich hoffe, die Menschheit ist so klug, um nicht zu sagen, diese Schulen sind überhaupt schlecht. Es wäre ja ganz falsch, wenn man sagen würde, bei der Kirche ist alles verkehrt, bei den Schulen und bei den Jesuiten. Das wäre wirklich sehr dumm.
Oh ja. Das wäre wirklich sehr dumm. Das wäre wirklich sehr falsch. Aber natürlich, Herr Pater. Also, da sind wir in den Augen des Herrn Pater alle in großer Gefahr, sehr dumm zu sein, wenn wir uns von unseren Gedanken und Urteilen hinreißen lassen. Nein, der Herr Pater hört gar nicht auf, zu reden. Denn was sagt er denn noch?
Früher haben eben auch Jesuiten-Vorgesetzte manchmal so gehandelt wie Bischöfe, dass sie einfach die Leute versetzt haben und gehofft haben, dass nichts an die Öffentlichkeit kommt.
"Früher" ....

Hallo? Was für eine Sprache ist das? Man möchte sich glatt auf die Schenkel klopfen. Aber diese Sätze sind immer noch nicht zu Ende. Der nächste Satz lautet:
Man muss bedenken, früher durften die Männer ihre Frauen schlagen, durften Sklaven haben und Kinder schlagen!
- - - Was redet dieser Mann da? Was redet denn der? Man sollte manche Leute nicht mehr weiter reden lassen. Die reden diesen Orden noch um Kopf und Kragen. - Früher? "Früher"? Früher durften die Männer noch Sklaven haben? Und Kinder schlagen? Die Männer wohlgemerkt. Früher? Wovon redet dieser Mann? Von welchem "Früher" redet der? Und wie so ganz und gar entlarvend auch dieser Satz:
Wir sind in allen diesen Punkten sensibler geworden, und deswegen weiß man heute, man muss damit anders umgehen.
- - - Man lasse diese Sätze auf sich wirken. Da besteht doch eine gewisse Distanz zwischen "uns", die wir sensibler geworden sind - ja, ja - und "man", der das weiß, daß man damit anders umgehen muß. "Muß." Zwischen den Zeilen steht hier wieder einmal klar und deutlich: Weil andere sensibler geworden sind bei diesen Themen, muß man - natürlich - auch selbst sensibler damit umgehen. Ist diese Sensibilität wirklich verinnerlicht? Wirklich? Ist denn der Sumpf schon trocken gelegt? Wirklich? Ist es genau das, was aus diesen Worten spricht?

"Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten," fordert der Herr Pater von Gemmingen

Wären wir nicht sensibler geworden, hätte wir ja auch nichts gegen Sklavenhaltung. Nicht wahr? War doch früher allgemein üblich. Nicht wahr? Früher.

Sind wir wirklich sensibler geworden, was die Gefahr von Mißständen bei Orden wie den Jesuiten angeht?

- Sklaven? Jesuiten? Wovon redet dieser Mann? Was ist für diesen Mann "früher"? Da scheinen manche Dinge wirklich noch nicht lange her zu sein! Woran erinnert denn das? Wovon war denn hinsichtlich von Jesuiten immer schon die Rede? Was sollten Jesuiten immer schon verinnerlicht haben? War das nicht der berühmt-berüchtigte "Kadavergehorsam"? Also daß sich Untergebene "sklavisch" den Befehlen der Ordensoberen unterordnen? "Früher durfte der Mann auch Sklaven haben ..."

Wenn man solchen Worten hinterher hört, fragt man sich wirklich, wo hier eigentlich die Abzugsgräben anzulegen sind, damit hier Sümpfe trocken gelegt werden können. Welche Vergangenheiten hier eigentlich noch zu bewältigen sind. Es ist ja geradezu so, als sollte jedes Klischee, das man sich vor hundert Jahren über den Jesuitenorden gemacht hatte, frisch und lebendig wieder empor kommen. Obwohl "wir" doch heute viel "sensibler" geworden sind. - Ach ja?

Einmal Klartext gesprochen: Was die Gefahr der Kindesmißhandlung durch die Jesuiten betrifft, da war man in der Beurteilung vor hundert Jahren in weiten Kreisen wohl schon wesentlich weiter und schon wesentlich "sensibler", als das selbst heute eine TAZ zu sein scheint. Es sei betont: Eine Zeitung wie die TAZ. An Wunder hat da jedenfalls schon vor hundert Jahren niemand mehr geglaubt.

1 Kommentar:

Ger hat gesagt…

Ihren Worten ist nichts hinzuzufügen!

Es sei denn, Sie würden sich aufraffen, die ganze Jesuitenmoral offenzulegen, wie sie der selige Ignazius von Loyola dem Orden verpaßt hat. Er selbst konnte seine hochnotpeinlichen sexuellen Gelüste ebenfalls nicht zügeln, wie er selbst anschaulich beschrieb.

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