Schüler sagen: "Gehirnwäsche wie in einer Sekte"
Kurz nachdem der Jesuit Prof. Alighiero Tondi am 21. April 1952 aus dem Jesuitenorden ausgetreten war, gab er einer italienischen Zeitung ein Interview. In diesem sagte er (1, S. 59 - 61):
Offenbar scheint sich an den von Tondi geschilderten Verhältnissen im Jesuitenorden, wie sie bis zum Jahr 1952 bestanden haben, auch bis heute gar nicht so grundlegend etwas geändert zu haben. Zumindest wenn man dem Frankfurter Studentenpfarrer und Jesuiten Martin Löwenstein zuhört.
Er sagte vor kurzem in einer Predigt:
Kurz nachdem der Jesuit Prof. Alighiero Tondi am 21. April 1952 aus dem Jesuitenorden ausgetreten war, gab er einer italienischen Zeitung ein Interview. In diesem sagte er (1, S. 59 - 61):
Ich bin am 7. Februar 1936 mit achtundzwanzig Jahren in den Orden eingetreten, schon im Besitz eines Doktortitels und berufstätig, mit reifem Bewußtsein. Unter diesen Umständen und auch auf Grund meines Charakters konnte ich irgendwelchen Einflüsterungen nicht so leicht erliegen. Ich habe vielmehr immer wohlüberlegt reagiert. Doch war ich nicht losgelöst von meiner Umgebung, ich suchte vielmehr Hilfe und Unterstützung bei ihr, um mit den Problemen, die mich von Anfang an beschäftigt hatten, fertig zu werden. Aber das war zwecklos, sogar gefährlich. Vor allem müssen Sie wissen, daß es unter Jesuiten keine wahre Freundschaft gibt.Unter Jesuiten gibt es keine Freundschaft, sagt ein ehemaliger Jesuit
Offenbar scheint sich an den von Tondi geschilderten Verhältnissen im Jesuitenorden, wie sie bis zum Jahr 1952 bestanden haben, auch bis heute gar nicht so grundlegend etwas geändert zu haben. Zumindest wenn man dem Frankfurter Studentenpfarrer und Jesuiten Martin Löwenstein zuhört.
Er sagte vor kurzem in einer Predigt:
In den achtziger Jahren haben wir das bei uns Jesuiten mal auf den treffenden Begriff "Verschonungspluralismus" gebracht: Lass du mich in meiner Welt in Ruhe, dann lasse ich dich in deiner Welt in Ruhe. Nur bitte keine Zumutungen. Das war - und ist manchmal noch - gerade bei Jesuiten verbreitet.
Ob sich nun Löwenstein von Mitbrüdern im Orden inzwischen mehr zumuten läßt als früher, sagt er nicht.*) - - -
In diesem Beitrag erst einmal Tondi weiter in seinem Bericht:
Mißtrauenspflege, Anzeigepflicht innerhalb des Jesuitenordens
Angesichts der ständigen Überwachung jedes Jesuiten durch jeden anderen Jesuiten, für die der Jesuitenorden schon seit Jahrhunderten bekannt ist, mußte die Ordensleitung in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren zu jedem Zeitpunkt sogar viel genauer über das Verhalten jedes einzelnen Jesuitenpaters informiert gewesen sein, als das noch heute die Öffentlichkeit und selbst viele einzelne Mißbrauchsopfer sind. Und zwar eben nicht nur über den "Informationskanal" der Beichte, sondern auch über die ganz gewöhnlichen, typisch jesuitischen "Anzeigen" durch andere Jesuitenpater innerhalb des Ordens.
Wenn die Ordensleitung auf "Anzeigen" von Kindesmißbrauch in der Regel nicht reagiert hat und erst auf Empörung von Seiten der Eltern oder anderer Außenstehender kriminelle Jesuitenpater versetzt hat - versetzt hat, mehr nicht -, dann war schlicht all das, was damals und heute als Mißbrauch angesehen wird in den Augen des Ordens kein Mißbrauch.
Die Mißbrauchsfälle waren nicht "Entgleisungen", sondern hatten "System" ...
Und wenn man studiert, wie - etwa - Alighiero Tondi die grausamen Methoden seiner Ausbildung schildert, seines Noviziats, wird man sich von wenig anderem überzeugen können als davon, daß die Jesuitenoberen in den Kindesmißbräuchen ihrer Patres höchstens - höchstens - "läßliche" Sünden gesehen haben werden (wie es in der jesuitischen Fachsprache heißt).
In diesem Beitrag erst einmal Tondi weiter in seinem Bericht:
Jeder handelt und denkt für sich. Selbst in den günstigsten Fällen merkt man sehr bald, daß man niemand trauen darf. Wie Sie wissen sind die Jesuiten verpflichtet, ihre Mitbrüder bei den höheren Instanzen des Ordens anzuzeigen.Man mache sich doch auch diesen Umstand in vollem Maße bewußt. Das würde heißen, daß für alles, was überhaupt geschieht durch Jesuitenpater die Vorgesetzten und der Orden insgesamt in viel größerem Umfang mit verantwortlich sind, als es sonst in irgendwelchen menschlichen Zusammenhängen der Fall ist.
Mißtrauenspflege, Anzeigepflicht innerhalb des Jesuitenordens
Angesichts der ständigen Überwachung jedes Jesuiten durch jeden anderen Jesuiten, für die der Jesuitenorden schon seit Jahrhunderten bekannt ist, mußte die Ordensleitung in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren zu jedem Zeitpunkt sogar viel genauer über das Verhalten jedes einzelnen Jesuitenpaters informiert gewesen sein, als das noch heute die Öffentlichkeit und selbst viele einzelne Mißbrauchsopfer sind. Und zwar eben nicht nur über den "Informationskanal" der Beichte, sondern auch über die ganz gewöhnlichen, typisch jesuitischen "Anzeigen" durch andere Jesuitenpater innerhalb des Ordens.
Wenn die Ordensleitung auf "Anzeigen" von Kindesmißbrauch in der Regel nicht reagiert hat und erst auf Empörung von Seiten der Eltern oder anderer Außenstehender kriminelle Jesuitenpater versetzt hat - versetzt hat, mehr nicht -, dann war schlicht all das, was damals und heute als Mißbrauch angesehen wird in den Augen des Ordens kein Mißbrauch.
Die Mißbrauchsfälle waren nicht "Entgleisungen", sondern hatten "System" ...
Und wenn man studiert, wie - etwa - Alighiero Tondi die grausamen Methoden seiner Ausbildung schildert, seines Noviziats, wird man sich von wenig anderem überzeugen können als davon, daß die Jesuitenoberen in den Kindesmißbräuchen ihrer Patres höchstens - höchstens - "läßliche" Sünden gesehen haben werden (wie es in der jesuitischen Fachsprache heißt).
Ansgar B., ehemaliger Schüler an einer Jesuiten-Schule
... und das heißt? ...
Der Jesuitenorden trägt, wenn man solche Zusammenhänge zur Kenntnis nimmt, alle Kennzeichen einer Psychosekte. Dies sehen auch ehemalige Jesuitenschüler so. Ihre Berichte gleichen in vielem den Berichten Alighiero Tondi 's über seine jesuitische Ausbildung als Jesuitennovize (Spreeblick, Komm. 467, bzw. Berliner Ztg, 10.2.10):
Ansgar B. ist überzeugt, dass hinter den Missbräuchen System steckte. Dass die Patres sich absprachen; “ganz sicher bei ihren sadistischen Praktiken”. Gezüchtigt hätten sie immer nur Schwache, nie Jungs, die sich wehren konnten. Ein System von Belohnungen, Strafen und Beichten habe den Tätern die Kontrolle und Überwachung der Gedanken ihrer Schutzbefohlenen erlaubt. Die Vereinzelung und das Wissen über die geheimen Fantasien der Schüler habe sie geschützt. So sei eine verschworene Gemeinschaft entstanden, aneinander gekettet durch ihr dunkles Geheimnis.Einschüchterungen der internen und äußeren Kritiker des Ordens
“Es war eine Gehirnwäsche wie in einer Sekte”, sagt Ansgar B. “Die anderen Patres müssen aber etwas mitgekriegt haben. Zumindest während der Beichte. Doch keiner hat uns geholfen.” Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Auch mindestens ein weltlicher Lehrer, selbst früherer Canisius-Schüler, habe ganz sicher Bescheid gewusst. “Er war mit Pater R. befreundet und begleitete uns auf eine Reise nach Irland. Aber er hat nie etwas gesagt.”
Das ist das katholische "Milieu", das gar nicht erkennen kann (?), daß ein solcher Orden wie der Jesuitenorden schlichtweg eine Psychosekte darstellt. Man hat viel zu viel Ehrfurcht und Respekt vor Priestern allgemein und Priestern dieses Ordens insbesondere, der zudem Kritiker noch heute einschüchtert, gerne auch durch vorgeblich aus dem Jesuitenorden ausgetretene Jesuiten (siehe letzte Beiträge auf "Spreeblick"), als daß man die kühne Vermutung auch nur zu denken, geschweige denn auszusprechen wagen würde, hier wäre schlicht eine Psychosekte an der Arbeit.
Wird der Jesuitenorden nicht in der ganzen katholischen Kirche hochgradig geschätzt? Wird er nicht ständig vom Papst gelobt? Wie kann es da in einem solchen Orden Mißstände geben, die sogar offenbar in einem pädagogischen "System" begründet liegen? Hören wir Tondi weiter zu (1, S. 60f):
Jede Vertraulichkeit kann daher gefährlich sein und ist es auch. Man lebt unter ständiger Beargwöhnung. Alles spielt sich im Schatten ab. Außerdem ist der Zweck des Ordens, die Weltherrschaft des Vatikans mit allen Mitteln zu sichern. Der Mensch, der einzelne, ist nur eine Nummer.Es gibt kaum eine Spur von Menschlichkeit
In dieser Atmosphäre kann man nicht vorsichtig genug sein. Gerade in diesen Tagen zum Beispiel habe ich erfahren, daß man mich als Geisteskranken suchen läßt, sogar von der Polizei! Offenbar, um mich in irgendein Irrenhaus zu sperren und dort zu begraben, damit mein Mund für immer verschlossen bleibt.
Bekanntlich wurden Jesuitenschüler, die über den Mißbrauch, der an ihnen begangen worden ist, schon in früheren Zeiten reden wollten, noch bis vor kurzem mitunter mit kaum weniger drastischen Maßnahmen eingeschüchtert, als der soeben geschilderten. Auch diese typischen Einschüchterungs-Maßnahme einer Psychosekte sind also "System". Tondi weiter:
Können Sie sich vorstellen, daß die Seele dort bald erstickt und man sich einsam fühlt und wirklich einsam ist.An dieser Stelle sei zunächst einmal wieder abgebrochen. Um so mehr man sich mit diesem Jesuitenorden befaßt, um so unheimlicher wird einem vieles.
Als mir erste Zweifel kamen, sprach ich mit Dozenten der Gregorianischen Universtität. Da man mir mit den üblichen Argumenten kam, deren Unzulänglichkeit mir nicht nur bekannt war, sondern ja gerade meine Zweifel hervorgerufen hatte, versuchte ich noch eindringlicher zu fragen. Die Reaktion war übel. Zunächst wurde man ärgerlich, dann argwöhnisch und vorsichtig. Wie war es möglich, daß ich mich nicht überzeugen ließ? Ich mußte mich überzeugen lassen. Ich sollte lieber beten, und zwar viel, denn es handele sich um "Anschläge des Teufels", die ich ohne Diskussion zurückweisen müsse. Durch Willen müsse ich die Forderungen des Intellekts zum Schweigen bringen.
Bald verstummte ich. Entgegen meinen Vorsätzen versuchte ich sogar, mich selbst zu hypnotisieren. Immer wieder sagte ich mir, daß ich nichts verstehe. Aber es ist unmöglich, gegen die Logik anzukämpfen, denn sie ist unerbittlich. (...)
Wenn die Christlich-Demokratische Partei und die Katholische Aktion ausarten konnten, so hätte dies auf keinen Fall in einem religiösen Orden geschehen dürfen, in dem das Evangelium angeblich im höchsten und reinsten Sinne des Wortes verwirklicht wird, vor allem nicht in einem Orden wie der Gesellschaft Jesu. Aber das Gegenteil trifft zu. Die Heuchelei herrscht vor, es gibt keine Herzlichkeit, kaum eine Spur von Menschlichkeit. Die Kranken werden schlecht gepflegt, vernachlässigt. [Dazu gibt Tondi an anderer Stelle noch anschauliche, krasse Beispiele, die auch vielsagend sein könnten in Bezug auf Kindesmißbrauch.] Es gibt keine Wärme. Gespräche und Berichte verlaufen immer nach dem gleichen Schema. Form, nichts als Form. Das Leben ist üppig und reich, das Essen hervorragend, herrliche Landsitze stehen zur Verfügung. Der Pater Lombardi, der Opfer und soziale Gerechtigkeit predigt, lebt nichtsdestoweniger in Villa Malta, das heißt auf einem Landgut, wie es Könige nicht besitzen. ...
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*) Was man aber bei einer Bildersuche im Netz über den Jesuiten Martin Löwenstein erfährt, zeigt, daß er scheinbar doch gewillt ist, sich selbst sehr, sehr viel "zuzumuten". Alle "Achtung", was er da sich selbst zumutet und anderen zumindest nicht besonders deutlich abrät, sich "zuzumuten" ... (FAZ 2008, Bild 2009). Eigentlich außerordentlich merkwürdig. - Ist auch das "typisch jesuitisch"? Was soll man sich denn eigentlich aus diesen Zusammenhängen zusammenreimen, auf die man hier gerade stößt, und die wirklich nicht in diesem Beitrag hatten behandelt werden sollen? Weiß denn der Papst davon? Weißer oder schwarzer? Werden sie doch wohl wissen müssen? Hatten wir von solchen Dingen wissen wollen? Eigentlich nein. Bestehen Zusammenhänge zum Thema? Eigentlich ... schon ... ? Kann man ausschließen, daß Zusammenhänge bestehen? Wurden solche "Zumutungen" nicht ebenfalls schon in den 1980er Jahren von den kriminellen Jesuiten-Lehrern an ihre Schüler herangetragen? Wie aktuell ist das eigentlich alles?
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1. Tondi, Alighiero: Vatikan und Neofaschismus. Dietz Verlag, Berlin 1955
2 Kommentare:
Aber dieser Jesuit war in 1981 wieder eingetritten bei der Jesuiten. So schlimm waren die offensichtlich auch nicht.
Meinen Sie Alighiero Tondi? Auf Wikipedia steht, daß er wieder als Priester praktiziert hat. Und ich habe in Erinnerung gelesen zu haben, daß er wieder in die Kirche eingetreten wäre (letzteres setzt ja ersteres voraus).
Nirgendwo aber habe ich gelesen, daß er wieder im Jesuitenorden tätig geworden wäre oder auch nur freundliche Kontakte zu ihm gepflegt hätte.
Für wie schlimm er sie hielt, geht ja deutlich genug aus seinen Worten hervor, wie überhaupt aus seinen - glaube - drei Schriften, die ich auch noch anderwärts hier auf dem Blog behandelt habe.
Selbst wenn er wieder eingetreten wäre, würde sich ja dadurch an dem Inhalt seiner Schriften nichts ändern. (Daß er sein Leben als ein Leo Taxil beendet hätte, davon ist nirgendwo etwas zu hören oder zu lesen.)
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