Montag, 22. November 2010

Kirsten Heisig - Wisnewski bekam Recht gesprochen

Wer das Internet mit dem Namen des derzeitigen Pressesprechers der Berliner Justiz absucht, stößt auf manche interessante Meldung. - Dieses Interview zum Tod von Kirsten Heisig ist jedenfalls nun schon in einigen Teilen wieder veraltet:


Denn nun hat die Staatsanwaltschaft Berlin (wie gesagt: Justizsprecher Oberstaatsanwalt Martin Steltner) endlich, endlich gesprochen (Pressemitteilung Justizbehörden; sowie: a, b, c, d, e, f, ...), nachdem sich Gerhard Wisnewski rechtlich durchgessetzt hatte und dann ein Ultimatum gestellt hatte. - Und doch: So viele Ungereimtheiten bleiben. Wisnewski wird sich sicherlich selbst noch ausführlich dazu äußern.

Frau Heisig soll sich an einem Ast erhängt haben, der 2,30 Meter über dem Boden wuchs, und den sie vom Boden aus herunterbog. Sie kletterte also gar nicht auf einen Baum. Aber warum fuhr dann die Polizei lange Leitern an, als die Leiche geborgen werden sollte, wie man auf Pressefotos sehen kann (GA-j!)? Um den Tatort von oben zu fotografieren? Wird das "normalerweise" so gemacht? Schon gar in einem dichten Wald, wo man von oben gar nicht viel fotografieren kann?

Ihre Knie hingen dicht über dem Erdboden, 500 Meter von ihrem Auto entfernt und die Polizei hat sie im Großeinsatz mit Suchhunden tagelang nicht gefunden? Die Stelle soll erreichbar gewesen sein, dadurch daß man sich zum Teil "durch Büsche schlagen" mußte:
„Der Auffindeort liegt circa 500 Meter von dem Punkt entfernt, an dem am 30. Juni ihr Auto gefunden wurde. Um dorthin zu gelangen, muss man sich teilweise durch die Büsche schlagen."
Das paßt zu der dortigen Gegend wie der Schreiber dieser Zeilen selbst bestätigen kann. Dennoch unglaubwürdig, daß die Polizei sie im Großeinsatz tagelang nicht gefunden haben soll. Völlig unglaubwürdig.

Zumal Leichen bei den damaligen sommerlichen Temperaturen nach wenigen Stunden anfangen, bestialisch zu stinken. Ähnliche Einwände bringen auch die meisten der Kommentatoren etwa auf der Seite vom "Focus". Dann sagte Steltner:
(...) Und es ging uns bei unserer Entscheidung darum, so wenig wie möglich von den zum Teil mehr als unschönen Einzelheiten des Falles bekannt zu geben.
So so. Und:
„Die Staatsanwaltschaft hofft insbesondere im Interesse der Angehörigen, dass durch die Veröffentlichung dieser Ermittlungsdetails die Spekulationen jetzt ein Ende finden.“
Wieder diese Munkelei. Wieder diese Bigotterie. Wie schon gleich nach dem Auffinden der Leiche (siehe unser früherer Beitrag). Aber: Was kann an diesem Selbstmord so "unschön" sein, was an so vielen anderen Selbstmorden nicht unschön ist, so daß breit darüber berichtet wird? Was ist übrigens "unschön" daran, wenn eine Leiche mit den Knien über dem Erdboden in einer Schlinge hängt? (Abgesehen davon, daß ein Selbstmord sowieso nicht "schön" sein kann ..., wie man als Oberstaatsanwalt eigentlich wissen sollte.)
„Die Tote hat sich anscheinend nach vorne in die um ihren Hals liegende Schlinge fallen lassen und sich vor dem Erhängen nicht auf einen Gegenstand gestellt.“
Da denke sich jeder, was er will dabei: Ist es besonders leicht, sich so umzubringen?
In der Nähe fanden die Ermittler eine Plastikflasche „Lipton-Icetea“ mit einer gelblichen Flüssigkeit, unter ihr eine leere Flasche „Active-02“. 
Zum Zeitpunkt des Erhängens hat Kirsten Heisig noch gelebt.
Man muß ja fast Sorge haben, daß diese beiden Plastikflaschen (siehe auch Abbildungen) von den durch den Wald stolpernden Polizisten verloren worden sind ...

Anderes Thema, gleiche Staatsanwaltschaft: Steckte die DDR hinter Rudi Dutschkes Tod?

Aber vielleicht noch viel spannender übrigens, was man derzeit noch so alles unter dem Suchwort "Martin Steltner" findet: "Steckte die DDR hinter Dutschkes Tod – und hinter dem seines Attentäters?" Gute Frage. Sie zu stellen, heißt fast schon, sie mit Ja zu beantworten. Aber das ist ein anderes Thema. Die Zusammenhänge rund um den "Staatsterrorismus" namens RAF werden jedenfalls auch immer deutlicher, ohne daß man sich auch nur irgendwo bemüßigt fühlt, endlich einmal Konsequenzen zu ziehen.
___________________

Nachtrag am Abend: Wisnewski hat heute zunächst den Bericht der Leitenden Oberstaatsanwältin Lentz dankbarerweise vollständig ins Netz gestellt mit einem dem Anlaß entsprechenden, völlig passenden Kommentar (Kopp-Nachrichten). Was an diesem Bericht zunächst am meisten verblüfft: Der Fundort wird genau beschrieben und man hat das Gefühl, in den fünf Tagen zwischen dem Verschwinden von Frau Heisig und dem Auffinden der Leiche müssen an diesem Fundort hunderte von Polizisten vorbeigelaufen sein. An der Leiche gab es beim Auffindezeitpunkt schon "starke Fäulnisveränderungen". Und das soll niemand gerochen haben - auch nicht die Hunde. Man soll die Leiche noch aus 40 Meter Entfernung zwischen den Blättern haben sehen können - und niemand hat sie gesehen? Zu diesen Umständen werden keine Erklärungen abgegeben.

Der angegebene Fundort ist genau der Ort, an dem auch der Schreiber dieser Zeilen zunächst als erstes gesucht hat, als er sich den Wald angesehen hat (siehe früherer Bericht). Es mutet so irrsinnig an, daß bei so viel hundert eingesetzten Polizisten am naheliegendsten Fundort überhaupt, nämlich an der Anhöhe, die man über den direkten Weg in  den Wald hinein erreicht, die Leiche nicht sofort gefunden worden sein soll. Obwohl sie auf 40 Meter sichtbar gewesen war! Welcher "Großmutter" wollen sie das denn erzählen? Und obwohl sie nicht oben im Baum, sondern wie schon geschildert, direkt über dem Boden hing.

Außerdem heißt es im letzten Satz des Berichtes lakonisch, daß Frau Heisig am 28. Juni in einer Apotheke ein Anti-Depressionsmittel gekauft habe, "das als Überdosis in ihrem Leichnam festgestellt wurde". Schluß. - "Hochachtungsvoll."

Als einfacher Bürger möchte man sagen: Verwegen. Kein Kommentar dazu, ob diese Überdosis Todesfolgen haben konnte. Das Handeln der Berliner Oberstaatsanwaltschaft ist mit dieser von ihm erzwungenen Auskunft nur noch mehr als bisher als Frechheit gegenüber der Öffentlichkeit zu bewerten. Was glauben die eigentlich, wie kaltschnäuzig sie eine demokratische Öffentlichkeit abfertigen können?

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