Samstag, 25. September 2010

"Ein neu Lied Herrn Ulrichs von Hutten"

Einmal etwas Herzerwärmendes, Erbauliches, Erhebendes, Stärkendes.

Wie wir in den letzten Monaten schon oft hier auf dem Blog ausführten, erhebt die christlich-klerikale Reaktion allerorten in Europa und der Welt und in vielen verschiedenen Formen ihr altes, grausliges Haupt. Dieses vielköpfige Ungeheuer. Stellt man das Radio an - man wird sich der christlichen Sendungen nicht erwehren können. Stellt man die Nachrichten an - man muß hören, wie ein katholischer Papst von der ganzen Schickeria Großbritanniens im Ursprungsland des Protestantismus, in England mit allen Ehren empfangen wird, statt daß er einfach vor einen Internationalen Gerichtshof gestellt wird.

Und der Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes fordert die Einwanderung von Katholiken! - !!!

Insbesondere auch um seines schönen Wortes aus dem Jahr 1518 sei des deutschen Humanisten und Streiters wider Papsttum und Dunkelmänner-Treibereien, sei also Ulrichs von Hutten hier gedacht. Es sind Worte, die heute ganz ebenso gesprochen werden könnten. Und wenn das amerikanische "Center for Inquiry", das naturalistisches Philosophieren fordert und fördert, anläßlich des Darwin-Jahres Plakate drucken ließ mit der Aufschrift: "I want you to support science & reason!", so können wir Deutschen anstelle dessen mit Ulrich von Hutten noch viel offensiver lebensbejahender ausrufen: "Oh Jahrhundert! Oh Wissenschaften: Es ist eine Lust, zu leben." (Brief an Pirckheimer, 25. Dezember 1518.)
Ein neu Lied Herr Ulrichs von Hutten

Ich habs gewagt mit Sinnen
Und trag des noch kein Reu,
Mag ich nit dran gewinnen,
Noch muß man spüren Treu;
Darmit ich mein
Nit eim allein,
Wenn man es wollt erkennen:
Dem Land zu gut,
Wiewohl man tut
Ein Pfaffenfeind mich nennen.

Da laß ich jeden lügen
Und reden was er will;
Hätt Wahrheit ich geschwiegen,
Mir wären hulder viel.
Nun hab ichs gsagt,
Bin drumb verjagt,
Das klag ich allen Frummen,
Wiewohl noch ich
Nit weiter flich,
Vielleicht werd wiederkummen.

Umb Gnad will ich nit bitten,
Dieweil ich bin ohn Schuld;
Ich hätt das Recht gelitten,
So hindert Ungeduld,
Daß man mich nit
Nach altem Sitt
Zu Ghör hat kummen lassen;
Vielleicht wills Gott,
Und zwingt sie Not,
Zu handlen diesermaßen.

Nun ist oft diesergleichen
Geschehen auch hie vor,
Daß einer von den Reichen
Ein gutes Spiel verlor;
Oft großer Flamm
Von Fünklin kam,
Wer weiß, ob ichs werd rächen;
Staht schon im Lauf,
So setz ich drauf:
Muß gahn oder brechen.

Darneben mich zu trösten
Mit gutem Gwissen hab,
Daß keiner von den Bösten
Mir Ehr mag brechen ab,
Noch sagen, daß
Uff einig Maß
Ich anders sei gegangen
Dann Ehren nach;
Hab diese Sach
In gutem angefangen.

Will nun ihr selbs nit raten
Dies frumme Nation,
Ihrs Schadens sich ergatten,
Als ich vermahnet han:
So ist mir leid,
Hiemit ich scheid,
Will mengen baß die Karten;
Bin unverzagt,
Ich habs gewagt
Und will des Ends erwarten.

Ob dann mir nach tut denken
Der Kurtisanen List,
Ein Herz laßt sich nit kränken,
Das rechter Meinung ist.
Ich weiß noch viel,
Wölln auch ins Spiel,
Und solltens drüber sterben:
Auf, Landsknecht gut
Und Reuters Mut,
Laßt Hutten nit verderben!

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