Donnerstag, 11. Dezember 2008

... Und noch ein Schlachtfeld (3. Jhdt. n. Ztr.)

Da "Studium generale" nun schon begonnen hat, aktuelle Nachrichten über die sich derzeit ständig ausweitende "Schlachtfeld-Archäologie" weiterzugeben, sei auf die neueste Entdeckung hingewiesen:

"Es ist nicht nur eine absolute Sensation, sondern der totale Wahnsinn!"

So springt der Bürgermeister eines niedersächsischen Ortes derzeit verbal im Dreieck und in unberechenbaren Vielecken vor Begeisterung. (Stern [mit toller Google-Karte], HNA, Focus, Süddt., Welt ...)

Es handelt sich um eine Schlacht im frühen dritten Jahrhundert nach Beginn der Zeitrechnung bei dem heutigen Dorf Wiershausen in dem hügeligen Bergland zwischen Northeim und Bad Gandersheim. Also wiederum in der Nähe der A7 und sogar östlich (!!!) der Weser auf dem Weg Richtung Elbe. Das ist tatsächlich: Wahnsinn!

Römisches Schlachtfeld östlich der Weser

Man hätte doch nicht geglaubt, daß sich die Römer "nach Kalkriese" (9 n. Ztr.) und zumal so viele Jahrhunderte spaeter noch so tief ins feindliche Germanien hineingetraut hätten. Aber wie schon ein Kommentator im Netz bemerkte: Die Tatsache, daß über eine solche Schlacht von den Römern nichts schriftlich überliefert ist, könnte darauf hinweisen, daß sie für diese ebenfalls nicht besonders erfolgreich verlaufen ist.

Und man hat (seit dem Jahr 2000) schon über 600 Funde mit zahlreichen spannenden Detaileinsichten entdeckt (bspw. Holz aus Afrika, Katapult-Benutzung). Am Montag ist Pressekonferenz. Der Wissenschaftsminister von Niedersachsen, der Landrat und andere "Würdenträger" wollen einen Teil der Begeisterung auf sich ziehen und auch an ihr Teil haben.

Hier noch ein Video mit Eindrücken von dem recht bergigen Gelände dieses Schlachtfeldes, das weitaus bergiger gewesen zu sein scheint als das von Kalkriese (HNA).

Im Kernland der einstigen Cherusker

- Es handelt sich um eine sehr schöne Gegend, wie der Schreiber dieser Zeilen bestätigen kann, der bei Bad Gandersheim vor ein paar Jahren einige Tage Urlaub gemacht hat. Harzvorland, aber auch schon Anklänge an norddeutsche Tiefebene. Ackerland, begrenzt von waldigen, Eichenbestandenen Hoehenzuegen. Und das muß ja doch wirklich das Kernland der vormaligen Cherusker gewesen sein, denen der Stammesfürst Arminius entstammte, der die Römer 9 n. Ztr. bei Kalkriese schlug und später von eigenen Verwandten ermordet worden ist.

Römischer Goldhelm aus dem frühen 4. Jhdt.

Und östlich des Harzes bis hinter die Elbe lebten die Semnonen, denen schon der römische Feldherr Drusus um 9 v. Ztr. einen Besuch abgestattet hatte. Beim Rückweg fiel er vom Pferd und starb. Eine semnonische Seherin war ihm zuvor entgegen getreten mit den beschwörenden Worten: "Zurück, stolzer Drusus ..." Ein gigantisches Marschlager der Römer aus dieser Zeit wird ja gegenwärtig, wie an früherer Stelle berichtet, an der Werra, dem Zufluss der Weser ausgegraben, ebenso wie jüngst das Sommerlager des Varus an der Weser bei der Porta Westfalica entdeckt worden ist.

Die Römer könnten also weserabwärts oder werra- und fulda-aufwärts zu diesem Schlachtfeld aus dem 3. Jhdt. gezogen sein. Man kann vermuten, daß sie sich an den schiffbaren Flüssen orientierten und über sie zumindest einen Teil der Versorgung und des Nachschubs regelten, vielleicht die Katapulte über Schiffe "bis vor den Feind" transportierten.

2 Kommentare:

Ingo Bading hat gesagt…

Ergänzungen:

"Kaiser Maximus Thrax soll im Jahr 235 nach Christus ein zum Teil aus orientalischen Einheiten bestehendes Heer mehrere Hundert Kilometer ins Feindesland geführt haben. Mangels archäologischer Funde verlagerten Historiker dieses Ereignis in die Nähe der römischen Außengrenzen, da ein solcher Vorstoß unwahrscheinlich schien."

http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/archaeologie/archaeologie-vorstoss-nach-der-varusschlacht_aid_356123.html

"Das Gelände zieht sich etwa anderthalb Kilometer und 500 Meter tief über Hügelkuppen hin auf dem von West nach Ost laufenden Höhenrücken Harzhorn, der eine natürliche Barriere in Nord-Süd-Richtung bildet. Wer hier hinüber wollte, musste jenen Pass überqueren, über den auch heute die Autobahn A7, die Bundesstraße 248 und ebenso der alte Heerweg führen. Offenbar wurde den Römern der Pass verstellt, sie mussten sich durchschlagen."

http://www.sueddeutsche.de/453386/031/2681070/Ein-wildes-Gefecht-an-der-A-7.html

"Die Funde seien großenteils so gut erhalten, dass Teilereignisse des Kampfgeschehens wie etwa der Einschlag von Pfeilsalven nachvollzogen werden könnten."

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,596566,00.html

Ingo Bading hat gesagt…

Und:

"Günther Moosbauer, Althistoriker von der Universität Osnabrück, hält den Schlachtplatz für den Teil eines Rachefeldzugs der Römer, nachdem die Alemannen etwa im Jahr 235 im Gebiet des heutigen Hessens über den Limes gedrungen waren. Nach seinen Erkenntnissen waren bei den Truppen sogar syrische Bogenschützen als Söldner in römischen Diensten zur Strafexpedition mitgekommen."

http://www.netzeitung.de/wissenschaft/1232797.html

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