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13. Lilienstein (aus: 3) |
Ludwig Richter hatte zuvor in der Werkstatt seines Vaters in Dresden als Kupferstecher sächsische Landschaftsaufnahmen angefertigt, sozusagen für beliebte "Tourismus"-Führer der damaligen Zeit (3, 4). Obwohl Richter von seinen Kupferstichen jener Zeit in seiner Autobiographie (1) eher wegwerfend schreibt ("elende Prospektradiererei"), geht von ihnen doch ein eigenartiger Reiz aus.
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17. Bad Schandau und Krippen an der Elbe (aus: 3) |
Es scheint derzeit noch keine systematische Zusammenstellung dieser etwa hundert Kupferstiche im Netz zu geben (im Gegensatz zu Illustrationen von
mehreren Kinderbüchern). Dennoch kann man sich einen großen Teil derselben auf vielen Seiten im Netz einzeln zusammensuchen (
Ebay a,
b,
c,
Bildindex). Man wäre fast versucht, einen Beitrag mit dem größten Teil dieser Kupferstiche zusammenzustellen. Doch sei hier nur eine kleine Auswahl gegeben (nummeriert entsprechend der Originalnummerierung aus dem Jahr 1820).
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19. Herrnskretschen (heute Tschechien) (aus: 3)
Als "elend" wird Ludwig Richter diese Tätigkeit unter anderem deshalb empfunden haben, weil ja eben doch immer eine sehr deutliche Absicht mit den Aufnahmen verbunden war. Es sollte das Spektakulärste, Aufsehenerregendste abgebildet werden und nicht vorwiegend das, was einen Künstler selbst individuell als Künstler angesprochen hat.
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26. Die Arnsteinhöhle (aus: 3) |
Die schönen, fast romantischen Ansichten sind Gemeinschaftsarbeiten von Vater und Sohn Richter, sie stammen aus der Zeit der Wanderungen von 1816 bis 1818 in die unmittelbare Umgebung ihrer Heimat. Nach Hoff-Budde stammen etwa zwei Drittel der Blätter von Ludwig Richter. In der zweiten Auflage sind die Radierungen auf den Stein gegeben und lithographisch reproduziert. Die feinen Tafeln zeigen Gesamt- und Teilansichten von Pillnitz, Schloß Lohmen, Wehlen, Rathen, ... Oybin und Stolpen, ferner Landschaften, Höhlen, Wasserfälle, Felsformationen und Burgruinen. Alle Blätter sind mit Spaziergängern, Jägern, Reitern, Tieren, Treidelschiffen, Fuhrwerken und des öfteren auch einem Zeichner staffagiert.
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35. Ansicht von der Runine bei Gersdorf (aus: 3) |
1820 und 1821 hatte Ludwig Richter die Gelegenheit, im Gefolge eines russischen Fürsten als "persönlicher Maler" desselben mit nach Südfrankreich und Paris zu reisen.
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37. Teplitz (aus: 3) |
Nach seiner Frankreichreise entstand das Bändchen
"30 An- und Aussichten zum Vergißmeinnicht-Taschenbuch für den Besuch der Sächsischen Schweiz. Neu aufgenommen, gezeichnet und gestochen von A. L. Richter". Dies stellte die erste selbständige Arbeit Ludwig Richters für die Arnold'sche Buchhandlung in Dresden dar (4). 1957 erschien eine Neuauflage, in der ein Adolf Spemann
in der Einleitung schreibt:
Nach einem Aufenthalt in Paris folgte erneutes Studium in Dresden, dann eine weitere gemeinsame Arbeit mit dem Vater für Arnold, nämlich „30 malerische An- und Aussichten von Dresden und den nächsten Umgebungen", und endlich im Jahre 1823 die erste selbständige Arbeit für Arnold, eben unser Bändchen, dessen voller Titel lautet:
30 An- und Aussichten
zum Vergissmeinnicht-Taschenbuch
für den Besuch der Sächsischen Schweiz
Neu aufgenommen, gezeichnet und gestochen von A. L. Richter. Ebenso wie die ersten beiden Werke erschien auch dieses in einer schwarz gedruckten und in einer handkolorierten Ausgabe; die erstere kostete 1 Thaler und 6 Groschen, die zweite 7 Thaler.
Ludwig Richter war damals 20 Jahre alt und strebte innerlich bereits mit allen Fasern von der „elenden Prospektradiererei" weg. Denn der Auftraggeber hatte bei allem Verständnis für die Begabung des jungen Künstlers in erster Linie praktische Gesichtspunkte - wir würden heute sagen: Er spekulierte auf den Fremdenverkehr.
Die Romantik der wunderlichen Geländeformen der Sächsischen Schweiz wurde damals neu entdeckt. Arnold wollte einen Reiseführer geben und die Touristen sollten auf diesen "Prospekten" genau die einzelnen Sehenswürdigkeiten feststellen können, die darum auch sorgfältig unter jeder Tafel vermerkt werden mußten.
Trotz aller kindlichen Befangenheit, die in manchem fühlbar ist, erkennt man aber bereits in diesen Blättern den künftigen Meister. Das Motiv ist mit unverkennbarer Sicherheit herausgeschnitten. Mit großer Kunst ist - in der alten Punktmanier des Vaters - die Tiefenwirkung erzielt, und immer wieder ahnen wir in der Staffage den späteren Idylliker, der nicht müde wurde, sein Vorbild Salomon Gessner zu bewundern.
Mit sparsamsten Mitteln ist ein echter Stimmungszauber erzielt. Der Himmel ist stets weiß gelassen; seine Ausgestaltung blieb dem Koloristen überlassen.
Leider ist dem Herausgeber noch kein koloriertes Stück dieses köstlichen Werkes zu Gesicht gekommen. Um so dankbarer ist er, daß ein lieber alter Kollege aus dem Osten Deutschlands ihm den seltenen Schwarzdruck geschenkt und ihm so die Möglichkeit verschafft hat, einem breiten Kreis dieses Jugendwerk Ludwig Richters zugänglich zu machen. Nur wenige Jahre später wurden diese Landschaftsradierungen durch die 1820 in England erfundene Kunst des Landschaftsstahlstichs überflügelt.
Verzeichnis der Radierungen
1. Aussicht vom Borsberg
2. Eingang in den Liebethaler Grund
3. Die Lochmühle im Liebethaler Grund
4. Stadt Wehlen mit den Schloßruinen
5. Aussicht von der Bastei
6. Ansicht des Tores auf dem Neurathen
7. Schandau von der Postelwitzer Höhe
8. Aussicht von der Ostrauer Scheibe
9. Aussicht von der Ostrauer Scheibe
10. Die Steinbrüche zwischen Schandau und Schmilka
11. Die Mühle in Schmilka
12. Die Heidemühle im Kirnitzschgrunde
13. Die Kuhstallfelsen
14. Aussicht vom großen Winterberg gegen Morgen
15. Aussicht vom großen Winterberg gegen Mittag
16. Ansicht des Prebischtores
17. Herrnskretschen
18. Das Belvedere über Herrnskretschen
19. Aussicht vom Brand bei Hohnstein
20. Stadt und Schloß Hohnstein vom Hockstein
21. Aussicht vom Buchberg bei Sebnitz
22. Aussicht von der hohen Liebe über Ostrau
23. Aussicht vom Großen Zschirnstein
24. Aussicht vom Schneeberg
25. Aussicht vom Schneeberg
26. Das Schwedenloch im Bieler Grund
27. Königstein und Lilienstein vom Quirl
28. Die Rathener Felsen
29. Aussicht vom Lilienstein
30. Aussicht vom Lilienstein
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Die Bastei (aus: 4) |
Harzreise (1840)
Auch in späteren Jahren war Ludwig Richter aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, sich der "elenden Prospektradiererei" zuzuwenden. Auf eine Harzreise entstanden zahllose neue Radierungen, die 1840 veröffentlicht wurden (etwa auf:
Sammlerdomaine,
Lexikus,
Staatl. Kunstsammlungen Dresden).
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Das Brockenhaus |
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Schloß Wernigerode |
Aus all diesen Bildwerken geht hervor: Die Landschaftswahrnehmung allgemein war im 19. Jahrhundert noch eine andere als die heutige.
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1. Richter, Ludwig: Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Nebst Tagebuchaufzeichnungen und Briefen. Dietrich'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1950 (Zeno)
2. Ludwig Richter - Der Maler. Zum 200. Geburtstag. Zur Ausstellung in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, 2003/04 und in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München, Neue Pinakothek, 2004. Deutscher Kunstverlag, 2011 (ZVAB)
3. 70 mahlerische An- und Aussichten der Umgegend von Dresden in einem Kreise von sechs bis acht Meilen; aufgenommen, gezeichnet und radirt von C. A. Richter, Professor, und A. Louis Richter. Dresden, Arnold, 1820
4. 30 An- und Aussichten für den Besuch der Sächsischen Schweiz. 1823. Engelhorn-Verlag 1957 (37 S.), Notschriften Verlag, Radebeul 2007 (31 S.)
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