Samstag, 9. Mai 2009

Teilzeit-Waisenhäuser - Erzieherinnen fehlen

Niemals sieht man in Berlin so häufig Eltern mit ihren Kindern unterwegs, als morgens auf dem Weg zur Arbeit. (Siehe Bild.) Allerwege Eltern mit ihren oft recht kleinen Kindern. Wohin wollen sie denn mit ihnen? Sie wollen sie abgeben. Sieht man sich die Parterre-Wohnungen in den Straßen an: allerorten Kinderhorte.

Auf dem Weg in den Kinderhort ...

Von "Studium generale" werden Kinderhorte und Kindergärten seit Jahren als Teilzeit-Waisenhäuser betrachtet. (Dieser Begriff fiel dem Schreiber vor einigen Tagen auf dem Weg zur Arbeit ein.) - Und das mit allem Recht. In Waisenhäusern geschieht nichts anderes als in Kinderhorten und Kindergärten - nur eben in Vollzeit (für die Kinder). Und deshalb wird die derzeitige Politik der Bundesfamilienministerin von der Leyen mit großer Skepsis betrachtet. Diese Politik legt den Schwerpunkt nicht auf die Betreuungs- und Erziehungsarbeit durch die eigenen Eltern der Kinder und deren angemessene Bezahlung wie sie schon aus Anlaß der großen Rentenreform unter Adenauer von führenden Sozialreformern und Rentenpolitikern in einem "Familienlastenausgleich" vorgeschlagen worden war (von Gerhard Mackenroth und anderen) (da hat man ja Sorge, die Eltern würden sich davon Zigaretten und sonstiges kaufen - was die Waisenhaus-Erzieherinnen natürlich nicht machen *)) - nein, ganz anders: Wer die Kinder anderer Eltern betreut, wird - einigermaßen - leistungsgerecht bezahlt für seine Arbeit (... einigermaßen!). - Aber gewiß nicht der, der "nur" seine eigenen Kinder betreut.

Eine hedonistische, falsch ideologisierte Gesellschaft

Die Folgen dieser neuen Schwerpunkt-Legung in unserer hedonistischen, falsch ideologisierten Gesellschaft sind so lächerlich, daß es kaum noch zu glauben ist. Während überall die Arbeitslosenzahlen steigen, fehlen die Erzieherinnen für Kinderhorte in den Innenbezirken von Berlin schon jetzt. (Welt) Offenbar. (Man ist sich noch nicht ganz einig ...) Es sind jene Bezirke, in denen auch die Polizei so ihre Hauptschwierigkeiten hat - nicht nur am 1. Mai. Und auch die Lehrer ("Studium generale" berichtete vor einigen Monaten über den Brandbrief Berliner Schulleiter ...).
... Der Bezirk (- hier Friedrichshain -) hatte massiv um Tagesmütter geworben, 30 Plätze konnten dadurch im letzten halben Jahr gewonnen werden. Doch nun gebe es kaum noch Frauen, die Kinder aufnehmen wollen, heißt es in dem Brief. In vielen Erdgeschosswohnungen haben sich Elterninitiativkitas gegründet, doch jetzt würden die Initiativen an fehlenden Räumen scheitern.
Ja, in den Häusern - auch in dem des Schreibers dieser Zeilen - sind Kitas nicht sehr beliebt. Der tägliche Essensgeruch, die Unruhe. Deshalb neue Schwerpunktlegung: eigene Häuser ... Groteske Texte entstehen beim derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Klima Kindern und der Erziehungsarbeit eigener Eltern gegenüber, zu dem die Kerner-Show und der Eva Herman-Rausschmiß nicht zu geringsten Anteilen mit beigetragen haben (denn seither wird das Thema kaum noch auf der Ebene und in der sachlichen Breite gesellschaftlich diskutiert, in denen es zuvor diskutiert worden war):
Karin Prida, Leiterin der Kita Spatzenhausen vom Träger Boot gGmbH, spürt die dramatische Situation fast täglich. „Immer wieder kommen junge Mütter vorbei, die verzweifelt nach einem Platz suchen“, sagt sie. Vor allem diejenigen, die erst jetzt zuziehen, hätten so gut wie keine Chance. „Es tut mir selbst weh, die berufstätigen Eltern wegschicken zu müssen, vor allem weil ich weiß, dass es in den anderen Einrichtungen kaum besser aussieht“, sagt die Kita-Leiterin.
Oh, dem Schreiber dieser Zeilen tun ganz andere Dinge weh, wenn er morgens zur Arbeit fährt. Und er weiß auch von Kita-Mitarbeiterinnen selbst, daß diese oft noch froher sind, wenn sie von Eltern erfahren, die für ihre Kinder nicht nach einem Kitaplatz suchen. (Und zwar um der Kinder selbst willen.) - ... Nein, wir brauchen eine "Gewerkschaft der Kinderlosen und Eltern", die das sozial gerechte Erziehungsgehalt einfordert und damit das zeitgemäß richtige Signal für eine neue Schwerpunktlegung in der gesellschaftlichen Entwicklung und in der Familienpolitik setzt.

[22.6.2009] Wir brauchen auch noch etwas anderes: Eltern, Menschen überhaupt mit - - - mehr Seele. Es laufen zu viele Menschen herum in der Welt, die überhaupt keine Seele mehr haben. Hat man das schon gemerkt? Man selbst ist immer wieder davon bedroht. Nämlich durch die Einflüsse der Umgebung, durch die Anpassung an die Umgebung seine eigene Seele zu verlieren. Aber: Was ist denn das eigentlich: Seele? Das fragte auch er "letzte Mensch". Und er "blinzelte" dabei. So empfand es zumindest Friedrich Nietzsche. - Vielleicht war er einer der letzten Menschen, die noch Seele hatten?

_____________
*) Im Innenhof des Hauses des Schreibers dieser Zeilen rauchen sie wie die Schlote. Das nur auch dazu ...

4 Kommentare:

A.O. hat gesagt…

Jetz gibt es schon Gentechnik und noch niemand is auf die glorreiche Idee gekommen, den Kindern das Essen abzugewöhnen und dafür zu sorgen, dass sie ihre kleinen Münder nicht mehr zum lachen, singen und rufen missbrauchen, sondern vielleicht nur noch zum Atmen. Damit wäre doch allen geholfen. Nichtessende Kinder verursachen keinen Essensgerung mehr, weil sie niemand mit Nahrungsmitteln zu füttern braucht (schon gar keinen warmen).
Vielleicht ist die Gentechnik ja bald so weit, dass man die Ernährung der Menschen -insbesondere der Kinder - auf Photosysnthese umstellen kann. Damit schlägt man gleich mehrere Anopheles-Mücken mit einer Kinderklappe. Dann können die lästigen Kleinen als wandelnde CO2-Speicher eingesetzt werden! Schöne neue Welt - bescheuertes Deutschland!

Ingo Bad-ng hat gesagt…

Thialfi. Is ja wahr.

Aber bitte nicht so viel Zynismus. Das haben die Kinder nicht verdient. Und ihnen ist damit nicht geholfen. (Leider.)

Es handelt sich AUCH um die Folgen der philosophischen Deutungen, die man aus der Evolutionstheorie bisher gezogen hat. Wenn man der Evolution KEINEN Sinn abgewinnen kann, ja, warum dann Kinder? Und wenn es der Sinn der Evolution gewesen sein sollte, vor allem und allein Nützliches hervorzubringen - ja, warum dann so etwas so Unnützliches wie Kindheit?

Die Dinge liegen auf diesen Gebieten wohl ganz, ganz anders. Und unsere Gesellschaft insgesamt ist von ihnen himmel- (oder höllen-) weit entfernt.

(Siehe auch jetzt wieder der RTL-Skandal.)

manu hat gesagt…

uups, wo bin ich denn hier gelandet. Da hat aber jemand ein Jahundert verpasst. Waisenhäuser gibt es schon sehr sehr lange nicht mehr. Heute heißt das Kinder-, bzw. Jugendheim. Und selbst diese werden nach und nach durch Wohngruppen ersetzt. Und das sind Einrichtungen in denen Kinder leben, die nicht bei ihren Eltern leben können (weil sie keine haben oder aus verschiedenen anderen Gründen). Bei Kindertagesstätten ist es ähnlich. Dies sind Einrichtungen in denen Kinder unterkommen die tagsüber nicht von den Eltern betreut werden können (berufstätige Eltern werden bevorzugt!!!). Diese Einrichtungen haben den Auftrag zur Erziehung und Bildung der Kinder und nicht zur Aufbewahrung. Dort leben, lernen Kinder gemeinsam mit anderen, was für Kinder sehr wichtig ist. Mama zuhause hinterm Herd und die 7 Kinderlein spielen im Garten ist nicht mehr. Und Kinderbetreuung bei Tagesmüttern im nach Essen stinkenden PLattenbau ist bei weitem nicht die Regel. Ein bizzares Bild sehr fern der Realität was hier gemalt wird.

Ingo Bading hat gesagt…

Naja. Vielleicht schlicht ein Bild, das sich auf die Seiten der Kinder schlägt und nicht auf die Seiten der Erwachsenen. (Wobei es in beiden Gruppen natürlich auch große Unterschiede gibt.)

Die "Realität" sieht aus der Sicht von Kindern oft sehr, sehr stark anders aus als aus der Sicht von Erwachsenen. ...

Rückschrittlich kann das in keinem Fall sein. Seit den Dinosauriern und den Nacksamern haben wir in der Evolution ständig und vor allem unsere Brutpflege-Systeme ausgebaut, differenziert und individualisiert (Säugetiere, Blütenpflanzen, um nur die gröbsten Fortschritte anzudeuten). Das ist so ziemlich der deutlichste Trend überhaupt, den man in der Evolution feststellen kann und der sehr deutlich mit dem anderen Trend einhergeht, nämlich dem der Gehirnvergrößerung, der LernFÄHIGKEIT, der Spielfähigkeit, der Phantasie, der Buntheit des Lebens, der "theory of mind" und so vielem anderen mehr.

Zwischen beiden evolutionären Trends bestehen engste Zusammenhänge.

Rückschrittlich ist es da, wenn man individuelle, auf zwei, drei lebenslange Bezugspersonen konzentrierte Kinderbetreuung (die Urvertrauen fördert) ABBAUT, wenn man spätere Kinderbetreuung in GEMISCHTaltrigen Spiel- und Geschwistergruppen abbaut und so vieles andere mehr.

Fern der Realität - ja! JA! Aus der Sicht von Erwachsenen und der von ihnen GESCHAFFENEN "Realität", die sich von allem Wissen von Evolution und Natürlichkeit sehr, sehr weit entfernt haben und hat. SEHR weit.

Da ist eine zweite Umweltschutzbewegung notwendig, die vor allem SOZIALE Beziehungen erneuert, schützt, regeneriert und zwar EBENFALLS in den natürlich vorgegebenen Bahnen. Ja: Manchmal ist ein Schritt zurück gleich zwei Schritte voran.

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