Warum war Heinrich Himmler ab 1943 von den Zeugen Jehovas begeistert?
Vorbemerkung vom 5. August 2015: Gerade erhalte ich - wie auch in den Kommentaren festgehalten - den mir sehr wertvoll erscheinenden Hinweis, dass es auch im Tagebuch des KZ-Lagerkommandanten Rudolf Höß Ausführungen über die Zeugen Jehovas gäbe. Und diese lassen sich leicht im Internet recherchieren, wieder - dankenswerterweise - auf der Internetseite von Manfred Gebhard. Und diese Ausführungen sollten gelesen werden, bevor der folgende Blogartikel gelesen wird. Denn sie ändern den ganzen Blick auf die hier behandelte Frage doch sehr. Man sieht erst durch diese Ausführungen in sehr überzeugender Weise, warum der Heinrich Himmler von diesen Zeugen Jehovas so fasziniert sein konnte. Auf die hier dargestellte "Vorgeschichte" seiner Faszination, wie sie sich in Sachsenhausen bei den dortigen Erschießungen von Zeugen Jehovas und bei sonstigen "Menschenversuchen" mit ihnen abspielte (die natürlich auch ein Hinweis sind auf das Menschenbild dieser KZ-Kommandanten), war ich bei Erarbeitung dieses Blogartikels gar nicht gestoßen. Heinrich Himmler brauchte also keineswegs die Prophetie der Zeugen Jehovas dafür, von ihnen fasziniert zu sein, was die Grundthese des vorliegenden Blogartikels war. Übrig wird aber bleiben, dass diese Prophethie ihm grade auch wegen der übrigen Faszination dann noch zusätzlich interessant erschienen sein könnte.
Die Zeugen Jehovas, auch "Ernste Bibelforscher" genannt, stellten keine unbedeutende Häftlingsgruppe in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches dar. Und Heinrich Himmler war spätestens ab Januar 1943 - auf Erfahrungsberichte seines Masseurs Felix Kersten und dessen Frau hin
- nein, wie einleitend gesagt schon auf die Erfahrungsberichte seiner KZ-Kommandanten hin - von den Zeugen Jehovas und ihrem Fanatismus außerordentlich begeistert. Er wollte die Ostvölker nach dem Krieg, so schrieb er (s.u.) "pazifizieren", indem er dort das Missionieren der Buddhisten und der Zeugen Jehovas zulassen wollte. (Auch manchen Aspekten des Buddhismus brachte Himmler ja viel Sympathie entgegen.) Und so wie mit der Freilassung von Juden aus Konzentrationslagern wollte Himmler gegen Ende des Krieges auch mit der Freilassung von Zeugen Jehovas einen guten Eindruck schinden bei den westlichen Kriegsgegnern. All das geht aus Schriftdokumenten gut hervor, die im folgenden zitiert werden sollen.
Aber bei all dem erinnert man sich auch daran, dass sowohl die Zeugen Jehovas wie Heinrich Himmler an Prophetie glaubten, an Voraussagen. Und Heinrich Himmler und seine engere Umgebung spielten - wahrscheinlich schon ab 1941 - ein Doppelspiel gegenüber Hitler. Unter anderem weil Himmler nach seinem Astrologen Wilhelm Wulff das schlechte Horoskop von Hitler ab 1941 kannte. Das war ja auch für Rudolf Heß die Veranlassung für seinen England-Flug. Und das war auch einer der Gründe dafür, dass Himmler und seine engere Umgebung den militärischen Widerstand gegen Hitler gewähren ließ, der zum 20. Juli 1944 führte. Nicht nur in deutschen Widerstandsgruppen, auch in den Planungen der westlichen Geheimdienste (Allen Dulles in der Schweiz), mit denen mehrere Personen aus dem engsten Umfeld Himmlers in Verbindung standen, hatte man Heinrich Himmler vorgesehen als eine Art "Übergangsregierung" für den Fall eines erfolgreichen Attentats auf Hitler. Und Himmler wusste davon.
Wenn man bei Rudolf Höß liest, wie fasziniert Heinrich Himmler von dem unbedingten, unglaublich fanatischen Todesmut der Zeugen Jehovas war, fällt es einem noch viel leichter nachzuvollziehen, dass womöglich auch in den ganzen Zusammenhängen von Himmlers Interesse für Prophetien allgemein die Zeugen Jehovas eine größere Rolle in Himmlers Denken bekommen konnten. Denn auffälligerweise waren Himmler die Zeugen Jehovas so ans Herz gewachsen, dass er sich noch im Inferno des Jahres 1945, in das Millionen von Deutschen jenseits von Weichsel, Oder und Elbe gerieten, dass er sich noch am 19. April 1945 ausgerechnet um das Schicksal einer kleinen Gruppe derselben auf dem Gut des Ehepaares Kersten in Hartzwalde sehr speziell Sorgen machte. Und sich dieserhalben - über seinen Geheimdienstchef Walter Schellenberg - bei seinem Hofastrologen Wilhelm Wulff Ratschläge einholen ließ (s.
Teil 4 [1941 - 1945]).
Dieser Umstand veranlasst zur Sichtung der vorhandenen Dokumente zum Verhältnis zwischen Himmler und den Zeugen Jehovas.
Das Ehepaar Kersten begeistert Himmler für die Zeugen Jehovas (1943)
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Abb. 2: Rutherford (1939) |
Der Autor Manfred Gebhard
- dem wir dankbar sind dafür, dass er fast alle im folgenden zu bringenden Auskünfte im Internet frei zugänglich erhält - verweist auf das Vernehmungsprotokoll eines Wilhelm Schumann vom 11. 2. 1944 (
Gebhard, S. 346f):
Nach der Aussage von Schumann kursierte in Zeugenkreisen die These, Himmler habe (durch den Einfluss von Kersten) seine Meinung zu den Zeugen geändert. Dabei sei „insbesondere zur Sprache gekommen, dass die IBV eine starke Kampfstellung gegen die Römische Hierarchie bezogen habe. Der Reichsminister habe darauf mit verschiedenen kompetenten Häftlingen der IBV eine Aussprache herbeigeführt und darauf entschieden, dass die Zeugen Jehovas nicht mehr misshandelt werden dürften."
Am 14. Januar 1945 hatte Heinrich Himmler in dem letzten seiner bisher bekannt gewordenen Schreiben zu den Zeugen Jehovas festgehalten (zit. n.
Gebhard, S. 347) (Hervorhebung nicht im Original):
Im Rahmen der Aktion, Bibelforschern auf einzelnen Gütern in Isolierungsaufenthalt als kleine Kolonien ihre unbedingte Freiheit zu lassen, um gerade damit im Ausland politische Wirkung zu erzielen, wünsche ich, dass die Bibelforscher, die bei Frau Heydrich in Jungfern-Breschen sind, ebenfalls unter den gleichen Bedingungen wie die anderen mit Ortsbegrenzung Freigelassenen aus der Haft entlassen werden. … Es bleiben demnach 13 oder vielleicht auch nur 12. Damit kann auch jede Bewachung wegfallen. Die Entlassung muss in der üblichen feierlichen Form vor sich gehen.
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Abb. 3: Rutherford "Wer wird die Welt regieren?" (1935) |
Und ein halbes Jahr zuvor, ausgerechnet einen Tag nach dem Stauffenberg-Attentat auf Adolf Hitler - das Himmler von seinem Astrologen Wulff vorausgesagt worden war - hat Himmler das folgende Schreiben versandfertig machen lassen, wovon "eine Abschrift in großer Maschinenschrift ohne den Punkt 6" "für den Führer angefertigt" wurde, und das seine Gedanken über die Pazifizierung der Ostvölker durch Buddhismus und Zeugen Jehovas enthält (zit. n.
Manfred Gebhard):
Der Reichsführer SS
Feldkommandostelle, 21. 7. 44
Lieber Kaltenbrunner
Mehrere Vorgänge und Probleme haben mich in der letzten Zeit zu folgenden Erwägungen und zu den unten beschriebenen Absichten geführt:
Die Probleme sind das der Bibelforscher, die Kosakenfrage und in Berührung damit die Wlassow-Frage, sowie der Gesamtkomplex, wie wollen wir Russland wenn wir - was im Laufe der nächsten Jahre bestimmt erfolgen wird - große Flächen und Teile von ihm wieder erobern, dann beherrschen und befrieden?
1. Ich bin der Überzeugung, dass Stalin und auch sein Nachfolger, falls er bolschewistisch ist, vom Kolchos-System nicht abgehen kann … Wenn nun Stalin und der Bolschewismus vom Kolchossystem nicht abgehen können, wird jeder selbstständiger Bauer ein naturgegebener Feind von ihm sein …
2. Wir müssen vor dem deutschen Ostwall, den wir einmal errichten werden, entsprechend den großen Vorbildern der K.- und K.-Militärgrenze und dem russischen Vorbild der Kosakenbauern und Soldatenbewegung eine Ostwehrgrenze (mit?) einem Neukosakentum schaffen. Grund und Boden und volle selbständige Existenz und Freiheit wird es für die ukrainische und russische Bevölkerung nach unserem Statut nur an der Kosakengrenze geben.
Hier wird es volle Bauernhöfe geben mit der Bedingung, vom 16. bis zum 60. Lebensjahr Grenzsoldatendienst gegen den Osten zu leisten …
3. … Wir müssen aber noch mehr tun, um das Volk im Hinterland in eine friedliche und uns gegenüber waffenlose Form zu bringen. Jeder Gedanke, eine nationalsozialistische Form einzuführen, ist Wahnsinn. Eine Religion oder Weltanschauung müssen die Menschen haben. Die orthodoxe Kirche zu unterstützen und wieder aufleben zu lassen, wäre falsch, da sie immer wieder die Organisation der nationalen Sammlung sein wird. Die katholische Kirche hereinzulassen, wäre mindestens ebenso falsch; darüber zu sprechen erübrigt sich.
4. Es muß von uns jede Religionsform und Sekte unterstützt werden, die pazifizierend wirkt. Dabei kommt in Frage bei allen Turk-Völkern die Einführung der buddhistische Glaubenslehre, bei allen anderen Völkern die Lehre der Bibelforscher.
5. Die Bibelforscher haben, wie Ihnen wohl bekannt sein wird, folgende für uns unerhörte positive Eigenschaften: Mit Ausnahme des Kriegsdienstes und der Arbeit für den Krieg, des Einsatzes für irgendeine - wie sie es bezeichnen - "abbauende" Betätigung, sind sie schärfstens gegen die Juden und gegen die katholische Kirche und den Papst. Sie sind unerhört nüchtern, trinken und rauchen nicht, sind von unerhörtem Fleiß und großer Ehrlichkeit; halten das gegebene Wort, sind ausgezeichnete Viehzüchter und Landarbeiter, sind nicht auf Reichtum und Wohlhabenheit aus, weil ihnen das für das ewige Leben schadet. Insgesamt alles ideale Eigenschaften, wie überhaupt festzustellen ist, dass der Kern der überzeugten, idealistischen Bibelforscher ähnlich wie die Mennoniten beneidenswert gute Eigenschaften hat.
6. Aus diesem Grunde wünsche ich, dass die Bibelforscher in unseren Lagern durch Prüfungskommissionen aus von uns (als) bekannten Bibelforschern überprüft werden, damit alle diejenigen, die sich erst im Lager oder kurz vor ihrer Verhaftung aus Zweckmäßigkeitsgründen als Bibelforscher bekannt haben, ausgeschieden werden.
Dadurch werden alle Fälle von kommunistischer Ausnützung der Bibelforschereigenschaften oder von faulen sogenannten Bibelforschern, die ich da oder dort auf Bauernhöfen erlebt habe, z. B. in Fridolfing-Obb., nicht mehr vorkommen. Es ist damit auch die Möglichkeit gegeben, die echten Bibelforscher in den KL in allen Vertrauensstellungen, die einer geldlichen oder sonst materiellen Belastung ausgesetzt sind, zu verwenden und besonders gut zu behandeln. Damit wieder schaffen wir uns die Ausgangsbasis zum Einsatz dieser Bibelforscher in Russland in kommenden Zeiten und haben damit die Emissäre mit denen wir das russische Volk durch die Verbreitung der Bibelforscherlehre pazifizieren können.
Heil Hitler.
Ihr H. Himmler
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Abb. 4: Rutherford (1937) |
Wie sehr Himmler von den Zeugen Jehovas begeistert war, geht aber insbesondere hervor aus einem Brief vom 6. Januar 1943 (zit. n. 2) (
Manfred Gebhard):
Der Reichsführer-SS
RF/Dr. I 37/43 Bd 5
Feld-Kommandostelle, 6. Januar 1943
G e h e i m!
Lieber P o h l!
Lieber Müller!
Anliegend ein Vorgang über die 10 Bibelforscherinnen, die auf dem Gut meines Arztes Kersten arbeiten. Ich. habe die Gelegenheit, dort die Frage der ernsten Bibelforscher von allen Seiten zu studieren. Mir wurde von Frau Kersten ein sehr guter Vorschlag gemacht. Sie sagte mir, dass sie noch nie ein so gutes, williges, treues und gehorsames Arbeitspersonal hatte wie diese 10 Frauen.
Aus Liebe und Güte tun diese Menschen sehr viel. Interessanterweise verdunkeln sie dort nicht deswegen, weil sie den Krieg unterstützen wollen, sondern deswegen, weil zwei unmündige Kinder da sind, denen dadurch etwas passieren konnte, und die noch nicht bekehrt seien. Jehova hätte ihnen aber den Auftrag gegeben, auf das Leben dieser Kinder aufzupassen. Sie halten, sich streng an ihr gegebenes Wort. Sie gaben alle Frau Kersten das Wort, mit keinem Menschen über ihre Bibelforscherlehre zu sprechen. Einzelne Fälle, wo lediglich Leute, die auf den Hof kamen und sie einmal fragten, was für eine Lehre das denn wäre, beweisen klar, dass sie ihr Wort halten. Sie sagten: "Wir haben versprochen, darüber nicht zu reden." -
Eine Ihnen zum Lesen gegebene Zeitung, wiesen die Frauen zurück, denn im Lager wäre verboten, Zeitungen zu lesen und sie hätten sich an diese Gebote zu halten, denn auch diese stammten von Jehova. -
Eine der Frauen bekam einmal RM 5.— Trinkgeld von einen Gast. Sie nahm das Geld an, um das Haus nicht zu blamieren, lieferte es aber bei Frau Kersten ab, weil der Besitz von Geld im Lager verboten wäre. Die Frauen übernehmen dort freiwillig jede Arbeit. Am Abend stricken sie; Sonntags sind sie ebenfalls in irgend einer Form tätig.
Im Sommer haben sie, bei 10-, 11- und 12-stündiger Arbeit, als Pilze im Walde zu finden waren, es sich nicht nehmen lassen, zwei Stunden früher aufzustehen, um Körbe voll Pilze zu sammeln. Insgesamt ergänzen diese Tatsachen mein Bild, das ich von diesen Bibelforschern habe.
Es sind unerhört fanatische, opferbereite und willige Menschen. Könnte man ihren Fanatismus für Deutschland einspannen oder insgesamt für die Nation im Kriege einen derartigen Fanatismus beim Volk erzeugen, so wären wir noch stärker als wir heute sind. Natürlich ist die Lehre dadurch, dass sie den Krieg ablehnt, derartig schädlich, dass wir sie nicht zulassen können, wenn wir nicht den größten Schaden für Deutschland haben wollen.
Interessant ist, dass sie Juden, Papst und katholische Kirche fanatisch ablehnen und bekämpfen.
Strafen verfangen bei ihnen gar nicht, da sie mit Begeisterung von jeder Strafe erzählen. Sie nehmen uns die Strafen nicht übel, da wir nach ihrer Ansicht von Jehova ja unsere Aufträge haben und sie durchführen müssen. Jede Strafe ist für sie ein Verdienst im Jenseits. Deshalb wird sich jeder echte Bibelforscher und jede echte Bibelforscherin, unter Hintansetzung aller persönlichen Gefühle - Liebe zu Frau und Kind oder Liebe zu Mann und Kind - ohne weiteres hinrichten lassen und ohne weiteres sterben. Jeder Dunkelarrest, jeder Hunger, jedes Frieren ist ein Verdienst; jede Strafe, jeder Schlag ist ein Vorzug bei Jehova.
Sollten in den Lagern mit den Bibelforschern oder Bibelforscherinnen wieder Schwierigkeiten auftreten, so verbiete ich, dass der Lagerkommandant eine Strafe ausspricht. Jeder Fall ist für die nächste Zeit mir unter kurzer Darstellung des Sachverhaltes zu melden. Ich beabsichtige in Zukunft bei einem solchen Fall das Gegenteil zu machen und der betr. Person zu sagen: Ich verbiete, dass Sie jetzt arbeiten. Sie sollen besseres Essen erhalten als die anderen und brauchen nichts zu tun.
Denn während dieser Zeit ruht nämlich nach dem Glauben dieser gutmütigen Irren jedes Verdienst, im Gegenteil, es werden frühere Verdienste von Jehova abgezogen (seine Buchführung muss eine phantastische sein).
Nun zu dem Vorschlag:
Ich ersuche, den Einsatz der Bibelforscher und Bibelforscherinnen in der Richtung zu lenken, dass sie alle in Arbeiten kommen - In der Landwirtschaft z.B. - , bei denen als Bit /??? - unverständliche Stelle/ Krieg und allen ihren Tollpunkten nichts zu tun haben. Hierbei kann man sie bei richtigem Einsatz ohne Aufsicht lassen; sie werden nie weglaufen. Man kann ihnen selbständige Aufträge geben, sie werden die besten Verwalter und Arbeiter sein.
Nur noch eine Verwendung und dies ist, wie oben erwähnt, der Vorschlag von Frau Kersten:
Nehmen wir doch die Bibelforscherinnen als Personal in unsere Lebensbornheime, nicht als Pflegerinnen, aber als Köchinnen, Hausmädchen, Wäscherinnen und für derartige Aufgaben. Auch als Hausmeister, wo wir da und dort noch Männer haben, können kräftige Bibelforscherinnen genommen werden. Ich bin überzeugt, dass wir in den wenigsten Fällen mit ihnen Kummer haben werden.
Auch mit sonstigen Vorschlägen wie Abstellung einzelner Bibelforscherinnen, in kinderreiche Haushalte bin ich sehr einverstanden. Geeignete Bibelforscherinnen, die das Können dafür haben, bitte ich einzeln herauszusuchen und mir zu melden. Ich werde sie dann auf entsprechende Haushalte kinderreicher SS-Familien persönlich verteilen.
In solchem Haushalt dürften sie dann allerdings keine Sträflingskleidung tragen, sondern einen anderen Anzug, und man müßte den dortigen Aufenthalt, ähnlich wie für die freigelassenen und internierten Bibelforscherinnen in Harzwalde, gestalten.
Bei allen diesen für solche Aufgaben abgestellten Halbfreigelassenen wollen wir schriftliches Abschwören oder sonstige Unterschriften vermeiden und lediglich die Verpflichtung auf Handschlag vornehmen.
Ich ersuche um Vorschläge für die Durchführung und Bericht.
Heil Hitler!
gez. Himmler
F. d. R.
SS-Obersturmführer
Im Juni 1943 sandte ein Bauer und Grundstücksnachbar von Heinrich Himmler in Schliersee eine Anfrage an Himmler um Arbeitskräfte. Daraufhin bot ihm Himmler einen Zeugen Jehovas an. Diesen lehnte der Bauer zunächst ab. Schließlich stimmte er im Juli 1944 doch zu und erhielt ihn von Oktober 1944 bis Mai 1945 (
Wiki).
Kaltenbrunner löckt wider den Stachel von Himmlers Begeisterung
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Abb. 5: Wachtturm-Druckerei, Bern (1944) |
Es sieht nun aber so aus, als habe Kaltenbrunner versucht, etwas wider den Stachel zu löcken gegenüber der Begeisterung von Himmler. So jedenfalls liest sich sein Schreiben vom 15. Juli 1943 (zit. n.
Manfred Gebhard):
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD
IV B2 - 486/423
Berlin SW 11, den 15. Juli 1943
Prinz-Albrecht-Strasse 8
An den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei
z. Zt. Feld-Kommandostelle
Betrifft: Entlassung von Bibelforscherinnen, die in SS-Haushalten oder anderen Arbeitsstellen zur Arbeitsleistung eingesetzt sind
Bezug: Befehl vom 6. 1. 1943 - RF/Dr. I 37/43 (...)
Im Zusammenhang mit dem Gesamtkomplex der IBV bitte ich noch auf eine allgemeine Feststellung hinweisen zu dürfen. Je länger der Krieg mit all seinen seelischen Belastungen für die einzelnen Volksgenossen dauert, um so mehr tauchen in allen Teilen des Reiches schriftlich fixierte und insbesondere durch Mundpropaganda verbreitete sog. Weissagungen und Prophezeiungen auf, die an Hand einer phantasiereichen Auslegung einzelner Bibelstellen bestimmte Prognosen über Dauer und Ausgang des Krieges stellen und Ausführungen über den Krieg als Vorboten des Weltendes und des Gerichts über den sogenannten Antichristen enthalten, defaitistisch und zersetzend wirken und leider, besonders auf dem Lande, nicht ohne Eindruck auf eine ganze Reihe von Volksgenossen bleiben.
Bekanntlich wird ja nach der Bibel der Antichrist, der jeweils auf den Führer gedeutet wird, durch einen Krieg von Gott selbst vernichtet, der dann auf den Trümmern dieser Weltordnung eine neue, unter seiner persönlichen Führung erstehen lassen will. Wenn es auch nicht immer gelingt, die Hersteller solcher „Prophezeiungen" im einzelnen zu ermitteln, so steht nach deren Art und Inhalt doch fest, dass die Urheber der Flugblätter und Gerüchte unter den Bibelforschern und verwandten sektiererischen Richtungen zu suchen sind.
Infolge ihrer exklusiven Verwurzelung im Alten Testament mit seinen Weissagungen ist das Prophezeien gerade über Dauer und Ende der gegenwärtigen Weltordnung die hauptsächlichste Beschäftigung aller IBVer und ist ihr Zentraldogma schlechthin. Keine andere religiöse Gemeinschaft ist für solche Gedankengänge so empfindlich und verbreitet sie mit solchen Fanatismus wie die Angehörigen der IBV. (...)
Ich bitte um Entscheidung F. d. R. d. A.
gez. Dr. Kaltenbrunner
gez. Unterschrift SS-Hauptscharführer
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Abb. 6: J. F. Rutherford "Seine Rache" (1934) |
Ähnlich auch ein weiteres Schreiben (zit. n.
Manfred Gebhard) (Hervorh. n. i. Orig.):
„Schlesiersee, den 14. 8. 1944.
In der Anlage wird der vom Amtschef VII befohlene Bericht über die Vereinigung Ernster Bibelforscher vorgelegt.
Rutherford selbst wurde 1918 mit 27 Brüdern wegen Spionage zu 20 Jahren Gefängnis in Amerika verurteilt, aber 1919 begnadigt.
Nach 1933 kamen die Bibelforscher in einem scharfen Gegensatz zum nationalsozialistischen Staat. Am 13. Sept. 1934 wurde der Watch Tower Bible and Tract Society der Druck und die Verbreitung von Bibeln und anderen unbedenklichen Schriften zugestanden. Da sich aber die Bibelforscher weigerten, auf Grund der pazifistischen Einstellung den Wehrdienst auszuüben, erfolgten in den Jahren 1936/37 große Aktionen des SD und der Geheimen Staatspolizei, die … belastendes Material zutage förderten. Trotzdem musste immer wieder festgestellt werden, dass die Bibelforscher illegal weiter zusammenarbeiteten.
Die Gesamtzahlen waren:
1913 46 000
1924 65 123
1925 90 434
1926 89 278
Die Verteilung auf die Länder ergab 1926 folgendes Bild:
Vereinigte Staaten 31 238
Deutschland 22 535
England 9 640
Kanada 4 735
Rumänien 3 842
Schweiz 1 694
Australien 1 335
Finnland 1 290
Schweden 1 234
Polen und Galizien 1 049
Unter den deutschen Bezirken ist besonders der Bezirk Dresden zahlenmäßig sehr stark hervorgetreten. Die Entwicklung.
1916 111
1919 230
1924 1 104
1925 1 309
1926 1 430
Die Tatsache nun, dass solche Warnungen Himmler nicht davon abgebracht haben, von den Zeugen Jehovas begeistert zu sein, scheinen doch ein sehr deutlicher Hinweis darauf zu sein, dass er den Zeugen Jehovas auch in Punkten ihrer Prophetie - gemeinsam mit dem Ehepaar Kersten?, jedenfalls im Einklang mit dem Hitler-Horoskop von Wilhelm Wulff - recht gab.
Das "Schwarzbuch Wachtturm-Gesellschaft" (2011)
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Abb. 7: Rutherford (1938) |
Soweit das, was über das Verhältnis Himmlers zu den Zeugen Jehovas bis dato bekannt ist. Wenn die "Zeugen Jehovas" - wie oben zitiert - in Adolf Hitler den "Antichristen" gesehen haben, war es zunächst kein "Wunder", dass sie im Dritten Reich verfolgt worden sind. Ein Wunder ist eher, dass Heinrich Himmler fähig war, seine Meinung ihnen gegenüber so deutlich zu ändern.
Nachfolgend noch einige allgemeinere Daten und Erläuterungen zu den Zeugen Jehovas zunächst im Dritten Reich und dann überhaupt. Innerhalb der deutschen Konzentrationslager stellten sie sogar eine vergleichsweise bedeutende Häftlingsgruppe dar, dass sie in diesen ein eigenes Abzeichen erhielten, nämlich ein lila Dreieck (s. Abb. 1). Sie bildeten damit eine eigene Gruppe neben den politischen Häftlingen (rotes Dreieck), den Berufsverbrechern (grünes Dreieck), den Emigranten (blaues Dreieck), den Homosexuellen (rosa Dreieck) und den "Arbeitsscheuen" (schwarzes Dreieck).
1933 lebten 25.000 bis 30.000 Zeugen Jehovas in Deutschland. In Konzentrationslagern inhaftiert waren in Deutschland allgemein Ende 1938 etwa 60.000 Menschen, zu Beginn des Krieges 1939 nur noch 21.000, im April 1943 203.000, August 1944 524.000 (
Wiki). Von 1933 bis 1945 waren 11.300 deutsche und ausländische Zeugen Jehovas in Konzentrationslagern inhaftiert (
Wiki).
Das aktuelle, im Netz frei zugängliche "Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft", erschienen 2011 (3), bestätigt vieles von den soeben genannten Behauptungen. Der Gründer der Zeugen Jehovas,
Charles T. Russel (1852-1916), behauptete zunächst, dass Jesus Christus im Jahre 1874 zurückkehren werde. Später wurde dies auf das Jahr 1878 verlegt. Und zwar mit folgender Argumentation in seiner Schrift
"Der Stein ist im Rollen" des Jahres 1917 (zit. n. 3, S. 28f):
Die verschiedenen Zeit-Weissagungen, wiewohl sie das zweite Kommen Christi nicht erwähnen, zeigen klar und deutlich, dass seine Gegenwart im Jahre 1874 beginnen würde. (...) Das Gesetz und die Propheten bestätigen dieses Datum als den Zeitpunkt des unsichtbaren Kommens des Herrn. (...) Israels Verwerfung von der Gnade dauert, wie wir aus der Schrift zeigen werden, gerade solang wie ihre Gnadenzeit. Vom Tode Jakobs bis zum Tode Jesu sind 1845 Jahre. (...) 1845 Jahre vom Tod Jakobs enden mit Christi Tod im Jahre 33 n. Chr.; und 1845 Jahre seit 33 nach Chr. enden mit dem Jahre 1878 n. Chr..
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Abb. 8: Rutherford - "Prophezeiung" (1929) |
Nach dem Jahr 1878 korrigierte, bzw. "präzisierte" Russel seine biblische Prophetie. Der Autor Will schreibt (3, S. 29):
Zum Erstaunen seiner Anhänger, die sich selbst als neues, von Gott auserwähltes Volk wähnten, verkündete er nunmehr, dass der Segen Gottes zunächst nicht der ganzen Menschheit zuteil werden, sondern nur seinem auserwählten Volk, den Juden, zugute kommen werde.
Und so heißt es in
"Der Stein ist im Rollen" (1917) (zit. n. 3, S. 30):
Können wir nun seit dem Jahre 1878 irgendetwas wahrnehmen, das die Rückkehr der göttlichen Gnade zum Hebräervolk andeutete? Gewiss.
Im gleichen Jahre wurde der Berliner Kongress abgehalten unter dem Vorsitz von Lord Beaconsfield, Vertreter der britischen Regierung und Jude von Geburt. Da wurde das Wort erfüllt: "Da werden 10 Männer aus allerlei Sprachen der Nationen den Rockzipfel eines jüdischen Mannes ergreifen und sagen: Wir wollen mit dir gehen". Sach. 8,23. (...) (Die lieben Leser dieses Schriftchens wird es interessieren zu vernehmen, dass Pastor Russell schon vor besagter Berlin-Konferenz und wohl 20 Jahre vor der Entstehung der Zionisten-Bewegung durch Vorträge und Druckschriften das Eintreten dieser Bewegung verkündete).
Und ebenfalls in dieser Veröffentlichung des Jahres 1917 (zit. n. 3, S. 31):
Von Tag zu Tag mehren sich die Beweise der Erfüllung dieser Weissagungen, jedoch so stufenweise, dass die Welt gar nicht wahrnimmt, was geschieht. Bald werden die Tore Palästinas zum allgemeinen Empfang der Juden geöffnet werden und es wird weder an Menschen, noch an Geld fehlen, um diese jetzige Wüste blühen zu machen. Gottes Segen wird über dieses Land und Volk zurückkehren, wie Gottes Wort es verheißt.
Und ebenso in dieser Schrift (zit. n. 3, S. 32):
Und mit dem Ende des Jahres 1914 wird, was Gott Babylon nennt, und was die Menschen Christentum nennen, verschwunden sein, wie schon aus der Weissagung gezeigt wurde.
Von den damaligen Regenten der Welt behauptete Russell in einer Veröffentlichung des Jahres 1914 (zit. n. 3, S. 33):
dass ihr Herrschaftslehen mit dem Jahr 1914 gänzlich abgelaufen sein wird, und dass alles um diese Zeit über den Haufen geworfen und Christi Königreich völlig hergestellt sein werde .... dürfen wir die Einsetzung der irdischen Regenten (des himmlischen Königreichs, Anm. der Verfasser) im Okt. 1914 erwarten.
Der "Wachtturm" vom September 1951 schrieb (zit. n. 3, S. 34):
Die zu Jehovas Volk gehörten, begriffen diese Wahrheiten vom Jahre 1922 an und freuten sich sehr. Sie kamen aus der Finsternis, der falschen Religion, heraus und lernten Jehovas Vorsätze kennen. ... Es gab noch sehr viel Arbeit für Gottes Gesalbte zu tun, ehe ihr Lauf auf Erden beendet war.
Dann wurde im Jahre 1925 zum ersten Mal gesehen und verstanden, dass das Königreich im Jahre 1914 tatsächlich geboren, dass es Tatsache geworden war.
Es galt, nicht länger zu proklamieren, dass die Zeit für das Königreich gekommen und der Tag, da Satans Welt enden müsse, hier sei, sondern das Königreich war gekommen und herrschte vom Himmel aus, und bereits war ein Krieg im Himmel ausgefochten worden. Der Wachtturm vom 15. April 1925 veröffentlichte diese Kunde.
Noch mehr Angaben über all das findet man sicher über Google-Bücher-Suche mit den Stichwörtern "
Rutherford Prophezeiung". Gegebenenfalls werden wir hier dazu noch einiges nachtragen. Obwohl die Religionsgemeinschaften christlicher Fundamentalisten zumeist eine überdurchschnittliche Geburtenrate aufweisen, gilt dies auffälligerweise für die "Zeugen Jehovas" - zumindest heute - nicht. Das wird in vielen religionsdemographischen Studien deutlich.
Okkultismus-Kritiker Rehwaldt über die "Zeugen Jehovas"(1939)
Abschließend noch, was der Okkultismus- und Wahrsager-Kritiker Hermann Rehwaldt 1939 über die Zeugen Jehovas zusammen getragen hat. Er schreibt über Hellseher (2, S. 10):
Einige solcher "Hellseher" haben (...) um sich eine große und meist zahlungsfähige Gemeinde gesammelt, die blind an den betreffenden "Meister" und Propheten glaubte.
Als Beispiel nennt er dann unter anderem
"Russell (von den Bibelforschern)".
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Rutherford - "Begünstigtes Volk" (1936) |
An späterer Stelle schreibt er (S. 93f) (Hervorh. n. i. Orig.):
Nach Russel und Rutherford, den beiden Propheten der "Ernsten Bibelforscher", verbirgt sich z.B. unter dem wenig anziehenen Symbol der "großen Hure" die römische Kirche, deren Entwicklung der Verfasser der Offenbarung auf diese Weise vorausgesehen habe. Nach ihren Berechnungen leben wir heute am Vorabend der "letzten Tage" und kurz vor dem Anbruch des tausendjährigen Reiches nach Wiederkunft des Jesus von Nazareth als obersten Richters und Feldherrn der himmlischen Heerscharen. Zuvor werden sich die Völker der verderbten Menschheit gegenseitig und im Innern zerfleischen, in Hungersnöten ihre eigenen Kinder und Verwandten verspeisen, und wie die liebevollen Bilder der Apokalypse noch sind. Heerscharen des Antichrists, d. h. all die Ungerechten und Verworfenen, die weder an Jesus von Nazareth noch an die Prophezeiungen der Zeugen Jehovas glauben, auf der einen Seite und die vereinigten Engelheere des Himmels mit den - verhältnismäßig wenigen - Gerechten, d. h. Angehörigen der Sekte der ernsten Bibelforscher auf der anderen stehen werden. (...) Das Laster und der Unglaube werden auf scheußliche Weise untergehen. Strahlend wird dann das tausendjährige Reich anheben, nachdem die verstorbenen und verwesten Toten leiblich auferstanden sind und eine Zentralregierung in Jerusalem im Auftrage des "Königs Christus" eingesetzt werden wird. Die Bibelforscher nehmen also die biblischen Worte ziemlich genau und errechnen sich an Hand namentlich des alten Testaments die Daten der zu erwartenden Ereignisse. Dass sie nebenbei wirtschaftlich kommunistischen Ideen huldigen, tut nichts zur Sache und ist übrigens bei ihrer konsequent christlichen Grundeinstellung nur zu verständlich. (...) Immerhin enthüllen die Deutungen der Apokalypse durch die Internationalen ernsten Bibelforscher, deren Organisation nach Lady Queenborough (Edith Starr-Miller [1887-1933] "Occult Theocrasy", 1933) unmittelbar von dem jüdischen Freimaurerorden Bnai Brith geleitet wird, die Pläne
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Edith Starr-Miller mit zwei ihrer Töchter (1924) |
solcher Freimaurerorden.
Edith Starr-Miller (1887-1933) war laut Wikipedia Mormonen-Gegnerin und "Verschwörungstheoretikerin". Sie wurde 1921 die zweite Frau des britischen Faschisten Baron Qeenborough, ließ sich von diesem aber 1932 wegen "Quälerei" wieder scheiden. 1933 starb sie mit nur 45 Jahren. Und ihr Buch
"Occult Theocrazy" wurde 1933 aus dem Nachlass herausgegeben. Dass es da Internetseiten gibt, auf denen ein Mordverdacht geäußert wird, ist naheliegend. Auf dem englischen Wikipedia heißt es über ihr Buch:
Edith's observations were outlined in her posthumously published Occult Theocrasy, and added to the discussion of the secret societies and their conspiracies. Her information was drawn from existing sources, including the works of Dr. Karl Hacks and Léo Taxil (...) (1854 - 1907), Taxil's supporter Abel Clarin de la Rive (1855 - 1914), Samuel Paul Rosen (1840 - 1907), theosophist Alice Bailey (1880 - 1949), Nesta Helen Webster (1876 - 1960), and esotericist Christina M. Stoddard, who wrote under the pseudonym "Inquire Within".
Vielleicht kein uninteressantes Buch. - Nach diesem Einschub aber weiter mit dem Rehwaldt-Zitat (S. 93f):
Ob mit "Hermageddon" der (...) abgeblasene Weltkrieg 1932 oder der nunmehr auf 1941 festgesetzte gemeint ist, kann uns gleichgültig bleiben. Die heutige blutige Hetze (...) gegen die "totalen" Staaten, namentlich aber gegen Deutschland, die, bald ansteigend, bald abflauend, systematisch besonders in Nordamerika betrieben wird, findet hier, in der okkulten christlichen Sekte ihre "prophetische" Unterstützung. Adolf Hitler wird darin gleich "Antichrist" gesetzt, das "Ende der Zeit" in den nächsten Jahren erwartet und die "Gerechten" mit Hilfe der Suggestion auf die "letzte Schlacht" vorbereitet.
In Russels "Das vollendete Geheimnis", einer Schrift der Wachtturm Bibel- und Traktatgesel., werden an Hand der "Offenbarung" folgende Daten errechnet: 1914 - Ende der Nationen; 1980 - Vertreibung der Gojim aus Palästina.
Auf ähnlicher Linie wie die zitierte Behauptung von Edith Starr-Miller scheint die Aussage einer 1936 mit Imprimatur der katholischen Kirche erschienenen Schrift
"Zeugen Jehovas - Pioniere für ein jüdisches Weltreich" zu sein, verfasst von einem Wiener Antisemiten (Garbe, S. 276): Briefe amerikanischer Freimaurer würden die Lenkung der Bibelforscher durch "das Judentum" beweisen.
Auch seine Begeisterung für die Zeugen Jehovas und ihre etwaig mildere Behandlung nützten Heinrich Himmler nichts. Sowohl in der "Regierung Dönitz" war er nach dem Tod Hitlers nicht willkommen, ebenso wenig wie nach seiner Gefangennahme bei dem Westalliierten. Es scheint begründete Zweifel zu geben, ob er sich dort wirklich selbst das Leben genommen hat. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen in der Führungsetage des Dritten Reiches ein Doppelspiel gespielt zu haben scheinen und dann dennoch nicht "geschützt" wurden oder werden konnten von jenen, in derem Sinne sie dieses Doppelspiel gespielt haben.
Allgemeinere Überlegungen
Es scheint sich nach und nach immer deutlicher herauszuschälen, dass die ariosophischen Logen, aus denen heraus und in deren Umfeld die NS-Bewegung entstand und groß wurde, und die auch zur logenideologischen Rechtfertigung der Massenmorde und der Untermenschen-Theorie nützlich waren, aus der Sicht der (theosophischen) O.T.O.-Logen (der Aleister Crowley, Theodor Reuss, Herbert Fritsche und so weiter) nur "Opfer" darstellten, "Logenproletariat", das - wie Himmler und trotz der Zuarbeit solcher Leute wie Himmlers - wenig Anspruch auf Schutz und Überleben hatte. In dem Sinne von
"Der Mohr hat seine Pflicht getan, der Mohr kann gehen." - Wohl nur jene mit Doppelmitgliedschaften und höheren Logenrängen als Heinrich Himmler, Albrecht und Karl Haushofer, Wolfram von Sievers, ja, als sogar Canaris scheinen in das "Schutzprogramm" aufgenommen worden zu sein, das sie über die Umbruchjahre von 1945 herüberrettete. Beispiele: Friedrich Hielscher, Wilhelm Wulff, Werner Best, Reinhard Gehlen, Hans Speidel - und wie sie alle hießen.
Da auch heute wieder allerorten völkische, ariosophische Logen aus dem Boden sprießen - einem sicherlich von Geheimdiensten und "Verfassungsschützern" mit Steuergeldern gut gedüngten Boden - können diese genannten Erfahrungen der Jahre um 1945 den Menschen eigentlich nicht deutlich genug vor Augen geführt werden. Auch die Geschehnisse rund um die thüringische NSU und die Sabotage ihrer Aufdeckung liegen doch auf dieser Linie. Auch hier hatte der Mohr seine Pflicht getan und konnte gehen. - - - Wann hat es mit all diesem Wahnsinn und all diesen Verbrechen ein Ende? Fast alle staatlichen Verantwortlichen für die NSU-Verbrechen und der Sabotage ihrer Verhinderung und Aufklärung sitzen heute noch in den Ministerien und Ämtern - und in den zugehörigen Logen.
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- Bading, Ingo: Die Schicksalsgläubigkeit des Adolf Hitler. Aufsatz in fünf Teilen. GA-j! Juli/August 2012
- Rehwaldt, Hermann: Weissagungen. Ludendorffs Verlag, München (August) 1939
- Cook, Will (Südafrika): Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft. Der verborgene Januskopf. Lulu Enterprises, Raleigh, NC (USA) 2011 (Google Bücher)
- Gebhard, Manfred: Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte. Books on Demand, Berlin 1999 (Google Bücher); siehe auch: http://www.manfred-gebhard.de/ZurIndexseite.htm [18.8.2012]; siehe auch das Kapitel "Späte Himmlerpläne" (freies pdf) [18.8.2012]
- Rutherford, John F.: Prophezeiung. Eine Verständlichmachung und Klarlegung zahlreicher Bibelgeheimnisse; Die Lichtblitze" Jehovas und D. Gegenwartsereignisse sind d. Schlüssel zu Verborgenem u. Offenbaren den Menschen ewiggült. Wahrheiten. Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft. 1929, 1930 (354 S.) (Google Bücher)
- Garbe, Detlef: Zwischen Widerstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im"Dritten Reich". (Google Bücher)
4 Kommentare:
Wie ich erst jetzt entdeckte, echauffiert sich Herr Manfred Gebhard, dem ich dankbar bin für die meisten Auskünfte, die in diesem Artikel zusammen gestellt worden sind, über den Artikel selbst. Mit zum Teil ziemlich herabsetzenden Ausdrücken:
http://www.manfred-gebhard.de/M.330641.htm
Wobei mir meine großartigen Fehler, die ich begangen haben soll, gar nicht ganz klar werden.
Ich habe nicht alle verfügbare Literatur zum Thema recherchiert. Wenn Herr Gebhard noch weitere nennt, wird das für Interessierte nur von Interesse sein können.
Im übrigen habe ich mich nicht mit den Ausführungen von Edith Starr-Miller identifiziert, da ich sie selbst noch gar nicht studiert habe, sondern nur auf diese hingewiesen.
Auf die eigentliche - wohl neue - These MEINES Blogartikels geht Herr Gebhardt offenbar gar nicht ein. Nämlich dass Himmler als GEGENSPIELER von Hitler (wie er in der Forschung immer besser erkennbar wird) ein besonderes Augenmerk auch auf die Zeugen Jehovas gelenkt haben könnte, die ihm noch im Zusammenbruch des Jahres 1945 ungewöhnlich wichtig gewesen sein.
Schade, dass Herr Gebhard nicht sehen will, dass mein Artikel lediglich zum Nachdenken über solche Zusammenhänge anregen will, keinesfalls Abschließendes darüber behaupten will.
Gerade erhalten ich den mir sehr wertvoll erscheinenden Hinweis, dass es auch im Tagebuch des Lagerkommandanten Höß Ausführungen über die Zeugen Jehovas gäbe. Und diese lassen sich leicht im Internet recherchieren, wieder - dankenswerterweise - auf der Seite von Manfred Gebhard:
http://www.manfred-gebhard.de/19582Hoess.htm
Aber diese Ausführungen ändern meinen ganzen Blick auf diese Sache sehr. Ich sehe durch sie erst JETZT in überzeugender Weise, warum der Himmler von diesen Zeugen Jehovas so fasziniert war. Diese "Vorgeschichte" seiner Faszination, wie sie sich in Sachsenhausen abspielte, war mir ganz entgangen.
Er brauchte also gar nicht ihre Prophetie dafür, von ihnen fasziniert zu sein, was die Grundthese dieses Blogartikels war. Aber sie mag ihm grade wegen dieser sonstigen Faszination auch dann noch zusätzlich interessant erschienen sein.
Hi Herr Bading.Falls noch Interesse an der Thematik Zeugen Jehovas und das dritte Reich/Himmler/Hitler besteht können sie sich ruhig unter meiner Adresse melden.Hätte da einiges an Informationen.Das gewiss auch dem Gebhardschen Meinungsmachen widerspricht.
Schreiben sie einfch an apfelbubi7@icloud.com
Dann ergibt sich gewiss weiteres.
MfG Andy
Hallo Andy Apfelbubi, ist meine Email vom 11. August 2015 nicht angekommen? Ich kann mich jedenfalls an keine Antwort erinnern.
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