2. Teil: 1927 - 1933Ab sofort gibt es diese Blogartikel-Serie ---> als Buch (430 Seiten für 15 Euro plus Versandkosten). Ende 2014 wird eine deutlich überarbeitete und erweiterte Version dieses Buches erscheinen.
Aufsatz in fünf Teilen: 1. Teil (1908 - 1925); 2. Teil (1927 - 1933); 3. Teil (1934 - 1939); 4. Teil (1940 - 1945); 5. Teil (Schluß, Anhang, Literatur)
Bei dem Namen Erik Jan Hanussen (1889-1933)
stößt man auf eines der zentralsten Kapitel des vertrauten Umganges von Adolf Hitler mit Astrologen und Wahrsagern.Abb. 6: Eric Jan Hanussen
Im Film und auf der Bühne ist das "gesellschaftliche Ereignis" des Berlins der frühen 1930er Jahre (siehe Kugel), ist dieser jüdische Scharlatan, Astrologe und Hellseher schon seit Jahrzehnten ein viel behandeltes Thema. Ja, er scheint geradezu wie ein "Stellvertreter" für die Astrologen und Wahrsager insgesamt dargestellt zu werden, von denen die NS-Führung stetig umgeben war. Diese Fülle schien man aber der Öffentlichkeit "in extenso" und in allen Details bis heute im Film und auf der Bühne noch nicht zumuten zu wollen. Und so walzt man bis heute immer wieder das Thema Hanussen ganz isoliert für sich aus, als wäre er der einzige "Hellseher Hitlers" gewesen.
Film und Bühne gehen dabei jeweils ganz selbstverständlich davon aus, daß Hanussen im persönlichen Kontakt zu Adolf Hitler gestanden habe (z.B. Film: DDR 1973, mit Brandauer 1988, 2001, Bühne: San Francisco 1996). Neuerdings wird dabei vom Film sogar sehr breit eine Angabe thematisiert, nach der ausgerechnet ein Jude - nämlich Hanussen - schon "in den 1920er Jahren" Adolf Hitler Unterricht in Massenpsychologie und im Sprechen gegeben habe. (Vgl. "Mein Führer" [2007] von Dani Levy mit Helge Schneider [MyVideo].) Auffallenderweise sind insbesondere jüdische Regisseure an diesem Thema immer wieder interessiert. Es scheint geradezu so, als wäre man "lüstern" auf diese Scharlatanerie und Gauklerei im Zusammenhang mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, bzw. von diesen zumindest besonders fasziniert.
Ganz allgemein ging vor allem die kommunistische Presse jener Jahre davon aus, daß Hanussen "der" Astrologe Hitlers sei. Die Wissenschaft von heute tut sich etwas schwerer damit, sich tatsächlich von persönlichen Kontakten zwischen Hanussen und Hitler zu überzeugen. Doch kann sie dafür neben der damaligen allgemeinen Pressemeinung zumindest noch weitere zahlreiche indirekte Hinweise und Anzeichen nennen (Kugel, S. 185ff). Im folgenden soll einigen der wesentlichsten dieser Hinweise und Anzeichen nachgegangen werden.
Doch die Hanussen-Biographie von Wilfried Kugel weist noch zumindest einen anderen Aspekte auf, der zu behandeln ist. Kugel benennt nämlich als "sensationelles Ergebnis" seiner langjährigen Studien (S. 9f) die
Aufklärung der Rolle des Hanussen-Widersachers Erich Juhn. Juhn arbeitete offenbar über 20 Jahre hinweg an der Vernichtung Hanussens.
Der zionistische Jude Juhn habe zum Schluß insbesondere durch gezielte Indiskretionen an die kommunistische Presse (über den Juden Bruno Frei) schließlich die Ermordung Hanussens durch die Nazis bewirkt. Obwohl Kugel sonst eine klare Neigung dazu aufzeigt, allzu weitgehenden Spekulationen über das Leben Hanussens nur die allein gesicherten Tatsachen gegenüberzustellen, scheint er doch bei dieser These nun selbst recht gewagt über die gesicherten Tatsachen hinauszugehen. Hat Kugel denn genügend geprüft, daß eine öffentlich ausgetragene Fehde, daß Streit und Skandale, Gerichtsprozesse gerade in dem Bereich, in dem sich die genannten Personen bewegten, auch das Geschäft "beleben" können, und daß in diesem Sinne auch ein "Widersacher" von Hanussen selbst - letztlich - als geschäftsbelebend empfunden worden sein werden?
Wäre die jüdische Herkunft des Hanussen nicht auch ohne diese Indiskretionen den Nationalsozialisten schon ziemlich bald bekannt geworden?
Sowohl Hanussen wie Erich Juhn wie der größte Teil ihre engeren Mitarbeiter (Bruno Frei etc.) sind jüdischer Herkunft. Sollte hier, wie Kugel unterstellt, eine quasi "innerjüdische Fehde" vor aller Öffentlichkeit ausgetragen worden sein? Führten nicht auch die Kommunisten damals einen "Scheinkampf" gegen Hitler? Und bot sich dazu der Hitler-Unterstützer Hanussen nicht sogar besonders an? Kritisierten nicht sogar manche nüchternen Kommunisten das in den Vordergrund-Stellen der Hanussen-Kritik in jenen Monaten, wie Kugler selbst berichtet (S. 196f)?
Der brisanten Hanussen-Dokumente des Müllern-Schönhausen
Insbesondere der viel gelesene Hitler-Biograph John Toland (1976, S. 384f) und - ihn zitierend - Heinz Höhne (1983), sowie etwa auch eine "Baphometische Gesellschaft" in Wien (siehe unten) zitieren eine Wahrsagung Hanussens für Hitler vom 1. Januar 1933, deren Herkunft der sehr kritische Hanussen-Biograph Kugel (1998) für unseriös hält. Sie geht zurück auf das Buch eines Johannes von Müllern-Schönhausen, (1959), dessen Autor vorgab, private Nachlaß-Bestände Adolf Hitlers zu besitzen und auszuwerten. Wobei Müllern-Schönhausen sich in seinem Buch um wissenschaftliche Seriosität ganz offensichtlich nicht gerade bemüht hat, wenn man das vorsichtig ausdrücken will. John Toland schreibt (S. 73) von der "umstrittenen Privatsammlung" und in einer Anmerkung dazu über das aus ihr hervorgegangene Buch (S. 1140, Anm. 34):
Das Buch stellt eine verwirrende Mischung aus Tatsachen und Fantastereien dar. Ich bin jedoch davon überzeugt, daß Müllern-Schönhausens Sammlung von Hitler-Briefen, -Dokumenten und -Gemälden zum größten Teil echt ist. Obwohl M.-Sch. mit mir die Wiener Bank aufsuchte, in der die Dokumente verwahrt werden, und einige photokopieren ließ, zeigte er mir die Originale nicht. Er erklärte mir, er habe die Papiere von Hans Bleyer-Härtl erhalten - einem österreichischen Nationalsozialisten, der als Anwalt die Dollfuß-Mörder verteidigt hatte. Nach dem Anschluß Österreichs habe Bleyer-Härtl sich mit den Nazis überworfen, habe sich dann später als eine "Form des Selbstmords" an die Front gemeldet und sei gefallen. Professor Ernst Deuerlein von der Universität München erklärte mir kurz vor seinem Tod, er habe einen Teil der Dokumente geprüft und ihre Echtheit festgestellt. Er empfahl mir, mit M.-Sch. in Kontakt zu treten. Das Gespräch wurde durch Dr. Wilfried Daim, Wien, vermittelt.
Toland führt auch die Angabe von Müllern-Schönhausen an, Hanussen habe Adolf Hitler seit 1926 im Reden geschult (Toland, S. 297). Wenn Toland die Hanussen-Voraussage vom 1. Januar 1933 zitiert (S. 385), dann spürt man dabei eher Naivität ihr gegenüber auf Seiten Tolands durch, nicht - wie bei Höhne - sozusagen die "instinktive Sicherheit", daß dies ein zentrales Geschichtsdokument darstellt.
Ansonsten benutzt Toland die Angaben und Dokumente Müllern-Schönhausens nur sparsam. Die von ihm zitierten Dokumente aus der Sammlung Müllern-Schönhausen machen zwar einen "gewagten" Eindruck (Goebbels als Propagandaminister der USA in den Planungen Hitlers für die Zeit nach dem Endsieg) (S. 952, s.a. S. 73), müssen aber nicht deshalb schon unseriös sein. Der kritische Kugel schreibt stattdessen (S. 13):
Zumindest was Hanussen betrifft weitestgehend frei erfunden scheint auch die Schilderung von Johannes von Müllern-Schönhausen (...). Müllern gibt im Faksimile Hanussen-Dokumente wieder (...). Diese Dokumente lagen dem Autor teilweise im Original vor. Er hält sie für Fälschungen. Bedauerlicherweise fanden sie in unkritischer Weise Eingang in die historische Literatur - so zum Beispiel bei John Toland (...) und bei Heinz Höhne.
Die Argumente, die Kugel in einer Anmerkung dahingehend vorbringt, daß es sich um Fälschung handele, erscheinen zwar berechtigt, können allerdings auch nicht definitiv davon überzeugen, daß es sich hier tatsächlich um Fälschungen handelt.
Der Hitler-Biograph Werner Maser nennt Müllern-Schönhausen schlichtweg einen Fälscher:
Das absonderliche Hitlerporträt des österreichischen Astrologen Johannes von Müllern-Schönhausen ... Ein ... Der Verfasser, ein Anhänger des Astrologie- und Alraunenglaubens, publizierte bündelweise gefälschte Hitler-Briefe und Notizen, ...
Hat er sich hier einfach an das Urteil von Wilfried Kugel angeschlossen? Oder hat Maser bessere Argumente dafür hat, daß es sich hier um Fälschungen handelt, als Kugel? Das wäre noch einmal zu überprüfen. Mit Hans Bleyer-Härtl (1880 - nach 1943?) (Dt. Lit.-Lexikon) beschäftigen sich weder Kugel noch Toland, was aber doch unbedingt erforderlich wäre, um zu einem abschließenderen Urteil kommen zu können. Er hat laut Internet-Antiquariaten völkische, literarische und dramatische Veröffentlichungen hinterlassen, womögllich ein völkisches Christentum vertreten und im Jahr 1939 auch umfangreichere Erinnerungen herausgebracht (s. Literaturverzeichnis im 3. Teil). In seinem Buch nennt Müller-Schönhausen Bleyer-Härtl nicht wörtlich, druckt aber im Faksimile jene Briefe ab, mit denen Bleyer-Härtl Müller-Schönhausen seine Dokumenten-Sammlung übergab. Unter "Wien, am 8. April 1940" schreibt nun Bleyer-Härtl unter anderem (S. 70f):
Diese Kollektion ist nicht nur das Ergebnis einer langjährigen, mühevollen Sammlertätigkeit, sondern ebensosehr - und darauf bin ich besonders stolz - einer prophetischen Gabe. Denn zu Zeiten, als noch alle Welt über den Chef und Fanatiker einer bedeutungslosen Parte lächelte, habe ich die Zukunft des Mannes erkannt und seinen Aufstieg vorausgesehen. (...)
Den Wert - insbesondere der Bilder - können Sie vielleicht ermessen, wenn ich Ihnen verrate, dass mir der Führer selbst einmal gesprächsweise erwähnt hat, dass er knapp acht Dutzend Oelbilder gemalt und cca. doppelt so viele Aquarelle und Zeichnungen angefertigt habe, von denen nach seinen Schätzungen kaum die Hälfte mehr vorhanden sei.
Die Reichskanzlei würde für jedes Bild 50.000 Reichsmark bezahlen und ihm sei für seine Sammlung insgesamt schon 1 Million Reichsmark angeboten worden, fährt er fort. Doch in der Umgebung des Führers gebe es Leute - "insbesondere der auch Ihnen bekannte Dr. L." - die sich an diesen Bildern persönlich bereichern wollten:
Wenn diese Leute nicht wüssten, dass der Führer meine Sammlung kennengelernt und sogar persönlich bereichert hat - längst schon hätte man sie mir trotz meiner Stellung mit List oder Gewalt abgejagt.
Wie Sie wissen, hat mich jedoch Geld nie gereizt. Ich habe in der illegalen Zeit die SA Führer umsonst verteidigt und kann es mir heute erst recht leisten, auf die Judassilberlinge zu verzichten.
Wann eine der hier erwähnten persönlichen Begegnungen mit Adolf Hitler stattgefunden hat, geht offenbar aus einem in Faksimile wiedergegebenen Bestandsverzeichnis dieser im Jahr 1926 begründeten Sammlung hervor, das bis zum 23. Punkt im Jahr 1936 geführt worden war, und worauf Adolf Hitler dann in eigener Handschrift darunter gesetzt hat:
Zur Bereicherung der Sammlung samt Federhalter, mit dem die Protektoratsurkunde unterzeichnet wurde - gewidmet,Dann fährt das Verzeichnis mit Punkt 24 fort:
Wien am 17. März 1939 Adolf Hitler.
Goldfüllfederhalter aus dem Besitz des Führers. (...) Vom Führer als Präsent erhalten anlässlich seines Besuches bei mir am 17. März 1939.Ohne alle Quellen- und Herkunftsangaben glaubt Müllern-Schönhausen dann berichten zu können (S. 118):
Das Jahr 1926 brachte insoferne eine Wende, als Hitler in Berlin durch Vermittlung einer hochgestellten Dame den zu Besuch weilenden Erik Jan Hanussen-Steinschneider-Muni kennenlernte.Muni, so erläutert M.-S. später (S. 123), hätte der Mädchename der Mutter von Hanussen gelautet, die ebensowenig jüdischer Herkunft gewesen sein wie der uneheliche Vater des Hanussen. Kugel (S. 17) hingegen benennt die beiden Familiennamen der Eltern, Steinschneider und Kohn, als jüdisch. Mit dem Namen "Muni" hatte M.-S. aber schon zuvor (S. 62f) in einer abstrusen völkisch-okkulten Wortkabbalistik, wie man sie auffälligerweise insbesondere von Rudolf John Gorsleben kennt, Parallelen zwischen Wotan und Hitler und ihrem "Begleitpersonal" festgestellt:
Wotan mit seinen Wölfen "Geri" und "Frecki" und seinen Raben "Huginn" und "Muninn"
setzt er in Bezug zu dem neuen Wotan, nämlich Hitler mit seinen beiden "Kämpfern", die ihm den Weg zur Macht bahnten, "Göring" und "Frick", und mit den "zwei Köpfe(n), die die öffentliche Meinung beeinflußten und das irdische Geschehen mit dem Schicksalsstand der Gestirne koordinierten", nämlich "Hugenberg" und "Hanussen Steinschneider Muni". Rudolf John Gorsleben hätte es nicht besser sagen können - oder womöglich stammt diese Wortklauberei sogar von ihm. Denn ein "Muni" ist im Indischen offenbar ein Weisheitslehrer und Heiler, ein Weiser, ein zur Wahrheit und zum Selbst erwachter Mensch (siehe Google). Im Germanischen heißt "Muni" offenbar ebenfalls "Geist, Gedanke, Wille". Wie auch immer. Weiter im Zitat (S. 118):
Er hatte eben wieder eine seiner Reden im privaten Zirkel beendet und war von den anwesenden ca. 45 Personen - durchwegs Geldmagnaten - mit achtungsvollem Beifall bedacht worden, als ihn die Hausfrau zum Buffet führte und ihn mit Hanussen bekanntmachte. (...)
Prüfend musterte Hanussen die stramme Gestalt des Führers (...) dann fragte er unvermittelt: "Wenn Sie schon Politik betreiben wollen, Herr Hitler - warum lernen Sie nicht sprechen?" (...) Der Persönlichkeit des Hellsehers jedoch konnte er (Hitler) sich nicht entziehen und so kam trotz der anfänglichen Spannung ein Gespräch zustande, das damit endete, daß Hitler sich bereits für den nächsten Tag mit Hanussen verabredete. (...)
Hanussen führte nun den Führer im wahrsten Sinne des Wortes in die Geheimnisse der Körperbeherrschung und der Gebärdensprache ein.Aber Hallo! Aber so was von bester Redner aber auch. Und weiter schreibt Müllern-Schönhausen (S. 121):
Er (...) zeigte ihm (...) so manchen sprachtechnischen Kniff und vervollständigte sein rhetorisches Rüstzeug dermaßen, daß Hitler bereits 1929 der beste Redner deutscher Zunge genannt werden konnte.
Langsam aber sicher begann der Hellseher den Führer nun auch politisch zu beeinflussen! Nicht massiv und auf der ganzen Linie. (...) Er gab ihm nur Tips bezüglich der Wahl seiner Mitarbeiter, oder bezüglich des Beginns wichtiger Unternehmungen, doch waren diese ziemlich rar - jedenfalls viel seltener, als der Führer sie gebraucht hätte. (...) Die beiden trafen sich von Zeit zu Zeit in einer Stadt, die für sie ohne große Schwierigkeiten jeweils zu erreichen war. Dann wurden vergangene Ereignisse besprochen, die Gegenwart analysiert und Pläne für die Zukunft geschmiedet.- ja, woher denn? -
Manchen Wink - manchen Hinweis auf versteckt lauernde Gefahren gab der Hellseher dem, gerade damals ziemlich unsicheren Führer. So soll die Entlassung des hinter dem Rücken des Führers mit Papen und General Schleicher konspirierenden Gregor Strasser auf seine Intervention zurückzuführen gewesen sein. (...)
Seltsam ist nur, daß Hanussen dem Führer bis zum Jahre 1933 nie ein Horoskop erstellt hat. Hitler hat ihm - wie man weiß -
oftmals aufgefordert, doch war er dazu einfach nicht zu bewegen.
Hitler als Schüler des Hanussen im Umfeld des Satanismus
Da Müllern-Schönhausen hier an keiner Stelle Otto Strasser erwähnt, ist ziemlich deutlich, daß ein zweiter Überlieferungsstrang dieser Angabe unabhängig von Müllern-Schönhausen entstanden ist, worüber Kugel schreibt (S. 185):
Walter C. Langer berichtet in einem 1972 erschienenen, aber angeblich bereits 1942/43 im Auftrag der US-Regierung verfaßten psychologischen Gutachten über Hitler unter Berufung auf Otto Strasser, daß Hitler in den frühen 20er Jahren Unterricht in Massenpsychologie und Sprechen bei Hanussen nahm.Da Kugel die Person Walter C. Langer gar nicht genauer unter die Lupe nimmt, mutet seine Kennzeichnung "angeblich" übertrieben kritisch an und beruht sicherlich darauf, daß er Müllern-Schönhausen zu 100 % als Fälscher abtun will, was er aber auch nicht besonders gründlich und überzeugend geleistet hat. Im Gegenteil: Langner scheint doch hier vielmehr Müllern-Schönhausen zu bestätigen in einer wesentlichen Angabe! Wo doch auch Kugel ergänzt:
Tatsächlich muß aber eine Verbindung zwischen Hanussen und Otto Strasser bestanden haben, denn 'Die schwarze Front' berichtete beispielsweise am 29. Mai 1932 euphorisch über Hanussen.
Auch an anderen Stellen in den Vorhersagen Hanussens wird ja - nach Kugel - deutlich, daß Hanussen über gute Kontakte zur Strasser-Gruppe verfügte. Daß Otto Strasser in seinen eigenen autobiographischen Überlieferungen Hanussen nicht erwähnt, will eigentlich gar nichts besagen, da diese sowieso in auffälligem Umfang hintergrundpolitisches Wissen, das bei Otto Strasserr mit großer Sicherheit vorgelegen hat, über weite Strecken verschweigen. Hat Otto Strasser doch etwa nur angedeutet, niemals ausgeführt, daß die "Schwarze Front" wie eine Freimaurerloge gegliedert gewesen sei mit "inneren" und "äußeren" Kreisen und Zirkeln der Eingeweihtheit. Ganz so wie das der dieser "Front" nahestehende Kriegshetzer und -verherrlicher Friedrich Hielscher (in "Das Reich") getan hat.
Die kommunistischen Zeitungen jener Zeit gehen wie selbstverständlich davon aus, daß Hanussen Hitlers künftiger Reichs-Astrologe ist. Soweit übersehbar hat das Hitler niemals dementieren lassen. Dazu bestand auch kein Anlaß, denn Hanussen war sicher - wenn nichts anderes - mit seinen Voraussagen ein nützlicher Propagandist der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Schon aus diesem Grund - und natürlich wegen der auch sonst gut bezeugten astrologischen und okkulten Interessen Hitlers - wäre es absurd, wenn Hitler nicht den persönlichen Kontakt zu Hanussen gesucht hätte. Dieser ist ja denn auch durch zahlreiche weitere Personen bezeugt.
Und auch mehr als deutlich durch die Tatsache, daß der satanistische Autor eines Vampir-Bestsellers des Jahres 1911 ("Alraune") Hanns Heinz Ewers zur gleichen Zeit in gutem Kontakt stand mit Hitler und mit Hanussen. Er schrieb damals Romane über den "Feme-Schulz" (einen als Helden verehrten völkischen Auftragsmörder der Okkultlogen), über Horst Wessel und über - Hanussen (siehe unten). Wodurch sehr deutlich die satanistischen Hintergründe der Machtergreifung und des Dritten Reiches gekennzeichnet wird, denen ja ein Mann wie Hanussen am allerletzten ferngestanden haben wird. Was auch sein gutes Wissen über die Hintergründe des satanistischen Reichstagsbrandes (Feuer als satanistisches Symbol) bezeugt ist.
Gelegenheit übrigens zu erwähnen, daß die deutliche Herausstellung des Reichstagsbrandes als ein "Naturereignis" durch Hans Bernd Gisevius - über Seiten hinweg am Anfang seines Buches "Bis zum bitteren Ende" - auch mehr als deutlich von hintergrundpolitischem Wissen dieses Zeitzeugen Kunde gibt. Gisevius schreibt da (1960, S. 12f):
Angesichts des Flammenmeeres verschwindet die Vorstellung, hier werde noch Menschenwerk getan. Das Elementare spricht, nicht ein vermessener Brandstifter. Wer (...) noch nicht gänzlich abgestumpft ward (...), der wird wissen, welch magische Wirkung auf Phantasie und Gemüt von solch einem Riesenbrand ausgeht. (...) Furchtbare, bislang unbekannte Mächte kommen, als wären die Elementargewalten sichtbar im Bunde, mit unwiderstehlicher Wucht zum Durchbruch.
Deutlicher konnte sich Gisevius nicht mitteilen als ein weiterer der vielen Autoren, die "über die Köpfe des Publikums hinweg" (wie Jünger, wie Hesse und andere - siehe anderer Beitrag) sich über ihr elitäres hintergrundpolitisches Wissen miteinander verständigen, wobei "der Leser nicht mehr in Betracht kommt".
Gerade ein Hans Bernd Gisevius übrigens wird einem eine Ahnung geben können von der Breite des in den damaligen - und heutigen - Eliten vorherrschenden Wissens über die satanistischen Hintergründe der Machtergreifung und des Dritten Reiches. Es mußte und muß für die "Wissenden" unheimlich faszinierend sein, Anteil zu haben an diesem satanistischen Geheimwissen und von diesem Anteil aus die eigene, elitäre Perspektive auf den Gang der Weltgeschichte zu besitzen. Ein Wissen und eine Verständigung, die allen demokratischen Meinungsbildungsprozessen einer Offenen Gesellschaft entzogen ist, worin der große Umfang an Heuchelei begründet liegt, in dem alle unsere heutigen politischen Verhältnisse, gestaltet von "lupenreinen Demokraten", verwurzelt sind - oder doch zumindest sehr deutlich verwurzelt scheinen.
Seit März 1930 sagt Hanussen für die nächste Zeit "einen Diktator aus radikal-sozialistischen Kreisen" voraus (Kugel, S. 187). Im Dezember 1931 sagt Hanussen voraus (zit. n. Kugel, S. 187):
Über Deutschland kommt eine sehr starke Faust, die kürzere Zeit eine außerordentlich fühlbare Diktatur ausüben wird. Es droht die Auflösung des Parlamentes.
20. Februar 1932: Hanussen sagt "neue kriegerische Ereignisse" für das Jahr 1932 voraus
Abb. 7: Piloty - "Seni vor der Leiche Wallensteins" (1855) |
Im Januar/Februar 1932 ebenso (Kugel, S. 187f):
Über Deutschland steht die eherne Faust der Diktatur.
Wer von "eherner Faust" oder "starker Faust" spricht, scheint doch nicht nur wie ein den vorausgesagten Dingen "neutral" gegenüberstehender Wahrsager zu sprechen. Da schwingt vielmehr allerhand Bewunderung, Zustimmung, ja, Begeisterung gegenüber dem Vorausgesagten mit.
Am 20. Februar 1932 (Yt) sagt Hanussen für das Jahr 1932 "neue kriegerische Ereignisse" voraus: "Der Bolschewismus wird seinen stärksten Vorstoß versuchen, um an die Macht zu gelangen." Stärkster Vorstoß würde heißen: Stärker als jener, der durch die Schlacht bei Warschau im Jahr 1920 gestoppt worden ist. Und das hieße sicherlich, daß Ostpreußen und andere Teile Ostdeutschlands davon ebenfalls betroffen gewesen wären.Und tatsächlich rechneten gerade für das Jahr 1932 viele europäische Staaten, insbesondere die Sowjetunion (General Tuchatschewski [siehe Bogdan Musial]), Polen (Pilsudski) und Frankreich mit einem neuen europäischen Krieg. Also auch an dieser Stelle gibt Hanussen sehr genau Hintergrundpolitik-Wissen seiner Zeit in Form von "Wahrsagungen" wieder.
Ungenügend sensibilisiert für das Wirken von Hintergrundmächten, zu denen Hanussen ganz offensichtlich in bestem Kontakt stand und als deren Sprachrohr diese ihn benutzten, untersucht der Hanussen-Biograph Wilfried Kugel die zumindest zum Teil außerordentlich gut informierten politischen Voraussagen Hanussens seit 1930 viel zu wenig genau, detailliert und ausführlich. Daß Hanussen nicht nur Diktatur, sondern auch Krieg voraussagt, erwähnt er z.B. gar nicht. Deshalb muß Kugel insgesamt letztlich ganz zwangsläufig zu einem falschen Urteil über Hanussen kommen, ein letztlich doch schiefes Bild entwickeln. Nur wenn man die ganze Breite des Hintergrundwissens analysiert, das Hanussen doch ganz offenbar zur Verfügung stand, wird man zu einem treffenden Urteil kommen darüber, worin das eigentlich Wesen des Handelns von Hanussen zwischen 1930 und 1933 gewesen ist.
In einer genauen und detaillierten Auswertung der "Hanussen-Zeitung" und aller seiner an anderen Stellen veröffentlichten Prophezeiungen dürfte noch allerhand Erkenntnisgewinn beschlossen liegen, zumal eine Folge seiner Zeit weltweit in allen Bibliotheken abhanden gekommen sein soll, die genauere Aufschlüsse über die persönlichen Beziehungen zwischen Hanussen und Hitler gegeben hätte.
25. März 1932: Hanussen sagt Hitler "starke seelische Erschütterungen" voraus
Am 15. März 1932 erscheint noch einmal die Voraussage Hanussen's (zit. n. Kugel, S. 187):
Über Deutschland kommt die harte Faust der Diktatur.
Mit solchen Voraussagen kann man Völker natürlich zu williger Hinnahme des Vorausgesagten verleiten. Am 25. März 1932 lautet die Schlagzeile der Hanssen-Zeitung (Kugel, S. 188): "Hanussen schildert in Trance Hitlers Zukunft". Unter anderem schildert er in dieser "Trance" über diesen "berühmten Mann":
Es kommt seelisch eine Zeit starker Erschütterung, vielleicht nicht nur durch die Angelegenheit innerhalb der Partei, sondern auch durch eine interne Sache, die mit Freundschaft zu tun hat. (...) Die innere Spaltung einer kleinen Gruppe innerhalb der Partei wird in der nächsten Zeit bei Hitler große Erregung hervorrufen. Es droht diesem Mann Verrat durch einen Menschen, den er noch für seinen Freund hält. Die Führerschaft Hitlers über seine Partei wird ihm auch für die nächste Zeit unbestritten verbleiben, trotzdem eine Gruppe seiner Umgebung dieselbe unterminiert.Kugel glaubt, daß sich das auf die Beziehungen Hitlers zur Gruppe um Gregor Strasser bezieht. Laut Wikipedia brach die "Strasser-Krise" aber erst im Dezember 1932 aus. Hatte sie schon schon acht Monate zuvor angedeutet, angebahnt? Auf Wikipedia heißt es darüber:
In der Strasser-Krise prallten im Wesentlichen zwei Auffassungen innerhalb der Parteileitung aufeinander: zum einen die Position der Gruppe um Hermann Göring und Joseph Goebbels, die dafür plädierte, am bisherigen politischen Kurs Hitlers festzuhalten, der auf die Formel „Alles oder nichts“ gebracht wurde, d. h. weiterhin auf die Übertragung des Reichskanzleramtes an Adolf Hitler persönlich und auf die Übertragung der vollen Regierungsgewalt auf die NSDAP zu bestehen. Demgegenüber trat der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Gregor Strasser – der namensgebend für die Krise wurde – dafür ein, einen moderateren Kurs einzuschlagen und sich vorerst mit einigen Ministerämtern in einer Koalitionsregierung zu begnügen. Hitler sollte nach Strassers Vorstellung auf das Kanzleramt verzichten und sich stattdessen mit dem Amt des Vizekanzlers oder des Parteivorsitzenden der NSDAP zufriedengeben. Am Ende der Krise schlug sich Hitler – nach einigem Hin-und-Her – auf die Seite der Verfechter des „Alles-oder-Nichts“-Kurses.
Den moderaten Kurs in Anpassung an Hindenburg hat Hanussen ebenfalls schon in der Voraussage vom 25. März behandelt und auch, daß dieser moderate Kurs verfolgt wird, ohne daß Hitler ein Amt hätte:
Zwischen Hitler und einem anderen deutschen Mann, dessen Namen wir alle kennen (Hindenburg), wird es schon in der nächsten Zeit zu einer Aussprache kommen, welche für die Politik von der allergrößten Bedeutung wird. Es kommt zu einer Milderung des Parteiprogramms und zu einem Kompromiß, welches für Deutschland und auch für die Partei Hitlers in Verbindung mit der von mir prophezeiten Annäherung an einen anderen Mann von großem Vorteile sein wird. Eine Abschwächung der nationalsozialistischen Partei findet nicht statt, im Gegenteil, die Partei wird durch die neuen Maßnahmen, sozusagen eine kleine Kurswendung, sehr großen Zuwachs erhalten und bei den verschiedenen Wahlbewegungen der nächsten Zeit günstig abschneiden. Es muß betont werden, daß Hitler der Führer bleibt, und daß die Zersplitterung der Rechtspartei nicht eintrifft.
Womöglich wird man in diesen Worten das politische Programm jener Hintergrundmächte sehen können, für die Hanussen der "Verkünder" war. Interessant dann auch dieser Aspekt des politischen Programms der Hintergrundmächte zu diesem Zeitpunkt:
Die Persönlichkeit Hitlers wird im Bilde Deutschlands weiter eine große Rolle spielen, ohne daß jedoch Hitler jemals ein ganz bestimmtes Amt annehmen wird.
Womöglich stand damals auch noch für diese Hintergrundmächte das Querfront-Konzept von Gregor Strasser und Schleicher im Vordergrund - mit Hitler als ämterlosem charismatischem Parteiführer. Mit dem Rücktritt Gregor Strasser von allen Ämtern am 8. Dezember 1932 wird parallel schrittweise eine Neuorientierung in Richtung auf eine Kanzlerschaft Hitlers stattgefunden haben bei diesen Hintergrundmächten. All das wäre noch einmal im einzelnen zu überprüfen und zu analysieren.
31. März 1932: Hitler fühlt sich Wallenstein verwandt
Am 31. März 1932 heiratete Baldur von Schirach Henriette geb. Hoffmann in München. Trauzeugen waren Adolf Hitler und Ernst Röhm. In der Wohnung der Schirachs hing damals das Gemälde "Seni vor der Leiche Wallensteins". Hitler soll in der Folgezeit häufiger vor diesem Gemälde gestanden haben und dabei auch geäußert haben, daß er sich Wallenstein verwandt fühlen würde (1, S. 179). Ob das Hanussen-Horoskop vom 25. März und die nachfolgenden wechselnden Voraussagen von Hanussen Hitler das haben aussprechen lassen? Und ob ein solcher Seni nicht tatsächlich am 30. April 1945 vor der Leiche Hitlers stand, der noch wenige Tage vor seinem Tod den Astrolgen Unglaub zu sich gerufen haben soll (s. 3. Teil)?
13. April 1932: Hitler benutzt das Kartenspiel von Wallensteins Astrologen
Und ausgerechnet wenige Tage später, Anfang April 1932, beginnt der Schauspieler und Opernsänger Paul Devrient bei Adolf Hitler mit einer Rednerschulung. Und was berichtet Devrient über diese seine erste Begegnung mit Adolf Hitler ("Schmerzhaftes Quetschlaute", in: Der Spiegel, Nr. 6, 3.2.1975)?
Hitler nahm die Lehren Devrients an; freilich, nicht ohne vorher die Sterne zu befragen.. Aus einem alten Kartenspiel, das einst Wallensteins Leibastrologe Seni besessen und Hitler von einer französischen Schloßherrin zum Geschenk bekommen haben soll, las er, an einem 13., die günstige Konstellation ab. Fortan, so Devrient, "war er intensiv bei der Sache".
Dieses Zitat ist einem Vorabbericht über die von Werner Maser herausgegebenen Tagebücher Devrient's entnommen (Werner Maser (Hg.): Paul Devrient. Mein Schüler Adolf Hitler. 1975; Ludwig Verlag 1982 (303 S.) (Google-Bücher)). (Universitas 2003, 185 S.) Dieser Vorabbericht enthält Fehler (nämlich die Datierung dieses Gesprächs und der Rednerschulung auf die Jahre 1929/30 (vgl. pdf)). Insofern ist er auch bezüglich der zentralen, hier zitierten Aussage noch einmal mit der eigentlichen Buchveröffentlichung abzugleichen. Auf Google-Bücher jedenfalls ist in der eigentlichen Buchveröffentlichung dieses Zitat mit keinem relevanten Suchwort wiederzufinden. Womöglich hat Maser diese Aussage in seiner Veröffentlichung - aus welchen Gründen auch immer - nicht gebracht (?). Sie ist aber auch von anderen Autoren aufgegriffen worden (siehe unten).
22. Mai 1932: Rennfahrer Lobkowicz verunglückt tödlich auf der Avus - Hanussen hat es vorausgesagt
Die kommunistische "Welt am Abend" weist am 28. Mai 1932 Hanussen die Schuld an dem spektakulären, tödlichen Unfall eines jungen tschechischen "Herrenfahrers" zu, und zwar mit diesen Worten (zit. n. Kugel, S. 199f):
Dabei wird allerdings auch zu untersuchen sein, ob Herr Hanussen in Berlin, wie behauptet wird, den besonderen Schutz gewisser Regierungsstellen genießt, die ihm anscheinend in seinem Streben nach dem Reichs-Hellseherposten des Dritten Reiches fördern.
Hier wird schon genau der gleiche Verdacht von der politischen Opposition geäußert, der auch den Nachlebenden gegenüber Hanussen naheliegen könnte: Es mußten schon spektakuläre Ereignisse sein, die Hellseher und Astrologen "erfolgreich" voraussagen, damit die Mächtigen auf sie aufmerksam werden. Das wird man dann 1939 auch sehen an der Voraussage des Elser-Attentats durch den Astrologen Krafft, siehe unten - mit dem Unterschied, daß es 1939 in Deutschland keine kritische, oppositionelle Presse mehr gab, die das erörtern konnte.
Hanussen klagte zwar wegen Verleumdung, ließ jedoch die Verleumdungsklage dann im Sande verlaufen, als durch diese Klage sein jüdischer Name Steinschneider, der in seinem Paß stand, auch öffentlich bekannt wurde ... In kommunistischen Zeitungen wurde in der Folge eine scharfe Kampagne gegen Hanussen geführt. Man fragt sich nach den Motiven. Durch diese Angriffen konnten sich die Nationalsozialisten natürlich veranlaßt fühlen, Hanussen um so mehr zu verteidigen.
Jedenfalls ist auffallend, daß diese allzu berechtigten Angriffe auf Hanussen nicht aus der Mitte der Gesellschaft kommen, sondern vom äußersten linken Rand. Das ist eine beliebte Methode von Hintergrundmächten bis heute geblieben, mehrheitsfähige Positionen von Extremisten vertreten zu lassen, wodurch sie in den Augen der Mehrheit diskreditiert sind und ihnen die Mehrheitsfähigkeit genommen wird. Heute spielt die Partei "Die Linke" vielfach diese Rolle. (Ein typischer Aspekt und eine typische Nebenwirkung jener "Strategie der Spannung", die offenbar auch im damaligen Berlin verfolgt worden ist zur allgemeinen Aufpeitschung der Emotionen).
Muß nicht eigentlich gesagt werden, daß Hanussen im Grunde einen ähnlich spektakulären, die Emotionen aufpeitschenden Propagandafeldzug zur Eroberung Berlins für den Okkultismus geführt, wie wenig zuvor und noch zur gleichen Zeit Josef Goebbels einen solchen zur Eroberungs Berlins für den Nationalsozialismus führte? Bei beiden Feldzügen ging es um die Aufpeitschung der Massen und ihrer Emotionen. Aufmerksamkeit war um jeden Preis recht, egal mit allen Mitteln. - Muß nicht gefragt werden, wer dabei eigentlich wen "sekundiert" hat? Hanussen Goebbels und Hitler oder Hitler und Goebbels Hanussen? ...
8. Juli 1932: Ausgabe der Hanussen-Zeitung weltweit verschollen
Kugel schreibt (S. 189):
Am 8. Juli 1932 erschien die Nr. 26 der Hanussen-Zeitung erstmals mit einem Foto Hitlers auf der Titelseite. Leider ist gerade diese Ausgabe verschollen. Hanussen "prophezeite" und forderte ab diesem Zeitpunkt offen den Machtantritt Hitlers, die Auflösung des Parlamentes, den Sturz der Weimarer Verfassung und das Verbot der KPD. Die Hanussen-Zeitung erschien nun in der Regel mit Fotos von Hitler und anderen Nazi-Führern, sowie bisweilen auch mit Hakenkreuz-Schmuck auf der Titelseite. (...)
Am 8. September 1932 (Nr. 30) wird im Leitartikel von Hanussen-Mitarbeiters Dr. W. Baecker die Frage "Parlament oder Diktatur" gestellt. Es heißt in dem Beitrag: "(...) In diesem Kampf von dem Gestern über das Heute zum Morgen ist der NSDAP vom Schicksal eine führende, historisch unendlich bedeutsame Rolle zugewiesen worden. Sie wird auf dem Umweg zunächst der deutschen Reform, die Reformierung, die Umgestaltung der Welt anbahnen. (...) Die Idee des Nationalsozialismus wird wachsen und die Welt beherrschen."
Nur knapp drei Monate später (siehe unten) wird Hanussen zwar nur noch von 12 Jahren sprechen - aber was soll's. Man muß ja seinen Kunden zunächst erst einmal möglichst dick die Dinge um's Maul schmieren.
Am 14. August 1932 wird in der kommunistischen Zeitung "Berlin am Morgen" in dem Beitrag "Der Nazi-Hellseher vor dem Arbeitsgericht" darauf hingewiesen, daß Hanussen "mit seinem ehrlichen jüdischen Namen Hermann Steinschneider heißt" (Kugel, S. 202). Die Herkunft dieses "Nazi-Hellsehers" wurde also - auch von den Kommunisten - nicht gerade an die große Glocke gehängt, aber auch nicht verschwiegen.
24. September 1932: "Todeshoroskop des Reichstags"
Am 24. September 1932 lautet der Untertitel eines Aufsatzes von Hanussen: "Todeshoroskop des Reichstags" (Kugel, S. 190). Damit wird erstmals sein Wissen um die Pläne eines Anschlags auf den Reichstag (und - mit anderem zusammen: die Art der Auswertung dieses Anschlages) deutlich. Hanussen bezeichnet den 6. Reichstag, der sich am 1. August 1932 konstituierte, stetig als "letzten Reichstag". Die Schlagzeile der gleichen Folge lautet - offenbar immer noch auf der Linie der Vorhersage vom 25. März: "Die Hoffnung für Deutschlands Aufstieg: Einigung Hindenburg - Hitler". Was Hanussen am 24. September 1932 weiter über die für den 6. November angesetzten Neuwahlen zum 7. Reichstag schreibt, zeigt, wie sehr man mit den Plänen für eine Querfront-Diktatur Gregor Strasser-Schleicher nach einer Einigung der "Gegenspieler" Hindenburg und Hitler in den Startlöchern stand - und offenbar dennoch länger als anfangs geplant, gezögert hat:
Es muß noch mit manchem unerwarteten Ereignis gerechnet werden, so daß man den 6. November als Wahltag noch keineswegs als unabänderlich feststehend ansehen darf. Das Horoskop des neuen Reichstags zeigt nämlich Konstellationen, die ihn schon sterben lassen können, bevor er überhaupt geboren wird.Und außerdem:
Wir sagten aber auch in der vorigen Nummer, daß der Sturz - oder sagen wir es gelinde - die Veränderung unserer heutigen Verfassung unter allen Umständen mit dem Eingreifen der N.S.D.A.P. in Zusammenhang kommen muß.Auch die Voraussage Hanussens vom 24. Oktober 1932 liegt noch auf der Linie der vorherigen, nämlich daß der 7. Reichstag womöglich gar nicht mehr gewählt werden wird, bzw. die Wahl verschoben wird (Kugel, S. 190).
Oktober 1932: Die NSDAP holt Auskunft bei dem Astrologen Huter
Über Google-Bücher-Suche stößt man auf das Buch eines Siegfried Fritsch "Der Geist über Deutschland" (1985), das (lt. Anmerkungen der S. 524f) ausgehend von Büchern wie denen von Wilhelm Wulff, Rudolf von Sebottendorf, Waltraut Weckerlein, Dietrich Bronder, H. Gilbhard, Poljak folgende Ausführungen macht (S. 240 - 242) (zit. n. Google-Bücher-Ausschnitten) (Hervorhebung nicht im Original):
Welche Rolle kommt z. B. der Astrologie im Dritten Reich zu? (...) Für Hitler und seine Partei werden mehrfach Horoskope gestellt. So von den bekannten Astrologen Erbertin, Hanussen, Huter, Krafft, Nagengast, Wulff. Lange vor 1933 bekommt er von einer französischen Schloßherrin ein Kartenspiel geschenkt, das einst der Leibastrologe des Herzogs Wallenstein besessen haben soll und das Hitler auch als Berater nutzt. Dann führt Rudolf Heß seinen Astrolgen, den Stenographen Berger, in Hitlers engste Umgebung ein. Auch Mussolini bedient sich des Rates seiner Hofastrologen, der Professoren Mandolfi und Riscoli. Mit zunehmendem politischen Erfolg leitet Hitler aus diesen überirdischen Zeichen seine Vorsehung und Berufung, später kosmische Sendung ab. "Der Führer irrt nie." Im Oktober 1932 bietet der Reichskanzler Franz von Papen Hitler den Posten des Vizekanzlers an. Daraufhin holt die Reichstagsfraktion der NSDAP bei dem Astrologen Huter Auskunft ein, die besagt, daß Hitler auf legalem Wege ohnehin im Frühjahr 1933 zur Macht käme. Die Offerte Papens wird daher auch aus diesem Grunde abgelehnt.Von dem Kartenspiel der französischen Schloßherrin hörten wir oben schon. Auch der Stenograph Berger wird von anderen Autoren erwähnt (siehe andernorts). Der Autor Siegfried Fritsch scheint ein freikirchlich-christlicher Fundamentalist zu sein, der satansgläubig ist. Er lehnt die Astrologie, den Okkultismus, ja, die Psychotherapie nach C. G. Jung usw. als von Satan stammend ab. Häufig gebrauchte Stichworte dieses Buches sind laut Google-Bücher "Jesus Christus", "Astrologie" , "Okkultismus", "Luzifer", "Spiritismus", "Pfingsbewegung", "Heiligen Geist", "Freimaurer", "Rosenkreuzer", "Israel". Er scheint ähnlich gelagert zu sein wie der satansgläubige amerikanische Autor Des Griffin. Aber auf jeden Fall machen solche Buchstellen darauf aufmerksam, daß Stephan Berndt tatsächlich nur einige Themen angerissen hat, das Thema bei weitem nicht umfassend ausgeschöpft hat.
10. November 1932: "Versuch eines Attentats gegen öffentliche Gebäude"
Und am 10. November sagt Hanussen dann für den 22./23. November voraus unter anderem:
Der Versuch eines politischen Attentats gegen öffentliche Gebäude.Und:
Aufsehenerregende Aktionen einer extremen Partei. Maßnahmen gegen Links werden erforderlich. Starke Maßnahmen Hitlers. Für Hitler selbst in dieser Zeit Entschlüsse von höchster Tragweite. Stärkste Verantwortlichkeit.Man sieht, Hanussen liegt mit seinen Voraussagen in dieser Zeit selten ganz falsch, nur liegen sie immer zu früh. Seine Hinterleute scheinen jeweils länger gezögert zu haben, das von ihnen Geplante durchzuführen, als jeweils zunächst vorgesehen. Aber diese Voraussagen hatten dennoch den Vorteil, viele am Rande stehende, halbwissende Beteiligte psychologisch auf das Kommende vorzubereiten. Etwa auch Adolf Hitler selbst. Es geschah dann nichts mehr, was für einen der Beteiligten gänzlich unerwartet sein mußte, und worauf er dann vielleicht aufgrund der Unerwartetheit "unberechenbar" reagiert hätte. Solche Prognosen und Voraussagen haben eben vielerlei Funktion und Vorteile zugleich. Sie "stimmen ein" auf das Geplante. Auch Kugel bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Gisevius und schreibt (Kugel, S. 191):
Nach Berichten des ehemaligen Gestapo-Mitarbeiters Hans Bernd Gisevius soll Josef Goebbels, der den Wahlkampf der NSDAP leitete, eine Provokation geplant haben, die als Anlaß dienen sollte, Notverordnungen gegen die Kommunisten zu erlassen. "Der Führer sehe ein, es müsse etwsa Durchschlagendes geschehen, vielleicht ein Attentatsversuch, vielleicht ein Brand, doch Hitler wünsche überrascht zu werden." Der Attentatsversuch auf Hitler soll später als zu gefährlich verworfen worden sein.Auch von Attentaten gegen Hitler und seine Gesundheit hatte Hanussen zuvor ständig gemunkelt. Man sieht also, wie Hans Bernd Gisevius und Hanussen sich offenbar auf dasselbe Hintergrundwissen beziehen. Und man wird es als typisch für Hitler erachten, daß er wünschte, "überrascht zu werden". Vielleicht aber schiebt ihm das Gisevius auch nur unter, um, wie so oft, die Verantwortlichkeit im Nachhinein möglichst stark allein auf Hitler zu schieben.
Womöglich haben diese Planungen auch ganz unter Ausschluß Hitlers, bzw. bei bewußtem Wegsehen Hitlers stattgefunden, was einem auch bezüglich des Ablaufs der Blomberg-Fritsch-Krise naheliegend erscheinen könnte, und was auch das übliche Vorgehen zwischen Churchill und seinem Außenministerium gewesen ist. Von den Churchill-Reden sagten die Beamten im Außenministerium, sie seien "für die Geschichtsbücher", hätten also mit den eigentlichen politischen Planungen, an denen Churchill nur am Rande beteiligt war, gar nichts zu tun (vgl. Bading 1993). Oftmals sind es Präsidenten-Berater wie William C. Bullitt, Walter Lippmann oder eben führende Beamte des Foreign Office, die die Zukunft viel genauer voraussagen können, als jene, die nach außen hin - also angeblich - die "Leitlinien der Politik" festlegen.
Warum sollte es bei Hitler anders gewesen sein? Nur daß - sagen wir: nach dem Tod von Hanussen - die eigentlich Planenden oder ihr engeres Umfeld im Reichssicherheitshauptamt noch nicht so recht deutlich geworden sind. Schellenberg, Gisevius, Diels usw., selbst Canaris kommen einem doch alle eher als untergeordnete, ausführende Organe vor bislang. Zumindest sind außerordentlich hellsichtige Äußerungen, die auf mehr hinweisen würden, von ihrer Seite, soweit übersehbar, bislang nicht bekannt. Auch nicht von Heydrich oder Best. Ob für diese Funktion Friedrich Hielscher oder Karl Haushofer zu nennen wären, stehe dahin. Ernst Jünger zumindest scheint solche äußerlich unauffälligen Menschen persönlich gekannt zu haben in Ministerien, da er von ihnen sehr scharf umrissen berichtet (siehe frühere Beiträge). Womöglich wird man solche Menschen am ehesten im Umfeld von E. P. H. Barth finden.
8. Dezember 1932: Abrücken von den Querfront-Plänen
Am 8. Dezember 1932 wird bei Hanussen erstmals ein Abrücken von der Planung einer Querfront-Diktatur Schleicher-Strasser deutlich (Kugel, S. 191):
In Deutschland wird die Regierung der starken Hand, die schon für Ende 1932 vorausgesehen war, sich immer mehr als solche befestigen und sich zu einer fühlbaren Ordnungsdiktatur entwickeln. Wir bekommen eine Führung, gebildet aus den wieder geeinten nationalen Kreisen, die als autoritäres Regime der stärksten Art bezeichnet werden muß. Diese Einigung wird in gewisser Weise auf Kosten des neuesten heutigen Kabinetts Schleicher erfolgen. (...) Das außerordentliche Anwachsen bolschewistischer Ideen und eine Aktivität der kommunistischen Bewegung selbst(!)
fordern starke Abwehrmittel und man wird zu Kompromissen greifen müssen, um dieser Gefahr gegenüber eine einheitliche Gegenwirkung setzen zu können. (...) Der Kommunistischen Partei drohen Maßnahmen, die ihr die nötige Zurückhaltung aufzwingen werden.Wer würde bei diesen Worten nicht an den Reichstagsbrand und den darauf folgenden "Kompromiß" des Ermächtigungsgesetzes denken?
Am 12. Dezember 1932 berichtete Goebbels' "Angriff", daß "Hanussen (...) mit seinem richtigen Namen Hermann Steinschneider heißt und bekanntlich Jude ist" (Kugel, S. 202). Ob diese Bemerkung aus Versehen in den "Angriff" gekommen ist oder gezielt etwa gerade in jener Situation eines Abrückens von den Querfront-Plänen ausgestreut worden ist, muß wohl einstweilen offen bleiben. Allerdings hat sie doch Folgen (Kugel, S. 202):
Hanussen zieht nun seine verräterische Autobiographie aus dem Buchhandel zurück und erreicht über (den gut befreundeten und bei Hanussen verschuldeten Berliner SA-Führer) Helldorf, daß der "Angriff" am 13. Dezember 1932 die Meldung vom Vortag widerruft. Der Zeitung wäre "von gutinfomierter Seite (...) unterbreitet worden, daß Hanussen "übrigens kein Jude ist".Der Berlin-Brandenburger SA-Führer Wolf-Heinrich Graf von Helldorf (1896 - 1944) war vor wie nach 1933 immer wieder hoch verschuldet und ging dennoch einem verschwenderischen Lebenswandel nach. Er war also das, was in damaliger Zeit als ein typischer "NS-Bonze" angesehen wurde. Die Parteispitze scheint das jedoch großzügig übersehen zu haben. Zumindest aufgrund seiner Schulden gegenüber Hanussen und wohl auch aufgrund eines ähnlich verschwenderischen Lebenswandels bestand 1932 und 1933 ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Helldorf und Hanussen (siehe unten). Von kaum einem alten Parteigenossen fühlten sich Hitler, Goebbels und Himmler nach dem 20. Juli 1944 mehr verraten als von dem Grafen Helldorf, der NS-Bonze, der sich dem deutschen Widerstand angeschlossen hatte, weil er - angeblich - gegen das Bonzentum war (s. Wikipedia). Mit dem Anschluß an den Widerstand handelte Helldorf allerdings nur wie viele, die schon vor 1933 Kontakte zu den elitären rechtskonservativen Steigbügelhaltern Hitlers hatten, und die sich gegenüber der "Massenbewegung" NSDAP als etwas "Besseres" fühlten und diese für ihre eigenen Zwecke zu nutzen versuchten, sich dann aber irgendwann enttäuscht abwandten.
Trotz dieser Unterstützung wird ab dem Dezember 1932 die jüdische Herkunft von Hanussen für die kommunistischen Zeitungen - und sogar auf Antrieb vor allem von jüdischen Redakteuren (Bruno Frei) - ein wichtiges Thema (Kugel, S. 203). Noch am 23. Dezember 1932 erwirkt Hanussen eine einstweilige Verfügung gegen den "Berlin am Morgen".
Der auch sonst sehr gut informierte - und geradezu "involvierte" - "Spiegel"-Historiker Heinz Höhne macht über die unmittelbare Vorgänge rund um die Machtergreifung Adolf Hitlers die im folgenden zu zitierenden Ausführungen (wobei er das Hanussen-Epigramm nach der Hitler-Biographie von John Toland zitiert [1977, S. 384], das dieser nach der genannten Veröffentlichung von Müllern-Schönhausen zitiert).
Bevor sie zitiert seien, sei die sicherlich nicht unwichtige Tatsache erwähnt, daß Heinz Höhne für sein zuvor, 1967, erschienenes, weit verbreitetes Buch "Der Orden unter dem Totenkopf" - so wie später der "Spiegel"-Historiker und Verfassungsschutzmann Fritz Tobias - sehr oft die Sichtweise von Werner Best übernommen hat, des in Deutschland nie verurteilten dritten Mannes hinter Himmler und Heydrich. Eines Mitgliedes des Skaldenordens. Daß Höhne also quasi eine Geschichte der SS geschrieben hat im Sinne und in Abstimmung mit einem früheren SS-General, dessen Verantwortlichkeit er nirgendwo herausstellt, und von dem er sicherlich weiß, daß Best weiterhin in gutem Kontakt zu seinen Freunden Ernst Jünger und Armin Mohler stand. Auf diese Umstände wird die Geschichtswissenschaft erst nach und nach aufmerksam. Der Historiker Ulrich Herbert hat in seiner Biographie über Werner Best, die hier auf dem Blog schon gründlich ausgewertet worden ist, zahlreiche Versäumnisse hinsichtlich der Quellenkritik auf seiten von Heinz Höhne aufgezählt. Und auch der Historiker Janssen hat darauf hingewiesen.
Dieser beschönigende, stilisierende Heinz Höhne jedenfalls, der über so "gute Informanten" wie Werner Best verfügte, und in bester "Spiegel"-Manier so gerne bereit war, die Verantwortlichkeiten solcher "Informanten" schönzuschreiben, schreibt 1983 in seinem Buch "Die Machtergreifung" über die Zeit um Weihnachten 1932, als allgemein mit einem Abflauen der Wählerschaft der NSDAP gerechnet wurde (S. 241f):
Hitler glaubte kaum noch an den Sieg. "Ich habe alle Hoffnung aufgegeben", schrieb er kurz vor Weihnachten an seine Bewunderin Winifred Wagner. Seine Träume, so stand in dem Brief, würden sich nicht erfüllen, seine Gegner seien zu mächtig; sobald er wisse, daß alles verloren sei, werde er sein "Leben mit einer Kugel beenden". Aber war er schon "am Ende", wie der US-Diplomat William Bullitt seinem Präsidenten meldete? Hitler war zumindest so unsicher, daß er sogar Erik Jan Hanussen, Deutschlands berühmtesten Hellseher, zu Rate zog. Der war sich nicht gewiß und bat um Bedenkzeit. Am Neujahrstag werde er genaueres wissen. (...)
Ein Besuch von Hanussen in Haus Wachenfeld auf dem Obersalzberg am 1. Januar 1933 hatte ihn (Hitler) zuversichtlich gestimmt, denn der Hellseher prophezeite ihm in einem Epigramm den guten Ausgang des Gesprächs mit Papen und die Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933:
Die Bahn zum Ziel ist noch verrammelt
Die rechten Helfer nicht versammelt,
Doch in drei Tagen - aus drei Ländern,
Wird durch die Bank sich alles ändern!
Und dann am Tag vor Monatsende
Stehst Du am Ziel und an der Wende!
Konnt' Dich die Bahn kein Adler tragen -
Der Holzwurm mußte sie Dir nagen!
Zu Boden sinkt, was morsch und welk -
Es knistert schon in dem Gebälk!
Abb. 8: William C. Bullitt |
Bevor ich diesen Schritt unternahm, besprach ich mich mit einer Anzahl von Herren der Wirtschaft und informierte mich allgemein, wie sich die Wirtschaft zu einer Zusammenarbeit der beiden stellte. Die allgemeinen Bestrebungen der Männer der Wirtschaft gingen dahin, einen starken Führer in Deutschland an die Macht kommen zu sehen, der eine Regierung bilden würde, die lange Zeit an der Macht bleiben würde. Als die NSDAP am 6. November 1932 einen ersten Rückschlag erlitt und somit also ihren Höhepunkt überschritten hatte, wurde eine Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft besonders dringend."Herren der Wirtschaft" können natürlich auch "aus drei Ländern" kommen (übrigens: wie bei der Geburtsstunde Christi!). Hier also haben wir jene Bank, "durch die sich alles ändert". Übrigens: Nicht nur Hanussen, auch etwa Hans Zehrer war schon vor dem Treffen über dieses informiert (vgl. Wiki).
Es ist also zum fünften dabei ausdrücklich von internationalen Kontakten die Rede: "Doch in drei Tagen - aus drei Ländern ..." Damit wären diese Zeilen doch recht eindeutig weiterhin in Bezug zu setzen zu den Inhalten von Anthony C. Sutton's Forschungen zur Finanzierung Hitlers durch die Wallstreet unter Vermittlung unter anderem von Allen Dulles ("Die Wallstreet und der Aufstieg Hitlers"). Jener Allen Dulles, der hier gewiß nicht zum letzten mal in seinem Leben eine totalitäre Regierung in irgendeinem Bananenstaat auf dieser Erde an die Macht brachte, um sie dann später zu stürzen und die Verbindungsleute für das kommende Regime "in Reserve" zu halten. Und daß hier gerade zuvor erst noch von Höhne der Insider "per excellence" William C. Bullitt genannt wurde, zeigt einmal mehr, daß auch Heinz Höhne mehr als genau weiß, was er hier sagt und mehr noch: wieviel er hier zugleich weiterhin verschweigt oder nur andeutet.
Abb. 9: 1. Aufl. (1983) |
Erik Jan Hanussen (...) hatte auf alle Fälle schon frühzeitig Verbindungen zu deutschnationalen Kreisen mit esoterischem Hintergrund. Einiges spricht dafür, daß er es war, der das Grundkonzept für jenen „Germanenorden" mit schuf, aus dem die Thule-Gesellschaft hervorging. Im Jahre 1917, während eines Fronturlaubs, trat Hanussen im Wiener Varieté Ronacher auf. In diesen Wochen dürfte er an mehreren Zusammenkünften deutschnational-esoterischer Kreise teilgenommen haben.
Aber seine erste eventuelle Begegnung mit Adolf Hitler dürfte auf einen noch früheren Zeitpunkt datieren, in jene Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, während derer Hitler sich in Wien mühsam durchs Leben schlug.
Hanussen hat zwei bemerkenswerte Texte hinterlassen, beide handschriftlich in Gedichtform verfaßt. Den ersten dieser beiden Texte schrieb er – an Adolf Hitler gerichtet - am 1. Januar 1933. Darin sagt Hanussen den Aufstieg und den Untergang Hitlers in einem Zeitraum von zwölf Jahren voraus.
"Das Werk vergeht in Rauch und Flammen
Sobald der Zyklus 12 beisammen."
Massen strömen der NSDAP zu, wie seinerzeit 1918 der KPD und SPD. (...) Die "Revolution von oben" ist im Gange, die "Revolution von unten" wird folgen. Der gewaltsame Umsturz wird kommen, wie 1918, nur kommen dann keine Volksbeauftragten, denen es schließlich noch gelang, ein Blutbad auszuschließen, sondern es kommt der "Volksbeauftragte" Herr Hitler, der sich natürlich ebenso wie jene Volksbeauftragten von 1918 auf den Willens des Volkes berufen, aber nicht imstande sein wird, die von ihm und dem Chef seines Stabes in die SA. und SS. gelegte Blutrünstigkeit zu bannen. Nach zehn bis zwölf Jahren wird das Deutsche Volk erkennen, daß die Revolution von 1932/33 ein Volksbetrug war, wie die Revolution von 1918/19, nur noch ein viel größerer. (...) Die Revolution von 1918/19 schloß eine kriegerische Periode ab, die neue Revolution wird sie einleiten.
Wir geben hier vorerst nur die entscheidenden zwei Zeilen dieses Textes wieder, da das gesamte Gedicht einer ausführlichen Analyse bedürfte, was Hanussen darin mit zahlreichen Symbolismen zum Ausdruck bringt. Ohne Kenntnis dessen, was Hanussen mit den Symbolismen sagte, die zu verstehen wiederum erst durch das Kennen seiner inneren Anschauungen möglich wird, läßt sich das Gedicht nicht richtig deuten. Es ist in vielerlei Hinsicht ja nicht wörtlich gemeint.
In dem zweiten der erwähnten Texte, auf den wir später noch kommen werden, verkündet Hanussen aber auch Neuanfang und den Triumph. In diesem zweiten Text hat Hanussen die Symbolismen des ersten zum Teil selbst entschlüsselt. Menschen, die all dies nicht kennen, werden mit Verblüffen feststellen, wie weit und klar Erik Jan Hanussen in so manchen Dingen vorauszusehen vermochte.
Doch darauf, wie gesagt, werden wir an gegebener Stelle kommen.
1. Januar 1933: Hanussen: Hitler muß einem "Bund der drei" die Treue halten
Offensichtlich beziehen sich die Ausführungen der Baphometische Gesellschaft auf jene Texte, die zuerst von Müllern-Schönhausen veröffentlicht worden sind. Seine oben schon begonnene Darstellung setzt sich folgendermaßen fort (wieder nur Auszüge des Wichtigsten) (S. 136):
Der Führer mußte anläßlich der Reichspräsidentenwahlen zweimal eine Niederlage einstecken und als er einerseits bei den Kabinettsbildungen immer übergangen wurde und andererseits die Kommunisten gegen 1932 langsam aber sicher das verlorene Terrain aufzuholen begannen, ließ er wieder einmal Hanussen kommen. (...)Zusammen mit diesem Alräunchen soll Hanussen am 1. Januar 1933 Hitler das oben schon zitierte Gedicht überreicht haben (S. 138). Hanns Heinz Ewers (1871 - 1943) wird auch von dem kritischen Kugel (S. 186) als ein guter Gewährsmann dafür angeführt, daß Hitler und Hanussen persönlichen Kontakt miteinander gehabt haben können. Der Schriftsteller Pierre Mariel habe über Ewers geschrieben (zit. n. Kugel, S. 186; eigene Übersetzung ins Deutsche):
Der Hellseher stellte ihm nun ein kleines Horoskop (...), aus dem aber bereits deutlich hervorging, daß seine Gestirne für die nächste Zukunft wohl sehr günstige Aspekte zeigten - daß seinem Aufstieg zum Gipfel der Macht aber trotzdem noch einige Hindernisse im Weg standen.
Zur Überwindung dieser Hindernisse riet er ihm, sich ein Alräunchen (...) zu beschaffen. (...) Hitler war mit dem bekannten Schriftsteller Hanns Heinz Ewers eng befreundet und ein eifriger Leser seiner phantastischen Bücher - insbesondere der Alraune! (Hanussen soll dies übrigens nicht unbekannt gewesen sein.)
Fanatisch dem Okkultismus und zugleich der Schwarzen Magie hingegeben - das war Hanns Heinz Ewers, jener Nationalsozialist der ersten Stunde, der Hitler Hanussen vorstellte.Und Kugel selbst fährt fort:
Hitler war tatsächlich Leser der Werke von Ewers, und zwar schon vor dem 3. November 1931, als Ewers von Hitler persönlich in die NSDAP aufgenommen wurde. (...) Ewers und Hanussen kannten sich nachweislich im Januar 1932, zu einer Zeit, als Ewers im "Kaiserhof", dem Berliner Hauptquartier des "Führers", aus und ein ging, um für seinen "Horst Wessel"-Roman zu recherchieren. Dies geht aus einem Bericht Hanussens in seiner Zeitung (15.-22.1.1932) hervor: "(...) Hanns Heinz Ewers arbeitet an zwei neuen Romanen. (...) Der zweite soll ein 'Hellseherroman' werden. Die Tragödie eines Hellsehers. Für diesen Roman stellte ein bekannter Hellseher aus seinem Archiv umfangreiches Material zur Verfügung."Wir halten fest: Ein Anhänger des "Okkultismus" und der "Schwarzen Magie" wird von Hitler persönlich in die Partei aufgenommen und schreibt für ihn einen Horst Wessel-Roman. Ja, vermittelt den Kontakt zwischen Hanussen und Hitler.
Alraune, 1918 |
Ewers, der auch mit Drogen experimentierte, und dessen zahlreiche Weltreisen von der Hamburg-Amerika-Linie als Werbung finanziert wurden, wird nicht nur von Mariel, sondern auch auf Wikipedia klar als Satanist gekennzeichnet:
Faszination schien auf Ewers allerdings Haiti ausgeübt zu haben. Über dieses Land schrieb er (...) bei weitem am häufigsten. Sein besonderes Interesse galt dem Voodoo-Kult. Ewers nahm auch an einer Voodoo-Zeremonie teil, bei der wahrscheinlich ein Kind geopfert wurde. (...) In den USA lernte Ewers unter anderem auch Aleister Crowley, den späteren Hitler-Unterstützer Ernst „Putzi“ Hanfstaengl und seine spätere Frau Josefine Bumiller kennen.... Womit man ja neuerdings auch etwas über Hanfstaengl lernt. Ernst Hanfstaengl, wieder einer der vielen, der "zwei Seiten diente", Hitler und seinem Gegner Roosevelt. Und daß Ewers ausgerechnet Crowley und Hanfstaengl in den USA kennenlernte, scheint nicht auf Zufall beruhen, endet doch die Rezension einer Hanfstaengl-Biographie im Jahr 2008 (Nürnberger Ztg.) mit den Worten:
Zur Frage der okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus gibt es von Conradi eine Notiz, deren Bedeutung ihm selbst entgangen ist: Zu Putzis Freunden in New York zählten auch der Esoteriker Hanns Heinz Ewers und der Satanist Aleister Crowley. . . Magnus ZawodskySo, so, einem Magnus Zawodsky, einem Journalisten und Buddhisten, entging die Bedeutung dieser Notiz nicht. Und uns damit auch nicht! Somit hätten wir schon mindestens zwei persönliche Freunde von Aleister Crowley in der Umgebung von Adolf Hitler. Warum sollte also Hanfstaengl nicht Satanist gewesen sein? (Oder Hitler?) Und was liest man gerade über diesen Ernst Hanfstaengl (1887 - 1975) auf Wikipedia:
Durch Spendensammlungen trug er mit dazu bei, der NSDAP den Ankauf des Völkischen Beobachters als Parteizeitung zu ermöglichen.Also noch ein dritter Mensch aus dem Umfeld der Esoterik, der satanismusnahen Esoterik stand an der Wiege der NSDAP.
Das sind allerdings Zusammenhänge, die mehr als Wasser sind auf eine der wesentlichsten Grundthesen unseres Blogs, der eine satanistische Natur des Dritten Reiches unterstellt und untersucht. Mal ganz willkürlich in den Raum hinein gefragt: Ist dies der "Bund der drei" - Hanfstaengl, Hitler, Ewers? Und hätte Hitler die Treue aufgekündigt, indem er nicht mehr genügend auf Hanfstaengl hörte und Hanfstaengl sich darum - wie Heß - nach England absetzte?
Noch heute reisen übrigens Weiße, auch Deutsche, nach Haiti, um Kinder zu entführen. Sein eigenes uneheliches Kind hatte Ewers übrigens zuvor schon einem deutschen Waisenheim überlassen. Noch hübscher ist die Tatsache, daß sich Ewers 1932 mit einem Roman über den "Feme-Schulz" bei den Nationalsozialisten anzubiedern versuchte, also über eine politischen Berufsmörder, der offenbar zusammen mit seiner "Stay behind"-Formation Mordurteile der völkischen Freimaurerei, genannt Thule-Orden, ausführte. Über diesen Schulz heißt es nämlich auf Wikipedia:
Innerhalb der Schwarzen Reichswehr war Schulz mit der Leitung der „Femeorganisation“ der Schwarzen Reichswehr in Preußen, (...) betraut. In dieser Eigenschaft plante und organisierte Schulz die Ermordung von linken Politikern und anderen angeblichen „Reichsfeinden“ durch Mitglieder der Schwarzen Reichswehr. Aufgrund der Beteiligung an diesen „Fememorden“ galt Schulz später in weiten Teilen der deutschen Öffentlichkeit – Sympathisanten und Gegnern gleichermaßen – als der „Feme-Schulz“.Auch Erich Ludendorff übrigens hat sich in seiner Aussage in einem Prozeß für Schulz eingesetzt (was er aber wohl in seinen Lebenserinnerungen gar nicht erwähnt.) Es wäre nicht der einzige Fall, in dem Ludendorff in nahe Berührung kam mit der Geheimgerichtsbarkeit der Okkultlogen. Aus heutiger Sicht jedenfalls: Ein "sauberer" "Genosse", dieser Ewers, der gute Bekannte zugleich von Adolf Hitler und E. J. Hanussen. Soll man sagen: "Die Geburt der NSDAP aus dem Geist der Astrologie" und "Die Machtergreifung der NSDAP aus dem Geist des Satanismus"?
Dem am 1. Januar 1933 überreichten Alräunchen als Glücksbringer war noch eine Kapsel angehängt, die nach M.-S. erst im Jahr 1953 geöffnet wurde, und in der sich folgende zwei Weissagung von Hanussen befanden (S. 155), aus denen die "Baphometische Gesellschaft" (siehe oben) erst zwei Zeilen zitiert hatte. Diese Weissagungen sind auch auf einer Internetseite behandelt:
Dem ersten Eigner und dem Dritten
dem vierten wird es Kraft verleihn;
dem sechsten gibt es noch i[n]mitten der Katastrophe uen [neu] Gedeihn!
Dem siebenten, sowie dem achten
dem neunten schenkts Erfolg und Glück
vom zwölften kehrts nach dem vollbrachten
Kreiswandel in das Nichts zurück!
Zwei, fünf, zehn, elf gehn kleiner aus
Uranus steht in ihrem Haus!
Hanussen, 1. I. 1933
Wem das Alräunchen kommt zu eigen,
der wird die Ruhmesleiter steigen!
Das Schwerste immer leicht vollbringen,
Sich eine Weil zu Füssen zwingen.
Mit Geistern in den Lüften schweifen
Und ohne Müh’ nach Sternen greifen -
An’s Firmament den Namen schreiben,
Und überall erfolgreich bleiben,
Solange er auf dieser Welt
Dem „Bund der drei” die Treue hält!
Doch wehe, wird der Bund gebrochen,
Das böse Wort einmal gesprochen!
Dann sinkt der Geist der riesengrosse
Zum Orkus ab in’s Bodenlose.
Das Werk vergeht in Rauch und Flammen,
sobald der Zyklus 12 beisammen.
Der grosse Zauber flicht als Binder,
Den Eigentümer an den Finder
Und wenn auch Beide untergeh’n
Bleibt das Alräunchen doch besteh'n!
Hanussen, 1. I. 1933
Der endgültige Sieg der NSDAP kann unter keinen Umständen aufgehalten werden. Um Hitler wird Deutschland nicht herumkommen!Untertitel des Leitartikels lautete "Das Hitler-Jahr 1933". Hier ist kein Widerspruch zu den von Müllern-Schönhausen überlieferten Wahrsagungen zu erkennen. Weshalb nicht recht verständlich wird, daß Kugel sie gänzlich ignoriert.
Um so sicherer sich jedoch Hanussen seiner Sache ist und seiner Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten, um so stärker wird seine Stellung von Seiten kommunistischer Zeitungen unterminiert. Am 12. Januar 1933 titelt "Berlin am Morgen": "Hanussen beim Rabbiner", wobei die israelische Trauung von Hanussen im Jahr 1928 durch Dokumente belegt wird (Kugel, S. 204).
Durch diese Veröffentlichungen kann Hanussen nicht mehr bestreiten, daß er Jude ist und veröffentlicht am 24. Januar 1933 in seiner Zeitung einen Artikel "In eigener Sache", in dem er offenbar seine Leser dazu veranlassen will, ihn als eine Art "Ehren-Arier" anzusehen, trotz seiner jüdischen Herkunft (Kugel, S. 206).
8. Februar 1933: Kanonen gerichtet auf "Sowjetschmierer, die bisher einen Teil der öffentlichen Meinung Deutschlands vortäuschten"
Am 8. Februar 1933 feiert die Titelseite der "Hanussen-Zeitung" die Machtergreifung Adolf Hitlers mit zwei bedrohlich auf den Leser gerichteten Kanonen des Geschützturmes eines modernen Schlachtschiffes. Darunter steht in großen Lettern "Sieg!". Wem die Drohung gilt, wird auch gesagt:
Entgeistert, entsetzt - aus den Wolken gefallen starrt die Handvoll ungewaschener, haarschuppiger Sowjetschmierer, die bisher einen Teil der öffentlichen Meinung Deutschlands vortäuschten, in Ihr Gesicht, Herr Kanzler."Erik Jan Hanussen hat auf der ganzen Linie recht behalten!" lautet eine weitere Schlagzeile. Ein Artikel ist in großen Lettern persönlich an Hitler gerichtet: "Herr Reichskanzler!" ist er überschrieben. Er beginnt mit den Worten: "Es gibt keinen Zufall!" Und spricht von "eherner Bestimmung" und strotzt von schwülstigem Triumphgerede (Kugel, S. 215, 213).
In einem "Horoskop der Hitler-Regierung" heißt es in der gleichen Folge (zit. n. Kugel, S. 222) für die Tage vom 24. zum 26. Februar:
Das sind die Tage, in denen das Kabinett des Reichskanzlers Hitler die erste große Feuerprobe bestehen muß.In einer Sonderausgabe vom 24. Februar wird dem Reichstag ein "Todeshoroskop" ausgestellt. Kugel faßt die Artikelinhalte folgendermaßen zusammen (Kugel, S. 223):
Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß am 24. Februar von Hanussen das Ende des Reichstags, eine angeblich größere politische Provokation durch die KPD sowie das Verbot der KPD öffentlich angekündigt werden.26. Februar 1933: "Privat-Seance bei Hanussen" - "Flammen aus einem großen Haus"
(Kugler, S. 225):
Hermann Hacker vom 12 Uhr Blatt berichtete am 27. Februar 1933 über die "Privat-Seance bei Hanussen" am 26. Februar 1933, auf der Hanussen den Reichstagsbrand voraussagte. Anwesend waren: "Maria Paudler und Domgraf=Faßbender mit Gattin, der Generaldirektor Marx von der Scala, Graf Helldorf - der einzige in Uniform - und Hanns Heinz Ewers (...) und Prinzessin Anastasia Romanoff, die vielumstrittene Zarentochter, deren Echtheit in der Seance beglaubigt wurde. (Inzwischen ergab eine genetische Untersuchung ihre Unechtheit.) (...) In dieser Seance, die punkt zwölf Uhr begann, konnte man von Hanussen jede Frage beantwortet bekommen. Graf Helldorf überreichte ein Stückchen Papier, Hanussen wird ernst, nachdem er einen Blick darauf geworfen und - bewußt oder unbewußt - wird sein Arm in der römischen Schrägstellung steif, er prophezeit die Geschehnisse eines gewissen Datums, das auf dem Papierchen steht.
Ob die Hörer, die zu seinen Füßen sitzen, Hanussen in ihren Herzen recht geben, steht nicht auf den Gesichtern geschrieben. Wieweit allerdings die Unsicherheit unseres Jahrhunderts der Super-Technik und der zerfallenden Wirtschaftsordnung im Hause des Hellsehers Menschen der extremsten Weltanschauungen zu vereinen vermag, das zeigte der Abend in der 'astrologischen Wohnung'."Auf diese Seance kommt die Hanussen-Zeitung in der Folge vom 8. März 1933, also nach dem Reichstagsbrand, noch einmal zurück (siehe unten).
Wilfried Kugel und Stephan Berndt machen besonders plausibel, daß Hanussen in eigener Person "Regie" geführt hat hinter den Vorgängen rund um den Reichstagsbrand, daß er sich also tatsächlich für den Erfolg dieser Aktion verantwortlich gefühlt hat, so als wäre die Idee für ihn tatsächlich von ihm selbst gewesen, so wie das drei von Kugel angeführte Berichte (S. 221) behaupten. Nicht nur hatte er ihn schon im Herbst 1932 sehr exakt und - selbst für alle anwesenden SA-Führer sichtbar und übertrieben eifrig voraus gesagt. Nein, schon kurz nach dem Ausbruch des Brandes rief er einflußreiche Journalisten an, um sie zu überzeugen, daß die Kommunisten den Reichstag angezündet hätten. Was ihm nicht gelang! Ein Hellseher versucht Einfluß zu nehmen auf die Wahrnehmung des von ihm vorausgesagten und dann tatsächlich eingetretenen Ereignisses. Sollte er dann nicht auch Einfluß darauf genommen haben darauf, daß das Ereignis überhaupt eintritt? Unter Mithilfe führender Regierungsstellen schon vor Machtantritt der Nationalsozialisten, wie kommunistische Hanussen-Kritiker schon bei dem tödlichen Unfall eines Rennfahrers 1932 vermuteten (siehe oben)?
Gerade für die Involviertheit führender Regierungsstellen gibt es ja in Sachen Reichstagsbrand viele Belege.
8. März 1933: "Hanussen ahnte die Brandlegung"
In der Hanussen-Zeitung vom 8. März 1933 schreibt der Privatsekretär von Hanussen unter Bezug auf die diesbzüglichen Andeutungen in der Folge vom 24. Februar (S. 225):
Die Brandlegung im Reichstagsgebäude, (war) ein Akt der Sabotage, den Hanussen ahnte, den er aber, aus begreiflichen Gründen, natürlich nicht publizieren durfte. Hanussen hat jedoch, wie unter Beweis gestellt werden kann, maßgebenden Stellen von seiner inneren Unruhe diesbezüglich Kenntnis gegeben.Und weiter (zit. n. Kugel, S. 226):
Im Zusammenhange damit [mit dem Reichstagsbrand] dürfte übrigens unsere Leser auch interessieren, daß in einer Privatsitzung, welche einige Tage vor der Wahl [5. März] in der Wohnung unseres Herausgebers [Hanussen] stattfand, ebenfalls die Frage nach dem Ausgang der Wahl durch E. J. Hanussen beantwortet wurde. In Anwesenheit des völkischen Dichters Hanns Heinz Ewers, der Prinzen Louis Ferdinand von Preußen und des Prinzen von Reuss, der Frau Generalmusikdirektor Kleiber usw. usw. stellte SA-Gruppenführer Helldorf an Hanussen die Frage nach dem Wahlresultat. Die Antwort des Hellsehers lautete: (...)Und es folgt wieder einmal ein typischer schwülstiger Erguß im Tenor des letzten Satzes, der hier allein stellvertretend für den ansonsten inhaltslosen Rest zitiert sei:
"Ich sehe Hitlers Sieg und den Wiederaufstieg zur Sonne."Und der Artikel setzt fort:
Hanussens Prophezeiung wurde von seinen Gästen mit begeisterten Kundgebungen für das völkische Deutschland beantwortet.1951 - Der erste Zeuge, ein Journalist
Über diese Seance vom 26. Februar ist im Jahr 1933 sonst öffentlich nichts weiter bekannt geworden. Im Jahr 1951 jedoch gab der Verfasser des oben zitierten Berichtes aus dem "12 Uhr Blatt", der Journalist PEM (Paul Marcus), einen Bericht über diese Seance (zit. n. Kugler, S. 226):
Der Sekt perlte in Gläsern. Später wurde gespielt. Dazwischen fand die große Seance statt, die später anläßlich der Erörterungen über den Reichstagsbrand eine Rolle spielen sollte. Maria Paudler war die Rolle des Mediums zugeteil, der Schauspielerin, die Deutsch-Böhmin war, immer glühend nach ersten Rollen strebte, die sie nie bekommen konnte, obwohl sie sich guter Proteges zu versichern wußte. Und die blonde Schauspielerin begann zu prophezeien:
"Ich sehe gesegnete Felder ... Deutschland wird glücklich ... das Volk jubelt seinem Führer zu ... noch hat er Gegner ... sie versuchen einen letzten Stoß ... aber jeder Widerstand ist nutzlos ..." Sie brach ab, ihr Gesicht verzerrte sich. "Sind das Schüsse ...? Nein ... aber da ist Feuer ... Flammen ... Verbrecher am Werk."
Wie ohnmächtig sank Maria Paudler zusammen. (...) Hanussen aber beschwor die Anwesenden, nichts über diesen Teil der Seance zu veröffentlichen.Daran scheint sich der Journalist im Jahr 1933 gehalten zu haben.
1955 - Der zweite Zeuge, ein Assistent Hanussens
Hans Kahan, ein Journalist und Assistent Hanussens, berichtete über diese Seance im Jahr 1955 unter anderem (zit. n. Kugel, S. 228):
Helldorf übergab dem "Hellseher", nachdem er in "Trance" war, eine Frage. (...) Die Frage hatte gelautet: "Wird unser großer Plan zur Machtbefestigung gelingen?" Hanussens Antwort: "Der große Plan zur Machtbefestigung der Partei wird völlig gelingen, und ich sehe den großen Wallot-Bau in hellen Flammen aufgehen."Kahan berichtet auch davon, daß ein Protokoll über diese Voraussage aufgesetzt worden sei.
1963 - Der dritte Zeuge, der Reichstagspräsident
Der Reichstagspräsident bis 1932 Paul Löbe (SPD) äußerte 1963 (S. 230):
Auch der weithin bekannte Hellseher Erik Hanussen wurde wegen seiner Kenntnisse um den Reichstagsbrand umgebracht. Einer meiner Bekannten, der Antifaschist Paul Letsch, erzählte uns, daß Hanussen auf Anfrage des SA-Führers Graf Helldorf den Brand einen Tag zuvor prophezeit hatte. Die Prophezeiung soll sogar protokolliert worden sein. Der Hellseher geriet darauf in Schwierigkeiten und versuchte zu "türmen". Der Mord an Hanussen wurde natürlich sofort mit seiner Prophezeiung in Zusammenhang gebracht. In Regierungskreisen hieß es, die Mörder seien von der Gestapo gewesen. Göring habe sich bei Hindenburg sogar rechtfertigen müssen, weil seine Polizisten die Mörder Hanussens nicht ausfindig gemacht haben. Einige Zeit später erfuhr Letsch, daß die Mörder nun doch ermittelt worden seien, daß sie lebten, und daß das Verbrechen auf das Konto des Stabschefs Röhm geschoben worden sei, weil es sich um eine Korruptionsaffäre gehandelt habe, in welche die SA verwickelt gewesen sei.1967 - Der vierte Zeuge, ein deutsch-jüdischer Schriftsteller
Der deutsch-jüdische Schriftsteller Curt Riess (1902 - 1993) war auch dabei und schreibt (S. 230):
daß das Geheimnis, der Reichstag würde brennen, ihm [Hanussen] von Helldorf anvertraut, von ihm preisgegeben wurde, um sich als Hellseher aufzuspielen. Bei dieser Sitzung war ich anwesend.Auch ein Bruder des Adjutanten des SA-Führers Karl Ernst berichtete, daß Hanussen sein Wissen von Helldorf hatte.
1978 - Der fünfte Zeuge, eine Schauspielerin
Die Schauspielerin Maria Paudler (1903 - 1990) fühlte sich durch die Darstellung des Journalisten aus dem Jahr 1951 angegriffen und versuchte in ihren 1978 veröffentlichten Memoiren ihren eigenen Anteil an dieser Sitzung als deutlich geringer und marginaler darzustellen. Sie wäre aufgrund einer Vorstellung zu dieser Einladung verspätet gekommen und hätte in der hintersten Ecke platzgenommen, sei von Hanussen aber, den sie an diesem Abend zum ersten und zum letzten mal gesehen habe, auf der Suche nach einem "Medium" entdeckt worden. Aufgrund des genossenen Sektes und der Atmosphäre in diesen für die Seance abgedunkelten Okkult-Räumen habe sie mit geschlossenen Augen auf die Suggestivfragen von Hanussen geantwortet (zit. n. Kugler, S. 227f):
Plötzlich fragte er mich mit beschwörender Stimme, ob ich rote Kreise sähe? (...) Und ich sagte: "Ja!" Als er jedoch immer suggestiver weiter fragte, ob es auch Flammen sein könnten ... Flammen aus einem großen Haus ... fühlte ich mit untrüglichem Instinkt, daß diese Szene den üblichen Rahmen eines Gesellschaftsspieles zu sprengen begann, und ich zum Schauobjekt dieses Herrn wurde. Dazu wollte ich mich keinesfalls hergeben! Und was tut eine Frau in einem solchen Moment? Sie fällt in Ohnmacht!Trug diese Voraussage des Reichstagsbrandes tatsächlich zur Ermordung von Hanussen bei, wie insbesondere Paul Löbe ausführt? Aber auch Löbe deutet die parallel verlaufende "Korrputionsaffäre" als mitverursachend an.
War also das Mitwissen Hanussens führenden Nationalsozialisten zu Ohren gekommen und trug es dazu bei, daß Hanussen ermordet wurde? Hat Hanussen über die Stränge geschlagen mit seinem Hohn gegenüber den Nationalsozialisten und damit, wie er seine "Autorität" und sein "Wissen um Autorität" hat durchblicken lassen bei seinen "Vorhersagen"? (Oder würde man damit bei seinen braunen Kunden und bei dem "nützlichen Idioten" Adolf Hitler die ansonsten vorherrschende Leichtgläubigkeit gegenüber Wahrsagern und Astrologen zu gering einschätzen?) Hatten es die braunen Freunde von Hanussen überhaupt so genau wissen wollen, wofür er alles verantwortlich ist? Ein solches Bedürfnis des scharfen Hinterfragens gegenüber "überraschenden Voraussagen" bestand ja bei Hitler und Goebbels im November 1939 anläßlich des Elser-Attentates offensichtlich auch nicht (siehe unten). Oder fürchteten sie, daß das Wissen um einen jüdischen Drahtzieher des Reichstagsbrandes und mancherlei anderer Dinge - gar der Machtergreifung selbst - auf mittlere oder langfristige Sicht von innerparteilichen Gegnern gegen sie ausgenutzt werden könnte?
Von der Psychologie der Beteiligten her, insbesondere Hitlers, gehen einem viele Vorgänge noch nicht so richtig "auf", ohne einen erklärungsbedürftigen Rest übrig zu lassen. War Hitler von einem Hanussen geradezu "hypnotisiert", so daß er gar nicht "genau hinsah"? Denn eigentlich hätte er aufgrund derartig leicht durchschaubarer "Wahrsagungen" doch hellhörig und kritischer werden müssen? Aber wäre er dann jemals Reichskanzler geworden? Außerdem: Kann man im Erfolgsrausch nicht leicht wieder etwas ins Unterbewußtsein verdrängen und künftig übersehen, als hätte man nie davon gewußt? Wie auch immer.
Aber noch eine andere Frage: Wäre nicht gerade die Problematik eines sich andiendenen, sich als "Ehren-Arier" verstehenden "Reichs-Astrologen" Hanussen ein Anlaß gewesen, den Astrologen und Pendler Dr. Gutberlet zu sich zu rufen, wie das Hitler - nach Walter Schellenberg - ja oft tat (siehe 1. Teil), um ihn die jüdische Herkunft von Personen auspendeln zu lassen? Und hätte man ihm dann in einer Argumentationsweise geantwortet, wie dies noch Müllern-Schönhausen in seinem Buch tut (der Mädchenname der Mutter von Hanussen hätte Muni gelautet und sie wäre arischer Abstammung)?
1933: Hanussen wird ermordet - in wessen Auftrag?
Warum Hanussen dann so bald ermordet worden sein soll, ist derzeit wohl noch nicht leicht zu entschlüsseln. Jedenfalls von seiten eines Mordkommandos, dem ein Mann aus dem persönlichen Begleitstab Adolf Hitlers angehörte. Möglicherweise deshalb, weil Hanussen allzu höhnisch, allzu konkret, eng und durchschaubar Tagespolitik und Hellsehen zusammen gebracht hatte? Als daß es selbst Hitler und anderen dabei noch gelingen konnte, ihm "echte" hellseherische Fähigkeiten unterstellen zu können? Möglicherweise weil Hitler sich deshalb tatsächlich "verraten" und verhöhnt vorkam? Möglicherweise deshalb, weil Hanussen zu viel von seiner ganz profanen "Autorität" und seinem ganz profanen Einfluß hatte durchblicken lassen? Aber es gibt auch zahlreiche andere Motive für einen solchen Mord, insbesondere von Seiten der an dem Mord beteiligten SA-Männer. Mehrere hohe Berliner SA-Führer waren bei Hanussen schwer verschuldet und hatten sein ausschweifendes Leben auf seiner Luxusjacht "Ursel IV" geteilt. Er hatte großzügige Schenkungen an SA-Züge gemacht und war sogar selbst SA-Mann geworden, ebenso zahlreiche seiner Mitarbeiter (Kugler, S. 183f). Hanussen war spätestens seit 1930 ein "gesellschaftliches Ereignis". Sogar berühmte Literaten wie Alfred Döblin oder Thomas Mann schrieben für seine Zeitung oder nahmen an seinen Sitzungen teil. Auch Hermann Göring soll bei Hanussen hoch verschuldet gewesen sein und an spiritistischen Seancen teilgenommen haben. Hanussen habe Göring einen großen Aufstieg, danach aber den Verfall des ganzen Reiches prophezeit (Kugler, S. 183f).
Oder ist er im Auftrag einer konkurrierenden Okkultloge ermordet worden, der seine "Autorität" zu groß geworden war?
Mai 1933: Soll der Astrologe Wulff der - "arische" - Nachfolger Hanussens werden?
Der "schillernde" Hamburger Astrologe Wilhelm Wulff schreibt in seinem "Tierkreis und Hakenkreuz" über seinen Freund, den rechtskonservativen Geheimdienst- und Gestapo-Mitarbeiter Herbert Volck, den er schon seit Jahren mit astrologischen Beratungen am Gängelband führte oder doch zu führen versuchte (1968, S. 64f):
Zur "Eroberung Berlins" hatte er sich in Potsdam eine sehr schöne Wohnung gemietet, wohin er mich im Mai 1933 einlud. Er schlug mir vor, jetzt, wo Hanussen tot war, doch zu ihm nach Berlin zu ziehen. Davon versprach er sich für mich eine gutgehende astrologische Praxis.Der Nebensatz "jetzt, wo Hanusen tot war" ist außerordentlich verräterisch. Nicht nur für das Denken Volcks, sondern auch für das Denken, bzw. den Kenntnisstand Wulffs. Denn Wulff kennzeichnet diesen Nebensatz ja keineswegs als etwas Abstruses oder völlig Abwegiges. Mit diesem Nebensatz ist doch nichts weniger gesagt als daß beide es für möglich hielten, daß Wulff die vormals von Hanussen eingenommene Rolle würde einnehmen können. Der in damaligen astrologischen Kreisen gut informierte Wulff, der spätere "Hofastrologe Himmlers", sagt hier also nichts weniger als daß Hanussen bis zu seinem Tod eine solche wichtige Stelle innegehabt hatte. Und daß diese nun vakant wäre. Kann sich das wirklich nur auf die astrologische Beratung von SA-Leuten bezogen haben, die Hanussen ausgeübt hatte? Ist da nicht doch von wesentlich mehr die Rede? Wulff deutet - wie so oft - nur an. Wulff weiter (S. 66):
Er (Volck) war für die Gestapo, SA und SS in geheimen Missionen tätig. Wie ich erst 1966 von meinem Rechtsanwalt Dr. Crüger erfuhr, vertrat er unter anderem auch die Interessen der Gestapo in der Mordsache Hanussen.Volck wird man also in der Tat als einen kompetenten Ratgeber bezeichnen dürfen was diese vakante Stelle betrifft. Wulff weiter:
Dr. Crüger, der den Nachlaß Hanussens verwaltete, hatte gemeinsam mit Hanussens Sekretär (...) die Initiative ergriffen und nicht lockergelassen, bis Hanussens Leiche nach Wochen gefunden worden war. (...) Crüger und Gino, so hieß der Sekretär, hatten schon verschiedene zuständige Stellen aufgesucht, wurden jedoch überall abgewiesen und schließlich in die Berlin-Gestapo in der Prinz-Albert-Straße verwiesen. Der für den Fall Hanussen zuständige Gestapobeamte war der "Jurist" Herbert Volck. Volck empfahl ihnen drohend, die Nachforschungen in dieser Mordsache zu unterlassen.
Da Wulff sich - nach seiner eigenen Darstellung - nicht bereit erklärte, für die Nationalsozialisten zu arbeiten, soll Volck auch damit gedroht haben, daß man ihn, Wulff, auch dazu zwingen könne. Ob er das womöglich auch im Auftrag Hitlers tat? Wie auch immer. Wichtig ist: In deutschen astrologischen Kreisen war man sich bewußt, daß nach dem Tod von Hanussen eine Stelle vakant geworden war. Wer hat sich von sich aus freiwillig für sie beworben? Wer ist genommen worden?
(Weiter zum: 3. Teil, 4. Teil, 5. Teil mit Anhang und Literaturverzeichnis.)
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