Geschichtsstunde im Museum Berlin-Karlshorst,
in jenem Gebäude, in dem am 8. Mai 1945 die deutsche Gesamtkapitulation
unterschrieben worden ist (a, b).
Abb. 1: Deutsches Propaganda-Plakat, offenbar aus dem Jahr 1919: "Bolschewismus heißt, die Welt im Blut ersäufen." |
In diesem Gebäude ist eine sehr eindrucksvolle Dauerausstellung zum
deutsch-sowjetischen Krieg von 1941 bis 1945 eingerichtet worden.
Abb. 2: Deutsches Propaganda-Plakat: "10 Millionen mußten verhungern - für die Rote Armee." |
Abb. 3: Befehlsausgabe zum Angriff am Morgen des 22. Juni 1941 |
Abb. 4: Originale deutsche Lagekarte "Barbarossa" über die Verteilung der beidseitigen Truppenstärken vom 21.6.1941 |
Abb. 5: Detail aus Abb. 4 (Frontbogen von Bialystok) |
In diesem Beitrag wird nur ein winzigkleiner Ausschnitt aus der großen Fülle der eindrucksvollen, ausgestellten Zeitdokumente und Objekte gezeigt.
- Warum hat es eigentlich eine so große Aufregung über die mißlunge Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" gegeben und erfährt man stattdessen in der größeren Öffentlichkeit vergleichsweise nichts über eine solche zum größten Teil gelungene Dauerausstellung im Osten Berlins? Gelungen einfach deshalb, weil in ihr nicht von vornherein irgendeine enthaltene "Tendenz" spürbar wird.
Abb. 6: Gefallenensammelstelle der Wehrmacht, Juli 1941 |
Der Krieg wird sowohl für russische Besucher wie für deutsche Besucher dargestellt, wobei auch der jeweils "eigene" zeitgenössische Blick, die Propaganda und die erlebten Erfahrungen dem jeweils "anderen" zeitgenössischen Blick, der Propaganda und den erlebten Erfahrungen gegenüber gestellt werden. Man kann durch diese Dauerausstellung nicht hindurchgehen, ohne von dem tiefen Ernst der Geschichte ergriffen zu werden.
Vor dem Gebäude stehen Panzer und Geschütze der damaligen Zeit. Es werden im Gebäude auch Uniformen, Waffen und Munition ausgestellt. Der Raum der Kapitulations-Unterzeichnung ist im originalen Zustand erhalten. Schon durch diese Dinge ist man sehr dicht am Geschehen dran.
Nun noch einige Gedanken zu den für diesen Beitrag ausgewählten Zeitdokumenten der Ausstellung. Abb. 1 zeigt ein deutsches Propagandaplakat, wie es sie nach der Russischen Revolution von 1917 viele gab in Deutschland, und das gut die damalige Sichtweise und Ängste der Deutschen gegenüber der Russischen Revolution wiederspiegelt: "Bolschewismus heißt, die Welt im Blut ersäufen." Haben die heutigen Ergebnisse der Geschichtswissenschaft an dieser zeitgenössischen deutschen Sicht irgendetwas zu korrigieren?
Abb. 2 ist noch frappierender: "10 Millionen mußten verhungern, um die Waffe gegen die Welt zu schmieden - die Rote Armee". Auch an diesem Satz weiß die Geschichtswissenschaft schon seit Jahrzehnten nichts zu korrigieren. Und es ist erst jüngst wieder durch das Buch von Bogdan Musial "Stalins Beutezug" auf neuer Quellengrundlage dargestellt worden, wie die für die sowjetische Aufrüstung benötigten Devisen durch Getreideverkäufe im Ausland gewonnen worden sind, die den Hungertod von Millionen von Ukrainern und Russen bewirkten vor allem im sogenannten Hungerholocaust von 1931/32.
Allerdings: Wer hat das Getreide gekauft? Der Westen. Großbritannien. Auch Deutschland. ... Unheimlich. Unheimlich, daß die deutschen Regierungen von 1931 und 1932 in der Welt keinen Alarm geschlagen haben über den Hungerholocaust. Ist es wirklich erlaubt zu sagen, sie wären "mit anderem" beschäftigt gewesen? Nämlich damit, wie man Hitler an die Macht bringen könne? Über ihre Botschaften und Konsulate, etwa in Kiew, waren sie detailliert unterrichtet über das, was in der Ukraine vorging, wie erhaltene Dokumente aufzeigen.
Oder hielt man mit dem Material zurück, um es erst dann zu benutzen, wenn der vielerseits für das Jahr 1932 erwartete europäische Krieg ausgebrochen wäre und man dann die Emotionen gegen die Sowjetunion hätte schüren wollen?
Allerdings: Wer hat das Getreide gekauft? Der Westen. Großbritannien. Auch Deutschland. ... Unheimlich. Unheimlich, daß die deutschen Regierungen von 1931 und 1932 in der Welt keinen Alarm geschlagen haben über den Hungerholocaust. Ist es wirklich erlaubt zu sagen, sie wären "mit anderem" beschäftigt gewesen? Nämlich damit, wie man Hitler an die Macht bringen könne? Über ihre Botschaften und Konsulate, etwa in Kiew, waren sie detailliert unterrichtet über das, was in der Ukraine vorging, wie erhaltene Dokumente aufzeigen.
Oder hielt man mit dem Material zurück, um es erst dann zu benutzen, wenn der vielerseits für das Jahr 1932 erwartete europäische Krieg ausgebrochen wäre und man dann die Emotionen gegen die Sowjetunion hätte schüren wollen?
Ist der Westen noch heute Stalin verpflichtet?
Unheimlich auch, daß diese Zusammenhänge bis heute so wenig im Geschichtsbewußtsein der Öffentlichkeit verankert sind. Was einmal mehr aufweist, wie stark der Westen noch heute Stalin "verpflichtet" ist. Wie tief im letzten Sinne totalitaristisch also auch noch heute - wie damals - das Denken und die Mentalität vorgeblich freier, aufgeklärter Gesellschaften ausgelegt ist. (Leider kann hier derzeit keine Angabe zur Datierung dieses Plakates gemacht werden, was natürlich noch einige weitere Schlußfolgerungen im Sinne der eben getätigten Ausführungen ermöglichen würde.)
Abb. 3 braucht nicht kommentiert zu werden. Spricht etwa Begeisterung aus diesen Gesichtern? Oder auch nur "Siegeszuversicht"? Nein: Betroffenheit, Beklommenheit. Ein erstes Ahnen dessen, wohin man dem Rattenfänger von Hameln nun gefolgt war.
Zu Abb. 4: In der Dauerausstellung findet sich - über einen riesigen Tisch gebreitet - eine originale deutsche militärische Lagekarte vom 21. Juni 1941 mit dem bis dahin auf deutscher Seite bekannt gewordenen Wissen zur beiderseitigen Stärkeverteilung. Es wäre von Interesse, einmal zu vergleichen, inwieweit sich die Angaben dieser Karte mit den Angaben etwa des Historikers Viktor Suworow ("Der Eisbrecher - Hitler in Stalins Kalkül") und ähnlicher Historiker decken. Dies gilt insbesondere für die sowjetische Stärkeverteilung rund um den vorspringenden und darum auf deutscher Seite besonders gefährdeten Frontbogen von Bialystok (Abb. 5), die nur bei Angriffsabsichten Sinn macht.
Abb. 7 ist etwas unscharf - aber dennoch lesbar: Im Jahr 1940 gab es in der Wehrmacht noch Proteste über die vom "Rattenfänger von Hameln" gebilligten und geförderten Massenmorde in Polen. Aber wie hätte sich die Wehrmacht 1940 noch gegenüber der Gestapo durchsetzen können, wo sie sich doch schon - beispielsweise - in der "Blomberg-Fritsch-Krise" von 1938 von der Gestapo und dem Gestapo-Führer und Nazi-Mordmoral-Formulierer Werner Best so geradezu widerstandslos hat vorführen lassen? (Vgl. die in gar zu auffälliger Weise mit der Absicht geschriebene Darstellung, die Gestapo zu entlasten, von Seiten des bundesdeutschen Verfassungsmannes Fritz Tobias, betitelt "Der Sturz der Generäle". Siehe dazu frühere und künftige Beiträge hier auf dem Blog.)
Abb. 7 ist etwas unscharf - aber dennoch lesbar: Im Jahr 1940 gab es in der Wehrmacht noch Proteste über die vom "Rattenfänger von Hameln" gebilligten und geförderten Massenmorde in Polen. Aber wie hätte sich die Wehrmacht 1940 noch gegenüber der Gestapo durchsetzen können, wo sie sich doch schon - beispielsweise - in der "Blomberg-Fritsch-Krise" von 1938 von der Gestapo und dem Gestapo-Führer und Nazi-Mordmoral-Formulierer Werner Best so geradezu widerstandslos hat vorführen lassen? (Vgl. die in gar zu auffälliger Weise mit der Absicht geschriebene Darstellung, die Gestapo zu entlasten, von Seiten des bundesdeutschen Verfassungsmannes Fritz Tobias, betitelt "Der Sturz der Generäle". Siehe dazu frühere und künftige Beiträge hier auf dem Blog.)
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