Dienstag, 2. Juli 2013

"Was wußten Wehrmachtsoldaten über Konzentrationslager und Kriegsverbrechen?"

NS-Verbrechen, wahrgenommen von deutschen Soldaten: "Die Verteilung der Themenspektren erstaunt."

"Den Holocaust hat es nie gegeben. Es gibt noch viele, die das behaupten. In 20 Jahren können es noch mehr sein." Ein Plakatspruch (Mahnmal), mit dem 2001 für die Errichtung des Holocaust-Mahnmals in Berlin geworben worden ist. Mehr als zehn Jahre sind inzwischen vergangen. Das Holocaust-Mahnmal hat uns seither wohl davor bewahrt, daß die in dem Plakatspruch angesprochene Möglichkeit Wirklichkeit wurde. Oder waren es Strafrechts-Paragraphen?

Die Geschichtswissenschaft jedenfalls ist in den letzten zehn Jahren - mit oder ohne Mahnmal, mit oder ohne Strafrechts-Paragrahen - weitergegangen. Und ab und an kommt dort doch auch einmal etwas Neues, Auffallenderes zu Tage. Im Kriegsgefangenenlager Fort Hunt in der Nähe von Washington D.C., einem Lager für kriegsgefangene deutsche Soldaten, wurden zwischen 1942 und 1946 die Gespräche zwischen den Insassen heimlich abgehört und protokolliert. In einer neuen Studie (1) wurden nun solche Abhörprotokolle von 145 zufällig ausgewählten deutschen Soldaten ausgewertet. Die Forschungen finden statt im Rahmen einer Forschungsgruppe unter der Leitung von Sönke Neitzel und Harald Welzer.

Ein Viertel für, ein Viertel gegen den Nationalsozialismus

Aus einer Veröffentlichung von Sönke Neitzel aus dem Jahr 2007 (2, 3) hatte man schon lernen können, daß unter den deutschen, kriegsgefangenen Generälen sich grob etwa ein Viertel auch noch in westalliierter Kriegsgefangenschaft untereinander zum Nationalsozialismus bekannt haben. Ein weiteres Viertel hat sich in dieser deutlich gegen ihn ausgesprochen. Und die andere Hälfte der kriegsgefangenen Generäle hat eine eher unentschiedene, abwartende Meinung kund getan. Das entspricht gut der zeitgleichen Verteilung der Einstellungen etwa unter der deutschen protestantischen Pfarrerschaft während des Dritten Reiches: Etwa ein Viertel waren Anhänger der sogenannten Deutsche Christen, ein Viertel waren "bekennende" Christen ("Bekenntniskirche"). Und die andere Hälfte legte sich nicht eindeutig fest.

Abb. 1: Deutsche Kriegsgefangene in den USA (die wenigen Überlebenden der U-118) - 20. Juni 1943, Norfolk, Virginia

Aus solchen und anderen Umständen ging jedenfalls schon hervor, daß die abgehörten Gespräche deutscher Soldaten in westalliierter Kriegsgefangenschaft eine hervorragende Quelle darstellen zu dem, was die Deutschen wirklich dachten in jener Zeit. Und darüber hat die neue Studie nun allerhand Auffallendes zu Tage gebracht.

Sie kommt zu dem Ergebnis: 70 Prozent von diesen 145 Soldaten haben in ihren Gesprächen "eine Form von Verbrechen" angesprochen (1, S. 813, Anm. 2):

In vielen Akten nehmen diese Gesprächspassagen nur wenig Platz ein, manchmal sind es nicht mehr als zwei, drei Sätze, in anderen dagegen ist Gewalt eines der dominanten Themen.

Vermutlich ist hier mit dem Ausdruck "Gewalt" gemeint: verbrecherische Gewalt, also im Widerspruch zu Kriegs- und Völkerrecht stehende Gewalt. Aus dem Folgesatz geht dann hervor, daß die Verfasserin hier genauer gesagt nur von "NS-Verbrechen" spricht. Sollten denn alliierte Kriegsverbrechen unter deutschen Kriegsgefangenen damals untereinander gar nicht besprochen worden sein? Das erscheint doch sehr wenig plausibel. Es wäre interessant zu erfahren, welchen Anteil alliierte Kriegsverbrechen in diesen Gesprächen ausgemacht haben und wie über diese gesprochen worden ist. Jedenfalls sei festgehalten: 70 Prozent der Gefangenen sprachen bei irgendeinem Anlaß über NS-Verbrechen. Aber was wurde dabei thematisiert und was nicht? Und wie wurde es jeweils thematisiert?

"Mit Abstand am häufigsten sprechen die Soldaten über Erschießungen vor allem jüdischer Zivilisten."

Michaela Christ schreibt über die ausgewerteten 145 deutschen Soldaten nun (1, S. 814f):

Mit Abstand am häufigsten sprechen die Soldaten über Erschießungen vor allem jüdischer Zivilisten. Insgesamt sind Ereignisse, die im Kontext des Krieges gegen die Sowjetunion stattfanden, erheblich öfter Gesprächsgegenstand als etwa Konzentrationslager oder aber die Enteignung und Entrechtung der deutschen Juden im Reich. (...)
Andere Unterhaltungen über "Rußland" in Fort Hunt drehten sich um das Verhungerlassen sowjetischer Kriegsgefangener, um das Abbrennen und Verwüsten von Dörfern, um den Kampf gegen sogenannte Partisanen oder um die enorm gewaltförmige Okkupationspolitik der Deutschen in den besetzten Teilen der Sowjetunion. Weniger häufig, aber dennoch in den Unterlagen präsent sind Gespräche über Akte illegitimer und illegaler Gewalt aus anderen Kriegs- und Besatzungsgebieten. Darunter etwa Berichte über Folterpraktiken in einem Pariser Gestapogefängnis, über desolate Zustände in Lagern für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Reich, über Juden, die in Polen in Ghettos eingesperrt leben mußten, oder über Frauen, die Opfer sexueller Gewalt durch deutsche Militärangehörige in Italien wurden.
Insgesamt also ein sehr reichhaltiges, vielschichtiges und differenziertes Bild zu nationalsozialistischen Verbrechen. Das Thema aber, das heute das Bild nationalsozialistischer Verbrechen dominiert, wird von diesen Zeitzeugen, die so vieles besprechen, gar nicht erwähnt. Michaela Christ:
Grundsätzlich bestätigen die Unterlagen aus Fort Hunt den Forschungsstand über das Wissen der deutschen Bevölkerung. Während Massenerschießungen von den Menschen im Reich und in der Gefangenschaft vergleichsweise häufig thematisiert wurden, waren hier wie dort Informationen über Konzentrationslager kaum und über Vernichtungslager so gut wie gar nicht im Umlauf.

So eindeutig wie hier von Michaela Christ formuliert liest man den Forschungsstand auf Wikipedia derzeit noch nicht (siehe Artikel "Holocaust-Kenntnis von Zeitzeugen"). Aber selbst bedeutendere Politiker der Bundesrepublik wie Helmut Schmidt wollten ja vor 1945 zwar durchaus etwas von Massenerschießungen, nicht aber von Massenvergasungen mitbekommen haben (siehe Wikipedia). Da dieser Forschungsstand aber einigermaßen widersprüchlich zu sein scheint, wird ihn Michaela Christ einige Seiten später - und sich selbst widersprechend - auch wieder ganz anders darstellen (siehe gleich).

"Auffällig an den Erzählungen ist ihre Unaufgeregtheit über den Ort Konzentrationslager."

Es wird also über systematische Massenverbrechen in Konzentrationslagern gar nicht gesprochen. Dabei waren sogar rund ein Prozent aller Kriegsgefangenen selbst Insassen eines Konzentrationslagers gewesen. Darunter auch solche vormaligen Insassen, die selbst schwere Folterungen erlebt hatten, wie zitiert wird (1, S. 816f). Dennoch spricht niemand von Massenverbrechen in Konzentrationslagern. Dies ist der auffällige Befund. Michaela Christ bringt unterschiedliche Beispiele von Gesprächsinhalten über Konzentrationslager. Und schreibt dann weiter (1, S. 819):

Auffällig an den Erzählungen ist ihre Unaufgeregtheit über den Ort Konzentrationslager, der in den Unterhaltungen keinen außergewöhnlichen Topos darstellt. Vielmehr, so legen es die Gesprächsmitschriften nahe, waren Konzentrationslager für die Sprecher ein relativ gewöhnlicher Gesprächsgegenstand.
Diese "Unaufgeregtheit" stellte sie ja zuvor für die Massenerschießungen jüdischer Zivilisten in dieser Form nicht fest. Doch einige Seiten später widerspricht sich Manuela Christ selbst in ihrer Aussage zur "Holocaust-Kenntnis von Zeitzeugen" (1, S. 821):
In den Protokollen finden sich ingesamt nur verhältnismäßig wenige Passagen über NS-Verbrechen.
Wenige? Wo doch, wie sie sagt, 70 Prozent aller Soldaten darüber bei irgendeiner Gelegenheit sprachen? Bei 145 Soldaten sind das mindestens 100 Gelegenheiten gewesen, wo NS-Verbrechen erwähnt wurden. Man wünschte sich insgesamt eine mathematisch-statistisch genauere Auswertung als hier von Michaela Christ vorgelegt wird. Jedenfalls schreibt sie weiter: 
Wie paßt dies zusammen mit dem Befund, daß der Holocaust in der deutschen Bevölkerung ein offenes Geheimnis war und die Männer die Dimensionen der Verbrechen kannten?
Ein merkwürdiger Satz, eine komische Frage. Sie wertet eine unabhängige Quelle aus unter der Fragestellung, was die Wehrmachtsoldaten wußten. Und setzt in diesem Satz dann schlichtweg schon voraus, daß sie "die Dimensionen der Verbrechen kannten". Eben genau dieser Umstand geht ja doch offenbar aus den von ihr ausgewerteten Gesprächsprotokollen von 145 deutschen Soldaten nicht hervor. Darüber drückt sie doch ständig ihr Erstaunen aus.

Aber hier setzt sie plötzlich ein "Wissen" dieser Männer um "die Dimensionen der Verbrechen" voraus, für die sie in der "entspannten" Gesprächsatmosophäre von Fort Hunt überhaupt keinen Anhaltspunkt hat anführen können. Trotzdem setzt sie dieses Wissen voraus. Das ist - mit Verlaub! - nun, ein wenig sonderbar und in sich widersprüchlich. Sie schreibt weiter (1, S. 823):
Auch in Fort Hunt äußerte sich die Mehrheit der Sprecher kritisch zur Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten, gegen Juden oder gegen Kriegsgefangene. 

Auch dafür bringt sie verschiedene Beispiele und schätzt diese auch selbst zumeist als glaubhaft ein. (Auf die Frage, wie die Soldaten mit etwaigen eigenen Handlungsspielräumen gegenüber der von ihnen abgelehnten Gewalt umgingen, sei hier nicht eingangen. Sie wird aber von Michaela Christ auch ausführlicher behandelt. Es sei hier nur daran erinnert, daß wir heute in einer Demokratie leben und dennoch ganz offensichtlich unsere Handlungsspielräume nicht ausschöpfen, was den Völkermord an den Tschetschenen oder an anderen Völkern in der Welt betrifft, die zu unseren eigenen Lebzeiten geschehen.)

"Die Verteilung der Themenspektren zu NS-Verbrechen erstaunt."

Doch es sei noch einmal wörtlich festgehalten. Zur der Kernfrage ihres eigenen Beitrages schreibt Michaela Christ (1, S. 814):

Auf den ersten Blick mag die Verteilung der Themenspektren erstaunen. Vor allem, weil Verbrechen thematisiert werden, die im gegenwärtigen öffentlichen Gedächtnis wenig präsent sind. Heute stehen Konzentrations- und Vernichtungslager synonym für die Untaten des Nationalsozialismus. Die in den Gesprächen zwischen den Gefangenen thematisierten Morde - wie eben die Erschießungen in der Sowjetunion - treten dahinter zurück. 
Und an anderer Stelle (1, S. 822):
Aus heutiger Perspektive sind der Holocaust und die Vielzahl anderer Verbrechen die zentralen Merkmale des Nationalsozialismus. Für die Zeitgenossen damals hat dies nicht unbedingt gegolten.
An dieser Stelle ist einmal erneut die unpräzise Wortverwendung der Autorin zu kritisieren. Gehören denn die Massenerschießungen von Juden im Osten, die auffällig häufig thematisiert wurden von den Soldaten, wie sie schreibt, nicht zu - "dem Holocaust"? Ist für sie Holocaust gleichbedeutend mit "Massenvergasungen" und nur mit ihnen? - Und noch einmal auf den Punkt bringt sie es auf der letzten Seite (1, S. 830):
Die Untersuchung belegt, daß die Kriegsgefangenen in der Regel über ein beachtliches Wissen über die Verbrechen der Nazizeit verfügten, die Dimensionen für gewaltig hielten und daraus große Furcht vor Vergeltung ableiteten. Das konkrete Wissen der Soldaten bezog sich dabei vor allem auf die Massenerschießungen jüdischer Zivilisten während des deutsch-sowjetischen Krieges sowie auf die in diesem Kontext begangenen Untaten gegen sowjetische Kriegsgefangene und die jeweilige Bevölkerung in den besetzten Gebieten.

Da also auch gerade diese Furcht vor Vergeltung Anlaß zur Thematisierung dieser Verbrechen war, wie auch noch ausführlicher ausgeführt wird von Michaela Christ: Warum hätten die deutschen Soldaten, wenn sie in diesem Zusammenhang die Massenerschießungen erwähnen, nicht viel mehr auch die Massenvergasungen erwähnen sollen? Was wäre daran so schwierig gewesen? Wie sollte das psychologisch erklärt werden? Über Konzentrationslager hingegen sprachen sie insgesamt ja viel "unaufgeregter".

Eine widerspruchsfreie Erklärung ergibt sich doch nur dann, wenn man sagt: Sie wußten schlichtwegt nichts von Massenvergasungen in Konzentrationslagern. Punkt. Und damit wußte die deutsche Bevölkerung insgesamt schlichtweg davon nichts. Der ganze Aufsatz von Michaela Christ scheint sich um diese schlichte Feststellung herumzuwinden und sie nicht klar und deutlich aussprechen zu wollen.

Aber in der Tat hat der Autor dieser Zeilen die Massenerschießungen in der Sowjetunion immer schon für historisch vergleichsweise gut dokumentiert gehalten. - Um so mehr, um so mehr er sich mit Werner Best und seinen zahlreichen Kollegen beschäftigte, die die dafür verantwortlichen Mörderbanden (genannt "Einsatzkommandos") organisiert hatten, die sie koordinierten und anführten. Und die dafür allzu oft nicht verurteilt worden sind bis an ihr Lebensende in der Bundesrepublik Deutschland. Die bewußt "durchgemogelt" wurden im Windschatten von solchen Prozessen wie denen gegen Adolf Eichmann in Jerusalem oder in dem gegen die Wachmannschaften des Konzentrationslagers Ausschwitz in Frankfurt am Main (7, 8). - Und in dieser Einschätzung fühlt er sich nun durch diese neu erschlossene breite Quellenbasis unverdächtiger Zeitzeugen-Aussagen einmal erneut bestätigt und bekräftigt.

Was so viele Menschen mitbekommen haben, und ganz ohne konkretere Absichten, ohne konkretere Nebengedanken, ohne jede unmittelbare Hoffnung auf Belohnung oder unmittelbare persönliche Sorge vor Bestrafung zumeist geradezu wie nebenbei als Tatsache wie selbstverständlich unterstellten und erörterten, und was sie zugleich auch schlimm fanden und ablehnten schon zu den Zeiten selbst, als es geschah, dessen Leugnung wird sicherlich nicht siebzig Jahre später unter Strafe gestellt werden müssen (4-6).

Ergänzung (12.1.2022): Schon 2003 ist eine umfangreiche Studie über die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion erschienen. In einer Rezension über diese hieß es 2004 (12):

Die Tätigkeit der Einsatzgruppen entsprach offensichtlich nicht dem, was sich die meist ungedienten Polizeireservisten unter „Krieg“ vorgestellt hatten. Viele wollten deshalb möglichst schnell wieder weg. Wer nicht frühzeitig die eigene Versetzung anstrebte, der bestand zumindest auf seinen turnusmäßigen Austausch nach drei Monaten Dienst. Keine blutrünstige Horde tritt uns hier entgegen, und auch nicht jene kühle und unerbittliche Mordelite, zu der sie Himmler stilisiert hatte, sondern „ganz normale Männer“, die sich nur wenige Monate zuvor nicht im Traum hätten vorstellen können, was sie nun taten. „Ihre Alltagsarbeit wurde, ebenso wie der Massenmord, weder von einer gefühlsarmen Maschinerie, in der das einzelne Individuum verschwand und seiner persönlichen Charaktermerkmale beraubt worden war, ausgeführt noch von einem Haufen fanatisierter, speziell fürs Töten geschulter und abgestellter Nationalsozialisten.“ (S. 387) (....)
Die untere Führungsebene setzte sich vorwiegend aus Männern zusammen, die „aus der Praxis“ kamen und vor dem Krieg bei der Kriminalpolizei, der Gestapo oder der Grenzpolizei tätig waren. Häufig entstammten sie einem kleinbürgerlichen Milieu und stießen erst relativ spät zur Polizei, meist nach dem Scheitern des ursprünglich eingeschlagenen Lebensweges und einer längeren Phase der Arbeitslosigkeit. Die Anstellung bei der Polizei bedeutete also das Ende der bisherigen beruflichen „Verlegenheitslösungen“, die in der Regel drei bis vier verschiedene, ausbildungsfremde Tätigkeiten umfaßt hatten. Die Mannschaften wiederum bestanden aus ungedienten Polizeireservisten, die lediglich eine militärische Schnellausbildung vor dem Krieg erhalten hatten.

__________________________________
  1. Christ, Michaela: Was wußten Wehrmachtsoldaten über Konzentrationslager und Kriegsverbrechen? Die geheimen Abhörprotokolle aus Fort Hunt (1942 - 1946). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 10/2013, S. 813 - 830
  2. Neitzel, Sönke: Abgehört: Deutsche Generäle in britischer Kriegsgefangenschaft 1942-1945. List Taschenbuch, 2007 (Ersterscheinen 2005)
  3. Bading, Ingo: Spannende neue Quellen zum Zweiten Weltkrieg. Auf: Studium generale, 4.11.2007
  4. Dahl, Edgar: Die Auschwitzlüge. Auf: Libertarian, 27. Januar 2009 
  5. Bading, Ingo: Holocaust-Leugnung und der "Appell von Blois" - "Protest und noch einmal Protest". Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 11. Februar 2009 
  6. Bading, Ingo: "In Auschwitz starben 300.000 Menschen" - Stand: 1948. Adolf Eichmann und Auschwitz - 1948, 1961 und 1963. Auf: GA-j!, 25. Juli 2010  
  7. Bading, Ingo: Warum hat es nie einen großen Gestapo-Prozeß gegeben? Regie bei der Vergangsheitsbewältigung nach 1945. GA-j!, 14. Januar 2011
  8. Bading, Ingo: "Der Bruderschaftsgedanke wurde dem Individualismus entgegengestellt." Gestapo-General Werner Best - die bislang "gelungenste" Personifzierung der Okkultgeschichte Deutschlands während des 20. Jahrhunderts? Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt? 21. Mai 2011   
  9. Krausnick, Helmut; Wilhelm, Hans-Heinrich: Die Truppe des Weltanschauungskrieges. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD 1938-1942. DVA, Stuttgart 1981; durchgesehene Ausgabe, Fischer Taschenbuch 1985, 1989 
  10. Friedrich, Jörg: Die kalte Amnestie. NS-Täter in der Bundesrepublik. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1988 (zuerst 1984)
  11. Weinbrecht, Dorothee: Der Exekutionsauftrag der Einsatzgruppen in Polen. Markstein Verlag für Kultur und Wirtschaftsgeschichte, Filderstadt 2001 (80 S.)
  12. Jörg Ganzenmüller: Rezension zu: Angrick, Andrej: Besatzungspolitik und Massenmord. Die Einsatzgruppe D in der südlichen Sowjetunion 1941-1943. Hamburg  2003. ISBN 3-930908-91-3, In: H-Soz-Kult, 25.05.2004, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-5066>.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Angeregt durch Deinen Artikel hatte ich mir mal die Rezensionen zu Sönke Neitzels Buch über die deutschen Generale angesehen. Viele Leser meinten, die Aussagen seien vollkommen wertlos, weil jedem deutschen Soldaten eingebläut wurde: "Der Feind hört mit!", es also bekannt gewesen sein soll, dass die Kriegsgefangenen abgehört werden. Was meinst Du dazu?

Ingo Bading hat gesagt…

Tja, vielleicht müßte ich es mir selbst daraufhin noch einmal ansehen. Als ich sein Buch las, fand ich alles stimmig, nahm mir damals aber nicht die Zeit, eine Rezension dazu zu schreiben. Eine größere Sorge, die deutsche Kriegsgefangene WÄHREND der Kriegszeit haben mußten, war doch die Möglichkeit, daß Deutschland den Krieg gewinnt, und daß deshalb Anti-Nazi-Äußerungen während der Kriegsgefangenschaft ihnen dann zum Nachteil gereichen würden. (So ging es ja auch den sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland.)

DENNOCH gab es unter den Generälen ein Viertel, die sich kritisch gegenüber dem Nationalsozialismus geäußert haben.
Andererseits hätten ja Generäle, die sich pro-Nationalsozialismus äußerten, auch mit Nachteilen rechnen können in der Kriegsgefangenschaft und später. Doch auch ein Viertel äußerten sich so.

Bei den Farmhall-Protokollen der abgehörten deutschen Atomphysiker in England (kurz nach Kriegsende in Deutschland) äußerten beim Einzug auch einige, "ob hier wohl abgehört wird". Aber wenn man tage- und wochenlang beieinander ist, wenig zu tun hat, viel Zeit hat, wird man da auch nicht ständig dran denken. Jedenfalls halte ich die Farmhall-Protokolle für völlig authentisch. Die Erschütterung von Otto Hahn, als die Meldung über den Abwurf der ersten Atombombe mitgeteilt wird, das eilige Durchrechnen von Werner Heisenberg, WIE diese Bombe wohl funktionierte usw..

Unter den führenden Generälen in Nürnberg, Angeklagte oder Zeugen, gab es viele, die von diesen Massenerschießungen nichts gehört haben wollten. Das würde sehr deutlich dem Tenor der Fort-Hunt-Prokokollen (bzw. ihrer Auswertung durch Frau Christ) widersprechen. Auch z.B. Jodl nicht, auch Göring nicht, der in Nürnberg sogar sagt, er wäre für KEINEN Mord während des Dritten Reiches verantwortlich. Das ist doch eine glatte Lüge, wenn man daran denkt, daß er die Röhm-Morde in Norddeutschland dirigierte, so wie Werner Best dies in Süddeutschland tat. Daß Göring überhaupt 1933/34 die Gestapo unterstand, die unter Diels die ersten KZ errichtete, und wo laufend jemand "auf der Flucht" erschossen wurde. Da muß also auch viel Verdrängung am Werke gewesen sein in Nürnberg, um das mindeste zu sagen. (Einsatzkommando-Organisator Best übrigens wurde ja in Nürnberg nur als ZEUGE vernommen! Und hat bis 1989 ohne verurteilt zu sein die Spiegel- und IfZ-Historiker umfangreichst beraten bei der "Vergangenheitsbewältigung"!)

Ingo Bading hat gesagt…

Aber so Generäle wie Manstein und Halder wollen - zumindest am Rande - schon etwas von den Judenerschießungen mitbekommen haben laut ihrer Aussagen in Nürnberg. Was zeigt, daß die Ernsthafteren und Verantwortungsvolleren dem Thema doch nicht ganz ausweichen. Aber bei ihnen war es laut ihrer Aussagen immer so weit weg, daß sie persönlich damit nicht in Verbindung gebracht werden konnten.

Ich glaube, diese Fort Hunt-Protokolle sind nur der erste Anstoß, viele Dinge von dieser Sicht aus neu "durchzudeklinieren". Sie unbeachtet zu lassen, bringt sicherlich nichts.

Ich glaube, viel versteht man erst, wenn man sich klar macht, daß es nie einen großen Gestapo-Prozeß gegeben hat, der umfangreichst von etwa zehn Staatsanwälten auf tausenden von Seiten Anklageschrift vorbereitet worden war, und der dann unter Gustav Heinemann mit juristischen Tricks unmöglich gemacht wurde, weil zu VIELE der dann Angeklagten inzwischen wieder in guten Positionen saßen.

http://studgenpol.blogspot.de/2011/01/warum-hat-es-nie-einen-groen-gestapo.html

Besonders gut dargestellt, wie ich finde, in dieser Filmdokumentation:

https://www.google.de/search?q=Juristen+-+Freispruch+in+eigener+Sache&oq=Juristen+-+Freispruch+in+eigener+Sache&aqs=chrome.0.57&sourceid=chrome&ie=UTF-8

Mich interessiert inzwischen, ob IfZ-Historiker Krausnick etwa diese Anklageschrift mitbenutzen konnte, bzw. hat bei seiner grundlegenden Arbeit über die Einsatzgruppen. Und wenn ja, wie. Und wenn nein, warum nicht.

Den IfZ-, Spiegel- und Reichstagsbrandhistorikern Heinz Höhne, Fritz Tobias, Mommsen etc. traue ich jedenfalls TAUSEND mal weniger über den Weg bei ihren Machenschaften inzwischen, als Sönke Neitzel.

Ich glaube nicht, daß heute in der Geschichtswissenschaft insgesamt noch solche fetten Manipulationsabsichten bestehen wie in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren. Und wenn dann höchstens nach der leicht durchschaubaren Art eines Sven Felix Kellerhoff, dessen Tendenz mir doch deutlich aufgestoßen ist, als ich seine Arbeit über die Geschichte des politischen Mordes gelesen habe. Das ist doch viel zu durchsichtig.

(Dies zunächst als Antwort auf mehrere private Leserzuschriften zu diesem Beitrag.)

Ingo Bading hat gesagt…

Dazu paßt genau, was der Astronom Peter von der Osten-Sacken sagt:

Karl Hoeffkes - Interview des Monats #3: Peter von der Osten-Sacken
12.9.2018, https://youtu.be/v7JWnNmlWNE

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_von_der_Osten-Sacken_(Astronom)

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