Das Sonntagsgedicht

Zeus war einmal in böser Laune;
er zog die Stirn gewaltig kraus.
"Es werd' ein Monstrum!" rief er aus
und braut in seinem Grimm
vom Luchs, vom Fuchs, vom Faune,
vom Tiger und vom Krokodil
Ingredienzen just in einem Topf zusammen,
und da der Spuk noch nicht recht modeln will,
nimmt er noch Bonzenfett.
Hell lodern auf die Flammen.
Und sieh, ein Ungetüm
steigt aus dem Topf herauf:
Der Lauerblick vom Luchs,
die feige Hinterlist vom Fuchs,
vom Tigertier die Tücke,
die Heuchelei vom Krokodil,
das weinen kann und würgt.
Zeus schaudert selbst zurücke,
als ob vom Tartarus er angespien wär'.
"Fort!" rief er aus, "fort aus Olymps Gebieten!"
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Da kroch's ins Mönchsgewand
und ward zum - Jesuiten.

Ferdinand Freiligrath

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Dieses Gedicht bezeugt - wie zahlreiche andere Zeugnisse: So zahnlos wie heute war der deutsche Liberalismus im 19. Jahrhundert gegenüber der katholischen Kirche und dem Jesuitenorden nie. Von dem Dichter Ferdinand Freiligrath (1810 - 1876) sind außerdem die Gedichte bekannt geblieben: "O lieb, so lang du lieben kannst", "Prinz Eugen, der edle Ritter", "Der Platz ist leer, das Volk hat sich verlaufen ..." ("Diego Leon"), "Die Trompete von Vionville" ("Sie haben Tod und Verderben gespien ...") und "Die Auswanderer". (Alle enthalten auch in: "Der ewigen Brunnen - Ein Hausbuch deutscher Dichtung".)

Über die Pflege des literarischen Erbes von Ferdinand Freiligrath heißt es auf Wikipedia:

Der Nachlass Ferdinand Freiligraths befindet sich im Goethe-und-Schiller-Archiv Weimar, weitere Materialien liegen in der Handschriftenabteilung der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund und im Literaturarchiv der Lippischen Landesbibliothek Detmold. Die Lippische Landesbibliothek Detmold betreut das literarische Erbe Freiligraths, erwirbt antiquarisch angebotene Autographen und erstellt eine Freiligrath-Bibliographie.

Aber was nützen Archive, wenn der Geist solcher Dichter und Denker gar nicht mehr lebendig ist und gepflegt wird?