Vor zwei Monaten ist Hans Becker von Sothen (1959-2014), der Verlagsleiter des Ares-Verlags in Graz, mit 55 Jahren gestorben. Und zwar sehr plötzlich. Dies soll kein Nachruf im herkömmlichen Sinne sein, sondern im folgenden sollen nur einige "Eindrücke" zusammen gestellt werden. Ich hatte in den letzten Jahren mancherlei Anlass, mir über ihn, seine Rolle und sein Umfeld so meine eigenen Gedanken zu machen. Über sein rechtskonservatives Umfeld ist ja hier auf dem Blog schon manches veröffentlicht worden. Er hielt mit seinem Ares-Verlag, wie ich bis heute finde, einen wichtigen Verzweigungspunkt im geistigen Leben unserer Zeit besetzt. Diesem stand ich anfangs auch mit großer Aufgeschlossenheit gegenüber.
Abb.: Bestseller "The Bell Curve" (1994) |
Er war, wie ich gerade feststelle, nur sieben Jahre älter als ich. Als ich ihn 2006 oder 2007 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main ansprach, schien er mir jedoch schon "uralt" zu sein. Gefühlte zwanzig Jahre älter als ich.
Hans Becker von Sothen hat im Stocker- und im Ares-Verlag bis zuletzt viele gute Bücher herausgebracht. Philippe Rushton ("Rasse, Evolution und Verhalten") oder Volkmar Weiß ("Die IQ-Falle") zum Beispiel. Oder Andreas Vonderach ("Anthropologie Europas") oder - erst kürzlich - eine Neuauflage der Ludendorff-Biographie von Franz Uhle-Wettler, die ja auch in derjenigen von Manfred Nebelin anerkennende Beurteilung gefunden hat.
2011 hat der Ares-Verlag das Buch von Stephan Berndt über "Astrologen und Hellseher im Dienste der Macht" herausgebracht, für das der Autor zuvor keinen anderen Verlag gefunden hatte. Es ist ja hier auf dem Blog so wichtig geworden zwischenzeitlich, hat aber sonst kaum Aufsehen erregt. Der Verlag scheint wenig Werbung für das Buch gemacht zu haben und auch das engere Umfeld des Verlages scheint dieses Buch bis heute kaum beachtet zu haben.
Auf die naturalistische Wende im Menschenbild nicht oder kaum reagiert
Damals, 2006 oder 2007, habe ich Becker von Sothen darauf hingewiesen, dass doch eigentlich noch viel mehr Bücher auf der Linie von Philippe Rushton ins Deutsche übersetzt werden müssten. Ich nannte insbesondere den kalifornischen Evolutionären Psychologen Kevin MacDonald. Becker von Sothen zeigte sich "interessiert" und wollte mit mir im Email-Kontakt bleiben. Seine Visitenkarte habe ich immer noch. Der Kontakt schlief aber sehr bald ein. Antwortete er überhaupt einmal? So interessiert scheint er dann doch nicht gewesen zu sein. Kevin MacDonald ist auf Deutsch erst viele Jahre später herausgekommen, nun in einem deutlich "rechteren", NPD-näheren Verlag, als es der Ares-Verlag ist (Libergraphix). Ohne Frage hat auch das - natürlich - "Methode".
Von zwei Autoren, deren Bücher er herausgebracht hat oder hat herausbringen wollen, habe ich selbst negative Erfahrungen erzählt bekommen über die Zusammenarbeit mit ihm. Die Umschlaggestaltung und Bewerbung der jeweiligen Bücher fanden sie grottenschlecht und ihren Büchern unangemessen. Einer zog sein Manuskript noch rechtzeitig zurück ... Und die Umschlaggestaltung von vielen erschienenen Bücher ist ja auch oft so aufsehenerregend wie ein Schluck Wasser.
Nun, in meinem Gespräch mit ihm erwähnte er, dass er - zusammen mit Volkmar Weiß - versucht hatte, die Übersetzungsrechte von "The Bell Curve" (1994) zu bekommen, diese aber nicht hatte bekommen können. Deshalb erst habe Volkmar Weiß ein eigenes Buch zum Thema geschrieben. Bis heute ist "The Bell Curve" nicht ins Deutsche übersetzt worden! Was für ein so grundlächerlicher Umstand. (Für des Englischen mächtige Leser ist dieses Buch, das auch von dem deutschen IQ-Forscher Detlef Rost vollständig rehabilitiert worden ist, günstig zu bestellen. Es ist immer noch brandaktuell.)
An meinen Buchmanuskripten nicht interessiert
Nach meinem Gefühl lag allmählich irgendwie alles auf einer Linie, was dieser Hans Becker von Sothen machte oder was rund um ihn herum geschah. Ich hatte ihm damals auch von mir selbst Buchmanuskripte angeboten über die revolutionären Entwicklungen in der Evolutionären Anthropologie und Humangenetik, also über die naturalistische Wende im Menschen- und Gesellschaftsbild. Er ist nie darauf zurück gekommen. Ich kann mir schon denken, warum. Das ist alles nicht in Einklang zu bringen mit einem christlichen Menschenbild und kratzte deutlich stärker an ihm, als das noch Philippe Rushton's Buch getan hatte ...
2006 war im Ares-Verlag eine neue Aleister Crowley-Biographie erschienen, die damals, 2006 oder 2007, auf der Buchmesse in Frankfurt von ihm vorgestellt wurde. Damals hatte ich noch nicht die geringste Ahnung, wer Aleister Crowley ist. Und auch der dortige Kurzvortrag über dieses Buch weckte bei mir keinerlei Interesse für dasselbe, höchstens leichte Verwunderung darüber, warum der überhaupt so wichtig sein sollte ... Nur meine damalige Begleiterin, die einige Jahre jünger war als ich, schien sich der Bedeutung von Crowley schon damals so bewusst gewesen zu sein, wie ich es auch heute bin. Noch heute frage ich mich, woher sie dieses Bewusstsein eigentlich hatte. Ist das weiter verbreitet in dem Sympathisanten-Umfeld des Ares-Verlages als ich es bis heute mitbekommen habe?
Von Aleister Crowley über Hans Zehrer zu Helmut Roewer ...
Aber mehr als treffend und meinen Eindruck mehr als ergänzend und erweiternd finde ich gerade, was der rechtschristliche Verleger Götz Kubitschek über seinen Kollegen und - wie hier deutlich wird: sein Vorbild - Hans Becker von Sothen geschrieben hat. Dem braucht dann eigentlich auch nichts mehr hinzugefügt werden, denn diese Worte erklären eigentlich - fast - alles (Sezession, 27.6.2014):
Hans war ein Reaktionär, war jemand, dem Veränderungen störend und unerheblich erschienen und der revolutionäres Theoretisieren als Ausweis völliger Unreife abtat. Was bitte würde sich ändern, wenn man bloß wollte? Gott war fern, der Zeitgeist nicht bei uns, die in jeder Hinsicht Mächtigeren skrupellos und „das Volk“ zufrieden.
So sah er das, und was ihm blieb, war die Freiheit, Themen und Persönlichkeiten nachzugraben, die er verschüttet wähnte. So hielt er es bei der Jungen Freiheit, so hielt er es als Redakteur und Resortleiter beim Ostpreußenblatt und so hielt er es, als er Caspar v. Schreck-Notzings „Förderstiftung für konservative Bildung und Forschung“ betreute und eine maßgebliche Arbeit über Hans Zehrer vorlegte.
Alles passt ins Bild. Hans Zehrer. Auch an einer Einordnung seines Wirkens haben wir uns hier auf dem Blog ja schon versucht ... (1). Wir sollten doch noch mal in diese "maßgebliche Arbeit" hineinschauen ... (2). Hans Becker von Sothen hat übrigens auch einen so gruseligen Autor wie den ehemaligen Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen Helmut Roewer vor der "Verschüttung" bewahrt (3).
Jedem Zeitalter die Verlagsleiter, die es verdient. - Oder was soll man noch sagen? Einen gesellschaftlichen Aufbruch jedenfalls scheint dieser Verlagsleiter nicht verkörpert zu haben.
- Bading, Ingo: Hans Zehrer - Ein Logen-Ideologe verführt zur Diktatur. Wie die Axel Springer-Leute vor 1933 ihre "Neue Wirklichkeit" von 1945 herbeiführten. Auf: GA-j!, 10. September 2012
- Hans Becker von Sothen: Hans Zehrer als politischer Publizist nach 1945. In: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.), Die kupierte Alternative. Konservatismus in Deutschland nach 1945. S. 125-178. Duncker & Humblot, Berlin 2005
- andere Nachrufe, mit Portraitfotos: Euro-Synergies, Unzensuriert
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