Mittwoch, 31. Dezember 2008

Gesprächsnotizen

Vorhin grad lang mit einem Freund telefoniert. Und nun schickt er mir seine "Gesprächsnotizen":
"Kriegsbriefe gefallener Studenten" (1914-1918)
http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsbriefe_deutscher_Studenten

Walter Flex (1887-1917)
Der Wanderer zwischen beiden Welten
http://de.wikipedia.org/wiki/Wildg%C3%A4nse_rauschen_durch_die_Nacht

William Sargant (1907 - 1988)
"Physiologie der Konversionen" / Physiologie der "Gehirnwäsche"
"The Battle for the Mind - The Mechanics of Indoctrination, Brainwashing and Thought Control" (1957) / "Der Kampf um die Seele".
http://studgendeutsch.blogspot.com/2007/03/die-physiologie-der-konversion.html
http://en.wikipedia.org/wiki/William_Sargant

Hypothetischer Realismus (Evolutionären Erkenntnistheorie; Konrad Lorenz, Gerhard Vollmer, ...)
http://de.wikipedia.org/wiki/Hypothetischer_Realismus
s.a.: http://de.wikipedia.org/wiki/Evolution%C3%A4re_Erkenntnistheorie

Naturalismus
Ethik zwischen Kultur- und Naturwissenschaft
http://www.amazon.de/Kolleg-Praktische-Philosophie-zwischen-Naturwissenschaft/dp/3150185505/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1230741512&sr=8-2

Natur-Kultur-Koevolution
"mismatch" - Aus dem Tritt geraten: Warum unsere Welt nicht mehr zu unseren Körpern passt
http://www.amazon.com/Aus-dem-Tritt-geraten-unseren/dp/3827418712

Interdisziplinärer Dialog
Dumm bleibt dumm. Künstliche Intelligenz im IQ-Test
http://jungle-world.com/thema/
Zu ergänzen wäre - nach meiner Erinnerung:

Unser Platz im Kosmos:
"Privileged Planet - How our Place in the Cosmos is Designed for Discovery"
http://astore.amazon.de/studiumgenera-21/detail/0895260654

"Hypothetischer Realismus":
http://astore.amazon.de/studiumgenera-21/detail/3423012498
http://astore.amazon.de/studiumgenera-21/detail/3455087787

- Ob das wohl ein Gespräch mit ausreichender geistiger Spannweite war - würdig unserem Zeitalter des Wissens? Vielleicht doch: "Studium generale"? Jedenfalls: Frohes Neues Jahr!

Freitag, 26. Dezember 2008

"... ein Falke, ein Sturm - oder ein großer Gesang ..."

Authentische Religiosität heute

Über "Elsa's Nachtbrevier" wird man auf "Acht Gründe" verwiesen, "warum Religion (künftig) boomen wird", veröffentlicht in der Welt.

Elsa mischt auch immer wieder in spannenden Diskussionen mit, die auf Michael Blume's Blog derzeit stattfinden (zuletzt hier und hier) über
1. "Spiritualität" - also über religiöses Erleben jenseits des raumzeitlich-kausalen "Denkens", über
2. "übernatürliche Akteure" - also die raum-zeitlich-kausale Vorstellung von "Akteuren", die es per definitionem nicht gibt, und - derzeit -
3. den Religionswissenschaftler Rudolf Otto. Letzterer kommt von Immanuel Kant her, was neue Überschneidungsbereiche zur "Evolutionären Erkenntnistheorie" von Konrad Lorenz ergeben könnte, die ja auch von Immanuel Kant herkommt. (Konrad Lorenz war letzter Inhaber des Lehrstuhles von Immanuel Kant in Königsberg.)
Als die wichtigsten Passagen des "Welt"-Artikels könnte man folgende erachten:
... Vermutlich kehrt nicht das Christentum wieder und schon gar nicht ein Kirchenglaube, sondern eine esoterisch angehauchte und popkulturell angetragene Religiosität. ...

... Offen über Religion zu reden war früher dem Pfarrer und den Religionsintellektuellen vorbehalten. Jetzt reden alle darüber, unabhängig der sozialen Schicht, mit teilweise synkretistischen Folgen, das heißt, man vermischt religiöse Philosophien zu einem neuen Weltbild. ...

... Religion findet mehrheitlich im öffentlichen Raum statt. ...
Und, ganz wichtig:
... Authentizität zeigt sich in der inneren Stärke, zu den eigenen Gefühlen und Empfindungen zu stehen und dementsprechend zu handeln. Keine einfache Aufgabe, schon gar nicht, wenn es um die religiöse Authentizität geht. Authentizität setzt eine gefestigte Individualität voraus, Authentizität muss man sich also erarbeiten. Diese Arbeit ist dem Individuum, bestenfalls einer kleineren Gruppe vorbehalten, nicht aber der großen Masse. Deren Form der Authentizität äußert sich in der Konformität. Die große Masse wird sich an der Simulation orientieren. ...
Übrigens könnte man meinen, daß auch die Jugendlichen, die in Athen Schaufenster einschmeißen, etwas sehr "Authentisches" sind und tun. Auch in ihrem Verhalten könnten - wie in jedem - religiöse Aspekte enthalten sein. Denn auch der Zorn und der unbändige Erneuerungswille könnten ein Aspekt von Religiosität sein (siehe Peter Sloterdijk "Zorn und Zeit"). Auch Norbert Bolz übrigens scheint an der Formulierung dieser (zumeist nur deskriptiven) Thesen Anteil genommen zu haben.

Daß auch dem Inhaber dieses Blogs es auf Authentizität vor allem anzukommen scheint, wenn es um Religiosität und religiöses Erleben und Handeln geht, sowie die Frage, wo diese vor allem herkommen könnten, zumal auch zu Weihnachten, das hat er - unter anderem - hier bekundet. Oder hier. Aber überlassen wir das Schlußwort doch einem anderen. Rainer Maria Rilke dichtete:
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.

Dienstag, 23. Dezember 2008

Jesuit und Astronom

Bzw. wohl: mehr Astronom als Jesuit ...

Der Vatikan interessiert sich immer mehr - auch - für die Astronomie. Die Berliner Morgenpost bringt ein schönes Interview mit einem Astronomen des Vatikans. (Morgenpost) Ein Ausschnitt:
...

Morgenpost Online: Aber ist Ihr Blick als Wissenschaftler in den Sternenhimmel nicht völlig inkompatibel mit Ihrem christlichen Glauben an einen persönlichen Schöpfergott?

P. Funes: Nein, ich bin Priester und Astronom zur gleichen Zeit. Meine Berufung als Jesuit bestand im Gegenteil in dieser doppelten Berufung, nämlich Priester und Wissenschaftler zu sein. Beide Berufungen als Jesuit harmonieren in ihren Aktivitäten in meiner Existenz sehr gut miteinander.

Morgenpost Online: Aber wenn Sie durch das Teleskop in die Tiefe des Weltalls schauen, ist es dann nicht fast unmöglich, als Wissenschaftler an dem Glauben festzuhalten, dass eine Person all dies geschaffen haben soll? Ist diese Herausforderung nicht einfach zu groß?

P. Funes: Wie gesagt: Wir leben in einem Universum von 100 Milliarden Galaxien. Schon das ist ja eigentlich nicht mehr zu glauben. Da ist es eine sehr menschliche und tiefe Frage: warum gibt es so viele Galaxien und nicht einfach Nichts? Als Wissenschaftler können wir den Ursprung der Galaxien untersuchen und erklären, wie sie sich geformt haben. Wie es zu Sternen und Planeten kam. Ich habe keine Antwort, wie es zu diesem wundervollen Universum kam. Doch vor allem erzählt und spiegelt für mich die Schönheit des Universums die Schönheit des Schöpfers.

Morgenpost Online: Aber ist es nicht vollkommen unnachvollziehbar, dass der Schöpfer aller Gestirne, der die Sonne und Sterne bewegt, wie Dante sagt, dass der ein menschliches Gesicht haben soll?

P. Funes: Das ist erstaunlich. Schauen Sie sich meine Weihnachtskrippe an. Gott ist Mensch geworden. Dass der Schöpfer des Himmels und der Erde einer von uns geworden ist, lässt sich nur so erklären, dass er sich in uns verliebt hat. Darum wollte er einer von uns werden. Das ist ein großes Geheimnis. Das können wir wissenschaftlich nicht erklären. Das ist weit jenseits aller Wissenschaft.

...
Ich finde es bemerkenswert, daß dieser Jesuit und Astronom in den theologischen Aussagen sehr zurückhaltend ist. Er spricht größtenteils als reiner Naturwissenschaftler. Das ist erholsam. Und ich finde ebenso bemerkenswert, daß dort, wo er von "Gott" spricht, er eigentlich nur "Metaphern" benutzt. Man hat nicht das Gefühl, daß dieser Astronom in wortwörtlichem Sinne an einen personalen Schöpfergott glaubt. Er "redet" höchstens davon.

Ein wortwörtlich genommener personaler Schöpfergott, der das Weltall geschaffen habe, wird wohl von einer gebildeten, intellektuellen Elite in der katholischen Kirche - so z.B. auch schon von dem verstorbenen Limburger Bischof von Camphausen - längst größtenteils nur noch "für die breiten Massen" vertreten. Um die eigene "Deutungshoheit", die man besitzt, nicht zu verlieren.

Man muß aber z.B. die benutzte Metapher, daß sich Gott (zu verstehen als: das Göttliche) sich "in den Menschen verliebt" habe, für sich genommen noch keineswegs als Übertretung der Kant'schen Vernunftgrenzen verstehen. So lange es eben als eine - vielleicht durchaus geglückte - Metapher aufgefaßt wird. Als eine Metapher für die Zielgerichtetheit der Weltall-Entstehung und -Entwicklung wie auch der Lebensentstehung und Evolution, für die es ja inzwischen zahlreiche naturwissenschaftliche Hinweise gibt. Und mit diesen Gedanken im Hintergrund wird dies von diesem Astronomen auch ausgesprochen worden sein.

Zu fragen bliebe dann aber immer noch, ob mit diesem "Kind in der Krippe" jedes Menschenkind als Gotteskind aufgefaßt wird. Warum nur ein Kind von so vielen Milliarden seit so vielen zehntausenden von Jahren? Sind wir - letztlich - nicht alle: "Jesus"? Der Möglichkeit nach? Und zumindest wenn wir es selbst wollten? Könnten wir es denn nicht alle als unsere Aufgabe ansehen, die Menschheit zu erlösen von so manchem schlimmen Übel? Könnten wir nicht alle dafür bereit sein, dafür "an einem Kreuz" zu sterben - oder sonstwie? Haben nicht Millionen von Menschen für andere Interessen als ihre eigenen, persönlichen gelebt und sind dafür gestorben in der Geschichte oder wurden - von anderen - dafür - - - "aufgeopfert" (also: unfreiwillig)?

Im Angesicht von so vielen Milliarden von Milchstraßen mit jeweils so vielen hunderttausenden von Sternen dürfen solche Fragen schon gestellt werden, sollte man meinen. Zumindest das Menschenleid, das unsere Erde aushält, scheint "irgendwie" äquivalent zu sein zu der schieren raum-zeitlichen Größe des Universums. Verhält es sich aber mit anderen Menschendingen auch so - oder nur mit dem von Menschen anderen Menschen geschaffenen Leid?

Samstag, 20. Dezember 2008

Die merkwürdigen Strauße (= Väterliche Brutpflege bei Dinosauriern II)

Auch Razib Khan wundert sich hochgradig über die väterliche Brutpflege bei den Dinosauriern. (gnxp, siehe Stud. gen.) Es will einem scheinen, daß auch hier wieder ein ähnliches Phänomen vorliegt wie beim evolutiven Übergang von den einzelligen zu den mehrzelligen Lebewesen. Während dieses Übergangs hat die Evolution unwahrscheinlich viel mit den vielfältigsten Fortpflanzungsweisen und "Generationswechseln" experimentiert, ein Bereich, den die Mikrobiologie, dieser spannende Forschungsbereich, erforscht. (Das wird einem während des Biologiestudiums zum Teil recht schön vor Augen geführt und es erweitert entscheidend den Blick, sich damit einmal intensiver befaßt zu haben.)

Von diesen vielen Experimenten sind dann auf höheren Stufen der Evolution bei Pflanzen und Tieren nur noch vergleichsweise wenige übrig geblieben, die die Evolution - sozusagen - "weiterverfolgt" hat, mit denen sie sich weiter befaßt hat, mit denen sie gearbeitet hat. Zum Beispiel der klassische Generationenwechsel bei den Pflanzen (ein außerhalb der Botanik wenig bekanntes, aber für die Botanik grundlegendes und wichtiges Phänomen) und die klassische bisexuelle Fortpflanzungsweise der Säugetiere.

Warum wird die Straße der genutzten Möglichkeiten in der Evolution immer schmaler?

Auch bei den primitiveren Vögeln nun, die stammbaummäßig noch sehr nahe den Dinosauriern stehen, scheint die Evolution noch manche Experimente ausprobiert zu haben, mit denen sie sich später nicht mehr so intensiv befaßt hat. Zum Beispiel mit einer so merkwürdigen Kombination wie der von Polygamie und väterlicher Brutfürsorge. Razib Khan jedenfalls zitiert mit durchaus berechtigtem Staunen einen Bericht, in dem "Paläognathen" erwähnt werden, zu denen die Strauße und andere, auf früher evolutionärer Stufe stehende Vögel gehören:
Scientists had long wondered about the origins of polygamy and paternal care patterns among modern-day Paleognathes -- an ancient avian lineage that branched off soon after birds evolved from dinosaurs and includes ostriches, emus and tinamous. No such reproductive behavior exists among the vast majority of other vertebrates. Males contribute to parental care in less than 5 percent of mammal and non-avian reptile species, and while more than 90 percent of bird species co-parent to some degree, it is only among the Paleognathes that both polygamy and paternal care rule.
Bei den Straußen und ihren Verwandten sind also sowohl Polygamie wie väterliche Brutpflege die Regel, etwas, was sich dann die Vögel mit höher evoluierter Intelligenz ganz abgewöhnt zu haben scheinen, ebenso die Säugetiere. - Wow! - "Wieso, weshalb, warum?" "Wer nicht fragt, bleibt dumm." Diese Worte aus der "Sesamstraße" kommen einem in den Sinn, wenn man diese Dinge auf sich wirken läßt.

Bzw., noch eine ganz andere Frage rutscht einem ins Gehirn: Wir sehen immer mehr, wie evolutionär tief noch so wesentliche Verhaltensgene wie das, das menschliche und Mäuse-Monogamie verschaltet, im evolutionären Stammbaum zurück verfolgt werden kann (siehe früherer Beiträge zu Vasopressin und anderen). Gerade durch einen großflächigen Arten-Vergleich über so unterschiedliche Stammbaum-Bereiche hinweg wie den von Reptilien, Säugetieren und Vögeln könnte man genauer Auskunft erhalten darüber, aufgrund welcher evolutiver Mechanismen die Straße der sozialen Evolution in den genutzten Möglichkeiten immer schmaler geworden ist, um so differenzierter und komplexer die Gehirnevolution wurde.

Die Strauße, die in dem Dorf meiner Eltern derzeit neuerlich gehalten werden, machen ja auch einen so absolut merkwürdigen, "fremden" Eindruck auf einen, wie ich neulich bei "Mentio" schon erwähnte. Ihr Blick und ihre Gesten scheinen aus einer gänzlich anderen Zeit zu stammen ... Wenn einem bewußt gemacht wird, daß sie noch so vergleichsweise nahe den Dinosauriern stehen, auch im sozialen Verhalten, wird einem vielleicht manches an ihnen "verständlicher". (Wollte grad ein Foto von Straußen hier reinstellen - aber Foto's geben das Fremdartige ihres Seins gar nicht so recht wieder.)

Freitag, 19. Dezember 2008

Testamentsvollstreckung des Christentums

Offenbar sieht sich die Anthroposophie nach einem Zitat Rudolf Steiners als "Testamentsvollstreckerin des Christentums". Ein Begriff, der irgendwie aufhorchen läßt. Und ein Thema, mit dem sich die Evangelische Kirche jüngst auf einer Tagung sehr intensiv auseinander gesetzt hat. (EZW Materialdienst) Dabei geht es auch um ein so genanntes "5. Evangelium", über das sich übrigens in den 1930er Jahren auch so Leute wie Alfred Rosenberg ("Der Mythos des 20. Jahrhunderts") so mancherlei höchstwichtige/unwichtige Gedanken gemacht haben:
... Anthroposophie will die Tore zur übersinnlichen Welt öffnen und – mit dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit angesichts solcher angeblich methodisch erzeugbarer Erkenntnis – jenseits der von Kant gesetzten Grenzen der Vernunft neues Wissen ermöglichen. Welches Erkenntnisprinzip steht hinter einem solchen Anspruch? Wie ist dieser Anspruch zugleich vom Glauben abzugrenzen?

Diese Fragen konkretisierte Badewien am Beispiel der Akasha-Chronik. Sie ist Grund und Quelle Steinerscher Erkenntnis, aber sie ist nicht kommunikabel. Was an dieser Quelle ist tatsächlich objektivierbar? Treffen Steiner und mit ihm die Anthroposophie deshalb nicht doch religiöse Aussagen? Entsteht hier nicht ein Selbstwiderspruch zum eigenen Anspruch der Objektivierbarkeit in Bezug auf die eigenen Grundannahmen? Wie ist der Zusammenhang zwischen dem sog. Fünften Evangelium und der Akasha-Chronik zu bestimmen? Dort und nur dort hat Steiner das Fünfte Evangelium „geschaut“. Steiner behaupte auch, die ersten vier Evangelien stammten aus der Akasha-Chronik. Badewien bemängelte das Fehlen einer Niederschrift dieses Fünften Evangeliums.

Schließlich fragte Badewien nach dem eher apersonalen Gottesbild der Anthroposophie, das Gott nicht als Gegenüber des Menschen bestimme, sondern dem Menschen durch sein Ich einen Anteil am Göttlichen zumesse. ...

So unter anderem der "Weltanschauungsbeauftragter" der Badischen Landeskirche Badewien. Tja, wo ist die Niederschrift des 5. Evangeliums? Fragte danach nicht auch schon Rosenberg? Oh je, oh je! Die Antwort des Anthroposophen übrigens auf diese landeskirchlichen Anfragen scheint nicht besonders aufschlußreich und ergibig ausgefallen zu sein. Da wird von "Privatoffenbarungen Rudolf Steiners" gesprochen, die keinerlei "Anspruch auf öffentliche Bedeutung" gehabt hätten. Nunja! So ganz ohne öffentliche Bedeutung scheint ja nun doch die Anthroposophie nicht zu sein ...

(Wir müssen uns hier weiterer Kommentare enthalten, da wir von den theoretischen Grundlagen der Anthroposophie keinen Schimmer haben und uns das auch zumeist zu viel "Duftkerzen-Mystik" zu sein scheint. Bedarf denn das Christentums überhaupt einer Testamentvollstreckung? Man könnte vorschlagen: anonymes Begräbnis in einem modernen "Friede-Wald"/Waldfriedhof! ;-) )

Väterliche Brutpflege bei Dinosauriern

Offenbar über sehr differenzierte Forschungsansätze sind Forscher darauf gekommen, daß vergleichsweise große Brutgelege bei Dinosauriern (ebenso wie bei Krokodilen und Vögeln) auf väterliche Brutpflege hindeuten, veröffentlicht in "Science", behandelt bei Spektrumdirekt. Das sollte man sich im Originalartikel noch mal genauer anschauen.

Were hätte sich überhaupt jemals schon Gedanken darüber gemacht, daß und warum väterliche Brutpflege bei Reptilien und Vögeln offenbar stärker verbreitet ist als bei Säugetieren? Ist es das überhaupt? Ist das schon mal verglichen worden? Eigentlich spannende Fragen.

Denn: Hat nicht väterliche Brutpflege auch etwas zu tun mit der Evolution von Monogamie, ein Thema, das spätestens seit den neuesten Forschungen von Robin Dunbar, veröffentlicht im letzten Jahr (siehe Stud. gen.), an Bedeutung gewinnt, da - nach Dunbar - Monogamie-Evolution mit Intelligenz-Evolution zu korrelieren scheint?

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Sad News

Gerade in den Emails. Eine Email mit dem Betreff "Sad News". Von dem Jane Goodall Institute. Wem gilt es? Doch nicht etwa der Gründerin? - - -

Nein, es gilt "Gregoire". Gregoire, der älteste, in Afrika lebende Schimpanse (geboren 1942) ist gestorben. Sein Leben: Als Baby in den Käfig gesperrt, und seit dem isoliert dort gehalten im Zoo des Kongo. Dort begegnete ihm Jane Goodall 1990 zum ersten mal (wie sie in ihrem berühmten Buch "Through a Window" berichtete).

Sie sorgte dafür, daß er einen besseren Lebensabend erhielt. Doch der Krieg kam dazwischen. Der Zoo lag direkt im Kriegsgebiet, total verängstigt, auf Tage hinaus, konnte Gregoire schließlich ausgeflogen werden. Er ist der berühmteste Schimpanse des Kongo. Jeder kennt ihn. Wegen seines so außerordentlich ruhigen, "weisen", milden Charakters.


Sad News. - "Bloß" weil ein Schimpanse gestorben ist.

Sonntag, 14. Dezember 2008

Ein Stück Geschichte des deutschen Protestantismus

... und Berlin wuchs. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Dorf Tempelhof noch ein beliebter Ausflugsort der Berliner, zu dem sie mit einer Pferdebuslinie „auf’s Land“ hinaus fuhren. Um 1800 lebten auf diesem Dorf 241 Einwohner, 1858 849. 1871 1.417, 1875 2.205, 1890 5.423, 1900 9.991.

Da reichte nun die alte Dorfkirche nicht mehr aus. Aber erst im Jahr 1913 begannen die Bauarbeiten für die neue Kirche von Tempelhof, geplant von den gleichen Architekten, die einige Jahrzehnte zuvor gegenüber ein riesiges Gymnasium geplant hatten und auch in deutlichem architektonischen Bezug zu diesem Gymnasium.

Ein Stück Geschichte des deutschen Protestantismus. Inzwischen brach der Erste Weltkrieg aus. 1915 wurde die Kirche eingeweiht. Zunächst hatte der Gemeinderat die Kirche „Siegeskirche“ nennen wollen. Man einigte sich schießlich auf "Glaubenskirche". Wenn man in die Kirche heute eintritt, sieht man rechts folgendes:

Man tritt näher und liest:

Das interessierte mich, was in Kirchen, die solche Eingangssprüche aufweisen, für Gottesdienste stattfinden. Heute war ich in einem. Die Orgel spielte. Der Posaunenchor spielte, der Kirchenchor sang. Und die Gemeinde auch. Und die Pfarrerin las etwas vor.

Amen. War gar nicht so schlecht, sich wiedermal in einer Gemeinschaft Gläubiger zu befinden. Nun, ich fand, die gesprochenen Worte und Gebete suchten Gott zu oft außerhalb von sich selbst. Man wartete, daß "Gott" etwas tun solle, statt selbst etwas zu tun.

Draußen im Kirchhof, etwas abseits und doch zentral das Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

"Sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach." (Inschrift auf dem Sockel)

Ein junger, nackter Mann mit einem mit Eichenlaub bekränzten Stahlhelm auf dem Schoß. Ihr Tod sollte nicht umsonst gewesen sein. Das wünschten sich jene, die dieses Denkmal errichteten.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

... Und noch ein Schlachtfeld (3. Jhdt. n. Ztr.)

Da "Studium generale" nun schon begonnen hat, aktuelle Nachrichten über die sich derzeit ständig ausweitende "Schlachtfeld-Archäologie" weiterzugeben, sei auf die neueste Entdeckung hingewiesen:

"Es ist nicht nur eine absolute Sensation, sondern der totale Wahnsinn!"

So springt der Bürgermeister eines niedersächsischen Ortes derzeit verbal im Dreieck und in unberechenbaren Vielecken vor Begeisterung. (Stern [mit toller Google-Karte], HNA, Focus, Süddt., Welt ...)

Es handelt sich um eine Schlacht im frühen dritten Jahrhundert nach Beginn der Zeitrechnung bei dem heutigen Dorf Wiershausen in dem hügeligen Bergland zwischen Northeim und Bad Gandersheim. Also wiederum in der Nähe der A7 und sogar östlich (!!!) der Weser auf dem Weg Richtung Elbe. Das ist tatsächlich: Wahnsinn!

Römisches Schlachtfeld östlich der Weser

Man hätte doch nicht geglaubt, daß sich die Römer "nach Kalkriese" (9 n. Ztr.) und zumal so viele Jahrhunderte spaeter noch so tief ins feindliche Germanien hineingetraut hätten. Aber wie schon ein Kommentator im Netz bemerkte: Die Tatsache, daß über eine solche Schlacht von den Römern nichts schriftlich überliefert ist, könnte darauf hinweisen, daß sie für diese ebenfalls nicht besonders erfolgreich verlaufen ist.

Und man hat (seit dem Jahr 2000) schon über 600 Funde mit zahlreichen spannenden Detaileinsichten entdeckt (bspw. Holz aus Afrika, Katapult-Benutzung). Am Montag ist Pressekonferenz. Der Wissenschaftsminister von Niedersachsen, der Landrat und andere "Würdenträger" wollen einen Teil der Begeisterung auf sich ziehen und auch an ihr Teil haben.

Hier noch ein Video mit Eindrücken von dem recht bergigen Gelände dieses Schlachtfeldes, das weitaus bergiger gewesen zu sein scheint als das von Kalkriese (HNA).

Im Kernland der einstigen Cherusker

- Es handelt sich um eine sehr schöne Gegend, wie der Schreiber dieser Zeilen bestätigen kann, der bei Bad Gandersheim vor ein paar Jahren einige Tage Urlaub gemacht hat. Harzvorland, aber auch schon Anklänge an norddeutsche Tiefebene. Ackerland, begrenzt von waldigen, Eichenbestandenen Hoehenzuegen. Und das muß ja doch wirklich das Kernland der vormaligen Cherusker gewesen sein, denen der Stammesfürst Arminius entstammte, der die Römer 9 n. Ztr. bei Kalkriese schlug und später von eigenen Verwandten ermordet worden ist.

Römischer Goldhelm aus dem frühen 4. Jhdt.

Und östlich des Harzes bis hinter die Elbe lebten die Semnonen, denen schon der römische Feldherr Drusus um 9 v. Ztr. einen Besuch abgestattet hatte. Beim Rückweg fiel er vom Pferd und starb. Eine semnonische Seherin war ihm zuvor entgegen getreten mit den beschwörenden Worten: "Zurück, stolzer Drusus ..." Ein gigantisches Marschlager der Römer aus dieser Zeit wird ja gegenwärtig, wie an früherer Stelle berichtet, an der Werra, dem Zufluss der Weser ausgegraben, ebenso wie jüngst das Sommerlager des Varus an der Weser bei der Porta Westfalica entdeckt worden ist.

Die Römer könnten also weserabwärts oder werra- und fulda-aufwärts zu diesem Schlachtfeld aus dem 3. Jhdt. gezogen sein. Man kann vermuten, daß sie sich an den schiffbaren Flüssen orientierten und über sie zumindest einen Teil der Versorgung und des Nachschubs regelten, vielleicht die Katapulte über Schiffe "bis vor den Feind" transportierten.

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Die Giordano-Bruno-Stiftung stellt sich vor ...

Man hat so ein bischen das Gefühl, daß die in diesem Video vorgestellten Personen - als Abbild unserer Gesellschaft insgesamt - die Brisanz der geistesgeschichtlichen Entwicklungen, in denen wir derzeit stehen, noch nicht voll überblicken. Es bedarf eines großen Verantwortungsbewußtseins und damit einhergehenden Willens zu politischer Freiheit (auch Willensfreiheit), um diese Entwicklungen human bewältigen zu können.

Man denke nur an all die Probleme der modernen Humangenetik, mit denen es gilt, künftig gesellschaftlich human umzugehen, und die nicht politischen Populisten überlassen werden dürfen. Aber sonst natürlich sind hier wohl ein großer Teil der wichtigsten gegenwärtig lebenden deutschsprachigen Denker, Forscher und Wissenschaftler versammelt, von denen es gut ist, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen: Eckart Voland, Thomas Metzinger, Franz Josef Wetz, Franz Wuketits, Thomas Junker und viele andere. (Auch hier übrigens auffallend der geringe Frauenanteil und auffallend zusätzlich, daß die interviewten Frauen sofort soziale Aspekte der Vereinigung signifikant häufiger erwähnen: "Nicht einsam sein" ...)

Wann öffnet sich wohl die noch etwas elitär daher kommende Giordano-Bruno-Stiftung für das "gemeine Volk"?

Mittwoch, 3. Dezember 2008

"SNPedia" - Eine Revolution der näheren Zukunft

Die wissenschaftlichen Revolutionen der letzten etwa 200 Jahre haben zumeist nur mittelbare Auswirkungen auf den Menschen, auf die technischen Fortschritte und auf das Weltbild und Selbstverständnis des Menschen gehabt. Sie haben sich bisher fast nie unmittelbar aus der Wissenschaft heraus auf jeden einzelnen Menschen, auf seine Individualität und sein jeweils sehr spezielles Menschsein ausgewirkt. Der einzelne Mensch war nicht in jedem Fall veranlaßt, sich unmittelbar mit Forschungsergebnissen auseinanderzusetzen, da sie ihn selten sehr persönlich und individuell betroffen haben.

All das könnte sich jetzt mit der neuen Humangenom-Forschung und der neuen Wissenschaftsrichtung "Personal Genomics" in sehr auffälliger Weise ändern. (Nature, Editorial, 23.10.08, sowie 6.11.08, S. 11)

Und das könnte einer der Gründe dafür sein, daß sich derzeit oft die beiden größten Wissenschafts-Zeitschriften der Welt, "Science" und "Nature", spannender lesen als jedes andere heute erscheinende Publikationsorgan, da dort noch wichtigere Dinge behandelt werden, als sie derzeit etwa die gegenwärtige weltweite Finanzkrise darstellt. Und da muß man es als um so auffälliger empfinden, daß "Science" und "Nature" derzeit frei zugänglich immer noch nur an Universitäten gelesen werden können - bzw. nur über universitären Internet-Zugang.

Auf Wikipedia folgt SNPedia

Die letzte große Wissenrevolution, von der wohl fast jeder Mensch in der westlichen Welt recht unmittelbar profitiert hatte und auch mitbetroffen war, war vielleicht mit dem Namen "Wikipedia" verbunden gewesen. Die nächste große Wissensrevolution, die, was das Selbstverständnis des Menschen betrifft, noch viel grundlegender sein könnte, wird wohl mit dem Namen "SNPedia" verbunden sein. SNPedia ist praktisch die Wikipedia-Fortsetzung der OMIM-Datenbank, die wir auf "Studium generale" schon sehr häufig gepriesen haben. Derzeit gibt es SNPedia nur auf Englisch und es findet sich dort auch noch nicht allzu viel anschauliche Information. Das sagt aber nichts über die eigentliche Ausbaufähigkeit solcher Datenbanken.

Während die OMIM-Datenbank eigentlich nur von und für Wissenschaftler angelegt worden war, ist SNPedia wie Wikipedia für alle Menschen gedacht. Denn alle Menschen haben Gene. Und alle Menschen haben auch Interesse an ihren Genen. Zumindest wenn diese ihr Leben in auffälligerer Weise beeinflussen. Und besonders wenn dies recht präzise aufgezeigt werden kann oder wenn es zumindest begründete Vermutungen dafür gibt.

Die Sequenzierung jedes einzelnen menschlichen Genoms wird immer billiger, bald wird sie in den Bereich der Finanzierbarkeit durch Krankenkassen kommen - zumindest in der westlichen Welt. Und es ist voraussehbar, daß die Sequenzierung durch die Krankenkassen gefördert werden wird, höchstwahrscheinlich sogar verpflichtend wird. Denn das Wissen um das menschliche Erbgut, jedes einzelne, ist unschätzbar bei der Behandlung fast jeder physiologischen oder psychologischen Krankheit, bzw. zur Gesunderhaltung jedes einzelnen Menschen.

Persönliche Genomforschung bald durch Krankenkassen finanziert?

Aber auch einzelne Menschen ganz für sich könnten großes Interesse bekommen, ihre eigenen, persönlichen, genetischen Merkmale zu kennen und sich mit anderen Menschen zu treffen, die genau die gleichen genetischen Merkmale haben. Denn dann hat man mit diesen gleiche Interessen und gleiche Interessen an der Erforschung dieser genetischen Merkmale und an dem Wissen darüber, wie mit diesen genetischen Merkmalen umgegangen werden könnte und sollte - sowohl von Seiten des einzelnen wie von Seiten der Mitmenschen und der Gesellschaft insgesamt.

Nur ein Beispiel: Wir berichteten auf "Studium generale" schon, daß bei Männern eine bestimmte Gen-Sequenz mit einer auffällig höheren Rate von Problemen in Ehen und eheähnlichen Beziehungen einhergeht. Und dabei ist sogar ein Unterschied feststellbar zwischen homozygoten und heterozygoten Trägern dieses Merkmals. Menschen, die Probleme in Partnerschaften haben, könnten also künftig daran interessiert sein zu wissen, ob sie ebenfalls Träger dieses Merkmals sind. Sie können ihr Genom daraufhin heute schon überprüfen lassen (kostet allerdings derzeit noch allerhand) und können sich dann - z.B. auf SNPedia - mit anderen Menschen darüber informieren und austauschen, was mit diesem Merkmal alles zusammen hängt und wie mit diesem Merkmal am sinnvollsten umgegangen werden könnte.

Neue, genetisch-orientierte "Interessen-Gemeinschaften" im Internet

Hier kann künftig jeder einzelne sehr effizient zur Erforschung des Humanum an sich, des Menschseins an sich beitragen, indem er seinen eigenen invididuellen Beitrag und seine Erfahrungen im Umgang mit "seinen Genen" beisteuert.

Da es aber tausende, zehntausende von solchen unterschiedlichen genetischen Merkmalen gibt, die weltweit in den Genomen von Menschen zu finden sind (und die künftig alle auf SNPedia wie bisher schon auf OMIM gesammelt werden sollen), und die die Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten, auch die Einzigartigkeit und Individualität von Menschen sehr entscheidend beeinflussen, ja, das Menschsein überhaupt, wird sich künftig das Interesse an Seiten wie SNPedia ganz gewaltig vergrößern und inflationieren. Man kann sich vorstellen, daß sich im Internet "Interessen-Gemeinschaften" bilden werden, die bestrebt sein werden, die Erforschung des jeweils eigenen ("auffälligeren") genetischen Merkmals weiter voranzutreiben. Diese Gemeinschaften könnten auch ein wichtiges Forschungs-Potential für die künftige medizinische und psychologische Forschung darstellen, sozusagen "Versuchsgruppen".

Und Philosophen, Sozial- und Kulturwissenschaftler aller Art werden viel zu tun haben, in- und außerhalb dieser Online-Gemeinschaften Beiträge zu einem sinnvollen Umgang mit all dem neu gewonnenen Wissen beizusteuern. Einem Wissen, das jeweils ganz speziell diese Online-Gemeinschaften, jene Gemeinschaften von Menschen betrifft, die an einem ganz bestimmten SNP, einer ganz bestimmten Gensequenz interessiert, bzw. von ihr betroffen sind. Mögen das nun IQ-Merkmale, Verhaltens-Merkmale oder physiologische (Körper-)Merkmale, Krankheits-Neigungen oder was auch immer sein.

Auf all diese Gedanken und Zukunfts-Szenarien kommt man, wenn man in den letzten Wochen "Science" und "Nature" studiert hat.

Einige speziellere Fragestellungen derzeit

"Nature" hatte auch einen schönen Artikel darüber, daß die Genetiker anfangen umzudenken, da sie für viele menschliche Eigenschaften, von denen sie gut wissen, daß sie hochgradig erblich sind (zum Beispiel die Körpergröße oder der IQ), noch die eigentlichen Gene, die diese Erblichkeit hervorrufen, trotz umfangreichster Genom-Scan's bislang nicht gefunden haben. Sie glauben immer mehr, nach diffizileren genetischen Unterschieden suchen zu müssen als bislang etwa Merkmale wie Blauäugigkeit, Rohmilch-Verdauung, Alkohol-Verträglichkeit, ADHS und die dafür entdeckten Gene aufgezeigt haben.

Man darf gespannt sein, worauf sie dabei kommen werden. Offenbar - oder höchstwahrscheinlich - handelt es sich jeweils um deutlich polygenetische Merkmale, bei denen man viele diffzile genetische Signaturen im jeweiligen Genom zugleich in Betracht ziehen muß. Das gilt offenbar auch für die Erforschung der menschlichen IQ-Gene. (Science)

"Science" berichtet über eine neuerliche Diskussion unter Wissenschaftlern zur Thematik "Rasse und Genetik" - mit den üblichen "Vorbehalten", Tabus und Sorgen. An ihr nahm offenbar auch der chinesisch-amerikanische Humangenetiker Bruce Lahn teil, über den auf "Studium generale" schon verschiedentlich berichtet worden war. Über ihn wird nun berichtet:
Later, Lahn commented that some scientists 'are almost like creationists' in their unwillingness to acknowledge that the brain is not exempt from selectionpressures.

Aber im gleichen Heft findet sich dann eine gute Übersicht zur gegenwärtigen Erforschung der Genetik menschlicher Verhaltens- und Gehirnhormone überhaupt, hier vor allem Vasopressin oder Oxytocin. Ein Thema, das schon ausführlich auf "Studium generale" behandelt wurde.

Im gleichen Heft wird die unglaublich spannende und neue Thematik der Genetik menschlicher politischer Partizipation behandelt. - Grundlegende Frage: Wie kann das demokratische Prinzip der "Gleichheit" in Einklang gebracht werden mit dem Prinzip der Natur, nämlich dem der genetischen Ungleichheit, auch zwischen Menschen? Träger bestimmter Gene haben größere Neigung politisch zu partizipieren als Träger anderer Gene. Wird damit nicht ein sehr grundlegendes Prinzip, ja, eine Voraussetzung von Demokratie infrage gestellt? Denn jeder verfolgt ja - nach dem Postulat der Biologie - auch auf dem Gebiet der Politik seine eigenen "Gen-Interessen". - Wer genau hinschaut, merkt, daß sich hier eine Fülle von Fragen anschließen. Denn natürlich verfolgen wir zugleich auch die Interessen der Gene jener, die die gleichen Gene wie wir selbst haben ... Wahnsinn! Aber dann käme es darauf an, danach zu fragen, ob bestimmte Gene "zur politischen Partizipation" in auffälliger Weise gekoppelt sind mit Genen zu beliebigen anderen Merkmalen, denn dann werden ja die Interessen dieser gekoppelten Gene vermutlich ebenfalls in der Politik mitverfolgt. Ein irres Thema, das wohl zum Teil auch noch recht spekulativ behandelt werden kann, bzw. muss.

Auch beispielsweise das sogenannte "Krieger"- oder Aggressions-Gen (MAOA) ist Thema dieser Ausgabe. (Science) Besonders wichtig könnte einem erscheinen, daß bei der Ausbildung von solchen Merkmalen auch frühkindliche Erfahrungen oder starke Streßzeiten im Leben entscheidend mitbeteiligt sind, wie erwaehnt wird, was sehr deutlich aufzeigt, daß wir nicht nur genetisch, sondern eben auch umweltmäßig sehr deutlich "determiniert", festgelegt sein können - und zwar vor allem in der Kombination beider "Determinations"-Arten miteinander, nicht in Ausschluß des einen Prinzips vom anderen. Dieses Schwerpunkt-Heft "Verhaltensgenetik" von "Science" enthält noch viele andere wertvolle Anregungen, die hier aus Zeitgründen alle gar nicht im einzelnen referiert werden können.

Dienstag, 2. Dezember 2008

Religionsgeschichte - sachlich und wissenschaftlich

In einem Interview des Deutschlandradios (heute, am 2.12.08, um 9.45 h herum) erklärte der Religionswissenschaftler Bernhard Maier aus Tübingen die Entstehung der jüdischen Religion - soweit erkennbar - sehr sachlich und wissenschaftlich, was einem Vertrauen in die Publikationen dieses Autors einflößen könnte. (Siehe unser Bücherregal: "Sternstunden der Religionen" und anderes). Nach Maier ist die jüdische Religion im Wesentlichen als Konkurrenz und Abbild zur assyrischen Reichsreligion entstanden und von der israelischen Priesterkaste auch bewußt als solche formuliert worden zur Stärkung und Aufrechterhaltung der Eigenstaatlichkeit Israels (also auch oder sogar vornehmlich aus machtpolitischen Gründen). Und zwar im Wesentlichen nicht vor dem 7. Jhdt v. Ztr.. Auch bei den assyrischen Königen gab es ein ausgesetztes Kind, wie Maier sehr schön berichtet und noch viele andere Parallelen mehr.

Der Mythos vom Auszug aus Ägypten, für den es keinerlei archäologische oder sonstige Beweise gibt, ist, so Maier, etwas vornehmlich für die jüdische Religion Typisches (also die Wanderbewegungen dieses Volkes). Natürlich sind - deshalb? - auch Traditionen aus anderen Kulturbereichen (etwa Ägypten, Babylonien etc.) übernommen worden. (Das Neue Testament weist ja dann auch viele Einflüsse aus Indien auf.)

Was Maier in diesem Interview sagt (morgen vormittag kommt der zweite Teil), steht wohl ziemlich gut in Übereinstimmung mit dem wichtigen Buch "Keine Posaunen vor Jerichow" vom dem Archäologen Israel Finkelstein - und wird auch in vielen Teilen auf ihm beruhen. Und somit wird man auch den Büchern Maiers über Stonehenge, die keltische und germanische Religion einiges Interesse entgegen bringen dürfen. Alle im C.H. Beck Verlag erschienen. (Und all das könnte einem mitteilenswert erscheinen, weil auf dem Gebiet der Religionsgeschichte sich oft noch viel Un- und Halbwissenschaftliches, "Mythisches" und so manche nach irgend einer Richtung hin einseitige Darstellungen tummeln. Denn wenn man Religionen sachlich historisch betrachtet, fällt es immer schwerer, an das "Alleinseligmachende" einer einzigen traditionellen Religion zu glauben, worauf ja so manche Theologen und theologisch beeinflußte Menschen heute noch wert zu legen scheinen.)

Mittwoch, 5. November 2008

Eine Schamanin aus dem Norden Israels (10.000 v. Ztr.)

Daß schon vor Beginn der Seßhaftigkeit auf dem Bergheiligtum von Göbekli Tepe in der Südtürkei Tier-Gottheiten verehrt worden sind, ist vor einigen Jahren bekannt geworden. Nun ist ein weiteres, nicht unbedeutendes Mosaiksteinchen zur Kenntnis dieser wichtigen Kulturstufe der Menschheit, nämlich des sogenannten "Natufium" (in der Südlevante: 15.000 - 9.500 v. Ztr.), bekannt geworden.

Es handelt sich um das Grab einer 45-jährigen Schamanin. (PNAS, ORF, Morgenpost, Stern):

... Außergewöhnlich seien auch die Grabbeigaben wie 50 Schildkrötenpanzer, Skelett-Teile eines Wildschweins, eines Adlers, einer Kuh, das Becken eines Leoparden sowie ein menschlicher Fuß. Das Grab wurde in der Nähe der Stadt Carmiel im Norden Israels entdeckt. (...)

Ungewöhnlich war auch die Art der Bestattung. (Es) lagen zehn große Steine auf Kopf und Armen. Aus Sicht der Archäologen kann dies verschiedene Ursachen haben: Zum einen könnte es ein Schutz davor gewesen sein, dass wilde Tiere die sterblichen Überreste auffressen. Nach einer anderen Theorie könnten die Hinterbliebenen versucht haben, so den Geist der Schamanin im Grab gefangen zu halten.
Die Natufier waren halbseßhafte sogenannte Erntevölker, das heißt, sie ernteten wildes Getreide, bauten es aber nicht an. Außerdem spielte die Jagd auf wilde Tiere noch über viele weitere Jahrtausende (mindestens bis 6.500 v. Ztr., als man begann Schafe, Ziegen und Rinder zu halten) hinweg eine wesentliche Rolle im Wirtschaftsleben. (Paßt zufälligerweise zu einem Beitrag hier auf dem Blog vor einigen Wochen ---> hier.)

Dienstag, 4. November 2008

Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!

Für die Einheit von Wissenschaft, Gotterleben und Selbstbehauptung
- Dafür setzten sich Menschen schon vor 4000 Jahren in Mitteleuropa ein

Abb. 1: Wissenschaft, das Erleben des Sternenhimmels und
Verteidigungsbereitschaft - Lebensinhalt seit 4000 Jahren
Im Jahr 2006 wählte der Mainzer Philosoph Thomas Metzinger in "Gehirn & Geist" (7-8/2006) als Ausgangspunkt eines sehr umfassenden und verantwortungsvollen Raisonnements: "Nehmen wir einmal an, dass die naturalistische Wende im Menschenbild unwiderruflich ist ..." - An dieses Raisonnement von Thomas Metzinger, das auch in vielen anderen Teilen sehr wertvoll erscheint, soll im folgenden angeknüpft werden. Welchen sinnvollen anderen Ausgangspunkt sollte es ansonsten auch noch geben können? Doch nicht etwa das inzwischen völlig leblos gewordene Christentum, wie es derzeit noch von vielen hilflosen Machtinteressen gar zu künstlich und durchschaubar propagiert wird? Angesichts also der Alternativlosigkeit des naturalistischen, sprich naturwissenschaftsnahen Weltbildes von heute kommt es vor allem darauf an, den Implikationen dieser naturalistischen Wende in ihrer ganzen Breite nachzugehen und sie nach allen Richtungen hin folgerichtig zu Ende zu denken und dementsprechende Schlussfolgerungen für das gesellschaftliche und politische Handeln zu ziehen.

Oft wird gefürchtet, dass dabei die emanzipatorischen Aspekte und Potentiale des modernen Welt- und Menschenbildes auf der Strecke bleiben könnten. Deshalb könnte es von Bedeutung sein, sich gerade mit diesen Aspekten und Potentialen besonders zu beschäftigen. Denn weltgeschichtlich alte - monotheistische - Machtinteressen fördern gerne das Bramarbasieren auf diesem Gebiet, um der Sachlichkeit und Stringenz der Schlussfolgerungen aus der naturalistischen Wende ausweichen zu können.

Es wird künftig sicherlich darauf ankommen zu lernen, mit jenen Aspekten eines naturalistischen Welt- und Menschenbildes human umzugehen, die von Demagogen und Populisten auch anders interpretiert werden könnten. (Diese Sätze wurden schon geschrieben, bevor Thilo Sarrazin in den Medien Thema wurde.) Es ist dies insbesondere die Aufgabe eines sich gegenwärtig formierenden und weiter entwickelnden naturalistischen Humanismus. - Entlang welcher Argumentationskette werden sich die angedeuteten Problemlagen lösen lassen? Es soll zu dieser Frage im folgenden ein Vorschlag gemacht werden, der natürlich nur andeuten kann und Umrisse zeichnen kann. Natürlich ist dabei sehr grundlegend anzusetzen.

1. Der "Hyperraum" der Möglichkeiten, ein Universum oder biologische Strukturen in diesem zu gestalten, ist nach menschlichen Dimensionen unbegrenzt. Es gibt auf den ersten Blick geradezu unbegrenzte Freiheitsgrade. Und doch ist nach allem, was wir inzwischen gelernt haben, der Hyperraum der Möglichkeiten, durch die in einem Universum bewusstes, menschliches, gesellschaftliches Leben ermöglicht wird, in vielerlei Hinsicht eingeschränkt. Und das gilt auf vielen Ebenen von Komplexität. Es müssen Milliarden "anderer" Universen angenommen werden, um den "Zufallstreffer" unseres Universums erklären zu können. Es müssen Millionen weiterer Planetensysteme vorausgesetzt werden, die dem unserem gleichen, um den "Zufallstreffer" unserer lebensfreundlichen Erde erklären zu können. - Oder hat das alles letztlich doch nicht nur mit Zufall zu tun? Wäre Leben genauso selbstverständlich wie Nichtleben in unserem Weltall, würden wir es sicherlich nicht als so besonders und wertvoll empfinden, als wie lebensbejahende Menschen das schon seit Jahrtausenden empfinden. Auch der Wesenszug des "Prekären", der alles eigentlich Wertvolle im menschlichen Leben umgibt, der Wesenszug des Bedrohten könnte ein Hinweis darauf sein, dass bewusstes Leben einen Grenzfall in diesem Weltall darstellt. Ebenso wie die Existenz des Weltalls überhaupt einen außerordentlichen "Grenzfall" darstellen könnte. Vielleicht kommt dieser Umstand der Natur des Metaphysischen in dieser Welt am nächsten.

2. Bewusstes Leben hat Bedeutung im Gesamtzusammenhang der Dinge. Die Datenlage könnte also nahelegen, dass bewusstes menschliches Leben nicht gerade geringe Bedeutung hat in diesem Universum. Diese Schlussfolgerung scheint durch die Datenlage eher nahegelegt zu werden, als das Gegenteil. Zwar bewegen wir uns hier nicht mehr im Bereich 100-prozentig naturwissenschaftlicher Aussagen, aber im Bereich philosophischer Aussagen, die am wenigsten von allen möglichen der naturwissenschaftlichen Datenlage zu widersprechen scheinen. Es handelt sich jedenfalls um hundert Prozent naturalistische Aussagen.

3. Und überraschenderweise haben nun Menschen, die ihrem Leben übergeordnete Bedeutung, Sinn zusprechen, also religiöse Menschen - zumindest in arbeitsteilig komplexen Gesellschaften - tatsächlich weltweit mehr Kinder, also größeren Fortpflanzungserfolg als Atheisten. Sie leben also implizit eine größere genetisch-demographische Selbstbejahung. Religiöse menschliche Gruppierungen sind langfristig auch stabiler als nichtreligiöse. Und menschliche Religiosität, bzw. kulturell-religiös-philosophische Grundhaltungen sind zudem nachweisbar tief verflochten mit der Verhaltens- und Intelligenz-Genetik des Menschen (man vgl. etwa die Häufung des Serotonin-Transporter-Gens oder eines ADHS-Gens in Ostasien und die dortige damit korrelierende Gestaltung von Kunst, Kultur, Religion und Philosophie). Im schlichten evolutionären Zusammenhang - und das ist eine 100 % naturwissenschaftliche, also naturalistische Aussage - bedeutet (innovationsfähige) menschliches Gotterleben (Religiosität) etwas Grundlegendes, einzigartigen menschlichen Kulturen Evolutionsstabilität Gewährleistendes.

4. Es gibt also Übereinstimmungen, Schnittmengen zwischen einer naturalistischen, metaphischen Ontologie, wie sie sich aus der heutigen Physik unserer Welt ergeben könnte, sowie der naturalistischen "Evolutionären Erkenntnistheorie" und Philosophie, die nach der evolutionären Herkunft und stammesgeschichtlichen Entstehung unseres Erkenntnisvermögens fragen. Übereinstimmungen zwischen dem Sein des Weltalls und des Lebens selbst (so wie wir sie heute erkennen können) und den Überlebensvorteilen im evolutiven Werden des Menschen und dabei dem evolutiven Werden seiner Erkenntnis- und Erlebnis-"Werkzeuge". Wir sind ja selbst aus diesem "Sein" des Weltalls und dabei sowohl seinen Gesetzmäßigkeiten wie seinen in ihm liegenden Freiheitsgraden hervorgegangen.

Die menschliche Natur und "Natur überhaupt" stehen in einem bis in tiefere Details hinein immer tiefer auslotbaren und erforschbaren Zusammenhang. Diese Erkenntnis drängt sich uns zwanglos aus unserem heutigen naturwissenschaftlichen Weltbild her auf. Und sie hat grundlegende Auswirkungen auf die Gestaltung unserer gesellschaftlich-sozialen Wirklichkeit.

Denn der Mensch verhält sich so, wie er sich seine Welt denkt. Denkt er sich seine Welt als ein bloßes Ergebnis von Zufallserscheinungen und deterministischen Abläufen, hält er sich selbst für bedeutungslos und als irrelevant im Gesamtzusammenhang der Dinge. Daraus können große Verantwortungslosigkeit und Resignation folgen.

5. In der Natur spielen, wie die moderne Physik weiß, die Freiheit, der Zufall, die Akausalität eine große Rolle (siehe vor allem Manfred Eigen: "Das Spiel"). Deshalb ist davon auszugehen, dass auch im menschlichen Leben Freiheit, Akausalität eine unhintergehbare Rolle spielen. Die Aussage eines Friedrich Schiller ist mit einem naturalistischen Weltbild zu vereinbaren, der sagte:
"Sehen Sie sich um / In der herrlichen Natur! Auf Freiheit / Ist sie gegründet ..."
(Don Carlos)
Ein Naturwissenschaftler oder naturalistischer Philosoph kann die menschliche Willensfreiheit gar nicht in Zweifel ziehen, wenn er von dem hohen Anteil des Zufalls und der Akausalität in allem Naturgeschehen Kenntnis nimmt, und wenn er davon weiß, daß Naturgesetze den Zufall nur steuern, nicht eliminieren können. Manfred Eigen ist zuszustimmen: "Das Leben ist ein Spiel, in dem nichts festliegt, außer den Regeln." Diese Regeln determinieren unsere Willensfreiheit einmal stärker und einmal schwächer - aber sie können sie nicht eliminieren. Denn dann wäre unser eigentlichstes Menschsein infrage gestellt:

Der Mensch ist das Wesen, welches will. Eben deswegen ist des Menschen nichts so unwürdig, als Gewalt zu erleiden, denn Gewalt hebt ihn auf. Wer sie uns antut, macht uns nichts Geringeres als die Menschheit streitig; wer sie feigerweise erleidet, wirft seine Menschheit hinweg.
So Friedrich Schiller. Und an anderer Stelle: "Wer wird hier leben wollen - ohne Freiheit?" Der Mensch ist also, um mit Schiller zu sprechen, "frei" - - - "und würd' er in Ketten geboren". Diesen Tatbestand gilt es im Rahmen eines naturalistischen, philosophischen Denkens und Handelns noch weitaus expliziter, ja, emphatischer herauszuarbeiten als dass bisher von Seiten oft recht langweilig daherkommender naturalistisch denkender Philosophen und Philosophien herausgearbeitet worden ist.

Schließlich ist es ja auch erst diese Freiheit, die dem Menschen zugleich jene Verantwortung zuspricht, die ihm zugeschrieben werden muss aus der Sicht eines humanen, naturalistischen Welt- und Menschenbildes, wenn die genau aus diesem Menschen- und Weltbild heraus entstehenden gesellschaftlichen Gefahren, Verantwortungslosigkeiten und Dummheiten gebannt werden sollen. Wer lehnt sich gegen Mißbrauch, Dummheit und Gefahren auf, wenn er "sowieso" "alles" von "der" Genetik und von "der" Umwelt determiniert ansieht, wenn sowieso alles nur Produkt des Zufalls ist, wenn es sowieso nicht "Gut" und "Böse" gibt und wenn man sich "schicksalsergeben" in das dreinfügen kann, was einem das Leben vorsetzt?

6. Der Zusammenhang ist ja kaum noch übersehbar: Um der menschlichen Freiheit zu Gut und Böse willen gibt es eben auch zu unendlich ähnlichen - und sehr prekären - Anteilen Gutes und Böses in der Welt. Die ominöse Frage der "Theodizee" läßt sich damit leicht beantworten: das Wesen des metaphysischen Bereiches, des religiösen Bereiches ist die Freiheit. Und Kosmologie, Evolution und Weltgeschichte sind schlicht "nur" Fortschritte im Bewußtsein und im Bewußtwerden von Freiheit - - - also Fortschritte im Bewußtwerden des Wesens des dem Menschen zugänglichen metaphyischen Bereiches, jener Wesenszüge des Wahren, Guten und Schönen, die dem menschlichen Vernunfterkennen nicht zugänglich sind. Die Nähe dieser Gedanken zu philosophischen Ansätzen von Friedrich Hölderlin, G.F.W. Hegel und F. J. Schelling soll gar nicht erst in Abrede gestellt werden. Sie kannten alle Friedrich Schillers "Worte des Glaubens" und "Worte des Wahns", in denen der Freiheitsgedanke als ein metaphysischer erachtet wird und das Ringen des Guten mit dem Bösen als das Grundcharakteristikum des Menschseins selbst bewertet wird, von dem es nach Schiller "Wahn" und geistige Bequemlichkeit wäre zu glauben, dieses außerordentlich prekäre Ringen wäre im menschlichen Leben jemals zu Ende:
...

So lang er glaubt an die Goldene Zeit,
Wo das Rechte, das Gute wird siegen,
Das Rechte, das Gute führt ewig Streit,
Nie wird der Feind ihm erliegen,
Und erstickst du ihn nicht in den Lüften frei,
Stets wächst ihm die Kraft auf der Erde neu.
Abb. 2: Modernes Weltbild und Gotterleben -
Ist unser Platz im Universum der best geeignete,
um dieses auch zu erforschen?
Daraus folgt mehr oder weniger zwangsläufig: Im weltgeschichtlichen Fortschritt des Menschen im "Bewusstsein der Freiheit" ersetzt der Mensch jeweils geradezu mit Gesetzmäßigkeit älteren, primitiveren "Wahn", Dummheit und Irrtum bloß mit "modernerem" Wahn, mit Dummheit, Ignoranz und Irrtum: Erst dadurch wird ja weltgeschichtlicher Fortschritt möglich bei Wahrung der menschlichen Freiheit zu Dummheit und Unsinn auf jeder neuen Stufe. Falls diese Fähigkeit zu Dummheit und Unsinn auf jeder neuen Stufe verloren gehen würde, würde möglicherweise das Humanum selbst verloren gehen, dessen tiefer Wesenszug unter anderem das "Prekäre", die Gefährdetheit sein könnte. ("Der Mensch, das riskierte Wesen", nannte das einmal I. Eibl-Eibesfeldt.)

7. In dieser Art von Argumentationsrahmen wird die so merkwürdige weltgeschichtliche "Umwertung aller Werte" rückgängig gemacht, die durch den Monotheismus hervorgerufen worden ist, indem in den metapyhsischen Bereich eine tyrannische, befehlende und bestrafende, despotische, männliche "Gott"-Gestalt gesetzt worden ist, um mit dieser monströsen Gestalt groteske Formen von Unfreiheit zu verwirklichen. (Soziobiologisch ausgedrück: Gott als der "dritte Bestrafer" im gesellschaftlichen "Third-party-punishment"-Spiel.) Wie kann so etwas Prekäres wie - - - Liebe befohlen werden? "Du sollst lieben" - ? - Wahrheitssucher wurden aufgrund dieser despotischen, die Freiheit in Frage stellenden Moral zu ihrem vorgeblich eigenen "Besseren" auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Und noch heute glauben sich die Völker der Welt nur vor die Alternative gestellt: tyrannische, Liebe befehlende Gottgestalt ODER Atheismus. - - - "Oder"?

Unglaublich. Hat jemand noch echte Liebe, dem die Liebe - despotisch - befohlen werden muß, und dem zugleich das Geschlechtliche, in dem sie mit der all diesem Phänomen innewohnenden Macht wurzelt, zur verwerflichsten, verdammenswertesten Sünde erklärt wird? Dabei haben viele Völker in allen Teilen der Welt und in allen Phasen der Menschheitsgeschichte immer auch ganz andere religiöse und ethische Gehalte gelebt. "Wer hat die Welt erschaffen?", fragte ein "Papalagi" (ein Europäer) einst eine junge, schöne Samoanerin: "Tangaloa war es", "das Große Sehnen war es" - - - es "erschuf sich selbst".

Dies nicht nur in Worten zu preisen, sondern in Taten zu leben, könnte ein anspruchsvolles Ziel für Einzelmenschen und Gesellschaften sein: das Große Sehnen.

---> Fortsetzung (Teil 2 von "Über diesen Blog")

Blogpausen ...

... sind das Schönste, was es gibt. Denn in ihnen kann man sich neu orientieren, neu ausrichten. Und was wäre wichtiger, als ständig auf's Neue gelungene Neuorientierung und Neuausrichtung? Zumal in unserer Zeit, in der sich alles so schnell verändert. Aber natürlich gehen bei Blogpausen auch einige wichtigere Beiträge, die hätten geschrieben werden können, verloren. Es sollen hier grad, die Pause unterbrechend, zwei genannt werden, die hätten geschrieben werden können.

1. Das Volk des "Ötzi" hinterließ kaum Nachkommen in Europa

Nachdem sich präziseres Wissen darüber angesammelt hat, daß sowohl das erste Bauernvolk Europas (5.500 v. Ztr. - 4.900 v. Ztr.), die Bandkeramiker, wie auch das Volk der Etrusker (oder zumindest seine Elite), zu weiten Teilen keine genetischen Nachkommen in der heutigen europäischen Bevölkerung hinterlassen haben, ist dieser Umstand nun auch für die genetische Gruppenzugehörigkeit des "Ötzi" festgestellt worden. Es handelt sich um jenen Mann, der um 3.300 v. Ztr. in Tirol gelebt hat und vor einigen Jahren als Gletscherleiche gefunden worden ist. (Current Biology, FAZ, Morgenpost, Spektrumdirekt, bdw)

All diese Befunde deuten zusammen immer deutlicher darauf hin, daß die heutige Genetik menschlicher Gruppen und die menschliche Geschichte insgesamt sehr stark auch von dem Aussterben ganzer menschlicher Gruppen geprägt worden ist. Das heißt zugleich: durch genetische Flaschenhals-Ereignisse, in denen die Gene von kleinen Menschengruppen entscheidendere Auswirkungen auf spätere, zu großen Völkern herangewachsene menschliche Populationen haben. (Denn das Aussterben von Bevölkerungsgruppen schafft ja Platz für die Ausbreitung der Gene neuer menschlicher Gruppen wie aus einem "Flaschenhals" heraus.) In solchen Flaschenhälse finden übrigens genetische und kulturelle Neuanpassungen statt, also "Selektion" auf individueller und Gruppen-Ebene.

Es darf darum dann auch andererseits vermutet werden, daß die erste Bauernkultur an der Ostsee, die Trichterbecherkultur, bis heute sehr viele genetische Nachkommen in Europa und der Welt hinterlassen hat, und daß deren Nachkommen möglicherweise einen großen Anteil aller Blauäugigen in der Welt oder aller Erwachsenen-Rohmilch-Verdauer stellen. Auch diese Trichterbecher-Kultur könnte - nach den bisherigen archäologischen Daten - aus einer kleinen Ausgangspopulation hervorgegangen sein, die um 4.300 v. Ztr. in Ostholstein gelebt hat. - Und eine ähnliche kleine "Gründerpopulation" wird ja vermutet als Vorfahren der heute etwa zehn Millionen aschkenasischen Juden, die abstammen von einer kleinen Population, die um 600 n. Ztr. am Rhein gelebt hat.

Einschub (5.11.): Interessant übrigens, was laut FAZ "Paläogenetiker Michael Hofreiter vom Leipziger Max-Planck-Institut" zu dieser Studie sagt: "Ich halte es für unplausibel, dass eine ganze Sub-Haplogruppe in 5000 Jahren ausgestorben sein soll, während die menschliche Bevölkerung ständig gewachsen ist." Er kann sich also nicht vorstellen, daß ganze Menschengruppen, Völker in der Geschichte ausgestorben sind - statt nur ihre Kulturen.

Was aber, wenn er sich klar macht, daß - wenn man das nicht falsch in Erinnerung hat - dreiviertel der auf den Wandmalereien von Pompeji (79 n.Ztr.) dargestellten Menschen hellhaarig waren und wenn man den Anteil dieses Körpermerkmales vergleicht mit jenem unter den heutigen Neapolitanern? Sollte einem dann das Aussterben ganzer Bevölkerungsgruppen nicht doch auch plausibel erscheinen können? (Natürlich sprechen für solch eine Annahme auch noch zahlreiche andere geschichtliche, anthropologische und humangenetische Befunde außer den eingangs schon genannten.)

2. Supernaturalistischer Wunderglaube eine Folge von psychischer Verunsicherung, Verängstigung?

Sind psychische Verunsicherungen, Verängstigungen der Ursprung personaler, supernaturaler Gottvorstellungen? Eine neue Studie legt diesen Umstand nahe (bdw, Sciencedirekt). Das würde umgekehrt heißen, daß Menschen, die sich sicher fühlen, zugleich ruhiger und gelassener bleiben können, und nicht in "allem und jedem" das Wirken verborgener, willkürlich wirkender (an den sonst bekannten Gesetzmäßigkeiten vorbei wirkende) Kräfte vermuten müssen. - Ein weiterer Schritt, um die Entstehung der unterschiedlichen menschlichen Gottvorstellungen und Philosophien in Geschichte und Gegenwart zu verstehen?

Man könnte überhaupt zu der Ansicht gelangen (wie der Autor dieser Zeilen in letzter Zeit immer mehr), daß zumindest in heutiger Zeit der Glaube an supernaturale, "nichtexistierende Existenzen" (so werden sie ja heute sogar von den Gläubigen selbst definiert) nur eine andere Form der Gottlosigkeit, des Atheismus und der Gottesleugnung ist. Entweder Gott ist alles, wie Albert Einstein vermutete, oder es gibt überhaupt nichts Göttliches. Aber stellt es nicht schon einen hohen Grad von Gottlosigkeit dar, zu der uns bekannten Welt noch etwas "hinzuzudenken", um an etwas Göttliches glauben zu können? Macht uns unser Wissen von der Welt denn wirklich so gottlos, so zweifelnd an einem hohen, ehrfurchtgebietenden Wert allen Seins und allen Lebens, daß wir noch eine ansonsten intellektuell gar nicht zu rechtfertigende "Zusatzhypothese" glauben postulieren zu müssen?

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Wissenschaft und Frauen

Wissenschaft - was ist das? Und wie steht es um das Verhältnis zwischen Frauen und Wissenschaft? Soweit man Frau Prof. Nüsslein-Vollhard in dem folgenden Video richtig versteht (Scienceblogs-Video), meint sie sehr wohl, daß Männer und Frauen unterschiedliche Zugänge zur Wissenschaft, auch und sogar besonders zu Wissenschaft als Beruf, Berufung und als Karriere haben.

Aber man sehe sich das Video bitte selbst an, da scheint wirklich eine Vollblut-Wissenschaftlerin zu sprechen.

1.200 v. Ztr. - Die Schlacht von Altentreptow

Was? Sie kennen die Mecklenburgische Seenplatte noch nicht? Ist das möglich? Ja? - Nun gut, dem Verfasser dieser Zeilen geht es genauso. Doch lassen Sie sich ein wenig entführen in diese abgelegene, wenig bekannte Gegend Deutschlands. Am Ende werden wir etwas Spannendes dort entdecken. Wir wollen auch gar nicht in das Zentrum der Mecklenburgischen Seenplatte. Das ist uns zu überlaufen, sondern wir fahren an ihre nordöstliche Ecke, an den Tollensee bei Neubrandenburg:

Und hier setzen wir uns ins Kanu, bzw. Paddelboot und paddeln ...

... auf dem ruhig nach Norden dahinfließenden kleinen, nicht motorisierten Flüßchen Tollense ...

... vorbei an Kuhweiden und Ufergebüsch ebenfalls mit der Strömung langsam Richtung Norden.

Nach etwa 15 Kilometer kommen wir in die Nähe des malerischen, mittelalterlichen Städtchens Altentreptow (siehe Foto links).

In der Nähe dieses Städtchens sollte man sich in der Flußniederung ein wenig genauer umschauen. Denn nach neuesten archäologischen Entdeckungen soll hier um sage und schreibe 1300 v. Ztr. eine Schlacht stattgefunden haben. Es würde sich dabei um die Entdeckung eines ersten europäischen spätbronzezeitlichen Schlachtfeldes handeln (Uni Greifswald, Welt):
In den letzten Jahren kamen in einem Flusstal in der Nähe von Altentreptow wiederholt menschliche Skelettreste zutage. Seit 1996 wurden auch menschliche Überreste mit Verletzungsspuren sowie Waffenreste entdeckt. Naturwissenschaftliche Datierungsverfahren bestätigen jetzt, dass die menschlichen Überreste ca. 3300 Jahre alt sind und in die Bronzezeit datieren. Die Gesamtsituation legt den Schluss nahe, dass hier erstmals ein Schlachtfeld aus dieser Epoche entdeckt wurde.
Übermorgen wird auf einer Pressekonferenz
eine von Jürgen Piek und Thomas Terberger herausgegebene Veröffentlichung präsentiert, in der auch erstmals über erste Ergebnisse zu diesem Fundplatz berichtet wird. Körperreste aus der Bronzezeit seien äußerst selten, da die Toten in der Erde bestattet wurden, sagte Archäologe Detlef Jantzen. Die besonderen Lagerungsbedingungen in dem Flusstal seien ein „Glücksfall“ für die Archäologie. Die Knochen hätten unter Luftabschluss die Jahrtausende überdauern können.
Wo liegt das noch mal genau? Schauen wir nach bei Google Earth:

Daß es in der Spätbronzezeit Handels- und Kulturkontakte zwischen dem Nord- und Ostseeraum und dem Mittelmeer-Raum gegeben hat, ist auf "Studium generale" schon häufiger erwähnt und behandelt worden (siehe etwa Schlagwort "Bronzezeit"). Doch das ist nun eine Nachricht von einer völlig neuen Kategorie

Fortsetzung folgt ---> hier.

Freitag, 3. Oktober 2008

Eva Herman hat die NS-Zeit nicht verherrlicht

Es sei hier kurz festgehalten (über Eva Herman wird derzeit schwerpunktmäßig offenbar nur noch in kirchlichen Publikationsorganen berichtet):

Ein Richter beim Hamburger Arbeitsgericht hat nach Verhandlungen seine Ansicht geäußert, daß Eva Herman die NS-Zeit nicht verherrlicht habe und daß darum ihre Entlassung bei der "Tagesschau" nicht gerechtfertigt gewesen sei. (Idea, Focus, Google News)

Kath.net hat auch ein Video-Interview mit Eva Herman aus dem Dezember, in dem sie über ihren christlichen Glauben spricht. (Kath.net) Sie spricht von der "schöpfungsgewollte(n) Aufteilung (der Aufgaben) von Mann und Frau". (Kath.net)

Irgendwie merkwürdig, daß das ein so brisantes Thema sein soll. Für die Soziobiologie ist das ein ganz selbstverständliches Thema (obwohl sie statt "schöpfungsgewollt" sicherlich andere Worte benutzt). Kann man denn irgendwann einmal von dem hohen Roß der oberlehrerhaften politischen Rechthaberei herunterkommen bei diesem Thema?

Montag, 29. September 2008

"Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen"

Das wäre eine Geschichte für Peter Rosegger. Eine 35-jährige, heilkundige Frau, verscharrt mitten im Wald in der Nähe von Innsbruck, in der Zeit nach 1600, achtlos und verdreht in die Grube geworfen, dazu unzählige Utensilien, Kleinkram aus ihrem Leben. Gewalteinwirkungen konnten an ihrem Körper nicht festgestellt werden:

Die "Heilerin vom Strader Wald", bzw. die Heilerin aus der Ortschaft Tarrenz.

Aber wer so lieblos begraben wird, dem hat man kein "christliches Begräbnis" zugedacht, über dessen Tod war man froh. Oder man hatte ein schlechtes Gewissen, die Dienste dieser Person zu ihren Lebzeiten in Anspruch genommen zu haben. Der Pfarrer rief zornig und zischend von der Kanzel: Wehe, wehe, wehe, wer mit solchen Frauen umgeht. Und die Leute duckten die Köpfe. Denn damals war man sehr bibelgläubig. Und in der Bibel stand: "Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen." (3 Mose 20,6)

Quellen: Epoc.de, ORF, Urfrüh Innsbruck 1, 2

Sonntag, 28. September 2008

Leiden und Tod im öffentlichen Bewußtsein

Die Public Relations-Industrie neigt dazu, den Eindruck zu erwecken, daß Leiden und Tod immer nur andere Menschen betrifft. Demjenigen, der von ihr angesprochen wird, soll vermittelt werden, daß das Leben für ihn ein Traum ist, und zwar ein unendlicher, nie endender, wenn er: kauft, kauft, kauft.

Die Public Relations-Industrie hat weitgehend das Leiden und den Tod aus dem Alltags-Bewußtsein der Menschen verdrängt. Dabei sind Leiden und Tod ein Teil des Lebens.

Nun scheinen das Bewusstsein von den steigenden, immer schwerer finanzierbaren Gesundheitskosten - also wiederum rein finanzielle Erwägungen - zusammen mit dem Erkennen des  massiven Egoismus, den Raucher heute immer noch an den Tag zu legen fähig sind (gegenüber sich selbst und der Gesellschaft) - den Ausschlag zu geben dafür, daß man merkt, daß man doch nicht immer nur "wohlige", hedonistische Gefühle bedienen darf, wenn es um das öffentliche Bewusstsein geht: "Schockfotos sollen britische Raucher warnen". (Web.de)

Ja, tatsächlich, diese Schockfoto-Serie kann Ehrfurcht erwecken vor diesem fragilen Gebilde Körper, das unser Leben trägt. Und zwar besser als bloße Worte.

Donnerstag, 25. September 2008

Denker und Autoren, die unser Weltbild verändern

Das Internet ist voller Schrott. Deshalb kann es durchaus auch einmal sinnvoll sein zusammenzustellen, was man ab und an - bspw. - an guten Video's findet.

Hier zunächst ein langes, ausführliches Interview mit einem der wichtigsten Gründerväter der Soziobiologie, mit Edward O. Wilson, aus dem Jahr 2006.

Sodann hier ein Interview mit dem bedeutenden britischen Theoretischen Biologen John Maynard-Smith, Gründervater der Soziobiologie, gutem Freund von William D. Hamilton und Richard Dawkins, aus dem Jahr 2001.

In beiden Interview's ist auch von religiösen Grundfragen die Rede und von Motivationen, die in der wissenschaftlichen Arbeit leitend waren oder sind.

In den beiden folgenden Video's kann man sich einen persönlichen Eindruck von dem britischen Buchautor Marek Kohn verschaffen, der sich in dem geistigen Umfeld der beiden vorigen Denker bewegt hat und bewegt. Sein Buch "A Reason for Everything" (2004) über die Geschichte des britischen, biologischen Denkens im 20. Jahrhundert, insbesondere des soziobiologischen Denkens, ist sehr lesenswert. Kohn stand in persönlichem Austausch mit John Maynard-Smith, was sich in diesem Buch widerspiegelt.

Blinkx Video: Marek Kohn | A Reason For Everything

Und dementsprechend wird auch in seinem neuen Buch "
Trust - Self-Interest and the Common Good" (2008) ("Vertrauen - Eigeninteresse und das Gemeinwohl"), über das er in dem nächsten Video leider nur sehr oberflächlich spricht, manches Lehrreiche enthalten sein, vielleicht auch zu Themen wie Gruppenselektion und ähnliches. Manche Übereinstimmungen mit Überlegungen auf "Studium generale" werden ja schon im Buchtitel selbst greifbar.

Ein weiteres Video macht bekannt mit dem Physiker Alan Sokal, dem Autor von "Eleganter Unsinn" und dem subversiven Inszenierer der berühmten "Sokal-Affäre".

Und ein weiteres mit dem britischen Physikochemiker Peter Atkins, von dem das lesenswerte, kleine, auch ins Deutsche übersetzte Buch "Schöpfung ohne Schöpfer" stammt, der aber besonders bedeutend ist durch seine voluminösen Lehrbücher.

Blinkx Video: Peter Atkins | Atkins' Physical Chemistry

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Montag, 22. September 2008

Das Römerlager bei Hedemünden an der Werra (9 v. - 9 n. Ztr.) - Fortsetzung

Römische Eisenfessel aus Hedemünden/Werra

Vor wenigen Wochen berichteten wir über die Entdeckung des Sommerlagers des römischen Feldherren Varus an der Weser. (Stud. gen.) Und schon vor einem Jahr haben wir über das Römerlager von Hedemünden weiter flußaufwärts an der Werra berichtet, das vor zehn Jahren durch Raubgräber entdeckt worden war. (Wikipedia, Stud. gen.) Die Erforschung dieses letzteren Römerlagers hat inzwischen deutliche Fortschritte gemacht. (Epoc) Die Archäologen haben dort inzwischen über 1.700 Waffen, Werkzeuge und Alltagsgegenstände gefunden, darunter eine Eisenfessel wie oben abgebildet. Auch zahlreiche Gebäudefundamente.

Und offenbar besteht die Vermutung, daß dieses Römerlager an der Werra nicht nur über den Landweg, sondern auch von der Nordsee über die Weser per Schiff von den Römern erreicht und versorgt wurde. Die gefundene Eisenfessel ist in ihrer Art bislang einmalig für die römische Zeit und erinnert an ähnliche Geräte aus dem Mittelalter ("Halsgeige"). Entweder diente sie für Strafen an den Soldaten selbst oder für den Sklavenhandel mit den einheimischen germanischen Stämmen.

Rekonstruktion - Blick von Osten (von der Ortschaft Hedemünden)
auf das imposante Lager über einer Werrafurt

Bei Wikipedia heißt es über das Lager zusammenfassend zur zeitlichen und räumlichen Einordnung:
Nach den archäologischen Befunden wurde das Lager Hedemünden um etwa 11 bis 9 v. Chr. gegründet. Es bestand mindestens bis 8 oder 7 v. Chr., eventuell auch noch bis in die Jahre nach Chr. und bis zur Varusschlacht. Letztlich kann es noch einmal in den Jahren 15 und 16 n. Chr. während der römischen Revanchefeldzüge unter Germanicus eine Rolle gespielt haben. Mit Hedemünden wurde ein wichtiger strategischer und logistischer Lagerkomplex der römischen Vorstöße entdeckt. Er orientierte sich an der Überquerung einer alten Fernstraße, die von Nordhessen nach Südniedersachsen führte, über die Werra, die als Oberlauf der Weser noch rund 150 Kilometer weiter flussaufwärts schiffbar war und gleichermaßen eine wichtige überregionale Verkehrs- und Handelslinie darstellte. Hedemünden (...) ist bislang das am weitesten nach Osten vorgeschobene bekannte Lager in Germanien.
Auch die römische Militärstraße nach Hedemünden und über das dortige Kastell hinaus wird inzwischen archäologisch erfaßt. Damit wird immer deutlicher, wie umfassend die römischen Eroberungen des freien Germaniens ins Auge gefaßt und durchgeführt wurden. Die Zangenbewegung über die Landwege und über die Flußläufe von Weser und Werra (zum Teil auch über die Elbe) hätten sicherlich nur wenige Jahrzehnte später in der vollständigen Eingliederung der nordeutschen Tiefebene in das römische Weltreich geführt, wenn eben nicht dort sich der Widerstand gesammelt hätte, der sich in der Schlacht von Kalkriese im Jahr 9 n. Ztr. manifestierte. (Stud. gen. 1, 2, 3)