Freitag, 3. April 2020

Rituelle Gewalt - Im Auftrag des Deutschen Bundestages wird sie aufgearbeitet

2015 wurde im Auftrag des Deutschen Bundestages eine "Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs" (Wiki) eingerichtet.

Diese hat bis März 2019 gearbeitet. Im April 2019 wurde ein umfangreicher Arbeitsbericht vorgelegt (1). Aus diesem geht hervor, daß hier wertvollste Arbeit geleistet worden ist. Da sich nämlich bei dieser Kommission auch viele Überlebende ritueller Gewalt gemeldet haben, ist darin auch das Schicksal dieser Gruppe Überlebender vergleichsweise ausführlich behandelt worden. Ob irgendwo darüber in den großen Medien oder in der alternativen Öffentlichkeit berichtet worden ist?

Abb. 1: Mit solchen Plakaten warb die Kommission um Menschen, die von ihren Erfahrungen berichten

Aus diesem Bericht lernt sogar noch der Schreiber dieser Zeilen manches Neue über all die hier vorliegenden Verbrechen und Strukturen und Zusammenhänge, in denen all das geschieht (1, S. 117ff). Hier ist ein gewaltiger Fortschritt in der Aufklärung geschehen, über den wir hier auf dem Blog bislang noch gar nichts erfahren hatten.

Aber in der öffentlichen Wahrnehmung scheint diese Aufarbeitungskommission so platziert zu sein als hätte sie wie eine Geheimorganisation gearbeitet. - Hoffentlich irren wir uns.

Daß aber zum Beispiel eine Psychiaterin wie Dr. Kerstin Schön, über die wir hier auf dem Blog schon berichtet haben (2), und die die gleiche Arbeit geleistet hat wie diese Kommission - nämlich sich Berichte Überlebender anzuhören und diese zu dokumentieren - zur gleichen Zeit, in der diese Kommission gearbeitet hat, in Untersuchungshaft gesessen hat, spricht Bände über Bände.

Nach den einleitenden, allgemeinen Kapiteln 1 bis 8 des Bilanzberichtes bildeten dann die Schwerpunktthemen der Arbeit der Kommission der "Sexuelle Kindesmißbrauch ..."
  • 9. "... im familiären Kontext" (S. 99-111)
  • 10. ".... in organisierten rituellen Strukturen" (S. 117-130)
  • 11. "... in Institutionen und Familien in der DDR" (S. 133-146)
  • 12. "... in der evangelischen und katholischen Kirche" (S. 151-171)
Im Kapitel 10 nun heißt es (1, S. 118ff):
Von den 914 ausgewerteten Anhörungen und Berichten beziehen sich 42 auf den Kontext organisierte rituelle Strukturen. (...) Betroffene, begleitende Therapeutinnen und Therapeuten,  Unterstützerinnen  und Unter­stützer sowie Fachberatungsstellen berichten seit ca. 30 Jahren von der Existenz sexualisierter Gewalt in organisierten Strukturen mit einem (schein­)ideologischen Hintergrund. Sie  brachten bereits 1996 ihre Erkenntnisse in die Arbeit der Enquete­-Kommission "Soge­nannte Sekten und Psychogruppen" ein. (...)  Als Expertinnen und Experten waren eingeladen: Prof. Dr. Adel­heid Herrmann­-Pfand, Alex Stern, Michaela Huber, Claudia Igney, Dr. Ursula Gast, Prof. Dr. Ulrich Sachsse, Dr. Brigitte Bosse, Sabine Weber und Dipl.­Psych. Susanne Nick. Gegen­stand dieses Kapitels sind ferner ausgewählte Aspekte aus dem Forschungsprojekt "Professio­nelle Begleitung von  Menschen, die sexuelle Gewalt und Ausbeutung, im Besonderen orga­nisierte rituelle Gewalt, erlebt haben: Die Per­spektive der Betroffenen und Fachkolleg_innen (...). An der Untersuch­ung nahmen insgesamt 165 Betroffene (weib­lich 95,8%, männlich 2,4%, andere 1,8%) und 174 Professionelle (weiblich 90,9%, männlich 9,2%) teil.
Was hier schon einmal auffällt, ist das krasse Geschlechter-Ungleichgewicht sowohl auf Seiten der Therapeuten wie auf Seiten der Hilfe suchenden Überlebenden. Soll man daraus folgern, daß männliche Überlebende ritueller Gewalt in der Regel viel leichter und überzeugter auf die Täterseite überwechseln  statt ausgestiegen als weibliche Überlebende? Fast drängt sich dieser Eindruck auf. Immerhin ist diese abartige Geheimbündelei, dieses Cliquen-Bilden, dieses Bilden von Seilschaften und so weiter ja immer schon vor allem eine Domäne der Männer gewesen. Ebenfalls bedeutsam erscheint (1, S. 124):
Obwohl Betroffene häufig eine hohe Schulbil­dung erreicht haben, beziehen aufgrund der Folgeerkrankungen auffallend viele von ihnen bereits eine Rente oder Pension. Gegenüber der Kommission gaben von den 42 Berichten­den sexuellen Mißbrauchs in organisierten rituellen Strukturen 15 Betroffene an, erwerbs­unfähig zu sein. Nicht wenige Betroffene be­zeichnen sich als asexuell. Im Vergleich zu nichttraumatisierten Menschen leben bedeu­tend mehr Betroffene in keiner Partnerschaft und haben keine Kinder. Das kann als eine Fol­ge der sexualisierten Gewalt und der erlittenen Vertrauensbrüche verstanden werden.
Man wird hier wohl von einem Selektionsprozeß ausgehen dürfen. Dies ist die Gruppe derjenigen, die - im Duktus der satanistischen, elitären Gruppierungen - zu "schwach" waren, um zu "herrschen" und zu "funktionieren". Man darf davon ausgehen, daß viele der Altersgenossen von diesen Aussteigern sehr wohl ganz hervorragend "funktionieren" und wir sie täglich auf den Bildschirmen sehen und in Zeitungen lesen, bzw. sind diese in der Hintergrundsteuerung von Politik, Wirtschaft, Medien tätig. Der zweite Band, der 30 repräsentative Erlebnisberichte bringt, bringt darin keinerlei Bericht eines Überlebenden von ritueller Gewalt.


/ Verfaßt: 27.9.2019
Veröffentlicht aber erst 3.4.2020 /
___________________
  1. Bilanzbericht, Band I, März 2019, https://www.aufarbeitungskommission.de/bilanzbericht_2019/ (pdf)
  2. Bading, Ingo: Erst Ehrenmedallie, dann Haft, März 2019, https://studgenpol.blogspot.com/2019/03/zuerst-gab-es-eine-ehrenmedaille-2013.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen