Mittwoch, 25. September 2019

Ernst Jünger - Er schwelgte in der "Schönheit des Untergangs" Europas

- Und ihn entzückte "in hoher Ordnung konzentrierte Macht"

[Mitautoren dieses Beitrages: Daniel Hermsdorf, Frieder.] Ein fleißiger Blogleser (Frieder) ist auf eine Antrittsvorlesung aus dem Jahr 2009 über den Roman "Gläserne Bienen" von Ernst Jünger aus dem Jahr 1957 gestoßen (1). Und Frieder sieht, so schreibt er uns, Verknüpfungen dieses Buches

"mit den neuesten Erkenntnissen und Themen. Ich dachte da an Transhumanismus, Koevolution von Mensch und Maschine, Bienensterben, Massensuggestionen."
Abb: Jevgenij Kulikov (Bildhauer): Ernst Jünger, 1994
Fotograf: Hoibo [CC BY-SA 4.0]
über Wikimedia Commons

Da werden ja gleich viele Themen zusammen gewürfelt. Folgt man der genannten Antrittsvorlesung, kommt der Roman - typisch für Ernst Jünger - geistreich-hohl daher. Es wird seitenweise geistreich-hohl geschwätzt und alles, was diesen Roman "interessant" macht, ist - typisch für Jünger - nur der Umstand, daß er als "Eingeweihter" in Logen und Priesterorden über viel Hintergrundpolitikwissen und über die Methoden der Steuerung von Politik und Wirtschaft durch Hintergrundmächte verfügt.

Wenn man sich mit dem Leben sozialer Insekten beschäftigen möchte auf heutigem Kenntnisstand, dann lese man meinen Blog "Studium generale" (zuletzt: Monogamie und genetische Verwandtschaft als Wurzel allen komplex-sozialen Lebens auf der Erde), lese man Lehrbücher oder einführende Bücher zur Soziobiologie oder Verhaltenswissenschaft. Alle Bücher von Konrad Lorenz sind diesbezüglich ein Muß. Echte Naturwissenschaft ist um so vieles "lebendiger" und unvorhersehbarer als dieses geistreich-hohle Geschwätz eines Ernst Jünger und solcher Leute, die dieses Geschwätz für geistreich halten können. Jünger war nie echter Naturwissenschaftler, er war seelisch toter "Logen-Automat".

Jüngers Roman ist deshalb - wie fast jeder Zukunftsroman - vor allem Gegenwartsbeschreibung des Jahres seines Entstehens, also hier des Jahres 1957. So wie der Roman "1984" das Jahr 1948 sehr gültig beschrieben hat, worauf schon vor Jahrzehnten unter anderem von dem Orwell-Biographen Schröder hingewiesen worden ist, und worauf ich auch in meiner Magisterarbeit hingewiesen habe. Als Gegenwarts-Beschreibung des Jahres 1957 darf man aus Jüngers Roman etwa die Aussage nehmen (auch nachdem man Regina Igels "Terrorjahre" über dieselbe Zeit gelesen hat) (1):

Die Akten über "jeden der in den Zapparoni-Werken Beschäftigten" waren lang und gingen ins Detail.

Na wunderbar! So haben es doch schnöselige Eingeweihte am Liebsten, seelenlose, seelenarme vor allem. Das dulden sie doch, glorifizieren sie doch, analysieren sie doch "geistreich" - anstatt es zu kritisieren und infrage zu stellen. Ähnlich hat das doch schon Hermann Hesse in den "Morgenlandfahrern" getan. Ernst Jünger und Hermann Hesse sind zwei der bekanntesten deutschsprachigen Logen-Autoren und faszinierte Glorifizierer und Propagandisten von Männerorden, beide hier auf dem Blog diesbezüglich schon sehr gründlich analysiert. Die Firmenleitung des Romans von Jünger befindet sich - wieder einmal typisch für einen Jünger wie für einen Hesse - in einem umgebauten Zisterzienserkloster. Und dann auch das wieder typisch für Jünger (1, S. 15):

Am  Ende  seiner  Betrachtung  des  "Systems  der  Anlage"  steht  allerdings  eine  ästhetische  Beurteilung  des  Schwarms,  keine  "technische":  "Vielleicht  war  es  im  tiefsten  Grunde  die  tänzerische  Kraft  des  Anblicks,  die  mich  entzückte,  in  hoher  Ordnung  konzentrierte  Macht."

Hier redet Ernst Jünger - OFFENSICHTLICH - nicht mit Interessen eines Naturwissenschaftlers. Ein Bienenschwarm hat nicht die Macht, von der Ernst Jünger hier "fasziniert" ist. Ernst Jünger ist von ganz anderen Dingen "fasziniert". Man lasse sich doch solche Worte auf der Zunge zergehen, ihn entzückte "in hoher Ordnung konzentrierte Macht". Darum geht es doch in allen seinen Romanen - in letzter Instanz. Und so nun also auch hier in seinem Roman "Gläserne Bienen". Seelentote Menschen funktionieren wie Automaten. Und sie können auch immer nur das gleiche wiederholen, es bleibt das gleiche, auch wenn ihnen als begabte Schriftsteller viele "geistreiche" Worte dafür zur Verfügung stehen. Und weil sie selbst Automaten sind, reden sie auch gerne über Automaten und sehen alle anderen als Automaten an. Frieder schrieb mir im Zusammenhang seines Hinweises:

Lieber Ingo, ich schreibe gerade Artikel über (meist) vergessene Autoren aus der Zeit des 1. WK. (...) Nun möchte ich mir Ernst Jünger vornehmen. Dazu hast Du doch bestimmt schon was geschrieben: Seine "Gläserne Bienen" von 1957 drehen sich um Nanoroboter und Unterhaltungsindustrie. Ich wollte das Buch verknüpfen mit den neuesten Erkenntnissen und Thesen. Dachte da an Transhumanismus, Koevolution von Mensch und Maschine, Bienensterben, Massensuggestionen.
In der Antrittsvorlesung (1) würde ausgeführt, so Frieder,
dass Jünger die Schwarmintelligenz noch nicht dezentral gesehen hat wie schon vor ihm Stapledon. (...) Ich habe die Möglichkeit des Dezentralisierens noch gar nicht richtig verstanden und denke mir deshalb konspirologisch: Wollen sie damit ablenken von den Dunkelmächten, die oben in der Hackordnung stehen?

Ich möchte im flüchtigen Lesen der Antrittsvorlesung sehr wohl meinen, daß auch Jünger schon gesehen hat, daß "dezentrale" Steuerung der Idealfall - für Hintergrundmächte wie für Staaten insgesamt - ist. Um so selbstständiger und mit um so geringerer Steuerung die "fleißigen Bienen", die "Arbeiter" den Honig für die Hintergrundmächte sammeln, um so besser, oder nicht? Warum sollen das Logen-Autoren wie Ernst Jünger 1957 anders gesehen haben als das die Hintergrundmächte heute sehen. 1989 haben die Maurer "die Mauer" eingerissen, weil sie die starke zentrale Steuerung satt waren und gesehen haben, daß sie kontraproduktiv ist. Ich finde diese Frage insgesamt - zumindest aus konspirologischer Sicht - nicht so bedeutsam. Aus anthropologischer und geschichtlicher Sicht allerdings ist sie sehr bedeutsam. Es wäre hier zu thematisieren der von Hegel/Hölderlin so benannte weltgeschichtliche Weg im Bewußtsein der Freiheit von despotischen Herrschaftsformen des Orients (die schon im Vorkeramikum angetroffen werden können) zu freiheitlichen Herrschaftsformen Nordeuropas.

Ernst Jünger auf Seiten der Vorsehung

Ich antwortete Frieder aber zunächst einmal auf seine Zuschrift:

Hallo Frieder,

das letzte, was ich über Ernst Jünger geschrieben habe, war das hier:

Vorher schon das hier:

Außerdem taucht er im Freundeskreis von Friedrich Hielscher auf, mit dem ich mich auch gründlicher beschäftigt habe:

Mir ist der Hochgradfreimaurer Ernst Jünger - wie man an diesen Beiträgen sehen kann - zutiefst unsympathisch. So ähnlich ging es Erich Ludendorff schon 1926, worauf ich auch irgendwann stieß: 

Ich habe noch nie etwas gelesen von diesem Ernst Jünger, was mich - trotz des Unsympathischen - irgendwie positiv berührt hätte (wie ich das etwa - trotz allem - über den Satanisten Hermann Hesse sagen könnte). Das ist Nihilismus und schönseliges Eliten-Geschwätz und Salonbolschewismus in Reinkultur bei diesem Ernst Jünger und seinem ganzen Freundeskreis und Frauentauschkreis. Auch der Tod seines Sohnes am Ende des Zweiten Weltkrieges und wie Ernst Jünger darüber spricht kommt mir hochgradig "merkwürdig" vor. Sein Sekretär Armin Mohler paßt auch in alles hervorragend hinein. Nein, das sind alles Hochgradfreimaurer, Jesuiten und Satanisten, Eingeweihte, Mitwisser, Mittäter, nichts anderes. Aber ohne allen "Geist".

Die mir selbst wichtigsten vergessenen Autoren des Ersten Weltkrieges sind: Walter Flex, der damalige Bestseller "Kriegsbriefe gefallener Studenten", viele Kriegsdichter, Bogislaw von Selchow, Agnes Miegel, später Josef Weinheber, die Lebenserinnerungen von Mathilde Ludendorff. Hm, ich habe sicher noch viele wichtige Namen vergessen (Heinrich Lersch ...). Rommels Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg lesen sich toll, Karl Springenschmid ("Costabella, Berg meiner Jugend"), Edwin Erich Dwinger natürlich.

Wo Du da sonst noch alles gedanklich gerade herumspringst zwischen Bienen und Transhumanismus. Über Transhumanismus wird mir zu viel gefaselt, ohne daß man vorher gründlich Evolution und Humanevolution studiert hätte. Ohne solche Grundlagen kann nichts Vernünftiges dabei herauskommen. Erst aus einem gründlichen Studium dessen wie wir GEWORDEN sind, können Schlußfolgerungen abgeleitet werden, wie es wohl künftig weiter gehen könnte mit der Intelligenz-Evolution.  Außerdem sollte man dabei im Auge behalten, daß es nicht der Sinn des Menschenlebens und der Geschichte und Evolution ist, intelligent zu sein, sondern Gott zu erleben. Daraus ergeben sich dann ganz andere Schwerpunkte der Sichtweise. Wir sind unfähig gemacht worden, sinnvoll über Gotterleben zu reden, darin liegt unsere ganze moralische Schwäche.

Da ich meine Antwort CC auch an Daniel Hermsdorf gesendet hatte, schrieb dieser:

Ich mische mich da nur mal kurz ein. Ein Problem, das ich mit Deiner Perspektive habe, ist, dass Du "Freimaurer" als erweiterten Begriff verwendest, soweit ich sehe. Als Google-Ergebnis zu Jünger dazu findest Du als Erstes ... Dich selbst. Du solltest vielleicht besser die in der Literatur gängige Variante "Maurer ohne Schurz" verwenden, wenn Du mich fragst. Man sollte da möglichst genau sein - denn wenn die Gegenseite solche Merkwürdigkeiten und 'Fehler' entdeckt, vermeint sie in der Regel, die Diskussion gleich wieder abbrechen zu können. (Ob das die Lösung ist, sage ich damit auch noch nicht. Du identifizierst ein solches Denken mit "Freimaurern". Kann es, abgesehen von persönlichen Umfeldern und deren Verbindungen, nicht auch das eines Einzelgängers und Freidenkers in seinem Sinne gewesen sein? Das ist ja noch kein Verbot für eine Kritik daran.)  Allgemein habe ich mir immer gedacht, dass Herrn Jüngers Schreibe eine gänzlich andere gewesen sein dürfte, wenn er z.B. im Krieg ein Bein verloren hätte. Vor dem Hintergrund sehe ich solche Haltungen, die in der Geschichte vermeintlich so marmorn vor uns stehen. Jüngers archaische und (ich sage mal verkürzt:) materialistische Weltsicht hat, neben einem geschliffenen Stil, schon ein paar höchst relevante und hellsichtige Texte hervorgebracht, soweit mir bekannt - ich meine etwa den "Arbeiter". Manche Diagnosen zum Technikgebrauch kenne ich aus dieser Zeit nirgendwo anders her. Was Frieder hier anspricht, wirkt deshalb auch nicht abwegig auf mich. Jünger hat Einiges vorausgedacht, was Staunen macht, wie man es von Orwell oder Huxley auch sagen kann. 

Nun darauf habe ich jetzt schon einleitend einiges gesagt. Siehe auch noch eine andere Antwort in einer Anmerkung.*) In unmittelbarer Antwort schrieb ich an Daniel und Frieder unter anderem:

Bei der Schilderung seiner "Mauretanier" (die natürlich gaaaaaar nichts mit "Maurern" zu tun haben), hat Ernst Jünger nun wirklich mit einem fetten Zaunpfahl gewunken. Wenn ich es recht verstanden habe, war der Zaunpfahl für das Jahr 1939 so fett und dick, daß er erstens in dem Roman sagen mußte, daß er und sein Bruder schon seit Ende der 1920er Jahre ihre Mitgliedschaft im Orden der Mauretanier ruhen gelassen hätten (was - bekanntlich - Nonsense und eine billige Schutzbehauptung ist) und daß natürlich auch diese Schutzbehauptung nicht half, daß es Bestrebungen gab, die Veröffentlichung des Romans zu verhindern. Im Roman ist ja ausdrücklich von den Labyrinthen der Männerorden die Rede. Was soll denn das anderes sein als die Freimaurerei? Verwundern tut es mich ALLERDINGS, daß ich immer noch der einzige bin, der den Jünger frank und frei einen Freimaurer nennt. Aber der Jünger hat eben so seine Fürsprecher und Beschützer allerorten noch heute ebenso wie der Karl Haushofer. Man muß halt verstehen wie Eliten-Kontinuität funktioniert und daß die noch heute allerorten "ihre Leut" schützen. Auch bei Hermann Hesse ist das ja spürbar. Es soll immer das gleiche sein: Jeder, der Bescheid wissen WILL, soll Bescheid wissen - aber das naive, blöde Volk soll weiterhin nichts über all diese Katakomben im politischen und geistigen Leben ahnen.

Bei Hermann Hesse liegt ja alles sehr ähnlich. Auch bei ihm ist mir nicht bekannt, daß offiziell gesagt würde, er wäre Freimaurer. Dennoch handeln alle seine größeren Romane von Männerbünden und Priesterkasten, verherrlichen sie.  Hier gilt es eben, für die Literaturwissenschaft ein ganz neues Forschungsfeld zu eröffnen. Sollte mich wundern, wenn das noch kein alter Hut sein sollte.

"Das Vernichtet-Werden der Völker als Voraussetzung einer neuen und höheren Schöpfung"

Toll aber, was darauf dann noch der Frieder geschrieben hat - und um dessentwillen vor allem habe ich diesen Blogartikel zusammen gestellt:

Lieber Ingo,
vielen Dank für das geistige Futter. Zwischenfazit der ersten Lektüre zu den Marmorklippen: Der Maurer-Zaunpfahl ist wahrlich dick. Viele Indizien sprechen dafür: Erstens, dass es sonst in den Interpretationen unerwähnt bleibt. Dann der gegenseitige Schutz: Adolf Hitler hält persönlich Goebbels gegen ihn zurück, dafür macht er bei keinen Attentaten mit. Der Genuß an der Feuerzerstörung, also des "Ganzbrand-Opfers" der Großen Marina (Germania): „Das Schauspiel dehnte sich in fürchterlicher Stille aus […] Von allen Schrecken der Vernichtung stieg zu den Marmorklippen einzig der goldene Schimmer empor. So flammen ferne Welten zur Lust der Augen in der Schönheit des Untergangs auf" bei gleichzeitigem Hochhalten guter Werte, je nach Epoche passend. U.v., von Dir gezeigt.
Wenn er einen Mix aus Hitler und Stalin darstellen hätte wollen, um das Totalitäre an sich zu zeigen, hätte er doch risikolos Stalin zeichnen können mit Merkmalen von Hitler, was viele russische antikommunistische Autoren umgekehrt mit Hitler machten, um zu zeigen, dass der gemeinsame Nenner eine Art Nationalbolschewismus war. Wozu dann das eigene Eingeweihtsein in die Hintergrundmächte präsentieren? Eben weil er wusste, dass ihm daraus kein Strick gedreht werden würde, womit die ungebrochene Macht der Hintergrundstrukturen besungen wird.  Aus einer 1981-Interpretation: "Die ethische Problematik der Erzählung liegt darin, dass sie das Vernichten-Wollen kritisiert, aber das Vernichtet-Werden ästhetisch verbrämt und als Voraussetzung einer neuen und höheren Schöpfung feiert." Ohne Bezug zu den Maurern ist das eine ethische Problematik, also irgendwie komisch, mit Bezug ist das konsequent.
LG Frieder

Da hat Frieder noch einmal eindrucksvoll Dinge auf den Punkt gebracht. Das scheint uns fast zu den Schilderungen von dem Hans Bernd Gisevius zu passen über den Reichstagsbrand, die sich über viele Seiten seines Buches hinweg ziehen, und die sich lesen wie Begeisterung über ein großes satanistisches Ereignis. Und eigentlich noch besser passen diese Dinge zu Ernst Jüngers Freund Friedrich Hielscher, der schon 1931 voller Entzücken war über die "kommende Vernichtung".

Spiegelt sich in der Erzählung eher die Stimmung des Jahres 1931 wieder?

Ergänzung 22.10.2019: Beim wiederholten Lesen kann einem erst auffallen, daß in dem von uns Erarbeiteten zu dem Roman "Auf den Marmorklippen" von Ernst Jünger noch gar nicht berücksichtigt ist, daß Ernst Jünger und sein Freundeskreis (Friedrich Hielscher und andere) ja schon Ende der 1920er Jahre zu jenen innerhalb der deutschen rechtskonservativen Kreise gehörten, die sich auf den für 1932 anvisierten Zweiten Weltkrieg sehr konkret vorbereitet haben. Es ist deshalb gut denkbar, daß die damalige gedankliche Vorbereitung auf das Jahr 1932 viel dazu beigetragen hat, daß dieser Roman zehn Jahre später in der Weise erschienen ist wie er eben erschienen ist.

Erich Ludendorff hatte diesen damals für 1932 anvisierten Weltkrieg dadurch "zerredet", daß er in seiner weit verbreiteten und in viele Weltsprachen übersetzten Schrift "Weltkrieg droht auf Deutschem Boden" (1930) den Verlauf dieses für 1932 anvisierten Krieges und die Zerstörung und Bolschewisierung Ostdeutschlands bis zur Elbe schon sehr genau voraus gesagt hat. Er kritisierte damals öffentlich die "hirnverbrannte nationalsozialistische Außenpolitik", die glaubte, mit der unbewaffneten und militärisch nicht ausgebildeten "SA-Armee" und im Bündnis mit den rechtskonservativen Stahlhelm-"Einheiten" gegen die hoch gerüsteten europäischen Militärmächte antreten zu wollen. Vermutlich läßt sich aufzeigen, daß die Stimmung in dem Roman "Auf den Marmorklippen" auch sehr von diesen Erörterungen Anfang der 1930er Jahre mitgeprägt sind, in denen schon damals die Neuen Nationalisten im Bündnis mit der NSDAP sich für einen Weltkrieg auf deutschem Boden im Jahr 1932 vorbereiteten.

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*) [26.9.2019]: Ein Leser schreibt noch zu den von Daniel geäußerten Worten ("Allgemein habe ich mir immer gedacht, daß Herrn Jüngers Schreibe eine gänzlich andere gewesen sein dürfte, wenn er z.B. im Krieg ein Bein verloren hätte. Vor dem Hintergrund sehe ich solche Haltungen, die in der Geschichte vermeintlich so marmorn vor uns stehen"):
Jemand hat mir das Buch "Konzert für die linke Hand" von Lea Singer geschenkt. Dort verliert der Protagonist Paul Wittgenstein im Ersten Weltkrieg den rechten Arm und wird trotzdem ein Klaviervirtuose. Ein bemerkenswertes Stück über die gesellschaftlichen Zustände und Strömungen in Wien und Österreich vor und nach dem Ersten Weltkrieg.
Allgemein ist das Thema Körperbehinderung ja behandelt im ersten Abschnitt von Peter Sloterdijks Buch "Du mußt dein Leben ändern". Und gut, zu diesen Worten von Daniel hatte bislang nichts gesagt, glaube aber nicht, daß sie den Kern treffen. Der Friedrich Hielscher war gar kein Kriegsteilnehmer und hat genauso geredet, Hermann Hesse war Krankenpfleger und so weiter. Aber ich  möchte diesen Hinweis von meiner Seite aus dann doch noch ergänzen mit dem Hinweis auf den - wie ich finde - sehr wertvollen, gehaltvollen, zukunftsweisenden deutschen Schriftsteller Friedrich Franz von Unruh (1893-1986) (Wiki). Er ist der Bruder des expressionistischen Schriftsteller Fritz von Unruh und des Ludendorff-Mitarbeiters Karl von Unruh. Auch Friedrich Franz von Unruh ist ein vergessener Autor aus der Zeit des Ersten Weltkrieges. Auch er hat einen Arm im Krieg verloren. Und wie er zu diesem überaus wertvollen, gehaltvollen Schriftsteller wurde, das schildert er in dem autobiographischen Büchlein "Der innere Befehl", das von dem gleichen inneren Befehl handelt, dem viele Angehörige der damaligen Frontgeneration gefolgt sind. Gerade deshalb ja ist die Literatur während und nach dem Ersten Weltkrieg so reich.
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  1. Niels Werber: Formen des Schwärmens. Ernst Jünger, Olaf Stapledon. Antrittsvorlesung Siegen, 8. Juli 2009, https://blogs.uni-siegen.de/nielswerber/files/2017/06/Formen-des-Schwaermens_lang.pdf
  2. Bading, Ingo: Erich Ludendorffs militärwissenschaftliche Schriften über einen neuen Krieg (1930 bis 1937), https://studiengruppe.blogspot.com/2016/04/erich-ludendorffs-militarwissenschaftli.html

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