Dienstag, 18. Oktober 2011

"Generation Giordano" - inmitten einer Wolke aufgewirbelten Staubes


"In erster Linie bin ich Humanist und Menschenfreund. Für mich gibt es keine Völker, sondern nur Menschen." (David Farago)

Die "Giordano Bruno-Stiftung" hat ein Kind bekommen. Und viele diskutieren, ob es ein eigenes Kind ist oder ein ihr untergeschobenes, ihr ungewollt vor die Tür gesetztes, ob es ein ehelich oder unehlich oder außerehelich gezeugtes und/oder geborenes Kind ist. Auch wir selbst schweben völlig im Dunkeln über die Elternschaft und geben im folgenden nur unsere ganz persönliche Sicht auf die Vorgänge.

Man kann das Kind natürlich wahrnehmen als eine Art inoffizieller, nicht anerkannter, wie gewöhnlich mit einigem Mißtrauen beäugter *Online-Jugendorganisation* der "Giordano Bruno-Stiftung" auf Facebook. Nämlich die Facebook-Gruppe "Generation Giordano" mit ihren zwischenzeitlich über 800 Mitgliedern. Sie hat allerhand Staub aufgewirbelt. Und zwar nicht nur wegen der ungeklärten Frage der "Erziehungsberechtigten". ;-)

Und die in den Diskussionen der letzten Tage gemachten Erfahrungen haben sicherlich viele Menschen - zumal im Umfeld der Giordano Bruno-Stiftung, aber auch weit darüber hinaus - nachdenklich gemacht (siehe etwa den "Humanistischen Pressedienst" hpd: "Klargestellt"). Der Gruppengründer der "Generation Giordano", Frank Berghaus, Bloginhaber von "Wissen bloggt" und zahlreiche Mitglieder der 800-Mitglieder-starken Facebook-Gruppe "Generation Giordano" haben keine Berührungsängste gegenüber den durch Thilo Sarrazin angesprochenen Themen (und arbeiten unter anderem auch schon verdienstvollerweise an "Aussteigerprogrammen" für Kommentatoren des mit Recht sehr umstrittennen Blogs "Political Incorrect").

Der Gruppen-Usurpator David Farago, der sich plötzlich in den Vordergrund gedrängelt hat und alle andere Administratoren ohne jede Absprache oder Ankündigung abgesetzt hat, erklärte in seiner ersten "Thronrede" am Sonntag Abend - auf die er bezeichnenderweise lange hatte warten lassen -, daß er in erster Linie "Humanist, also Menschenfreund" sei und es für ihn "keine Völker, sondern nur Menschen" gäbe. Leider gäbe es, was  Frank Berghaus betrifft, in manchen Bereichen keine Schnittmenge mehr mit dem Humanismus, was er erst festgestellt habe, nachdem er anfangen habe mit Frank Berghaus zusammenzuarbeiten.

"Im Hintergrund passiert zur Zeit viel ..."

Das ist natürlich ganz schön päpstlich, anderen Humanisten, die auf ihrem Blog viele bekannte Humanisten als Gastautoren haben, freiweg den Humanismus abzusprechen. Und in seiner heutigen zweiten "Thronrede" erklärt er aus seiner Sicht in ähnlicher Weise, daß "im Hintergrund" zur Zeit "viel passieren" würde, und daß ab jetzt Netzverweise in der Facebook-Gruppe "Generation Giordano" zum Blog "Wissen bloggt" nicht mehr geduldet werden sollten. Der Humanismus der Gruppe wäre "mißbraucht" worden, um für einen einzelnen Blog Werbung zu machen.

Nach dem Rückzug des Pressesprechers der gbs, von Philipp Möller, aus der Gruppe "Generation Giordano" glaubte Frank Berghaus dann nicht mehr auf "weiteres Wohlwollen" der Giordano Bruno-Stiftung setzen zu können.

Man kann aus den dort geführten Diskussionen viel lernen. Allen, die dem Projekt "Generation Giordano" von Anfang an mit Wohlwollen gegenüberstanden, muß doch bekannt sein, daß es viele in ihren Reihen gibt - wie die Blogger Frank Berghaus oder Andreas Müller -, die den naturalistischen Anliegen von Thilo Sarrazin grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Wenn sie also Wohlwollen entziehen, dann nicht wegen dieser grundsätzlichen Haltung, die schon seit vielen Monaten bekannt ist, sondern weil sie es plötzlich mit einer schnell wachsenden Facebook-Gruppe zu tun hatten. Sprich, solange die Dinge im "kleinen Winkel" bleiben, kann man ihnen mit Wohlwollen gegenüberstehen, erlangen sie aber größere Öffentlichkeit, muß Usurpatoren-gleich und erwachsene Menschen bevormundend eingegriffen werden.

Das ist eine ziemlich inkonsequente Haltung und sie zeigt, auf welcher schiefen Ebene man sich derzeit in diesen Kreisen bewegt. Die Basis denkt vielfach anders als die einflußreichsten Leute. Ob das auf die Dauer gut geht? Wohl nicht in Facebook-Zeiten. In Vor-Facebook-Zeiten konnte so etwas noch gut gehen (siehe etwa die "Grünen"). Heute wohl nicht mehr.

Wölfe unter dem Schafspelz?

Jedenfalls wissen es jetzt viel mehr Leute als zuvor: Frank Berghaus und sein ideologiefreier Ansatz haben unter Humanisten sehr viel mehr Sympathisanten, als wahrscheinlich bis heute den meisten bewußt gewesen ist. Und es gibt noch viel mehr, die nicht verstehen, wie man seine Personalie so "ideologisieren" kann, wenn es doch insgesamt um viel weiter gefaßte Ziele geht (Laizismus und anderes). Da kann man an "Hintergründen" noch viel mutmaßen. Uns scheinen diese einigermaßen offensichtlich. Aber als gewöhnlicher, typischer Humanist, wie man derzeit auf Facebook diskutiert, glaubt man ja nicht an das Schlechte und Schlechteste unter seinen Mitmenschen, selbst unter seinen weltanschaulichen Gegnern. Man hat offenbar die "Kriminalgeschichte des Christentums" noch nicht gründlich genug studiert und wittert deshalb immer noch viel zu wenig "Wölfe unter dem Schafspelz".

Erst vor wenigen Jahren gab es bedeutendste evangelische Autoren und Theologen, die sich als Geheimkatholiken entpuppt haben, worüber sich Herausgeber der "Zeit" mit Recht hochgradig empört haben. Und da soll es unter Humanisten keine Geheimchristen und Geheimkatholiken geben? Keine Wölfe im Schafspelz geben? Das glaube wer will. Mit der Strategie von "Gutmenschen" hätten die christlichen Lobbymächte von heute gewiß nicht jene Macht, die sie haben. 

Ein weiteres Kapitel "Kriminalgeschichte des Christentums"?

Konsequent und folgerichtig jedenfalls hat der als Administrator abgesetzte Frank Berghaus heute eine neue Facebook-Gruppe gegründet "Generation Giordano - das Original" (siehe auch "Wissen bloggt"), wo man seine Mitgliedschaft beantragen kann ganz ebenso wie bei der alten. (Was ich auch weiterhin nur allen Bloglesern empfehlen kann! Einige sind meiner Empfehlung dankenswerter Weise schon gefolgt!) Dort habe ich selbst gerade folgenden wie ich hoffe weiterführenden Diskussionsbeitrag eingestellt. Allerdings weiterführend wohl eher in einer mittel- und längerfristiger Perspektive:
Die Gründung dieser Gruppe finde ich folgerichtig und konsequent. Aber wir sollten auch die alte Gruppe nicht aufgeben. Denn im Grunde setze ich mich lieber mit Leuten auseinander, die NICHT meiner Meinung sind, als mit Leuten, die meiner Meinung sind. Werden diese anderen auch hier herüberkommen? Die Gesamtheit der Erkenntnisse zum naturalistischen Menschenbild von heute war der Haken, an dem man in der alten Gruppe in der Diskussion hängen geblieben ist. Interessant genug, finde ich. Das kann also kein nebensächliches Thema sein. Für eine "Generation Giordano". Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht.
Bekanntermaßen hat die Inhumantität im 20. Jahrhundert GERADE am Thema der Ungleichheit von Kulturen und Völkern angesetzt und sie gegenseitig zu furchtbaren Verbrechen aufgehetzt. Wenn die Evolutionäre Anthropologie von heute wieder stärker als bislang bekannt eine etwaig gegebene UNGLEICHHEIT von Kulturen und Völkern im menschlichen Genom und in der menschlichen Psyche erkennt, dann sollten gerade Humanisten es als eines ihrer zentralsten Anliegen begreifen, daß endlich einmal darwinische Erkenntnisse NICHT in Sozialdarwinismus enden, sondern ein HUMANERES Zusammenleben von Menschen, Völkern und Kulturen bewirken. (Und damit dann auch eine weniger ideologisierte Gesprächshaltung, die ja vornehmlich aus der unbewältigten und deshalb durchaus berechtigten ANGST vor neuem Sozialdarwinismus genährt ist.)
Auf diesem Gebiet ist auch UNTER HUMANISTEN selbst, wie die letzten Tage gezeigt haben, viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Das heißt: Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig. Aber die inneren Auseinandersetzungen darüber, wie man die modernen anthropologischen Erkenntnisse mit einer humanistischen Moral verbindet, sind - längerfristig und auch ganz unabhängig davon, ob es Kirchen gibt oder nicht - wohl noch viel wesentlicher. Eine Schwerpunktlegung auf diese Themen würde es auch vermeiden, daß man sich als Humanist so stark von einem "Feindbild" her definiert, statt aus Eigenmotivation heraus Lösungsvorschläge für jene anstehenden gesellschaftlichen Probleme vorzubringen, die die derzeit Regierenden noch vornehmlich von einem "christlichen Menschenbild" ausgehend zu lösen bestrebt sind. 
Ja, in deren Angesicht sie einmal aufs Neue ihr "christliches Menschenbild" aus ihrer verquasteten Ideologiekiste hervorkramen, möchten wir hier noch ergänzen. Ganz zu recht wurde von einem zweiten abgesetzten Administrator dazu geschrieben, daß bei diesen Themen nicht alle Anthropologen und Biologen einer Meinung sind.

Nun, Frank Berghaus oder Andreas Müller haben sich über diese Themen auch begründete Urteile bilden können, ohne Experten zu sein. Das ist durchaus auch Laien möglich. Ja, die Sarrazin-Debatte fordert ja Laien geradezu dazu heraus, sich auch auf diesen Gebieten eine Urteil zu bilden. Wie auch sonst, ist hier eben das Grundanliegen des Humanismus angesagt: Aufklärung. Und Wissenschaftsnähe. Auch auf diesem Gebiet. Unsere Blogs arbeiten an dieser Aufklärung ja schon seit vielen Jahren.

Auch ein Forum hat sich gebildet: "Generation-Giordano.de", wo sich jeder registrieren und mitdiskutieren kann. Man darf auf den Fortgang der Erörterungen und Entwicklungen außerordentlich gespannt sein.

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PS (19.10.2011): Dieser Beitrag wurde nach dem Kommentar von "Bruder Spaghettus" auf Paperblog etwas umgschrieben.

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