Dienstag, 12. Juli 2011

Richard Dawkins und die Frauen

(Wie) Ist Flirten in einer atheistischen Gesellschaft möglich?

- Mal ein ganz anderes Thema. Es ist schon schrill, über was andernorts derzeit so alles diskutiert wird. Verpassen tut man da offenbar zumeist nicht viel. Aber dann z.B. folgendes: Richard Dawkins soll in einer Diskussion über die wenigen Frauen unter Kirchenfreien und Atheisten etwas Unpassendes gesagt haben. Und in den letzten fünf Tagen gab es dazu allein auf einem einzigen deutschen Blogbeitrag fast 300 Kommentare (Scienceblogs). Mehr gelangweilt, als amüsiert liest man sich durch die Reihe der Kommentare. Manche bekannten und unbekannten Leute liest man - - - "mal wieder". Man hört sich an, wie auf Richard Dawkins herumgeschimpft wird. (... Der hat ja ein dickes Fell, sagt man sich ...) Bis man dann endlich einmal auf einen Kommentar stößt, von dem man den Eindruck hat, daß er wirklich paßt. Wobei man dann vielleicht auch bedauert, daß dieser Kommentar nicht von Richard Dawkins selbst ist.

Wir sozialen Krüppel

Zur Erläuterung: Es geht darum, daß eine junge Frau (Rebecca) auf einem Atheistenkongreß um vier Uhr morgens am Fahrstuhl, nachdem sie auf der Konferenz darüber gesprochen hatte, daß Frauen falsch behandelt würden unter Kirchenfreien und Atheisten, von einem ihr unbekannten jungen Mann am Fahrstuhl angesprochen und gefragt wurde, ob sie mit ihm zusammen auf seinem Zimmer noch einen Kaffee trinken und sich unterhalten wolle. Sie empfand sein Verhalten unangemessen und einschüchternd. Wie gesagt, diese kleine Szene rief bis dato auf nur einem von sicherlich vielen Blogs weltweit, die darüber schrieben, 300 Kommentare hervor. Soweit übersehbar, übrigens fast nur von Männern (!!!). Nun also sicherlich einer der besten dazu. Und vorweg noch einmal: Schade, daß er nicht von Richard Dawkins selbst stammt:
TSK· 08.07.11 · 01:12 Uhr
Zum Videobeitrag:
Rebecca macht darin einfach den Eindruck, dass sie (Geek, Nerd, Asperger etc.) sehr große Schwierigkeiten hat, mit Avancen allgemein umzugehen. Als sie die Geschichte erzählt, stockt sie, bricht den Augenkontakt, reibt die Hände etc. etc.
Es ist also sinnlos, es von der Warte einer Frau zu betrachten, die damit wesentlich lockerer und selbstbewußter umgehen kann, sondern es ist halt Rebecca.
Zunächst mal: Es ist eine Atheistenkonferenz, bei der es genauso von Geeks, Nerds und Aspergern wimmelt. Man hat die Nacht durchdiskutiert.
Was ich vermute, ist: Der Fahrstuhltyp hat genau dieselben Probleme mit sozialen Kontakten, hat sich genau überlegt, was er sagen will und wartet sehnsüchtig darauf, dass sie alleine ist, um sie ansprechen zu können.
Rebecca geht also zum Fahrstuhl, ist müde und unaufmerksam, der Typ kommt herein und sagt, bevor er sich verhaspelt, seinen Spruch auf. Bautz.
Natürlich ist ihr das dann sehr unangenehm. Sie will ins Bett, ist kaputt, kennt ihn nicht und ist vermutlich erst mal sprachlos. Dann kommt halt die Furcht (eine für *sie* nicht zu beherrschende Situation), Ärger (was habe ich eigentlich heute gesprochen und überhaupt, ich bin müde) und Unwohlsein (wie komme ich hier wieder raus).
Endergebnis: Beide fühlen sich Scheiße. Reparieren läßt sich da nicht mehr viel, höchstens durch Körpersprache (Zurückziehen, wegdrehen) signalisieren, dass man die Abfuhr verstanden hat.
Ich würde ja gerne über das Verhalten schimpfen, aber es soll ja Männer geben, die idiotische Dinge tun, wenn sie verknallt sind....ich gehöre leider auch dazu.
Und damit ist eigentlich alles gesagt. Was für ein schöner Kommentar zwischen all den sonstigen verkrampften, verbiesterten. Ideologien, welcher Art auch immer, machen das Leben verkrampft und verbiestert. Es gibt zu viele davon. Und einfache Freude am Leben und an sozialen Kontakten zu wenig. Warum?

8 Kommentare:

  1. Hey-Ho,

    ja so sehe ich die Geschichte auch. Ist ja fast nix passiert. Der Aufreger daran ist, daß jeder normale Mensch nach Rebeccas Story hättesagen müssen: Ja, ganz schön dämlich eine Frau in einer unangemessenen Sutuation anzusprechen, wenn sie direkt vorher erzählt hat, wie doof sie das findet".
    Nun gibt es aber UNZÄHLIGE TYPEN, die so wie Dawkins durchausbeleidigend dazu ansetzen, der Frau zu erklären wie scheisse SIE denn ist.
    Und genau das ist um es milde zu benennen unfair, doof und eben sexistisch.

    Es gibt einen schönen Text, warum solche scheinbar unbedeutenden Situationen für Frauen eben doch bedeutend sind:
    http://kateharding.net/2009/10/08/guest-blogger-starling-schrodinger%E2%80%99s-rapist-or-a-guy%E2%80%99s-guide-to-approaching-strange-women-without-being-maced/

    AntwortenLöschen
  2. Ja, Richard Dawkins ist nicht der Papst. Nur weil er erkennt, daß Gotteswahn Gotteswahn ist und weil er die darwinische Evolutionstheorie gut durchdenken und erklären kann, auch ihre nicht geklärten Lücken übrigens (siehe "Ancestor's Tale"), muß er nicht gleich auf jedem Gebiet des Lebens sofort die allerhellsten Kommentare abgeben.

    Allerdings kenne ich auch nicht den Gesamtzusammenhang der Diskussion. Was das Gerede von den Privilegien als "weißer Mann" in diesem Zusammenhang soll, weiß ich nicht. Und wenn Dawkins hat sagen wollen, daß auch "weiße Frauen" viele Privilegien genießen, die nichtweiße Frauen nicht genießen, dann hat er abgesehen davon, daß es in diesem persönlichen Einzelfall vielleicht unpassend war, dennoch auf einen wohl nicht ganz unwichtigen Umstand hingewiesen.

    AntwortenLöschen
  3. Ah!!! Vielen Dank für den Link. Der ist unglaublich treffend und passend. Auch mit diesem kann man die ganze Diskussion sehr schnell abkürzen.

    Hier wird eben doch wieder einmal deutlich, daß das weibliche Geschlecht in körperlicher Hinsicht eben doch das "schwächere" ist, und daß eine Darwinische Moral nach dem alleinigen "Überleben des Stärkeren" eine ganz und gar unangemessene für säkulare Gesellschaften ist. Und daß auch Empathie gefragt ist.

    Naja, hübsche und bezeichnende Diskussion!!!

    AntwortenLöschen
  4. Niveauvoll, aber eben Ihr Niveau!
    Ein Psychoanalytiker hätte reiche Möglichkeit, Komplexe zu finden!

    AntwortenLöschen
  5. Genau. Darüber sprachen wir. Über Komplexe und Verkrampfungen.

    Schön, daß auch Sie das offenbar mitbekommen haben. Ich bewundere Ihren Scharfsinn. Und danke für den Versuch, sich wenigstens einmal in die RICHTUNG eines Sachargumentes zu bewegen.

    Das weckt ja vergleichsweise kühne Erwartungen ...

    AntwortenLöschen
  6. Immer nur Retourkutschen, Sie Krieger!
    Sind Sie ein Don Quichote!
    Das habe ich doch ständig von Ihnen gesagt!

    AntwortenLöschen
  7. Sie scheinen gar nicht zu ahnen, wie Unrecht Sie Don Quichote tun, in dem Sie so ganz gedankenlos die Verwegenheit besitzen, jemanden wie mich mit ihm auf eine Stufe zu stellen.

    Selbst ein Don Quichote würde heute noch aus den Dutzend- und Durchschnittsmenschen herausragen. Er strebt nach dem Höheren. Er kämpft tapfer für das Gute. Wer tut denn das heute noch? So daß die Leute allerseits Freude an ihm haben? Alles ist heute "desillusioniert". Und lacht zynisch über Zynismen. Man lacht nur noch über viel blödere Idioten und Idiotien als die des großen erhabenen Gegenstandes der Weltliteratur Don Quichote. Was auch wieder einmal mehr als bezeichnend ist.

    Selbst wer heute den Don Quichote geben WÜRDE, diesen unverwüstlichen Romantiker und Ritter von der traurigen Gestalt, würde den Menschen etwas Gutes tun. Würde ihnen die Ahnung eines besseren, höheren, edleren Lebens geben.

    Ehre seiner Tapferkeit, seinem ritterlichen Sinn und seinem Sinn für Gerechtigkeit und Würde, die doch, was immer auch tut, immer wieder durchblitzen.

    AntwortenLöschen
  8. Können Sie mir nur einen nennen, der Sie ernst nimmt?
    Bitte jetzt mal keine Retourkutsche, sondern einen Namen.

    Vielleicht Ihr Psychiater?

    AntwortenLöschen