Mittwoch, 15. September 2010

Thilo Sarrazin ist Jared Diamond

Endlich ist das Buch von Thilo Sarrazin ausgeliefert worden und man hält es in Händen. Die ersten fünfzig Seiten sind gelesen. Ein Buch, das man - trotz all der schon vorhandenen Skepsis gegenüber der medialen Hysterie und trotz des Studiums so mancher informierteren Rezension zwischenzeitlich - immer noch vollkommen unterschätzt hatte. Ebenso wie den Autor.

Was ist dieses Buch von Thilo Sarrazin? Das bedeutendste, das beste, das wichtigste Sachbuch der letzten zehn Jahre? Der letzten fünfzig Jahre?

Thilo Sarrazin auf Augenhöhe mit Jared Diamond

Eines ist sicher: Bei diesem Buch handelt es sich um jenes Buch, das Jared Diamond hätte schreiben müssen (der groben Argumentationslinie nach), als er 2006 sein Buch "Kollaps" geschrieben hat (Untertitel: "Warum Gesellschaften überleben oder untergehen"). Das Erstaunliche ist nämlich, daß ein Buch, für das der Autor aus hohen Staatsämtern vom deutschen Bundespräsident entlassen wird, wissenschaftlich auf völlig dem gleichen Niveau angesiedelt ist, wie die Bücher des amerikanischen Bestseller-Autors Jared Diamond. Noch einmal: Das Erstaunliche ist, daß der politische Praktiker Sarrazin jenes gelehrte, auf weite Horizonte zurückblickende, weite Horizonte der Gegenwart zur Kenntnis nehmende und darum auch weite Horizonte der Zukunft eröffnende Buch geschrieben hat, das in diesem Format nur noch ein Jared Diamond hätte schreiben können. (Vielleicht noch ein Michael Mitterauer, siehe etwa sein "Warum Europa?" [2004].)

Damit soll nur angedeutet werden, auf welchem Niveau sich dieses Buch bewegt und darum auch zu behandeln ist. (Eine deutsche Bundeskanzlerin heutigen Formats, ein deutscher Bundespräsident heutigen Formats steht so weit unterhalb dieses Niveau's, daß schon gerade deshalb dieses Buch die tatsächlich bestehenden Verhältnisse so deutlich werden läßt.)

Die eben geäußerte These kann jederzeit und mit jeder Berechtigung verteidigt werden. Joseph Tainter, selbst Autor eines Buches, in dem der Titel "Collapse" vorkam (von 1990), kritisierte Jared Diamond mit aller Berechtigung dafür, daß Diamond die Humangenetik in seinem Buch "Kollaps" nicht behandelt hatte. Das konnte nach all den anthropologischen Büchern, die Diamond schon geschrieben hatte, nur auf einer sehr bewußten, sprich ideologischen Entscheidung Diamond's beruhen. Ob Diamond damit der Wissenschaft und modernen Gesellschaften wirklich einen Dienst geleistet hat, bleibe dahingestellt. Sein "Kollaps" ist dick und sagt wenig aus. So jedenfalls der Eindruck so manches Lesers schon im Jahr 2006 (s. dazu auch Kommentare auf Scienceblogs.de im Mai letzten Jahres).

Nicht neue Parteien sind gefragt, sondern neue Ideen - sprich: Wissenschaft ist gefragt

Aber was ist nun mit Sarrazin? Nun, er korrigiert mit seinem Buch wohl einen großen Teil der Vernachlässigungen, der Fehler, der Schieflagen, die man in dem Buch "Kollaps" von Jared Diamond hatte feststellen müssen. Wenn Joseph A. Tainter, einer der Begründer der Erforschung des "Kollaps von komplexen Gesellschaften" dieses Buch von Sarrazin liest, wird er sich in manchem bestätigt fühlen.

Andere Vorgänger von Sarrazin waren Meinhard Miegel und Stefanie Wahl mit ihrem Buch "Das Ende des Individualismus" (2005, das die demographische Frage, allerdings ohne die Humangenetik behandelt hatte). Ein anderer Vorgänger war der Demograph Herwig Birg. Man könnte natürlich noch viele andere nennen (s.a. Bücherliste). Etwa auch das längst vergessene, aber wertvolle Buch "Verhütete Zukunft" des französischen Demographen Pierre Chaunu (1986).

Eines wird damit sofort und auf einen Schlag klar. Dieses Buch ist kein "Auftragswerk", im Auftrag irgendwelcher Lobby's oder Elite-Klüngel geschrieben. Nein, es ist das Werk des selbständig denkenden Forschers, Philosophen und Geschichtsdenkers Thilo Sarrazin, der sich damit einen bleibenden Platz in der Wissenschaftsgeschichte und weit darüber hinaus erobert hat.

Und noch eines: Wer mit Sarrazin geistig Schritt halten will, darf sich nicht mit Parteigründungen abgeben, nein, er muß sich auf das einlassen, was Sarrazin selbst getan hat. Er muß die Ärmel hochkrempeln und tief in die Wissenschaft selbst einsteigen und in ihr wühlen. Denn unsere Gesellschaft wird nur als Wissensgesellschaft überleben - wenn sie überlebt. Jedoch bestimmt nicht als eine "Parteiengesellschaft".

7 Kommentare:

  1. um die Liste "Sarrazin für Anfänger" um wichtige Aspekte zu ergänzen, um deutlich zu machen, daß der Erblichkeitsfaktor von Intelligenz wesentlich differenzierter zu sehen ist, als hier und an anderen Stellen von Herrn Bading dargestellt, nachfolgend einige weitere Quellen. Es sei dabei darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt bei Herrn Srrazin auf den Faktoren Bildung und Integration liegt und nicht, wie man bei der Lektüre von Herrn Bading annehmen könnte, auf der Erblichkeit von Intelligenz. Auch der von Herrn Bading zitierte Artikel "Intelligenz von Menschen und Ethnien (Rindermann/Rost, FAZ, 2010)" bestätigt dies.

    Ob unsere Gesellschaft dümmer wird oder nicht, liegt an uns und unserem Gesellschaftlichen Engagement, unserem Bildungssystem und dem, was wir neben den Einwanderern allen Bürgern abverlangen, -- und nicht daran, daß Menschen mit einem "niedrigeren IQ einwandern".

    ***********
    http://www.zeit.de/1998/18/intelligenz2.txt.19980423.xml

    Bei Intelligenztests schneidet jede Generation besser ab als die vorherige. Da stimmt etwas nicht. Teil II der Serie, deren 1. Teil von Herrn Bading zitiert wird, Untertitel:

    Waren unsere Vorfahren dümmer?

    **********
    http://www.zeit.de/1998/19/iqumwelt.txt.19980429.xml

    Die äußeren Einflüsse auf Kinder sind in Familien nur scheinbar gleich. Das hat Folgen für die Intelligenz. Teil III und Schluß der Serie
    Untertitel:
    Unterschied Umwelt
    ****************

    http://www.zeit.de/1998/22/Mit_heiligem_Eifer

    Leserbrief zu Dieter Zimmer in die Zeit Online von Prof. Dr.
    Manfred Velden Fachbereich Psychologie Universität Osnabrück

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  2. Hallo Ingo,

    bis jetzt sind 650000 Bücher von Sarrazin verkauft worden, bis Jahresende werden es wohl 1 Million.
    Aber jetzt kommt der nächste Aufreger und ich freue mich schon auf die Diskussionen in Zeit, Süddeutsche, FR sowie TAZ:

    http://www.welt.de/debatte/article9723059/Wie-die-Islamisten-Deutschland-unterwandern.html

    Gruß von Bert

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  3. um die Liste "Sarrazin für Anfänger" um wichtige Aspekte zu ergänzen, um deutlich zu machen, daß der Erblichkeitsfaktor von Intelligenz wesentlich differenzierter zu sehen ist, als hier und an anderen Stellen von Herrn Bading dargestellt, nachfolgend einige weitere Quellen.
    Es sei dabei darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt bei Herrn Sarrazin auf den Faktoren Bildung und Integration liegt und nicht, wie man bei der Lektüre von Herrn Bading annehmen könnte, auf der Erblichkeit von Intelligenz. Auch der von Herrn Bading zitierte Artikel "Intelligenz von Menschen und Ethnien (Rindermann/Rost, FAZ, 2010)" bestätigt dies.

    Ob unsere Gesellschaft dümmer wird oder nicht, liegt an uns und unserem Gesellschaftlichen Engagement, unserem Bildungssystem und dem, was wir neben den Einwanderern allen Bürgern abverlangen, -- und nicht daran, daß Menschen mit einem "niedrigeren IQ einwandern".

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    Bei Intelligenztests schneidet jede Generation besser ab als die vorherige. Da stimmt etwas nicht. Teil II der Serie, deren 1. Teil von Herrn Bading zitiert wird, Untertitel:

    Waren unsere Vorfahren dümmer?

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    Die äußeren Einflüsse auf Kinder sind in Familien nur scheinbar gleich. Das hat Folgen für die Intelligenz. Teil III und Schluß der Serie
    Untertitel:
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  4. um die Liste "Sarrazin für Anfänger" um wichtige Aspekte zu ergänzen, um deutlich zu machen, daß der Erblichkeitsfaktor von Intelligenz wesentlich differenzierter zu sehen ist, als hier und an anderen Stellen von Herrn Bading dargestellt, nachfolgend einige weitere Quellen.
    Es sei dabei darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt bei Herrn Sarrazin auf den Faktoren Bildung und Integration liegt und nicht, wie man bei der Lektüre von Herrn Bading annehmen könnte, auf der Erblichkeit von Intelligenz. Auch der von Herrn Bading zitierte Artikel "Intelligenz von Menschen und Ethnien (Rindermann/Rost, FAZ, 2010)" bestätigt dies.

    Ob unsere Gesellschaft dümmer wird oder nicht, liegt an uns und unserem Gesellschaftlichen Engagement, unserem Bildungssystem und dem, was wir neben den Einwanderern allen Bürgern abverlangen, -- und nicht daran, daß Menschen mit einem "niedrigeren IQ einwandern".

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    Bei Intelligenztests schneidet jede Generation besser ab als die vorherige. Da stimmt etwas nicht. Teil II der Serie, deren 1. Teil von Herrn Bading zitiert wird, Untertitel:

    Waren unsere Vorfahren dümmer?

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    Die äußeren Einflüsse auf Kinder sind in Familien nur scheinbar gleich. Das hat Folgen für die Intelligenz. Teil III und Schluß der Serie
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  5. um die Liste "Sarrazin für Anfänger" um wichtige Aspekte zu ergänzen, um deutlich zu machen, daß der Erblichkeitsfaktor von Intelligenz wesentlich differenzierter zu sehen ist, als hier und an anderen Stellen von Herrn Bading dargestellt, nachfolgend einige weitere Quellen.
    Es sei dabei darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt bei Herrn Sarrazin auf den Faktoren Bildung und Integration liegt und nicht, wie man bei der Lektüre von Herrn Bading annehmen könnte, auf der Erblichkeit von Intelligenz. Auch der von Herrn Bading zitierte Artikel "Intelligenz von Menschen und Ethnien (Rindermann/Rost, FAZ, 2010)" bestätigt dies.

    Ob unsere Gesellschaft dümmer wird oder nicht, liegt an uns und unserem Gesellschaftlichen Engagement, unserem Bildungssystem und dem, was wir neben den Einwanderern allen Bürgern abverlangen, -- und nicht daran, daß Menschen mit einem "niedrigeren IQ einwandern".

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    Bei Intelligenztests schneidet jede Generation besser ab als die vorherige. Da stimmt etwas nicht. Teil II der Serie, deren 1. Teil von Herrn Bading zitiert wird, Untertitel:

    Waren unsere Vorfahren dümmer?

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  6. Vielen Dank für diesen Kommentar (der irgendwie Schwierigkeiten hatte, "hineinzukommen" ...).

    Sie haben ganz recht. Der Schwerpunkt von Sarrazin liegt mehr auf Bildung, als in dieser "Schnellschuß"-Rezension dargestellt.

    Sowie ich Zeit habe, werde ich noch einmal ausführlicher zu dem Buch Stellung nehmen, das ich inzwischen zuende gelesen habe.

    Sarrazin hat gar keine besonderen Ideen, wie man es erreichen könnte, daß die Bildungsschichten in Deutschland mehr Kinder haben. Deshalb reitet er so viel auf denen herum, die seiner Meinung nach "zu viel" haben.

    Das empfinde ich zum Teil als respektlos.

    ICH freue mich über jede türkische Mutter, die ein Kind hat. Das gebietet einfach die Ehrfurcht vor dem Leben. Und diese Hochachtung muß jederzeit in allem, was man äußert zu spüren sein, sonst wird man niemals den Deutschen jene Hochachtung vor dem Leben und vor dem Kinderhaben einflößen können, die allein einen Wechsel bewirken könnte.

    Das nur in Kurzform.

    (Übrigens hat Dawkins schon erkannt, daß auch für Atheisten solche Dinge wie "Ehrfurcht vor dem Leben" zentrale Werte sein müssen.)

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  7. Irgendwie gibt es hier ein Problem mit der Kommentarfunktion.

    Im foglenden noch einmal der Kommentar eines "C" zu diesem Beitrag, auf den ich eben geantwortet habe.

    xxxx xxxx xxxx xxxx xxxx

    um die Liste "Sarrazin für Anfänger" um wichtige Aspekte zu ergänzen, um deutlich zu machen, daß der Erblichkeitsfaktor von Intelligenz wesentlich differenzierter zu sehen ist, als hier und an anderen Stellen von Herrn Bading dargestellt, nachfolgend einige weitere Quellen.
    Es sei dabei darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt bei Herrn Sarrazin auf den Faktoren Bildung und Integration liegt und nicht, wie man bei der Lektüre von Herrn Bading annehmen könnte, auf der Erblichkeit von Intelligenz. Auch der von Herrn Bading zitierte Artikel "Intelligenz von Menschen und Ethnien (Rindermann/Rost, FAZ, 2010)" bestätigt dies.

    Ob unsere Gesellschaft dümmer wird oder nicht, liegt an uns und unserem Gesellschaftlichen Engagement, unserem Bildungssystem und dem, was wir neben den Einwanderern allen Bürgern abverlangen, -- und nicht daran, daß Menschen mit einem "niedrigeren IQ einwandern".

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