Demokratien ohne Demokraten: Das Ziel der Geheimdienste?
- Einleitung: Geheimdienst-Tummelplatz Singen am Hohentwiel 1977
Wenn man vom Bahnhof Singen am Hohentwiel mit dem berühmten Maggi-Gebäude im Hintergrund durch die Fußgängerzone Richtung Innenstadt geht, muß man die große, vielbefahrene "Freiheitsstraße" überqueren, um - etwa - in der übernächsten Parallelstraße das Hegau-Gymnasium in der Alemannenstraße zu erreichen (siehe Google Maps).
Noch allerhand Parallelstraßen hinter dem Hegau-Gymnasium stadtauswärts erreicht man die Reichenaustraße, in der der Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren für ein knappes Jahr gewohnt hat.
In der genannten Fußgängerzone, der August-Ruf-Straße, kurz hinter dem Bahnhof, liegt rechts, wenn man Richtung Innenstadt geht, die Konditorei Cafe Hanser (siehe Foto rechts, sowie Google Maps).
In diesem Cafe saßen am Morgen des 3. Mai 1977, knapp einen Monat nach dem Mord an Siegfried Buback die RAF-Terroristen Verena Becker und Günter Sonnenberg.
Sie wurden von einer Rentnerin - so lautete bislang die offizielle Version - erkannt, die die Polizei informierte. Die nun folgenden Ereignisse sind recht detailliert und anschaulich dargestellt in einer neuen Fernsehdokumentation, die am 2. September (bezeichnenderweise um 23.30 Uhr) im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt worden ist (1, 2; siehe auch: SWR, Spiegel).
Zwei Polizisten fragten die beiden Terroristen nach ihren Ausweisen. Diese gaben vor, diese seien im Auto. Sie führten die beiden Polizisten die Fußgängerzone hinunter in die Freiheitsstraße, wo ihr Auto stand. Dort in der Freiheitsstraße kam es zur Schießerei zwischen den beiden Terroristen und den beiden Polizisten. Einer der beiden Polizisten wurde lebensgefährlich verletzt. (2) Verena Becker und Günter Sonnenberg hielten einen vorbeifahrenden Opel Ascona an, zwangen den Fahrer auszusteigen und flüchteten mit dem Auto.
Die Polizei verfolgte die Terroristen bis zum Ortsrand von Singen. In der Fernsehdokumentation ist im Hintergrund der Hohenkrähen zu sehen, ein spitzer Berg mit Burg. Es muß sich also um den nördlichen Stadtrand von Singen handeln, dort wo der Autor dieser Zeilen oft spazieren gegangen ist, sicherlich auch den in der Dokumentation gezeigten Feldweg entlang. In einem Feldweg fuhren sich die beiden Terroristen fest und flüchteten zu Fuß weiter. Sonnenberg wurde von den ihnen nachschießenden Polizisten hinter dem Ohr getroffen und lebensgefährlich verletzt, Becker bekam einen Oberschenkel-Schuß. Becker wehrte sich bis zuletzt, bis ihr Magazin leergeschossen war. So berichten die Polizisten noch heute. (1) Verena Becker war "wild" und "entschlossen", wie der Titel eines Artikels in der "Süddeutschen" über sie lautet.
Wegen dieser Schießerei wurden beide Terroristen noch im Jahr 1977 zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt. Sie wurden aber niemals wegen des Buback-Mordes angeklagt, noch nicht einmal wegen der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung. Und das, obwohl sie sich mit der Tatwaffe des Buback-Mordes in Singen verteidigten und Verena Becker auch mit dieser liegengelassenen Waffe von der Polizei ihren Oberschenkel-Schuß erhielt. Solche Umstände machten vor zwei Jahren den Sohn von Siegfried Buback stutzig, der darüber ein Buch schrieb: "Der zweite Tod meines Vaters". (St. gen. berichtete: a, b)
Der Autor dieser Zeilen wundert sich zunächst einmal darüber, daß ihm bis heute nie bewußt gewesen ist, daß er sich sehr oft an drei Stätten eines entscheidenden politischen Ereignisses des Jahres 1977 aufgehalten hat. Er kommt zu der Vermutung, daß über die Ereignisse des Jahres 1977 in Singen viele Jahre lang nicht besonders viel geredet worden sein kann. Sonst wäre ihm das doch in Erinnerung geblieben. Auch im Internet findet man - außer den genannten Verweisen - schwer noch detailliertere Angaben über den Ablauf der genannten Vorfälle in Singen. Auch der interviewte, damals schwer verletzte Polizist sagt (2), daß er viele Jahre lang darüber gar nicht geredet hat, darüber nicht reden konnte.
Ein neuer "Versuchsballon" der "Dienste" in der regionalen Presse?
Bei der Recherche zu Singen stößt man nun aber auf eine neu angekündigte Buch-Dokumentation des Journalisten Udo Schulze (3). Von dessen Inhalten und Erkenntnissen findet sich noch nichts in der gerade erschienenen TB-Neuauflage des Buback-Buches, das eigentlich für sich schon brisant genug ist. Unter der Überschrift "Geheimdienst-Tummelplatz" heißt es (Singener Wochenblatt):
Singen liegt in unmittelbarer Nähe der Schweizer Grenze. Hier kann man leicht über die "grüne Grenze" wechseln, was offenbar doch mehr genutzt wurde, als das dem Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren auffiel, als er dort oft mutterseelenallein spazieren ging und einmal - weil er keinen Ausweis dabei hatte - sich von Grenzpolizisten eine Körpervisite gefallen lassen mußte.
Übrigens soll Verena Becker mehrere hundert Ostmark in ihren Taschen gehabt haben, was zu der Bezeichnung "Doppelagentin" durch Udo Schulze Anlaß gegeben hat.
Um eine Zehnerpotenz haarsträubender ...
Aber noch viel Haarsträubender wird es, wenn man bei der Recherche auf einen anderen Bericht als "Vorabveröffentlichung" des Buches von Udo Schulze stößt (Heise.de). Auf den ersten Blick mutet er so abstrus an, daß man das Buch von Udo Schulze gar nicht mehr in die Hand nehmen möchte. Das kann doch nur "Quatsch" sein. Es geht um die Tatwaffe des Buback-Mordes (siehe Foto links.) Aber man schlafe eine Nacht darüber ... Lese vielleicht zuvor noch einmal ein bißchen in "Das RAF-Phantom" von Gerhard Wisnewski ..., um das folgende dann vielleicht doch nicht gleich für den allergrößten Quatsch zu halten:
- Einleitung: Geheimdienst-Tummelplatz Singen am Hohentwiel 1977
Wenn man vom Bahnhof Singen am Hohentwiel mit dem berühmten Maggi-Gebäude im Hintergrund durch die Fußgängerzone Richtung Innenstadt geht, muß man die große, vielbefahrene "Freiheitsstraße" überqueren, um - etwa - in der übernächsten Parallelstraße das Hegau-Gymnasium in der Alemannenstraße zu erreichen (siehe Google Maps).
Noch allerhand Parallelstraßen hinter dem Hegau-Gymnasium stadtauswärts erreicht man die Reichenaustraße, in der der Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren für ein knappes Jahr gewohnt hat.
In der genannten Fußgängerzone, der August-Ruf-Straße, kurz hinter dem Bahnhof, liegt rechts, wenn man Richtung Innenstadt geht, die Konditorei Cafe Hanser (siehe Foto rechts, sowie Google Maps).
In diesem Cafe saßen am Morgen des 3. Mai 1977, knapp einen Monat nach dem Mord an Siegfried Buback die RAF-Terroristen Verena Becker und Günter Sonnenberg.
Sie wurden von einer Rentnerin - so lautete bislang die offizielle Version - erkannt, die die Polizei informierte. Die nun folgenden Ereignisse sind recht detailliert und anschaulich dargestellt in einer neuen Fernsehdokumentation, die am 2. September (bezeichnenderweise um 23.30 Uhr) im Ersten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt worden ist (1, 2; siehe auch: SWR, Spiegel).
Zwei Polizisten fragten die beiden Terroristen nach ihren Ausweisen. Diese gaben vor, diese seien im Auto. Sie führten die beiden Polizisten die Fußgängerzone hinunter in die Freiheitsstraße, wo ihr Auto stand. Dort in der Freiheitsstraße kam es zur Schießerei zwischen den beiden Terroristen und den beiden Polizisten. Einer der beiden Polizisten wurde lebensgefährlich verletzt. (2) Verena Becker und Günter Sonnenberg hielten einen vorbeifahrenden Opel Ascona an, zwangen den Fahrer auszusteigen und flüchteten mit dem Auto.
Die Polizei verfolgte die Terroristen bis zum Ortsrand von Singen. In der Fernsehdokumentation ist im Hintergrund der Hohenkrähen zu sehen, ein spitzer Berg mit Burg. Es muß sich also um den nördlichen Stadtrand von Singen handeln, dort wo der Autor dieser Zeilen oft spazieren gegangen ist, sicherlich auch den in der Dokumentation gezeigten Feldweg entlang. In einem Feldweg fuhren sich die beiden Terroristen fest und flüchteten zu Fuß weiter. Sonnenberg wurde von den ihnen nachschießenden Polizisten hinter dem Ohr getroffen und lebensgefährlich verletzt, Becker bekam einen Oberschenkel-Schuß. Becker wehrte sich bis zuletzt, bis ihr Magazin leergeschossen war. So berichten die Polizisten noch heute. (1) Verena Becker war "wild" und "entschlossen", wie der Titel eines Artikels in der "Süddeutschen" über sie lautet.
Wegen dieser Schießerei wurden beide Terroristen noch im Jahr 1977 zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt. Sie wurden aber niemals wegen des Buback-Mordes angeklagt, noch nicht einmal wegen der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung. Und das, obwohl sie sich mit der Tatwaffe des Buback-Mordes in Singen verteidigten und Verena Becker auch mit dieser liegengelassenen Waffe von der Polizei ihren Oberschenkel-Schuß erhielt. Solche Umstände machten vor zwei Jahren den Sohn von Siegfried Buback stutzig, der darüber ein Buch schrieb: "Der zweite Tod meines Vaters". (St. gen. berichtete: a, b)
Der Autor dieser Zeilen wundert sich zunächst einmal darüber, daß ihm bis heute nie bewußt gewesen ist, daß er sich sehr oft an drei Stätten eines entscheidenden politischen Ereignisses des Jahres 1977 aufgehalten hat. Er kommt zu der Vermutung, daß über die Ereignisse des Jahres 1977 in Singen viele Jahre lang nicht besonders viel geredet worden sein kann. Sonst wäre ihm das doch in Erinnerung geblieben. Auch im Internet findet man - außer den genannten Verweisen - schwer noch detailliertere Angaben über den Ablauf der genannten Vorfälle in Singen. Auch der interviewte, damals schwer verletzte Polizist sagt (2), daß er viele Jahre lang darüber gar nicht geredet hat, darüber nicht reden konnte.
Ein neuer "Versuchsballon" der "Dienste" in der regionalen Presse?
Bei der Recherche zu Singen stößt man nun aber auf eine neu angekündigte Buch-Dokumentation des Journalisten Udo Schulze (3). Von dessen Inhalten und Erkenntnissen findet sich noch nichts in der gerade erschienenen TB-Neuauflage des Buback-Buches, das eigentlich für sich schon brisant genug ist. Unter der Überschrift "Geheimdienst-Tummelplatz" heißt es (Singener Wochenblatt):
Einer, der heute noch hart recherchiert, ist Udo Schulze. Er hat sich speziell um die Person von Verena Becker gekümmert, die als Doppelagentin zwischen Ost und West eingestuft wird. Nach Informationen des 'Singener Wochenblatts' wich das tatsächliche Geschehen damals am 3. Mai 1977 von der offiziell verbreiteten Version erheblich ab. Demnach war der deutsche Auslandsgeheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) in den Ablauf verwickelt, hat Udo Schulze recherchiert, der bald zum Singener RAF-Komplex ein Buch veröffentlichen wird.
Aus hohen Sicherheitskreisen erfuhr Schulze jetzt, was wirklich geschehen sein soll. So soll nicht irgendeine Besucherin des Café 'Hanser' auf der August-Ruf-Straße die Terroristen dort entdeckt haben, sondern eine Angehörige eines Zielfahndungskommandos des BND.
Die auf Beobachtungen geschulte Frau und ein Kollege seien damals Becker und Sonnenberg seit geraumer Zeit (offenbar schon seit Januar 1977) auf den Fersen gewesen und sollen sich am Morgen des 3. Mai 1977 bei der Singener Polizei unter Vorlage ihrer Dienstausweise gemeldet haben. Nach Informationen von Schulze soll der Plan darin bestanden haben, Becker und Sonnenberg durch die Polizei aus dem Café "Hanser" holen zu lassen (Geheimdienste dürfen keine Festnahmen durchführen), um anschließend einen in seiner theoretischen Planung nicht mehr nachvollziehbaren Zugriff zu starten. "Doch die Singener Polizei", so ein Beamter, "hat die Sache vermasselt."Zwischenbemerkung: Seit Januar 1977, also schon vor dem Mord an Buback. Haben die BND-Mitarbeiter da etwa fröhlich zugesehen in Karlsruhe? Man soll nichts mehr für unmöglich halten. Und weiter: BND und Bundeskriminalamt "vermasseln" auffällig häufig Dinge. Soll man annehmen, daß die wirklich so unprofessionell arbeiten? Oder gehört selbst "Vermasseln" zu bestimmten, sogenannten BND-"Anti"-Terrormaßnahmen dazu? Doch weiter im Text:
In der Folge kam es dann praktisch unter den Augen der Geheimdienstler zu dem bekannten tragischen Verlauf. Kurz zuvor hatte Verena Becker nach Aussagen der damaligen Bedienung des Café "Hanser" die Toilette betreten, die hinterher verstopft war. Möglich, dass Becker einen verdächtigen Gegenstand oder ein Schriftstück verschwinden lassen wollte.Auch der letzte Satz ist bezeichnend: Man "dürfe" jetzt über Dinge reden ... Auch bei den "gezielten" (?) Enthüllungen und ihrem "durchgetakteten" (?) Zeitablauf müssen ja Geheimdienste noch so ihre Strategien verfolgen, wenn sich diese Enthüllungen nicht schädlich für sie auswirken sollen ... Vielleicht hat man auch deshalb mit diesen brisanten Enthüllungen zunächst einmal nur einen Versuchsballon in der regionalen (!) Presse gestartet? Denn das ist doch eigentlich alles brisant genug, daß das auch die großen Zeitungen hätten aufgreifen können! - ?
Singen stand damals im Terroristen-Rausch. Acht Tage später erreichte das "Singener Wochenblatt" eine mysteriöse Karte, auf der eine Patronenhülse vom Kaliber 7,65 sowie ein Schließfachschlüssel geklebt waren. Dazu hatte der Absender einen aus Zeitungsbuchstaben zusammengesetzten Text formuliert. Der Inhalt: "Kampf um Deutschland, gnadenloser Kampf. Rache für Stockholm. Gefährlich: Bombe im Bahnhof, unheimlich: Bald ein Anschlag mit Atommüll, Atomasche, auf den Bodensee." Sofort holten Spezialisten der Polizei die ominöse Karte samt Zubehör ab und begaben sich zum Bahnhof von Singen. Und tatsächlich: Der Schlüssel passte auf das Schließfach mit der Nummer 287.
Darin stießen die Beamten auf einen ungewöhnlichen Sprengsatz, der mit einer bewegungsempfindlichen Zündvorrichtung versehen war. Experten entschärften die Bombe schließlich. Bei der Fahndung nach den bis heute unbekannten Tätern fanden Polizeieinheiten neun Tage danach am Rand der Straße von Radolfzell nach Singen 140 Stangen Sprengstoff Schweizer Herkunft, der der RAF zugeordnet wurde. Auch in diesem Fall sind die Urheber bis dato unbekannt. Mit den neuen DNA-Spuren wird das RAF-Kapitel wieder geöffnet. Die Singener Frage bleibt, was die Terroristen hier gemacht haben. Vielleicht darf man auch jetzt nach über 30 Jahren über Dinge reden, die damals verschwiegen werden sollten.
Singen liegt in unmittelbarer Nähe der Schweizer Grenze. Hier kann man leicht über die "grüne Grenze" wechseln, was offenbar doch mehr genutzt wurde, als das dem Autor dieser Zeilen vor mehr als zehn Jahren auffiel, als er dort oft mutterseelenallein spazieren ging und einmal - weil er keinen Ausweis dabei hatte - sich von Grenzpolizisten eine Körpervisite gefallen lassen mußte.
Übrigens soll Verena Becker mehrere hundert Ostmark in ihren Taschen gehabt haben, was zu der Bezeichnung "Doppelagentin" durch Udo Schulze Anlaß gegeben hat.
Um eine Zehnerpotenz haarsträubender ...
Aber noch viel Haarsträubender wird es, wenn man bei der Recherche auf einen anderen Bericht als "Vorabveröffentlichung" des Buches von Udo Schulze stößt (Heise.de). Auf den ersten Blick mutet er so abstrus an, daß man das Buch von Udo Schulze gar nicht mehr in die Hand nehmen möchte. Das kann doch nur "Quatsch" sein. Es geht um die Tatwaffe des Buback-Mordes (siehe Foto links.) Aber man schlafe eine Nacht darüber ... Lese vielleicht zuvor noch einmal ein bißchen in "Das RAF-Phantom" von Gerhard Wisnewski ..., um das folgende dann vielleicht doch nicht gleich für den allergrößten Quatsch zu halten:
Am 5. September 1977 überfiel das RAF-Kommando "Siegfried Hausner" den Vorsitzenden des deutschen Arbeitgeberverbandes Dr. Hanns Martin Schleyer und dessen Begleiter in Köln-Braunsfeld. Während seine vier Sicherheitsleute im Kugelhagel der Terroristen starben, wurde Schleyer selbst entführt und erschossen. Am 17. Oktober entdeckten Polizisten im Elsass seine Leiche im Kofferraum eines Autos. Soweit die bis heute gültige Version der Ereignisse. Doch jetzt kam heraus: Am Tatort Vincenz-Statz-Straße wurde ein Gewehr jenes Kalibers eingesetzt, mit dem Buback und seine Begleiter im April 77 in Karlsruhe erschossen wurden. Und: Am Tatort in Köln soll es einen ominösen fünften Schützen gegeben haben.
Rückblende: Am 3. Mai 1977 kommt die RAF-Angehörige und spätere Verfassungsschutz-Mitarbeiterin Verena Becker zusammen mit ihrem Komplizen Günter Sonnenberg im baden-württembergischen Singen an. Aus einer Überprüfung durch die Polizei entwickelt sich in der Kleinstadt am Bodensee anschließend eine Schießerei zwischen den Terroristen und den Beamten, wobei Günter Sonnenberg und Becker verletzt werden. Nach offizieller Darstellung wird im Gepäck des Terror-Pärchens das Heckler & Koch-Gewehr vom Typ 43 gefunden, mit dem zuvor das Attentat auf Buback ausgeführt wurde. Die Bluttat von Karlsruhe scheint damit geklärt. Doch die Geschichte des ominöse Schnellfeuergewehrs geht weiter.So sprach Generalbundesanwalt Kurt Rebmann auf einer Pressekonferenz zur Schleyer-Entführung am 6. September 1977, fünf Monate nach dem Attentat auf Buback, vor laufenden Kameras davon, dass am Tatort in Köln Hülsen mit dem Kaliber eben jener Waffe gefunden worden seien. Dem nicht genug, stießen Kriminaltechniker im Fußraum des bei der Schleyer-Entführung von den Terroristen verwendeten gelben Mercedes 300 D auf eine Patrone mit Ladespuren des HK 43 aus dem Mordkomplex Buback. Der Wagen wurde laut Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar (AZ: 5-1 StE 1/83) allerdings erst am 30. 7. 1977 in Porz gestohlen, konnte sich also zum Zeitpunkt des Karlsruher Attentats nicht in den Händen der Terroristen befunden haben.
Die Schlußfolgerung würde heißen: Die vom Bundeskriminalamt in Singen sichergestellte Tatwaffe von Karlsruhe (und Singen) kam bei der Schleyer-Entführung in Köln wieder zum Einsatz. Etwas Haarsträubenderes wird sich sicher niemand vorstellen können:
(...) Hinzu kommt das Gerücht, anhand der durch Schüsse hervorgerufenen Beschädigungen eines der Begleitfahrzeuge Schleyers und der Lage eines der toten Sicherheitsbeamten müsse ein bis heute unbekannter, fünfter Schütze am Tatort in Köln gewesen sein. Wahrscheinlich hatte er sich in der damaligen Baustelle auf der Vincenz-Statz-Straße verschanzt. Dazu soll das Bundeskriminalamt niemals Ermittlungen aufgenommen haben.
Die "Anti-Terrorabteilung" der Staatssicherheit in Ostberlin hat, wie man heute weiß, den RAF-Terrorismus gefördert. Gilt das gleiche für die Anti-Terrorabteilung des Bundeskriminalamtes? Und sind ihr bei ihren mannigfaltigen Aktionen ... die Waffen ausgegangen? Gegen Demokraten helfen nur noch RAF-Terroristen? Diese Abteilung wurde damals geleitet von Gerhard Goeden, dem man zwischenzeitlich Orden an die Brust geheftet hat, so den "Pour le Merite" (siehe Bild rechts). Und er soll ein sehr ein leutseliger Mensch sein! "Sepp-Herberger-Typ". Kumpanei, "Verschwörungen" (Originalton Stefan Aust) vergrößern das Einverständnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ... All das scheint bestens geeignet gewesen zu sein, um zwischen 1987 und 1993 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu werden. Die zahlreichen vormaligen, mit Untergebenen im gegenseitigen Einverständnis vertuschten "Pannen" im BKA haben seiner Karriere ganz deutlich nicht geschadet. Wohl eher im Gegenteil. - Noch einmal sich krachend auf die Schenkel gehaut ...
Er würde sich vielleicht mit einem Herrn Putin auch ganz gut verstehen. Oder tut er es möglicherweise schon? - Noch einmal krachend sich auf die Schenkel gehaut! (Nein, dieser polemsiche Ton trifft es vielleicht nicht.)
"Anti-"Terror- oder Terror-Abteilungen?
Jüngste Aussagen der Italien-Korrespondentin Regine Igel machen jedenfalls alle genannten Dinge immer plausibler. (Heise.de, Freitag.de) Und bestätigen die These von "Studium generale", daß es - seit Jahrzehnten - in der westlichen Welt um eine "Putinisierung" von Demokratien gehen könnte. Um eine "Putinisierung" offenbar, die mit geradezu unverhohlener Skurpellosigkeit und grenzenloser Frechheit vorangetrieben wird. Es scheint darum zu gehen: Demokratien ohne Demokraten hervorzubringen.
Zum Buback-Mord schreibt der Regional-Journalist Hans Paul Lichtwald noch an anderer Stelle im "Singener Wochenblatt":
Bisher passierte nichts trotz des massiven Medienauftritts des Sohnes des Ermordeten. Zu ihm Kontakt hatte auch Udo Schulze, der die RAF-Geschichte von 1977 aufarbeitet und ein Buch gerade auch über den Singener Komplex veröffentlichen wird. Mit ihm steht das "Wochenblatt" in ständigem Kontakt. Dass im Hintergrund die Geheimdienste im Jahr 1977 tätig waren, war vor Ort auch in Polizeikreisen bekannt. Unglaublich ist für Beamte aber, dass es Geheimdienstleute in Singen gegeben haben könnte, die ihren Kollegen bei dem Weggang aus dem Cafe Hanser keinen Schutz gegeben haben würden.
Na, setzt Euch doch mal zu einem Bier zusammen mit dem leutseligen Herrn Goeden! Andererseits: Nur gut, daß solche Informationen nur in der regionalen Presse zu lesen sind und in Sendezeiten nach 23.30 Uhr gebracht werden. Am Ende würde man sonst doch noch seinen "Pour le Merite" verlieren ...
Nachtrag, 10.9.2010: Anläßlich des derzeit laufenden Gerichtsverfahrens gegen Verena Becker berichtet der Journalist Udo Schulze regelmäßig in den Kopp-Nachrichten über seine bisherigen Recherche-Ergebnisse, aktuell insbesondere über die Steuerung der RAF-Aktivitäten in Deutschland von Zürich aus, der Grund, weshalb es überhaupt im deutsch-schweizer Grenzgebiet so viele RAF-Aktivitäten gegeben hat:
Dreh- und Angelpunkt der Liason zwischen der Schweiz und der Rote Armee Fraktion war eine in Zürich lebende Deutsche namens Petra Krause. (...) Zwei Jahre später wurden Krause und ihre Kumpanen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. »Annababi« jedoch konnte sich der Fürsorge einer weiblichen Parlamentarier-Gruppe aus Italien, dem Heimatland ihres Ehemannes, erfreuen und wurde dorthin abgeschoben – direkt in die Freiheit.
_________
Nachweise:
1. Egmont R. Koch: Bubacks Mörder - Auf der Spur eines ungeklärten Verbrechens. ARD-Fernseh-Dokumentation, ausgestrahlt am 2.9.2009, 23.30 Uhr (--> Youtube)
2. Polizist überlebte Mordanschlag auf RAF-Terroristin. In: Südkurier (Konstanz) 1 , 2, 2.9.2009
3. Schulze, Udo: Verschlusssache Becker, wie Geheimdienste aus Ost und West sich der Terroristen bedienten. Noch nicht erschienen (Zum Inhalt siehe --> Heise.de 1, 2, 3, Südkurier (Konstanz) und Singener Wochenblatt 1, 2, Kölner Stadtanzeiger)
4. o. N.: Geheimdienst-Tummelplatz. Seit der Verhaftung gibt Verena Becker Rätsel auf. In: Singener Wochenblatt 26. 8. 2009
Nachweise:
1. Egmont R. Koch: Bubacks Mörder - Auf der Spur eines ungeklärten Verbrechens. ARD-Fernseh-Dokumentation, ausgestrahlt am 2.9.2009, 23.30 Uhr (--> Youtube)
2. Polizist überlebte Mordanschlag auf RAF-Terroristin. In: Südkurier (Konstanz) 1 , 2, 2.9.2009
3. Schulze, Udo: Verschlusssache Becker, wie Geheimdienste aus Ost und West sich der Terroristen bedienten. Noch nicht erschienen (Zum Inhalt siehe --> Heise.de 1, 2, 3, Südkurier (Konstanz) und Singener Wochenblatt 1, 2, Kölner Stadtanzeiger)
4. o. N.: Geheimdienst-Tummelplatz. Seit der Verhaftung gibt Verena Becker Rätsel auf. In: Singener Wochenblatt 26. 8. 2009
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen