Dienstag, 3. März 2009

Der Panzerfisch und wir

Zur Evolution der Brutpflege, bzw. Nachkommen-Fürsorge

Panzerfische lebten vor 400 Millionen Jahren. Sie sind heute ausgestorben und sie gelten als primitve Fische. Und dennoch ist jüngst nachgewiesen worden, daß sie ihre Eier nicht wie die meisten Fische irgendwo ablegen und äußerlich befruchten, sondern daß sie ihre Nachkommen in Schwangerschaften austragen und lebend gebären und dafür zuvor zunächst die Eier innerlich befruchten. (Handelsblatt, pdf., bdw, Nature-Video, Spektr. d. W., Welt, Nature, Nature Komm.)

Die Fossilien des Panzerfisches sind mindestens 200 Millionen Jahre älter als alle bislang bekannten Funde von schwangeren Wirbeltieren. (...) Das etwa 25 Zentimeter große Skelett stammt aus der Zeit des Devons, das vor rund 416 Millionen Jahren begann und vor etwa 360 Millionen Jahren endete. Aufgrund der umgebenden Gesteinsschichten schätzen die Wissenschaftler das Alter des Panzerfischskeletts auf 375 bis 380 Millionen Jahre.

Es handelt sich also um einen neuen Beleg für konvergente Evolution, diesmal der Eigenschaft "Lebendgebären". Überhaupt ist die Evolution der Brutpflege und Brutfürsorge im weiteren Sinne einer der zentralsten "Trends" in der Evolution. Man denke nur an die Unterscheidung zwischen Nacktsamern (Gymnospermen) und Bedecktsamern (Angiospermen), die zu den wichtigsten Unterscheidungen im Pflanzenreich gehört. Auch diese Unterscheidung bezieht sich - letztlich - auf die bei den Angiospermen noch einmal erhöhte Fürsorge der Elternpflanze für die eigene Nachkommenschaft. Eine Antwort auf die Frage, warum die Evolution überhaupt solche Fürsorge evoluiert hat - und zwar immer differenzierter, um so intelligenter die Lebewesen werden - hat der Darwinismus auch noch nicht sehr zentral in seine Deutungen der Evolution hineingestellt.

Auch bei der Evolution von Brutfürsorge spielt ja offensichtlich das Konzept Kooperation eine mindestens ähnlich große Rolle wie das Konzept Konkurrenz. Joachim Bauer liegt ganz richtig, wenn er seine Finger auf diese Wunde legt. Auch wir Menschen bauen derzeit differenzierte, individuelle Nachkommen-Fürsorge durch die eigenen Eltern eher ab, als daß wir sie weiterentwickeln, und zwar, um der persönlichen, beruflichen Selbstverwirklichung erwachsener Menschen willen.

Natürlich bestehen Zusammenhänge zwischen der Art, wie ich über Evolution denke und deute und der Art wie ich mein eigenes Leben als Einzelmensch und als Gesellschaft gestalte. - Und nicht zuletzt deshalb kann die Frage danach, warum es Traubenhyazinthen gibt (siehe voriger Beitrag) eine so tief das menschliche Leben erschütternde und aus dem Gleichgewicht bringende sein. (- Natürlich nur für jene Idioten, die sich diese Frage ernsthaft stellen, und die sich nicht mit Floskeln wie der Floskel "Gott" gleich wieder einschläfern lassen.)

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