Sonntag, 22. Juni 2014

Hintergrundpolitik-Kritik auf Abwegen

Zu Daniel Hermsdorf

In den Weiten und Tiefen des Internets bin ich irgendwann auf Daniel Hermsdorf gestoßen. Da Daniel Medienwissenschaftler ist, da seine Seite äußerlich gut aufgemacht ist, da er sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel hat, war ich doch nicht wenig angetan und beeindruckt. Das machte doch alles schon einen sehr seriösen Eindruck. 

Daniel Hermsdorf - Vorschaubild seines neuesten Videos
Insbesondere der Grundgedanke seines Projektes "Kino okkult" war mir zuvor schon selbst gekommen: Es müsste einmal jemand einen guten Überblick geben über die Behandlung von Okkultismus und Satanismus in Filmproduktionen. Denn das war mir bald aufgegangen, dass lange bevor es Fernsehdokumentationen gegeben hat über die Verbrechen des elitären, rituellen Satanismus, das Thema längst präsent war in zum Teil sehr bekannten Spielfilmen. Nun, dachte ich, schön dass sich da ein Medienwissenschaftler einmal dieses wichtigen Themas annimmt. Und ich habe einen Verweis zu seiner Seite auf meinen Blog gesetzt und wollte das künftig im Auge behalten und mir gelegentlich noch einmal genauer anschauen.

Im weiteren Verlauf lernten wir uns kennen und visierten gemeinsame Arbeit an. Ein erstes Produkt derselben war das Video zu den Montagsdemonstrationen, das schon öffentlich ist.

Um so mehr ich mich aber nun mit Daniels Arbeit auseinandersetze, um so mehr entsteht bei mir der Eindruck: Es besteht die Möglichkeit - besser: die Gefahr - dass man nach acht Semestern Medienwissenschaft und weiteren Semestern Promotions-Studium in diesem Fach und vielhundertseitiger Promotion dazu - "noch dazu in Bochum" muss ich wohl boshafter Weise anfügen - und bei großer Aufgeschlossenheit für Verschwörungstheorien im Allgemeinen und Besonderen noch mehr als viele andere in die Gefahr gerät, plötzlich überall nur noch Symbole, Symbole, Symbole, Zeichen, Arrangements, Auswahl der Politik-Darsteller und ihre Inszenierung zu sehen.

Vorsicht!

Die Hauptdarsteller in der Politik seien nach der Ähnlichkeit mit Gesichtern anderer Politiker ausgewählt worden (!!!). Er bringt nicht den Funken von Beleg in der Okkultliteratur für all seine Unterstellungen. Aber er spekuliert in einer Weise fröhlich darauf los, wozu wohl nur ein Medienwissenschaftler wie er - der studiert hat an der Selbstmord-Uni Bochum - überhaupt nur fähig sein kann. Mann! Dieses geradezu zwanghafte Wahrnehmen von Symbolen und Bedeutung überall.

Nun, ich hätte darüber geschwiegen. Aber weil mir grade wieder sein blasiertes, neuestes Video zur Fußball-WM gewaltig aufstößt, veröffentliche ich das jetzt. Was für ein Schrott. Was für ein elendiger Schrott. Technisch mit den vorhandenen Mitteln einwandfrei gemacht. - Seine Videos ebenso wie seine Bücher. Aber was für ein Schrott inhaltlich.

Die Gedanken, die dahinter stehen, werden überhaupt nicht erläutert und sind völlig absurd. Wenn ich es recht verstehe, sollen die Spieler der deutschen Nationalmannschaft nach irgendwelchen Gesichter-Ähnlichkeiten ausgewählt worden sein. Das ist eine irre Theorie, für die ich von Daniel noch nirgendwo eine gute Herleitung und Verortung in irgendwelchen okkulten Texten gelesen habe. Kritiken, die ich schon vor Monaten auf seinem Blog dazu geschrieben habe, hat er nie gut beantworten können bis heute. Nachdem ich mich inzwischen intensiver mit Daniels Kernthemen beschäftigt habe, kann ich vor all dem nur warnen.

Bestimmte medienwissenschaftliche Diskurse und Sichtweisen verleiten ihn dazu, überall - richtiggehend überall - Symbole, Zeichen, Bedeutungen, Inszenierungen zu sehen. Er unterstellt okkulte Zeichen auch dort noch, wo er nicht ansatzweise nachweisen kann, dass diese bewusst aus okkulten Gründen gesetzt worden sind. Hier also jetzt die deutsche Nationalmannschaft. Dabei sollte es doch wahrlich Wichtigeres zu kritisieren geben.

Gesichter-Ähnlichkeit als "Casting-Karussell mit Humor-Effekt für die Logen im Hintergrund" - was für ein Quatsch

Es wird nicht erklärt, warum Gesichter-Ähnlichkeiten in Fußballmannschaften eine "Spaßbremse" sein sollen. Das werden sie doch nur, wenn man die dahinterstehenden Gedankenkonstrukte des Daniel Hermsdorf für plausibel halten kann. Nämlich dass Hintergrundmächte Vordergrundpolitiker - und nun also auch Profisportler - nach Gesichter-Ähnlichkeit auswählen. Aber wenn man diese schon verfolgt und einer Leserschaft nahe bringen will, muss man zunächst einmal die Grundlagen dafür legen und nicht mit den weitest entfernten Schlussfolgerungen derselben anfangen. Es erscheint reichlich blasiert, vom Zuschauer zu erwarten, er würde dieselbe "Inszenierung" in den von ihm dargestellten Gesichter-Ähnlichkeiten sehen wie er selbst. Das allein würde ja nur verständlich machen, warum er dann einzelne Kommentare von dem Philipp Lahm etc. so bewertet, wie er es tut. Wobei einmal erneut der Sinn nicht klar wird. Ist aber auch egal, weil das Thema eh höchst beiläufig ist. Gibt es doch wahrlich, wie schon gesagt, Wichtigeres als Fußballspieler und Trainer-Interviews.

In Facebook-Diskussionen dazu fasst er seine dahinter stehende Hypothese dahingehend zusammen, dass vorliegen würde "ein Casting-Karussell mit Humor-Effekt für die Logen im Hintergrund". Auch diese Phrase lasse man sich doch einmal auf der Zunge zergehen. Solange das alles so nebulös begründet wird, wie er es tut, halte ich seine Arbeit für eine Diskreditierung ernster Hintergrundpolitik-Kritik. Es könnte leicht der Eindruck entstehen: So wie er arbeiten alle. Oder er könnte andere darin ermutigen, ebenfalls so oberflächlich und seicht irgend etwas zu unterstellen, wofür er nicht die Bohne von Anhaltspunkten in okkulter Literatur hat, noch nicht einmal in Äußerungen, die irgendwo "aus Versehen" gemacht worden sind, oder die von Eingeweihten gemacht worden sind aus irgendwelchen anderen Gründen heraus. Oder von sogenannten "Verrätern".

Wie arbeitet ernsthafte Hintergrundpolitik-Kritik?

Denn das sind ja doch zumeist die ersten Quellen gewesen, um sich von einer tatsächlich vorliegenden Inszenierung zu überzeugen. Die Attentäter von Sarajewo sagten von sich selbst vor Gericht, sie wären Freimaurer. Thomas Mann wusste es von seinem Bruder und zählte eins und eins zusammen, während er dessen Reaktionen während des Ersten Weltkrieges beobachtete (s. Thomas Manns berühmte "Betrachtungen eines Unpolitischen"). Der Hochgrad-Freimaurer Paul Köthner schrieb im "Femstern" selbst, dass er von dem Plan zur Ermordung des Thronfolgers in Logen gehört hätte. So sehen die Quellen von Hintergrundpolitk-Kritik aus. Sie sind der Ausgangspunkt. Oder heute natürlich die Erlebnisberichte der Ritual-Opfer von satanistischen Logen. Aber doch nicht so vage Gesichter-Vergleiche ohne die winzigste Äußerung dazu, dass ein solches Auswahl-Prinzip tatsächlich bestehen würde.

Und dann rechtfertigt er sein Vorgehen mit dem Satz: "Es gebe einen Anteil, der ausschließlich mündlich tradiert werde", nämlich bei dem Wirken von Geheimgesellschaften. Mag ja sein. Als anständiger Wissenschaftler hält man sich aber zurück und spekuliert nicht wild in der Gegend herum, was das nun etwa sein könnte, was da mündlich tradiert wird.

Bevor die Verbrechen rituellen Satanismus nicht bekannt waren, wäre niemand auf die Idee gekommen, dass so etwas "mündlich tradiert" würde. Es ist doch ganz unmöglich zu wissen, was "mündlich tradiert" wird. Und was natürlich sonst noch alles in Logen- und sonstigen Archiven geheim gehalten wird. Mündliche Tradierung ist ja auch gar nicht der Punkt, sondern Geheimhaltung. Und eine so umfangreiche Symbol- und Zeichenverwendung, wie sie von Daniel unterstellt wird - warum sollte die so streng geheim gehalten werden? Das ist doch alles nur Unsinn und wilde Spekulation. Sie bringt für eine seriöse, ernsthafte Argumentation gar nichts. Sondern macht andere Argumentationen, die damit in Verbindung gebracht werden, lächerlich und stellt sie in das denkbar unsinnigste Licht.

Man kann nur hoffen, dass Daniel das auch noch einmal von anderer Seite gesagt bekommt, was ich hier sage.

Und dass er nicht - diese Gefahr besteht in der heutigen Welt durchaus! - auch noch andere mit diesem "Denken" und "Wahrnehmen" ansteckt. Wenn man sieht, was es auf diesem Gebiet alles schon so gibt, möchte man ihm da im Grunde eine große Karriere voraussagen. Boah, nee. Nicht mit mir. Bitte nicht noch mehr Grillenfänger.

(Anmerkung: Nach Einspruch von Daniel ist der vorliegende Beitrag - außer im Einleitungsteil - erheblich umgearbeitet worden und erneut veröffentlicht worden am 24.6.14)
(Erneute Anmerkung: Nach - verständlicherweise - weiter anhaltender Unzufriedenheit von Daniel ist ein von mir verwendeter, von Emil Kraepelin in die Wissenschaft eingeführter Begriff aus dem vorliegenden Text und seiner Überschrift wieder herausgenommen worden, 26.4.14 )
(Ergänzung 18.12.14: Der Artikel war ursprünglich benannt worden "Induziertes Irresein durch Medienwissenschaft". Es ist schon verständlich, dass Daniel auf einen solchen Titel allergisch reagierte. Der Sache nach halte ich diese Einschätzung aufrecht.)

8 Kommentare:

  1. Wir haben das ja mittlerweile ausführlicher auf Facebook disktutiert. Wer mag, liest dort bis zum Ende - und erkennt, wie arrogant und starrsinnig Ingo Bading alle Begründungen und Gegenfragen übergeht, mit denen er selbst nichts anfangen kann. Warum kann er damit nichts anfangen? Weil er sich nicht mit dem beschäftigt hat, worüber er an diesen Stellen redet (Wissenschaftstheorie der Hypothese, Inhaltsanalyse, Hermeneutik, Filmgeschichte u.a.). An anderen Stellen ist das bei ihm zum Glück anders. Hier kippt's in die Diffamierung und das eigene Wahnsystem.
    Nachzulesen bei Bedarf hier:
    https://www.facebook.com/filmdenken/posts/758563954163989

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  2. Wenn deine Einschätzung dieses Menschen annähernd stimmt, hast du ihm mit diesem blogbeitrag einen riesen gefallen getan... endlich schenkt ihm jemand aufmerksamkeit... ein kurzer eintrag, dass du dich von der zusammenarbeit distanzierst hätte gereicht

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  3. @ Anonym:

    Ein durchaus berechtigter Gedanke. Das ist aber nicht meine Art. Mehreres dazu als Antwort:

    1.

    Der Grundgedanke war, es ANDEREN zu erleichtern, schneller zu einer Einschätzung über Daniels Kernthesen zu kommen. Denn ich hatte selbst damit Schwierigkeiten. Leider hat mir Daniel meine Absichten zerschossen, weil er nämlich mit Strafanzeige drohte auf die erste Version dieses Beitrages hin. In dieser hatte ich auch aus privaten Erlebnissen mit Daniel berichtet und aus meiner Lektüre von noch unveröffentlichten Buchvorhaben von Daniel. Dies beides waren die für mich überzeugendsten Eindrücke was die Gesamteinschätzung der Thesen von Daniel betrifft. Ich habe das dann raus genommen und es mit diesem etwas weniger überzeugenden Text ersetzt, um dennoch etwas gesagt zu haben.

    2.

    Mein Glaube an das Gute im Menschen ist unbegrenzt. (Nahezu.) Ich sehe bei Daniel viele gute Potentiale. Er ist intelligent. (Ein typischer Fall von "zu intelligent", um die eigene Dummheit zu sehen, da seine Intelligenz ständig neue Umwege sucht, um dieser Einsicht auszuweichen.) Er hat ein wichtiges Fach studiert und die Bearbeitung wichtiger Themen angekündigt. Auch jetzt noch ist er ein anregender Gesprächspartner für mich auf Gebieten, die nicht im Kernbereich seiner inselartigen Verblödung liegen. (Dieser inselartige Charakter, der meines Wissens erstmals von Emil Kraepelin, dann von Mathilde Ludendorff beschrieben wurde - es ist immer wieder verrückt, das in der Praxis zu sehen und wie genau und zutreffend das schon so früh beschrieben worden ist. Inselartig heißt nämlich, es kann noch viel gesunde Intelligenz übrig bleiben, was im übrigen für alle Menschen gilt, die an irgend etwas Übernatürliches glauben.)

    3.

    Erst durch die durch diesen Beitrag ausgelösten Debatten wird mir bewusst, dass Daniel seit Jahren an diesem Thema arbeitet, ohne jemals irgendwelche positiven oder negativen Rückmeldungen zu bekommen. Es mag für sonst niemanden besonders viel bringen. Die jetztigen Debatten sollten aber zumindest für Daniel doch ein wichtiges Korrektiv sein - oder zumindest sein KÖNNEN.

    Abschließend: Niemand hat das Recht, das für sich einzufordern. Aber auch ich würde mich glücklich schätzen, wenn man bei mir heilbare Krankheiten entdecken würde, dass sich Mitmenschen bemühen würden, mich auf diese aufmerksam zu machen und Heilungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

    Wir Menschen sind soziale, altruistische Lebewesen. In einer sich ständig weiter atomisierenden Gesellschaft besteht durchaus Anlass, sich gelegentlich auch um sehr individuelle Phänomene zu kümmern, die wenig verallgemeinerbar sind. Jeder von uns trägt seine eigenen Krankheiten mit sich herum. Es ist oft schwierig. Aber wo es möglich ist, kann auch Kritik ein Zeichen von Solidarität sein.

    "Ein weites Feld"!

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  4. Das ist sehr überzeugend ausgeführt, danke. ich bin aufgrund der facebook-"Konversation" extrem skeptisch, aber ich hoffe mit dir!

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  5. :-)

    Die Hoffnung stirbt zuletzt!!!!

    :-)

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  6. "Man kann nur hoffen, dass Daniel das auch noch einmal von anderer Seite gesagt bekommt, was ich hier sage."

    Es gibt No Person weltweit, die Ihn von seinem Lebenswerk ( neues Erforschen und darüber Bücher zu schreiben ) abhalten könnte; außer es wäre eine Erscheinung, ein Mensch der nachweisen kann, dass er noch mehr gelesen hätte, ein Arzt oder Geld.

    Und das ist die Tragödie

    Versuch war s trotzdem wert

    Grüße
    Anonym

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  7. Der letzte Stand für mich ist, dass Daniel aus dem "akademischen Bereich" heraus bestätigt haben will, dass er falsch liegt. Da bin ich ihm also noch nicht Akademiker genug - und auch nicht die vielen anderen, die sich das in der Skeptiker-Gruppe angesehen haben, und die mir keineswegs "unakademisch" vorkamen von ihrem Hintergrund her ( https://www.facebook.com/groups/19404179207/permalink/10152551169999208/ ).

    Ich nehme an: Erst wenn 10 "namhafte" Medienwissenschafts-Professoren dasselbe sagen wie wir "Halbgebildeten", werden einige Zweifel an ihm zu nagen beginnen. Keine Ahnung.

    Doch diese zehn "namhaften" Professoren sollten sich aber vielleicht auch einmal selbstkritisch fragen, ob ihr Fach nicht insgesamt manche Studenten zu einer solchen Wirklichkeitsfremdheit und Verstiegenheit verleiten könnte.

    Sie sollten ihre Studenten ab und zu mal auf eine Vogelstimmen-Exkursion mitnehmen, Verhaltensbeobachtungen an Tieren in freier Wildbahn machen oder irgend etwas dergleichen. Daniel warnt zwar selbst "Vorsicht, Bildschirm!" Aber starrt im Grunde durch seine Theorien hindurch hypnotisiert auf ihn.

    (Neues Erforschen und darüber Bücher zu schreiben per se, ist kein Verbrechen. Aber ZU viel darf man einem solchen Ansinnen auch nicht aufopfern.)

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  8. Holla die Waldfee.

    Immerhin interessant - wenn ich es recht verstehe -, dass Photoshop sehr häufig nationale Ähnlichkeiten findet, und zwar sogar bei Mehmet Özil mit Deutschen.

    Das dürften also vor allem (mutter-)sprachliche Prägungen der Gesichtszüge sein, die zu dieser Ähnlichkeitsgruppierung führen (siehe 9'11). Und das ist dann, wie ich finde, schon ein tolles Ergebnis.

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