Montag, 30. April 2012

Ein vergessenes Kinderbuch?




Der Malerdichter Wilhelm Schulz (1865–1952)

Dieser Beitrag will auf den Lüneburger "Malerdichter" Wilhelm Schulz (1865 - 1952) aufmerksam machen. Insbesondere deshalb, weil der Wikipedia-Artikel "Wilhelm Schulz (Grafiker) (1865–1952)" zwar schon angelegt ist, als dieser Beitrag erarbeitet wurde, aber noch keinen Text enthielt (inzwischen von uns selbst gefüllt), und weil auch sonst die Auskünfte im Netz über ihn nur sehr spärlich und sehr weit verstreut zu finden sind. Im letzten Jahr ist jedoch ein neuer Bildband zu Wilhelm Schulz erschienen (1). Im Verlagstext heißt es über ihn:
Wilhelm Schulz (1865–1952) hat über fast 50 Jahre hinweg für die berühmte satirische Zeitschrift „Simplicissimus“ gezeichnet und gedichtet. Besonders seine Stadtansichten und Märchen erfreuten sich, obwohl sie so gar nicht zu dem bissigen „Blatt mit der Bulldogge“ zu passen schienen, bei den Lesern einer großen Beliebtheit. Seine Lüneburger Motive aus dem „Simplicissimus“ werden hier erstmals gesammelt vorgestellt. Die oft mit Personengruppen „dramatisch“ inszenierten Zeichnungen strahlen eine besondere Wärme aus und sind typisch für einen ebenso menschlich-sympathischen wie begabten Zeichner, der, wie die hier gegenübergestellten zeitgenössischen Fotografien zeigen, auch ein sehr genaues Auge für Häuser, Gassen und Stadtansichten hatte. 

Die berühmten Kollegen von Wilhelm Schulz beim "Simplicissimus" waren - unter vielen anderen - der Schriftsteller und Schriftleiter Ludwig Thoma oder der Karrikaturist Olaf Gulbransson. Am 11. Dezember 1904 schickte Ludwig Thoma einem seiner Freunde, dem württembergischen Politiker Conrad Haußmann, zwei seiner gerade neu erschienenen Bauernromane. Und er setzte fort (2, S. 59f):
Und dann schicke ich Ihnen ein ganz prachtvolles Kinderbuch von Wilhelm Schulz. Ich glaube, daß man unsern biedern Deutschen sagen soll, daß sie sich ihre Finger abschlecken dürfen, weil nach dem dreißigjährigen süßen Schmarrn endlich wieder ein echtes Kinderbuch gekommen ist. Ich gebe zu, daß die zweite Geschichte etwas lang ist und im Versmaße nicht ganz glücklich ist (der Ton ist eben durchaus niederdeutsch), aber was sind auch in dieser Fabel wundervolle Dinge, um die kindliche Phantasie anzuregen.
Der Mond, welcher an der Tanne herunterrutscht, und dann als freundlicher Alter das Mädchen warnt. Unübertrefflich finde ich die vierte und fünfte Geschichte. Darin ist eine Wärme und ein feiner poetischer Zug, die mich entzücken.
Und die Bilder! Das Kind in der Vorstadt, die Engel, welche vom Himmel kommen, der Wassermann usw., eine solche Mischung von Stimmung und grotesker Erfindung. Wissen Sie, daß der bescheidene Willem Schulz unsern verehrten Landsleuten unbekannt blieb, daß er nie durchdringen konnte?
Ich rufe Ihre kräftige Hilfe an, unserem versirupten Publikum den Star zu stechen.


Die ersten vier Abbildungen dieses Beitrages sind der Seite Bücherfreund entnommen.



Ist das Kinderbuch (3), dem diese Abbildungen entnommen sind, jenes, auf das sich die Worte Ludwig Thomas beziehen?




Wilhelm Schulz hat nicht nur als Illustrator seiner eigenen Bücher gearbeitet. Er hat auch Bücher von Selma Lagerlöff ("Nils Holgersons wunderbare Reise mit den Wildgänsen"), Ludwig Thoma, Hermann Hesse, Thomas Mann oder Ina Seidel illustriert.
Lüneburger Motive aus dem "Simplizissimus" (1)

Wilhelm Schulz - Die kleine Hafenstadt (1917)

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1. Vogt, Kai-Ingo: Wilhelm Schulz und der Simplicissimus in Lüneburg. Verlag der Kunst, Dresden 2011
2. Thoma, Ludwig: Ausgewählte Briefe. Verlag Albert Langen, Georg Müller, München 1927
3. Schulz, Wilhelm: Märchen. Bilder und Gedichte. Verlag Albert Langen, München o. J. [um 1900?, 1904?, 1910?]

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