Dienstag, 10. Januar 2012

Die lärmenden Freier im Hause des Odysseus

(Der folgende Beitrag ist im Juli 2013 in erweiterter Form erschienen.)

Abb. 1 Lovis Corinth - Odysseus und die Freier, 1913/14
Sie wollten sein Erbe an sich reißen. Die lärmenden Freier im Hause des Odysseus. Während er auf Irrfahrt war, versuchten sie ihn für tot zu erklären. Als Odysseus zurückkam, schaute er sich den Lärm in seinem Hause eine Weile an. Dann ließ er seinen Zorn sprechen: 

"Nun endlich war die Stunde der Rache gekommen. Tür um Tür verschlossen die treuen Diener, so dass die Freier nicht entkommen konnten. Dann griffen Odysseus und Telemachos zu den Waffen, die sie zuvor im Saal versteckt hatten. Ein fürchterliches Blutbad richteten sie unter den Freiern an, dem keiner von ihnen entkam."

Abb. 2: Lovis Corinth - Odysseus und die Freier, 1913/14
Diese Stunde des Zorns hat der Maler Lovis Corinth in seinem Werk 1913/14 aufgefangen. Diese Gemälde befinden sich heute in der "Berlinischen Galerie", dem Landesmuseum für moderne Kunst (in der Nähe des "Checkpoint Charly") (1, 2).

Lovis Corinth - Odysseus und die Freier, Variante, 1919 (abc)
Das Erlebnis dieses Werkes und dieses Themas zitterte in Corinth noch lange nach. Schuf er doch auch noch in den Jahren 1917 und 1919 Varianten zu diesem Thema (1917: abc, 1919: ab).

Corinth scheint sich eines der Urthemen der Menschheit angenommen zu haben. Immer wieder drängen sich  Unberechtigte in ein Erbe, das sie nicht verdient haben, und versuchen es zu verprassen. Manchmal läßt Odysseus furchterregend lang auf seine Rückkehr warten. Oder wer ist jener Odysseus, der als Bettler verkleidet in seinem eigenen Haus umhergeht? - Du? Ich? Wir alle?

Der bogenschießende Odysseus jedenfalls ist ein Sinnbild. Für vieles.

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  1. Lorenz, Ulrike u.a. (Hg.): Lovis Corinth und die Geburt der Moderne. Katalog der Ausstsellungen in Paris, Leipzig und Regensburg 2008, S. 136 ff
  2. Lovis Corinth. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und druckgraphische Zyklen. Ausstellung des Wallraff-Richartz-Museums in der Kunsthalle Köln 1976

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