Auffallend viele Bestätigungen des Satanismus-Kritikers Léo Taxil (vor 1897) durch die heutige Forschung
Freimaurer als Teufelsanbeter - Typische Illustration der Werke Taxil's |
In unserem ersten Beitrag zu Léo Taxil (1854–1907) (1) war uns noch nicht so recht klar geworden, was wir von dieser ganzen Angelegenheit der Behauptung freimaurerischen Satanismus' durch den "Schalk" Léo Taxil halten sollten. Insbesondere auch deshalb, weil die von uns benutzte Sekundärliteratur (2) nur auffallend wenige Originalzitate von Texten Léo Taxil's gegeben hatte und sie inhaltlich noch vergleichsweise oberflächlich behandelt hatte. Inzwischen haben wir eine der wesentlichsten Arbeiten, auf die sich die von uns benutzte Sekundärliteratur stützte, jetzt vorliegen (3). Und hier liest sich doch alles noch einmal ganz anders, als man es erwartet hatte. Insbesondere auch die verdienstvollerweise gebrachten längeren Auszüge aus den Werken von Léo Taxil klingen aus heutiger Sicht und heutigem Kenntnisstand keineswegs so verstiegen, "unecht" und erfunden, als man es hätte erwarten können nach allem, was man im Internet derzeit über Leo Taxil lesen kann. Plausibilität kann ihnen nicht von vornherein, rund und schlechtweg abgesprochen werden.
Und genau deshalb scheint sich nämlich auch der Kärntner Satanismus-Forscher Karl R. Frick mit ihnen so intensiv befaßt zu haben. Ein Forscher, der allzu deutlich die Freimaurerlogen vor den Vorwürfen Taxil's in Schutz zu nehmen bestrebt ist. Und in einer genaueren Analyse der Texte von Taxil bestätigt Frick doch überraschend viele Wahrheiten in den Behauptungen von Léo Taxil. Der Satanismus-Forscher Karl R. Frick schreibt 1986 über eines der wichtigsten Bücher Taxil's (3, S. 34):
Untersuchen wir einige typische Auszüge aus den "Drei-Punkte-Brüdern", die für Taxil echte Satanisten waren.
Wir ersparen es uns, die in längeren Auszügen gebrachten Textstellen von Taxil hier abzutippen. Sie klingen insgesamt nicht wesentlich anders als andere "Enthüllungsschriften" über die Rituale der Freimaurer, etwa diejenigen Erich und Mathilde Ludendorffs und ihrer Mitarbeiter. Und selbst das heute öffentlich von den Freimaurerlogen zugestandene Ritual zeigt ja schon für sich genügend satanistische Elemente, als daß das noch großartig hervorgehoben werden müßte: Sarg, Kreuz, Totenkopf, Degen auf die nackte Brust, verbundene Augen, verhüllte Männer, "nächtliches" Geschehen ... Alles das findet man in den Augenzeugenberichten über satanistische Logen so oder in ähnlicher Weise auch.
Satanismus-Forscher Frick sagt: "Leo Taxil schildert die Wirklichkeit."
Was aber nun sagt Satanismus-Forscher Karl R. Frick selbst jeweils zur Einordnung der von ihm zitierten Taxil-Auszüge? Hören wir einmal genau zu (3, S. 36) - zunächst unter Weglassung eines verbrämenden Eigenschaftswortes:
Also. Taxil hat nur das geschildert, was ausgeübt wurde. Und Punkt. Das im ersten Satz des Zitates weggelassene verbrämende Eigenschaftswort heißt "phantastisch".Taxil hat in seiner (...) Interpretation maurerischer Rituale die Handlung bei der Aufnahme in den 30. Grad des "Alten und Angenommenen Schottischen Ritus" geschildert, wie sie teilweise auch in der romanischen Hochgrad-Maurerei, allerdings in einer nicht so drastischen, sondern nur symbolischen Form, ausgeübt wurde. Es war (und ist) dies eine besondere Form der "roten" Freimaurerei.
Die Augenwischerei des Satanismus-Forschers Frick
Hören wir weitere Einordnungen. Zu dem Taxil-Zitat einer freimaurerischen Beschwörungsformel schreibt Frick (3, S. 37):
Was brauchen wir noch mehr zu wissen? Freilich fährt Frick dann fort:Derartige Beschwörungsformeln stammen aus der Tradition der jüdischen Zauberliteratur, wie wir sie für das 15. Jahrhundert (...) nachweisen konnten und wie sie auch von den Exorzisten des 17. Jahrhunderts und bestimmten Hochgraden des 19. Jahrhunderts benutzt wurden.
Taxil hat dies wohlweislich verschwiegen.
So? Woher weiß Frick das? Wo Frick doch selbst erst diese Literatur "nachweisen" mußte für entlegene Bereiche wie das 15. und das 17. Jahrhundert. Wie kann er da unterstellen, daß Taxil die Quellen bekannt waren, die Frick "nachwies" und - "wohlweislich verschwieg"? Kann Taxil nicht noch ganz andere Quellen gehabt haben? Bzw.: Behandelt Taxil denn nicht "bestimmte Hochgrade des 19. Jahrhunderts"? Was soll diese Augenwischerei? Taxil habe sie
den "teuflischen" Freimaurern eo ipso angedichtet.
Wenn das mal nicht Erbsenzählen ist. Uns reicht völlig, daß Taxil eine Beschwörungsformel freimaurerischer Hochgrade des 19. Jahrhunderts ganz richtig wiedergegeben hat. Was wollen wir mehr?
Weibliche Freimaurerlogen des 19. Jahrhunderts satanistisch
Noch toller wird es, wenn Frick die von Taxil behandelte weibliche Freimaurerloge, den "Mops-Orden" behandelt (3, S. 38) (- wieder etwas, was uns bis dato nicht bekannt war!):
Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß im Ritual des Mopsordens gewisse alte gnostisch-libertinistische
- lasse dir diese Eigenschaftswörter auf der Zunge zergehen, lieber Leser: "gewisse alte gnostisch-libertinistische"
Elemente enthalten sein dürften, die einmal aus antiken Fruchtbarkeitsriten
so so!
- und das offenbar auf jeden Fall! -und zum anderen
mittelalterlichen luziferanischen Messen entlehnt wurden.
- Leo Taxil hatte also nicht recht, wenn er dem Mopsorden Satanismus unterstellte? Hören wir weiter das schillernde Hinwegdiskutieren dieser "mittelalterlichen luziferanischen Messen" durch Herrn Frick:
Sie waren in der zeitgenössischen Literatur "wiederentdeckt", einfach für die Zeit des Rokoko aufgearbeitet worden. Wir stimmen mit Taxil hinsichtlich des Ursprungs des Rituals aus bestimmten Fruchtbarkeitsriten und -mysterien im Mopsorden überein, müssen aber betonen, daß diese Herkunft nichts mit dem Satanismus zu tun hat ...
Ha, ha, ha! Da lachen jetzt ja nun wirklich alle Hühner. Mit so billiger Augenwischerei will sich Frick davonstehlen?
- Aber nur "äußerlich" freimaurerisch!
Und noch weiter Herr Frick zum Mopsorden:
Historische Bezüge zur zeitgenössischen Freimaurerei sind höchstens durch Äußerlichkeiten, wie die Logenform, gegeben.
Das ist ja wieder mal ein Klassiker der Verteidigungsstrategie. Wir wollen die Billigkeit dieses "Klassikers" gar nicht mehr auseiandernehmen. Ähnlichkeiten zur Freimaurerei sind eben, wenn sie denn am falschen Platz auftauchen, immer nur "äußerliche" Ähnlichkeiten. Ganz klar und simpel.
Frick: "Taxil benennt richtig die wichtigsten maurerischen Symbole"
Zum von Taxil behandelten fünfzackigen, flammenden Stern und dem Buchstaben "G" schreibt Frick (3, S. 39):
Beide gehören in der Tat zu den wichtigsten maurerischen Symbolen.
Und zur Taxil'schen Schilderung sexual-magischer Rituale über Phallus und Gebärmutter und all die okkulten Quatsch-Symbole und -Rituale für diese und die geschlechtliche Vereinigung selbst schreibt Frick nach Anführung eines längeren in bekannter Weise abstrusen Zitates:
Was an diesem Text "obszön" sein soll, (...) bleibt Taxil (...) überlassen.
Es ist schon auffallend, daß Frick hier einen Text als "nicht-obszön" verteidigt, von dem er dann im weiteren behauptet, daß er sowieso nichts mit Freimaurerei zu tun hat. Warum ihn dann überhaupt so verteidigen?
Taxil wirft unzulässigerweise "durcheinander" - so, so!
Frick weiter über diesen abstrusen Text und die darin geschilderten Sexual-Rituale:
Für uns ist unschwer feststellbar, daß es sich hier um eine ursprünglich uralte gnostische Spekulation handelt, die besonders bei den Spermagnostikern und in der libertinistischen Gnosis üblich war. (...) Taxil hat hier infolge seiner Unkenntnis (...) Gnosis, Pantheismus, Satanismus, Deismus der Freimaurerei und andere "Ismen" durcheinandergeworfen.
Daß wir auch das dem guten Herrn Frick nicht abnehmen, bedarf keiner Rechtfertigung. Daß in Okkultlogen insgesamt sehr viel "durcheinandergeworfen" wird und bestimmt nicht auf fein-säuberliche Trennung all dieser "Ismen" Wert gelegt wird, davon kann man von vornherein ausgehen und dafür können, zumindest was das 20. Jahrhundert betrifft, sehr schnell unzählige Belege genannt werden. Warum auch sollte in diesem Experimentierfeld von okkult arbeitenden Logen nicht alles "durcheinandergeworfen" werden, was an "Ismen" vorhanden ist? Gelingt es doch der Freimaurerei schon seit Jahrhunderten, so gegensätzliche Dinge wie Altes Testament und Freidenkertum in eine solche "Übereinstimmung" zu bringen, daß einem Richard Dawkins die Haare zu Berge stehen würden. Und auf dieser Linie unzähliges andere mehr. (Man denken nur an die okkulten "Arier", an "Thule", das mit "Jerusalem" in Kontakt steht, etc. etc. pp. pp.. Ein völliges Durcheinanderwirbeln der verschiedensten Ismen fällt da immer schon unglaublich leicht und ist ja auch schon in der willkürlichsten Art des kabbalistisch-okkulten Denkens selbst angelegt. Auch bei den Rosenkreuzern und bei den Templern war es nicht anders.)
Es ist ja geradezu das Wesen von Okkultlogen, "Ismen" durcheinanderzuwerfen. Und schließlich: Wenn ich als Okkultgläubiger überhaupt schon so weit bin in meiner "Einweihung", dann probiere ich doch sowieso alle "Ismen" und jeden Quatsch aus. Würde Ralph Tegtmeier sicherlich sofort zustimmen, der große Okkult-"Eperimentator" von heute.
Was Frick dann noch weiter von Taxil zitiert, macht einem deutlich, daß man sich die Werke des Leo Taxil durchaus selber anschaffen kann, ohne einen Fehlkauf zu tun. - Vielleicht muß. Und gegebenenfalls kommen wir auf Frick und Taxil noch einmal hier auf dem Blog zurück.
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- Bading, Ingo: Léo Taxil - Der "Schalk" von 1897. Auf: Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!, 26.4.2011
- Knorr, Alexander: Metatrickster. Burton, Taxil, Gurdjieff, Backhouse, Crowley, Castaneda - eine Interpretation von Leben, Werk und Wirken ausgesuchter historischer Persönlichkeiten, deren Wohlgelingen der Hilfe des Diskurses zur mythologischen Trickstergestalt bedurfte. Hrsg. von Matthias Samuel Laubscher. VASA-Verl., München 2004 (München, Univ., Diss., 2002) (frei als --> pdf.), S. 33 - 96
- Frick, Karl R. H.: Satanismus und Freimaurerei. Eine Dokumentation bis zur Gegenwart. Teil 3 von: Satan und die Satanisten. Ideengeschichtliche Untersuchungen zur Herkunft der komplexen Gestalt "Luzifer, Satan, Teufel", ihrer weiblichen Entsprechungen und ihrer Anhängerschaft. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1986 (172 S.); neu erschienen übrigens im Marix-Verlag 2006
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenObwohl ich Michael Blume grade mit dem Zaunpfahl auf diesen Blogartikel hingewiesen habe, verweigert er sich jeder inhaltlichen Auseinandersetzung. Obwohl er selbst exakt das Thema dieses Blogartikels grade behandelt hat. Das ist ärmlich:
AntwortenLöschenhttp://www.scilogs.de/chrono/blog/natur-des-glaubens/freimaurer/2013-08-05/wie-freimaurer-zu-vermeintlichen-satanisten-gemacht-wurden-der-taxil-schwindel