Freitag, 14. Mai 2010

Jesuitenschüler sprechen

Die Stimmen von schon im Keim, in der Jugend zerstörten Leben

Ganz richtig heißt es auf einem Internetblog von Überlebenden sexueller Gewalt:
Nichts, absolut nichts, hilft mehr als die Herstellung von Öffentlichkeit, Bruch des Schweigegebotes, Verständigung über das Vorgefallene.
Dementsprechend gibt es inzwischen schon mehrere, sehr ausführliche Internetblogs von Seiten der Mißbrauchsopfer selbst, abgesehen von der Internet-Seite von Norbert Denef:
- "Eckiger Tisch" (Jesuiten allgemein)
- Freinberg (Jesuiteninternat und -schule in Linz/Oberösterreich, Klaus Knoll)
- Kremsmünster I (Benediktiner in Österreich)
- Kremsmünster II
- Betroffen.at (Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt)
- ...
Die großen Medien weisen nicht mehr sehr häufig auf diese Blogs hin. Sie schießen sich auf Bischof Mixa ein, da brauchen sie sich - so denken sie vielleicht - mit allem anderen nicht mehr so stark beschäftigen ...

Ein seelisch Überlebender sexueller Gewalt, die ihm während seiner Schulzeit an einem Jesuitengymnasium offenbar in Linz in Oberösterreich zugefügt worden ist (in Freinberg), schreibt anläßlich der derzeitigen öffentlichen Debatten über seine eigenen Erfahrungen mit den Jesuiten (Presse, 20.3.10):
Elias Canetti versteht das am besten: töten, um zu überleben, und erst wenn er seinen Fuß auf den Körper des Untergebenen setzt, weiß der Präfekt, dass er wirklich lebt, weil jeder Zögling eine Bedrohung seines Überlebens ist, so wie ich die ihre bin jetzt: die lebende, lebendige, frei herumspazierende Bedrohung des Systems Schuld, Sühne und Vergebung und was sich sonst noch an Schwachsinn zusammenbraut in einem Jesuitengehirn, das aus selbstverschuldeter tausendjähriger Nacht nicht herausfindet. Hitler, Stalin, Lubicek*. Und wenn man erst einmal angefangen hat mit dem Umbringen, da gibt's natürlich kein Aufhören.

(* Name von der Red. geändert)
"Die lebende, lebendige, frei herumspazierende Bedrohung des Systems Schuld, Sühne und Vergebung"

Und:
Dass ich überlebt habe, verdanke ich wesentlich und zuallererst der Liebe meiner Mutter. Der starken, klaren, geraden Liebe meiner Mutter. (...)

Schon mit zwanzig wusste ich, dass ich mich in autoritären Systemen nicht aufhalten kann. Ich wusste das ganz sicher, auf eine komische Art, so wie man weiß, dass man Hämorrhoiden hat oder ein Magengeschwür. Man weiß das durch beharrliches Wegschauen. So, wie ich wusste, was sie mir angetan haben. An-ge-tan, schönes Distanzierungsvokabel.
"Mit dem Umbringen aber unbedingt zuwarten ..."

Und er fragt:
Was ich wirklich wissen möcht von ihnen: Was haben sie sich dabei gedacht? (...) Wie viel und welche Arten Lüge, Vorwand, Verleugnung es braucht, bis ein halbwegs erwachsener Mensch so was tut, das hätt ich gern aus ihrem Mund gehört. Im Großen ist es eh klar: Heide, Klassenfeind, Untermensch, Dreinhauen, Wegnehmen, Umbringen, in dieser Reihenfolge, das Instrumentarium der Eskalation. Einschränken zuerst und Benachteiligen, wo's nur geht, dann ein bisserl Unterdrücken, Schlagen, Enteignen, mit dem Umbringen aber unbedingt zuwarten, bis zumindest das Einsperren allgemein akzeptierter Brauch ist. Das war ja bei ihnen auch so, Hosentaschen zuerst, Zuckerlkontrolle (...)

Dann wollt ich noch wissen, ob sie meine Beschädigung beabsichtigt haben oder bloß billigend in Kauf genommen.
Und er schreibt unter anderem über sein seitheriges Leben, 40 Jahre lang als "Überlebender":
Es hat auch nicht geholfen, dass ich den Leuten nicht in die Augen schauen konnte, die ganze Zeit. Sagt sich so leicht, schließt aber drei Ehefrauen mit ein, nur schnell beispielshalber. Wie lebt, liebt, werkt man vierzig Jahre ohne Augenkontakt? Was hätt ich mir alles ersparen können, welche Wahrheiten sind mir entgangen?
Das sind ungeheuerliche Verbrechen. Und die Medien scheinen sich darauf geeinigt zu haben, erst einmal wieder allerhand "Schweigeminuten" einzulegen, damit der Jesuitenorden "Atem schöpfen" kann. Ob er damit durchkommt, der Jesuitenorden, dessen Mißbrauch System hatte, wie inzwischen nur allzu deutlich klar geworden ist. Dessen Mißbrauch den Prinzipien Schwarzer Pädagogik folgte?

"Da war System drin"

Auch ein weiterer Überlebender sexueller Gewalt, ausgeübt von Jesuiten, Gernot Lucas, Architekt und Architekturprofessor, sagt (KStA, 5.5.10):
Den aktuellen Forderungen der bundesweiten Opfergruppe „Eckiger Tisch“ an die Jesuitenzentrale hat Lucas sich dieser Tage angeschlossen. (...) Nachts verfolgten ihn diese Erinnerungen sein Leben lang, meint Lucas. „Dann gehe ich diesen Weg immer wieder und werde von dem Pater reingeholt.“ Der sexuelle Missbrauch sei ganz sicher von den anderen Patres gedeckt worden, so der Professor. „Die wussten doch untereinander Bescheid. Da war System drin.“ (...)

Dem Ako, den Jesuiten oder der Kirche könne er sich aber keineswegs anvertrauen. „Das lehne ich strikt ab. Mit denen will ich nichts mehr zu tun haben.“ (...) „Ich will zwar keine Rache, aber die sollen bluten. Und anders verstehen die das nicht“, erregt sich Professor Lucas. Den in den USA und Irland schon gezahlten Summen entsprechend, müssten ihm 100 000 Euro zustehen.
Der Jesuitenorden hat das Geld, keine Sorge. Er steht in allerbestem Kontakt zur Finanzwelt. Ist nicht auch Josef Ackermann ein Jesuitenschüler. Also finanziell bluten lassen wird man sie schon dürfen, ohne gar zu "ausbeueterisch" daher zu kommen.

Lebt der monotheistische Totalitarismus fort?


Am 20.3. heißt es auf dem Kremsmünster Blog I über die Benediktiner, die nach allem, was man hört, nur wenig besser waren als die Jesuiten:
Hier haben erwachsene gebildete Leute – aus welchen Gründen auch immer – tatenlos zugesehen und ermöglicht, wie Jugendliche unter Ausnutzung ihrer schwachen Position JAHRELANG!!! misshandelt und gedemütigt wurden. (...)

Hattet ihr euch eventuell alle untereinander bereits zuvor abgesprochen was ihr da letztlich mit kleinen Bubis in den nächsten 4 Jahren vorhabt's? (...)
Diese Blogs muß man alle noch gründlich durchsehen, um zu lernen, wie Totalitarismus funktioniert. Noch heute. Und um zu lernen, auf welchen leicht zu durchschauenden Wegen noch heute Totalitarismus in der Öffentlichkeit verbrämt wird, verharmlost wird, gedeckt wird - zuletzt dann wohl wieder einmal an Runden statt Eckigen Tischen ...

Wie werden christliche Priester noch heute von den öffentlich-rechtlichen Medien bevorzugt. Wie kann das sein? Ständig hört man Morgenandachten im Radio. Wie kann das sein? Welche monotheistische Interessenwirtschaft herrscht dort vor?

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