Freitag, 12. März 2010

2008 in Moskau brutal ermordet - Der oberste Jesuit Rußlands

"Unter der Fahne des Kreuzes Gott Kriegsdienste leisten ..."

Jahrhunderte lang lautete das Motto des Jesuitenordens so außerordentlich militant: "Unter der Fahne des Kreuzes Gott Kriegsdienste leisten." Ist das für den Jesuitenorden heute, wo er oft so aufgeklärt und "modern" daher kommt, ein veraltetes Motto? Ereignisse in Rußland und Reaktionen von Jesuiten in Deutschland und weltweit auf diese lassen das mehr als zweifelhaft erscheinen.

Ermordet im Kampf für den "rechten Glauben"

Abb. 1: Otto Messmer, SJ

Im August 2008 ist der oberste Jesuit in Rußland, der sogenannte "Provinzial" des dortigen Jesuitenordens, Otto Messmer SJ (1961-2008) (Kathpedia) (Abb. 1), in Moskau brutal ermordet worden. Dies geschah noch am selben Tag, an dem dieser gerade erst von einem Besuch in Deutschland nach Moskau zurückgekehrt war. 

Es bestehen nämlich engste Verbindungen zwischen den Jesuiten in Rußland und den Jesuiten in Deutschland. Otto Messmer selbst stammt aus einer rußlanddeutschen Familie, die zu größten Teilen nach Deutschland zurückgekehrt ist (nur als Beispiele: Good JesuitGood Jesuit, 25.8.09aGood Jesuit, 29.8.09Katholisches.info, 11.11.09a).

Dieser Mord im Jahr 2008 war in etwa so, als ob in Deutschland der Ordensobere Stefan Dartmann, bzw. sein Nachfolger Kiechle brutal ermordet werden würden. Und dennoch war darüber in den großen Medien erstaunlich wenig zu lesen gewesen.

Ein zweiter Jesuit mit Namen Betancourt war schon zwei Tage zuvor in derselben Moskauer Jesuiten-Wohnung, gelegen in der Nähe des Kreml, brutal ermordet worden. Seiner Herkunft nach stammte er aus Ecuador und war stolz auf seine Abstammung aus einer ecuadorianischen Konquistadoren-Familie. Er war also stolz auf seine Abstammung von Gewalt-Bekehrern im Dienste des römischen Papstes.

"Der Vorfall wird von russischer Seite auf höchster Ebene behandelt."

Wer war für diese brutalen Morde verantwortlich? "Radio Freies Europa" und auch die Jesuiten in Deutschland, Rom und weltweit fragten sich, ob diese Morde - und auch andere Morde an katholischen Priestern in Rußland - in Zusammenhang stehen könnten mit Machtkämpfen zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche in Rußland. So erfahren wir (Katholisches.info, 30.10.08; Hervorhebung nicht im Original):

Der Vorfall wird von russischer Seite auf höchster Ebene behandelt. Die Administration des russischen Präsidenten habe sich eingeschaltet, sagte Pater Kowalewski. Das religiöse Leben in Rußland wird von der russisch-orthodoxen Kirche dominiert. Das Moskauer Patriarchat hatte sich mehrfach gegen eine missionarische Tätigkeit der katholischen Kirche ausgesprochen. Jedoch habe gerade Messmer durch seine bescheidene Art und intellektuelle Redlichkeit ein besonders gutes Verhältnis zum orthodoxen Patriarchen gehabt, so (Jörg) Basten (Sprecher von Renovabis).
Abb. 2: Patriarch Alexei II.
von Moskau, gestorben 2009

Auf "Renovabis" werden wir noch zu sprechen kommen. In Rußland zeigt sich jedenfalls vieles wesentlich offener, unverfrorener, "ehrlicher" als in anderen Staaten der Erde. Die zahlreichen Morde an Regime-Gegnern, von denen die herrschende Klasse profitiert, sind ja der Weltöffentlichkeit bekannt. Aber könnte sich hier nicht auch der unglaubliche Machtwille der Priesterkaste der katholischen Kirche und der Priesterkaste russisch-orthodoxen Kirche andeuten, deren Konkurrenz Jahrhunderte alt ist?

Warum läßt es die katholische Kirche nicht einfach bleiben, wenn es so lebensgefährlich ist, in Rußland missionarisch tätig zu sein? "Muß" man denn missionieren?

"Pogromstimmung gegen christliche Gruppierungen" ...

Und da ist es dann doch auffällig, wenn auch aus der vormaligen "letzten Bastion vor Moskau", wie sie in früheren Jahrzehnten genannt wurde, also wenn aus dem Berliner Canisius-Gymnasium der Jesuiten 2008 von dem im Jahr 2010 deutschlandweit so bekannt gewordenen Rektor Klaus Mertes (geb. 1954) (Wiki), der so gerne "aus Loyalität widerspricht", ziemlich glaubenskämpferische Töne zu hören waren. Töne, die nicht gerade in einem Geist "loyalen Widerspruchs" zum Vatikan formuliert zu sein scheinen (FAZ, 8.11.08):

In der Einladung zur Berliner Mahnwache schrieb Klaus Mertes, der Rektor des vom Jesuitenorden geführten Berliner Gymnasiums Canisius-Kolleg, in Rußland richte sich zunehmend eine Pogromstimmung gegen christliche Gruppierungen, die nicht zur Orthodoxie gehörten. Sie seien auch von staatlicher Seite Behinderungen und Verleumdungen ausgesetzt. Mertes forderte die russische Regierung auf, sich diesem antiökumenischen und fremdenfeindlichen Denken erkennbar entgegenzustellen. (...) Mertes hält es nicht für ausgeschlossen, daß der Hintergrund für die Morde die wachsende Unduldsamkeit in Rußland gegen alle Nicht-Orthodoxen sei.

Das einfachste wäre in einer solchen Situation gewesen, seine glaubenskämpferischen Patres aus Moskau und Rußland abzuziehen und dort den aggressiven russisch-orthodoxen Priestern das Feld zu überlassen. Statt sich weiter ermorden zu lassen.

So aber nicht reagieren die Jesuiten in Rußland, in Deutschland und weltweit. Der sonst so "liebevolle", "verständnisvolle" Klaus Mertes spricht da stattdessen vergleichsweise aggressiv von "antiökumenischem Denken".

Die beiden Mordopfer werden vom Jesuitenorden sogar als "Märtyrer des Glaubens" gefeiert. Man soll ihnen nacheifern wie wir gleich noch zu sehen werden. Wer solche Kämpfer erzieht, wie kann der zugleich ehrliches, authentisches Verständnis aufbringen für die "Zimperlichkeiten" und "Sensibilitäten" der deutschen Öffentlichkeit bei der Begehung von Seelenmord und Pädokriminalität an Schülern von Jesuiten-Gymnasien wie des Canisius-Gymnasiums?

... oder "aggressive (Re-)-Katholisierung"?

"Radio Freies Europa" machte insbesondere auf die Tatsache aufmerksam, daß die beiden ermordeten Jesuiten in Rußland um Nachwuchs warben, der selbst gar nicht katholisch war. Der Sender sprach von "aggressivem Proselytismus", also von "aggressiver (Re-)Katholisierung" (wie sie ja gegebenenfalls auch einem ecuadorianischen "Nachkömmling von Konquistadoren" auf den Leib geschnitten sein könnte) (und einem Jesuiten sowieso) (Radio Free Europe, 31.10.08):

Might the murdered priests have been involved in "aggressive" proselytism? 
Maria Cioccoloni, a Jesuit spokeswoman in Rome, says that for seven years Betancourt handled pastoral relations with Russians who were possibly interested in joining the Society of Jesus. It's unclear what that entailed. "He was doing pastoral work with students and people in the parish, with young people," Cioccoloni says. Asked if those young people were already Catholics, she says, "[They] don't have to be [Catholics] - they can also be from other religions." 
Catholic-Orthodox relations have been rocky since the east-west division of Christianity in 1054. John Paul II, the late Polish pope, had sought to improve ties with the church of his country's giant neighbor, but Russian Orthodox officials never granted his lifelong wish to visit Russia.
In 2004, 300 religious leaders gathered in Russia to pray for strengthening religious tolerance. But tellingly, Catholics were not included among the invited "traditional" religions of Orthodoxy, Judaism, Islam, and Buddhism.
Catholics and other non-Orthodox Christian denominations in Russia have also been victims of past violence. A Slovak priest was killed in 2005 in Bryansk, apparently by robbers, while an American Episcopal priest was killed last August in Moscow. The motives were unclear. Non-Orthodox Christian leaders in Russia complain frequently that the authorities and police often act belatedly to their pleas for protection.

Der Patriarch von Moskau - Er war gegen einen Rußland-Besuch des Papstes

Abb. 3: Kyrill, Patriarch, Moskau

Der Eindruck entsteht: Hier wird untergründig mit knallharten Bandagen gearbeitet. Ganz anders als man das so im allgemeinen erwarten würde und als das auch der größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird.

Und das geschieht von beiden Seiten aus.

Die beiden ermordeten Jesuiten waren vor allem im Rahmen der aus deutschen Kirchensteuer-Mitteln (!) mitfinanzierten Osteuropa-Hilfe "Renovabis" tätig. Diese war nach 1989 von der deutschen Bischofskonferenz zum katholischen Wiederaufbau in Osteuropa, sprich zur "Mission" und Re-Katholisierung begründet worden (Abendztg., 29.10.08):

Beide Patres arbeiteten mit Renovabis zusammen. Das Hilfswerk förderte im Jahr 2007 mit 2,6 Millionen Euro verschiedene Projekte in Rußland, darunter das von Messmer gegründete Priestervorseminar.

Man achte auf dieses Wort: "Priestervorseminar". Diese Wortwahl könnte verschiedene Ursachen haben. Bedarf es ihrer, da es immer weniger Menschen gibt, die es sich vorstellen können, katholischer Priester zu werden? Muß ihnen viele Brücken bauen? Oder ist ein eigentliches jesutisches Priesterseminar in Rußland nicht erwünscht und muß es in lächerlicher Tarnung "Vorseminar" nennen?

Der Vorsitzende der - römisch-katholischen - Russischen Bischofskonferenz, wiederum ein Jesuit, der Bischof Josef Werth SJ aus Nowosibirsk, fand anläßlich des Todes seines Vorgesetzten und des ihn beleitenden Konquistadoren-Abkömmlings sehr deutliche, glaubenskämpferische Worte. Werth verglich die Ermordeten mit "Märtyrern der Kirche" im Kampf um den Glauben.

Moskauer Patriarch Alexeji ist gegen die Missionstätigkeiten der Jesuiten in Rußland

Man stelle sich die folgende Predigt in ähnlichem Wortlaut im Angesicht der Bestrebungen zur Wiederbekehrung von Protestanten, Heiden und Atheisten in Deutschland vor. - Ist das so undenkbar? - - Josef Werth SJ sagt jedenfalls - und wir bringen den Text zunächst ohne Unterbrechung (Kreuz.net, 30.10.08):

Nach dem Zweiten Weltkrieg ereignete sich in Deutschland eine entsetzliche Tragödie:
Während eines Busausfluges von Novizen der Jesuiten passierte ein Unfall. Das gesamte Noviziat der Jesuiten kam dabei ums Leben.
Diese Tragödie hat die gesamte Kirche in Deutschland erschüttert. Im nächsten Jahr kamen zu den Jesuiten so viele Kandidaten, daß kaum Platz mehr für sie war.
Der Tod der zwei Jesuiten hat den Orden in Rußland und in der ganzen Welt erschüttert.
In letzter Zeit während ihrer Zusammenkünfte, sprachen die Jesuiten immer öfter davon, daß in ihrem Dienst doch mehr das ignatianische Feuer entbrennen muß, daß der apostolische Eifer sich stärker entzünden muß.
Doch wie schwer ist es, dieses Feuer am brennen zu halten.
Heute habe ich bereits mehrmals gehört: Die Jesuiten in Rußland sind ab heute andere Jesuiten.
Aber wir? Kirche im TiefschlafVor vielen Jahren kam in Krasnojarsk Pater Jan Fratzkevitz ums Leben - und wir blieben dieselben.
Danach wurde ein Priester in Astrachan umgebracht - und wir blieben dieselben.
Vor zwei Jahren wurde ein alter Priester in der Moskauer Diözese von Heranwachsenden umgebracht - und wir blieben dieselben.
Heute - nach dem Tod von Pater Otto und von Pater Viktor - bleiben wir immer noch dieselben? 
Wie viele Opfer braucht es noch, damit die Kirche in Rußland, in Sibirien vom Schlaf erwacht?Sie lebten und starbenWir sagen, wir bauen heute auf dem Fundament der Märtyrer des 20. Jahrhunderts.
Aber diese Märtyrer lebten und starben schon vor vielen Jahren. Wer von uns hat sie noch gekannt?
Der Tod der beiden Priester, die wir persönlich kannten, die wir gesehen haben - manche von uns haben vor drei Tagen noch mit ihnen telefoniert - wird dieser Tod uns endlich doch verändern?

Jesuitischer Fanatismus

Das sind überaus deutliche Worte. So sieht die Idealvorstellung der Jesuiten aus: Daß dort, wo ein Jesuit oder ein Novize stirbt, die "gesamte Kirche" so erschüttert ist, daß zehn neue Novizen an ihrer Stelle ihnen zuströmen. Wie weit es damit in Rußland für die römisch-katholische Kirche her ist, wird - sicherlich bewußt - offen gelassen. Nur nicht zu viele Karten auf einmal aufdecken.

Als besonders auffällig darf weiterhin festgestellt werden: Die Jesuiten selbst müssen - nach diesen Worten - gar nicht wachgerüttelt werden. Sie sagen sofort: "Die Jesuiten in Rußland sind ab heute andere Jesuiten." Denn sie hatten schon zuvor oft davon gesprochen, daß das "ignatianische Feuer", daß der "apostolische Eifer" mehr entbrennen müsse. Sie aufzurütteln, war und ist also gar nicht nötig. Nur die restliche katholische Kirche, darum geht es in dieser Predigt.

Aus all dem ist abzulesen: Die Jesuiten stehen auf ihrem Posten. Sie sind - je nach Erfordernis - sofort "andere", wenn es darum geht, zu "anderen" werden zu müssen. Sei dies nun in Rußland. Oder sei dies anderwärts.

Die Jesuiten klagen sich selbst des Schlafes nicht an ...

In Deutschland hat man sich noch vor wenigen Wochen darüber lustig gemacht, daß die russisch-orthodoxen Bischöfe mit einer evangelischen Bischöfin Margot Käßmann nicht auf Augenhöhe sprechen wollten (Pelzig 5'45). - Daß aber die Kabalen zwischen den verschiedenen Priester-Kirchen nicht nur so harmloser Natur sein brauchen, daß man sich darüber im Kabarett lustig machen könnte - das wird sehr viel seltener erörtert. Da würde wohl auch dem guten Herrn Pelzig so mancher Scherz im Halse stecken bleiben und er würde arg an ihm würgen.

Natürlich: In der ehemaligen Sowjetunion werden Regime-Gegner, regimekritische Journalisten, (falschgläubige) Tschetschenen jeden Alters, jeden Geschlechtes und jeden beruflichen Hintergrundes immer wieder ermordet - im Auftrag von Hintermächten. Darüber können die hier behandelten Morde leicht übersehen werden. Und mehr noch die Reaktionen innerhalb des Jesuitenordens und innerhalb der römisch-katholischen Kirche auf diese. Morde, die geradezu so anmuten, als wären sie im Zusammenhang von Mafia-Kabalen in Süditalien geschehen. Aber sie ereigneten sich in einer scharfen, Jahrhunderte alten Konkurrenz-Situation zwischen zwei totalitären Priesterkasten.

Im äußerlich "zivilisierteren" Mitteleuropa gehen diese Konkurrenzkämpfe möglicherweise - äußerlich - etwas "zivilisierter" vor sich. Rekatholisiert wurde zwar 1945 im Zusammenhang mit der größten Bevölkerungsumsiedlung der Weltgeschichte auch. Nämlich die vormaligen Kernlande des Protestantismus Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Provinz Posen und Schlesien. (Was schon vor Jahrzehnten nur noch dem Journalistenehepaar Runge aufgefallen war, siehe ihr damaliges Buch "Nicht nur die Steine sprechen deutsch".)

Doch zeigte auch in Deutschland jüngst der Fall des prominentesten protestantischen Theologen unserer Zeit, nämlich der Fall von Klaus Berger (Wiki), der Zeit seines Lebens im Geheimen papsttreuer Katholik geblieben ist und als solcher "Kryptokatholik" von Protestanten ganz offen in der FAZ die "Unterwerfung unter den Papst" gefordert hatte - und all das mit stillschweigendem Wissen des heutigen Papstes -, daß auch hier in Deutschland mit weitaus härteren Bandagen "gekämpft" wird, als das nach außen oft sichtbar und kenntlich gemacht wird.

Manchmal werden Dinge nur sichtbar, wenn sie der Betreffende von sich aus sichtbar macht, so wie Klaus Berger dies kurz vor seiner Emeritierung gemacht hat, sicherlich ebenfalls aus bewußtem Kalkül.

"Der apostolische Eifer muß sich stärker entzünden" - unter Katholiken, nicht unter Jesuiten

Fragen stellen sich da sogar, in welchen Bezugsrahmen eigentlich der Rücktritt von Margot Käßmann  - nämlich kurz vor der Bischofskonferenz in Freiburg - zu stellen ist.

Angesichts all solcher Dinge ist es vielleicht nicht mehr ganz so weit von den Verhältnissen in Deutschland zu den Verhältnissen in Rußland, mit denen der deutsche Katholizismus und der deutsche Jesuitenorden personell und materiell in sehr engem Zusammenhang steht. Mit vom deutschen Staat erhobenen Kirchensteuern wird von Deutschland aus - etwa durch "Renovabis" - die Rekatholisierung Rußlands betrieben. Ein Umstand, der schon für sich fast unglaublich ist.

Hat sich in den letzten 400 Jahren in der katholischen Kirche und im Jesuitenorden etwas grundlegender geändert? Warum diese geradezu "Getriebenheit", in Rußland missionieren zu wollen oder zu müssen? Wozu "monotheistischer Eifer"? Ähnliches wird auch von den ostasiatischen Staaten zu sagen sein, die ein Schwerpunkt der gegenwärtigen Arbeit des Jesuitenordens und des Vatikans darstellen, wie schon in früheren Beiträgen dargestellt.

Im Jahr 2011 endlich gibt Jesuitenpater Mertes sogar im "Spiegel" zu, daß sexuelle Gewalt im Jesuitenorden "systematisch" geschehen ist, und daß der Jesuitenorden eine Gewalt-"Täterorganisation" (gewesen?) ist. Und niemand zieht daraus die konsequente Schlußfolgerung und verbietet diese verbrecherische Organisation und zieht ihr Vermögen ein, um damit die Geschädigten, die Überlebenden seiner sexuellen Gewalt zu therapieren und zu "entschädigen".

Die Gefahr des religiösen Fanatismus des Jesuitenordens kann kaum überschätzt werden

Mit diesem Beitrag soll darauf hingewiesen werden, daß der Jesuitenorden keineswegs politisch, religiös, wirtschafts-, kultur- oder bildungspolitisch so harmlos ist, wie er sich gerne unter gutgläubigen, ja, naiven Europäern und Deutschen darzustellen beliebt. Wer sieht, wie glaubenseifrig die Jesuiten im atheistisch gewordenenRußland, in dem heute wieder 70 % aller Menschen ihre Kinder christlich taufen lassen, für die katholische Religion kämpfen - und dabei sogar den Märtyrermord gerne in Kauf nehmen -, der wird doch einen anderen Blick auf den Jesuitenorden und sein weltweites Wirken bekommen als er ihn bislang hatte.

Etwa wird dadurch auch der Vorwurf von protestantischen Freikirchen in den USA schon wieder etwas glaubwürdiger, Jesuiten würden sich in ihre Reihen einschleichen, würden sogar Frauen heiraten, Pfarrer der Gemeinden werden, um diese zu zerstören und von ihrer Ablehnung der ökumenischen Bewegung abzubringen. (Siehe etwas das Video von 1990 "Jesuit Infiltration of America", in dem viele derartige Stimmen und Erfahrungen gesammelt sind.) Insgesamt: Die Gefahr des religiösen Fanatismus des Jesuitenordens wird man wohl nicht leicht überschätzen können, wenn man zusätzlich noch in Anschlag bringt, wie viele einflußreiche Persönlichkeiten in Medien, Wirtschaft und Politik Jesuitenschüler gewesen sind: Thomas de Maziere, Josef Ackermann und so allerhand "Größen" im Sacro-Pop-Fernsehen.

Abb. 4: Szene aus der Dokumentation von 1989 mit Otto Messmer SJ während eines Gottesdienstes (1)

Nachtrag 15.11.2021. Eine Film-Dokumentation aus dem Jahr 1989 auf dem Youtube-Kanal der katholischen Organisation "Kirche in Not / Ostpriesterhilfe", die dort 2020 zugänglich gemacht worden ist, stellt ab Minute 21'54 die seelsorgerische Arbeit des 1989 28-jährigen Jesuiten Otto Messmer in verschiedenen katholischen Gemeinden in Rußland dar. Einleitend dazu heißt es (1):

Es gibt wenige so glaubensstarke Familien wie die Messmers. Von den neun Kindern der Witwe sind fünf Söhne Priester geworden.

Von diesen fünf katholischen Priestern scheinen aber nur drei Jesuiten geworden zu sein (siehe gleich). Im weiteren nimmt Otto Messmer in der Film-Dokumentation die Beichte ab, er segnet, er verteilt Oblaten und so weiter. Daß die hier genannten fünf Brüder der Familie Messmer nicht nur Priester, sondern Jesuiten geworden sind, wird in der Dokumentation an keiner Stelle erwähnt. Die unterwürfigen Blicke, mit denen die Gläubigen der von Messmer betreuten Gemeinden auf Otto Messmer blicken, sein "hoheitsvolles" Gebaren, sein argoganter, verachtender Blick, all das läßt einen beklemmenden Eindruck zurück (Abb. 4).

Solch ein beklemmendes katholisches, kirchliches Leben hat es in Europa ja auch sonst oft noch bis lange nach 1945 gegeben. Und wer weiß eigentlich, ob es nicht heute noch vergleichsweise weit verbreitet ist - trotz all der Querelen, die die Öffentlichkeit der westlichen Welt mit der katholischen Kirche hat. In einem Nachruf auf Nikolaus Messmer von 2016 wird aus dem Nachruf aus einer Jesuiten-Zeitschrift auf Otto Messmer aus dem Jahr 2008 zitiert ("Weltweit - Das Magazin der Jesuitenmission" 2006, pdf; Katholisches 7/2016):

Seine Eltern sind ein Zeugnis dafür, wie Rußlanddeutsche unter den Sowjets im Untergrund an ihrem Glauben festhielten und ihn an ihre Kinder weitergaben. Die Eltern stammen aus Speyer bzw. Kandel im Schwarzmeergebiet und wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus dem sogenannten Warthegau wieder in die Sowjetunion deportiert. Es gelang ihnen, sich bis nach Karaganda durchzuschlagen, dem Zentrum der katholischen Untergrundkirche. Dort wurden Otto und auch alle seine 5 Brüder und 3 Schwestern geboren. Geprägt wurde Otto durch den litauischen Jesuitenpater Albinas, der nach seiner Zeit im Gefängnis in Sibirien von 1975 an auch in Karaganda wirkte. Pater Albinas gründete das Noviziat im Untergrund, in das auch Otto eintrat.

Hier äußert sich Pater Albinas kurz über das Gemeindeleben in Karaganda (Yt). Sein Wirken wird auf Wikipedia herausgestellt (Wiki). Stellen wir hier noch recherchierbare Daten zu dreien der genannten Brüder zusammen:

  1. Nikolaus Messmer SJ (1954-2016) (Wiki) trat 1975 mit 21 Jahren dem Jesuitenorden bei. 2006 wurde er mit 48 Jahren Bischof von Kirgistan. Er starb als solcher ebendaselbst 2016 mit 62 Jahren.
  2. Hieronymus Messmer SJ (Jesuiten) trat drei Jahre später, 1978 dem Jesuitenorden bei. Seit 1995 ist er als Pfarrer in Deutschland tätig. Wenn er bei seinem Eintritt in den Orden - wie seine beiden Brüder - 21 Jahre alt war, wäre er 1957 geboren worden und heute 64 Jahre alt.
  3. Otto Messmer SJ (1961-2008) (Kathp) trat 1982 mit 21 Jahren dem Jesuitenorden bei. 1989 sehen wir sein Wirken mit 28 Jahren. 2002 wird er mit 41 Jahren Oberster der Jesuiten Rußlands, 2008 wird er mit 47 Jahren in Moskau ermordet. Damit hat er sicherlich die steilste Karriere der fünf Brüder hinter sich gebracht. Er war schon vier Jahre Vorgesetzter seiner beiden Brüder als sein sieben Jahre älterer Bruder Nikolaus in Kirgistan erst zum Bischof ernannt worden ist.

Bezeichnenderweise heißt der Kanal von "Kirche in Not" heute immer noch "Kirche in Not" statt "Kinder in Not" .... Man findet da ganz aktuelle Videos mit so außerordentlich bigotten und glaubenskämpferischen Titeln wie:

  • "Chinas Katholiken - Avantgarde des neuen China?"
  • "Die Ukraine, eine Hochburg der Ökumene" (in drei Teilen) (Ökumene im katolische Sinne = Vereinnahmung)
  • "Verfolgung zu erleiden, ist ein Privileg"
  • "Politischer Machtkampf oder religiöser Eifer" (keine Analyse von Katholizismus, sondern vom Islam)
  • "Weißrußland: Same unter den Dornen"
  • "Neue Wege der Evangelisierung" (sprich der Gegenreformation und Geistesknechtung)
  • "Kirchenkrise und kein Ende - Laufende Medienkampagnen gegen die Kirche"
  • "Der Zölibat, kein Joch, sondern ein Geschenk"

Ein Blick in eine immer fremder werdende Welt. Die alte Christa Meves kommt auf dem Kanal mehrfach zu Wort, der vormalige Geheimkatholik Klaus Berger, Jürgen Liminski. Wir können das alles nicht anders ansehen als mit aller größter Beklemmung.

Klaus Mertes im übrigen ist im Jahr 2021 Superior des Ignatiushauses in Berlin. Er kehrt also zurück auf den Vorposten im katholischen Kampf gegen Atheismus und Russische Orthodoxie in Osteuropa. Ausgerechnet dort im Ignatiushaus ist auch der "Jesuiten-Flüchtlingsdienst" (Wiki) angesiedelt.

/ Text neu gegliedert 
und überarbeitet: 
13.9.2011;
ergänzt entsprechend (1): 15.11.2021 /

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  1. Gyöngyössiy, Imre u.a.: Katholiken in Sowjet-Mittelasien. Kirche in Not / Ostpriesterhilfe in Zusammenarbeit mit der Satellit-Film GmbH 1989 [auf Youtube seit 2020], https://youtu.be/e36jLnt3mKM.

3 Kommentare:

  1. Leider sind die Menschen Grausam, die sowas tuen........
    ich denke oft an den Pater Otto, es war ein wunderbarer Mensch und Vater. Gott gib Ihm die Ewige Ruhe.
    Wir werden Ihn nie vergessen.

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  2. Die Rangeleien zwischen Moskau und Rom gehen natürlich weiter, derzeit vor allem um die ukrainisch-orthodoxe Kirche:

    http://www.katholisches.info/2011/09/17/unerwartete-beschleunigung-bei-annaherung-zwischen-rom-und-moskau-%E2%80%93-protestanten-im-abseits/

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  3. Die Jesuiten arbeiten trotz solcher Morderfahrungen fröhlich weiter im Bereich der ehemaligen Sowjetunion, auch dann, wenn ihnen ausdrücklich keine Visa genehmigt werden:

    http://www.jesuiten.at/index.php?id=81&tx_ttnews[pointer]=4&tx_ttnews[backPid]=71&tx_ttnews[tt_news]=804&cHash=e828481b0224aa2b742b436d156a2abb

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