Mittwoch, 28. Mai 2008

Die Probleme der "Linken" mit Christa Müller

Während Oskar Lafontaine mit seiner Kapitalismus-Kritik, mit Rosa, Karl und Marx, Gregor nicht zu vergessen, in Cottbus den Saal "rockte" (siehe voriger Beitrag), bekam seine Frau Christa Müller, die auf "Studium generale" schon oft positiv behandelt worden war, ihr Fett ordentlich weg. Dazu ein kleiner Pressespiegel:
"Nur etwa ein Dutzend der 562 Delegierten schließt sich in der Abstimmung der ablehnenden Position Christa Müllers an." (Tagesspiegel)

Ehemann "Lafontaine hob nicht mal die Hand, als über den Antrag zur Familienpolitik entschieden wurde." (Spiegel)

Christa Müller aber kündigte nach dem Abstimmungsergebnis an,

"weiter für ein Alternativkonzept kämpfen zu wollen. Die Saar-Linken würden dazu eigene Vorschläge vorlegen. «Die Delegierten wussten nicht, worüber sie abgestimmt haben», sagte sie." (Yahoo News)

"Die frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Kirsten Tackmann, sagt: "Für Ost-Frauen ist das eine absurde Debatte.“ Dass Frauen Kinder haben und arbeiten, sei etwas ganz Normales. Lafontaine müsse klarstellen, dass seine Frau nicht für die Partei spreche. Gleichwohl nimmt Tackmann das Thema ernst: "Es gibt Menschen, die so denken wie Frau Müller. Das müssen wir akzeptieren.“ Wichtig sei die soziale Absicherung von Müttern." (Süddeutsche)
Ein solcher hier erwähnter Mensch, der so denkt, wie Christa Müller, hat darüber tatsächlich schon mit Frau Tackmann auf "Abgeordneten-Watch" diskutiert. Es ist der Verfasser dieser Zeilen.

Wahrscheinlich sollten Kritiker des Ausbaus der Krippenbetreuung weniger die Schädlichkeit der Krippenbetreuung in den Vordergrund stellen, die möglicherweise individuell ganz unterschiedlich sein können und von Eltern auch sehr unterschiedlich empfunden werden können, sondern die Wahlfreiheit der Eltern für das jeweilige Betreuungsmodell und die finanzielle Unabhängigkeit der Mütter gegenüber den Vätern ihrer Kinder.

Bei diesem Thema wie wohl bei selten einem sonst ringen privateste Lebensmodelle miteinander, hier ringen Menschen miteinander, die sich für jeweils ganz unterschiedliche Lebensmodelle entschieden haben. Und natürlich verteidigt zunächst einmal jeder sein eigenes. Eine heillos verfahrene Debatte. Aber sie ist dadurch nicht besser geworden, daß man Eva Herman durch an den Haaren herbeigezogene Vorwürfe in dieser Debatte diskreditiert hat, so daß ihre Position heute wesentlich diskreditierter im öffentlichen Meinungsbild dasteht, als noch vor einigen Monaten.

Vielleicht setzen sich sachlichere, neutralere Positionen durch?
"Lafontaine sagte kürzlich dem Kölner Stadt-Anzeiger, der Saar- Landesverband setze sich für Wahlfreiheit und finanzielle Anerkennung häuslicher Erziehung und Pflege ein. Das dürften auch die Ost-Linken unterschreiben. " (Süddeutsche)
Müller ergriff in den Beratungen überraschend das Wort. Bei dem von ihrem Landesverband geforderten sozialversicherungspflichtige Erziehungsgehalt solle allen Eltern in den ersten drei Lebensjahren des Kindes 1600 Euro im Monat und bis zum sechsten Lebensjahr 1000 Euro gezahlt werden.
"Auf dieser finanziellen Grundlage können dann die Eltern selbstbestimmt entscheiden, was sie mit dem Geld machen." (Tagesschau)

"Der finanzmarktgetriebene Kapitalismus" - Oskar Lafontaine in Cottbus

"Die Linke", eine abscheuliche Partei mit guten Ansätzen

Den hinteren Teil und damit den wichtigsten Teil der Rede von Oskar Lafontaine auf dem Parteitag der "Linken" in Cottbus sah ich zufällig im Fernsehen. Und diese Ausführungen fand ich so eindrucksvoll, daß ich sie hier einstellen möchte. Die Rede ist im Netz zu finden (Die Linke), auch als 54-minütiges Video, in das es sich lohnt hineinzuschauen. Lafontaine, so schrieb die Presse, "rockte" den Saal. Das bloße Lesen des Textes gibt da den Eindruck noch nicht richtig wieder.

Ich kann mit fast allem übereinstimmen, was Lafontaine da inhaltlich im hinteren Teil seiner Rede sagt. Vor allem auch mit dem von ihm zum Ausdruck gebrachten Veränderungswillen. Und auch, was er einige Tage zuvor in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" (19.5.08) sagte:

"Die Nato war ein Verteidigungsbündnis und hatte vor dem Fall des Eisernen Vorhangs eine richtige Zielsetzung. Doch inzwischen ist die Nato zu einem Interventionsbündnis unter Führung der USA geworden. Diese gewandelte Nato lehnen wir ab."

"Wir freuen uns, wenn nun sogar der Bundespräsident fordert, die internationalen Finanzmärkte zu regulieren. Als ich das vor zehn Jahren als Finanzminister verlangt habe, bin ich von der britischen Sun zum gefährlichsten Mann Europas gekürt worden."

"Es ist ein Irrtum zu glauben, die Bedrohung käme in erster Linie von den Muslimen. Ich verweise auf ein kürzlich gegebenes Interview von Michail Gorbatschow. Er sagte im Daily Telegraph: "Die USA können kein anderes Land dulden, das unabhängig handelt. Jeder US-Präsident braucht seinen Krieg." Er habe manchmal das Gefühl, "dass die USA beabsichtigen, einen Krieg gegen die ganze Welt zu führen". Die Linke will keine Außenpolitik, die auf die militärische Eroberung von Rohstoffquellen und Absatzmärkten setzt."

Gegenfrage "Die US-Regierung ist aggressiver als der islamistische Terrorismus?"

Lafontaine: "Ich zitiere den Mann, der die deutsche Einheit ermöglichte."

Frage: "Die Zweifel an der Regierungsfähigkeit der Linken hängen auch mit Ihrem plötzlichen Rücktritt vom SPD-Vorsitz zusammen. Sie gelten seitdem als Verantwortungsflüchtling, auf den man sich nicht verlassen kann."

Lafontaine: "Ich konnte es nicht vor den Wählerinnen und Wählern verantworten, dass unsere Wahlversprechen auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen wurden. Der Jugoslawienkrieg und der Sozialabbau standen im krassen Widerspruch zu unserem Wahlprogramm. Für mich ist es verantwortungslos, nach der Wahl das komplette Gegenteil von dem zu machen, was man vor der Wahl versprochen hat."

Frage: "Im März 1999 hätten Sie als Finanzminister die Machtmittel gehabt, sich für die Regulierung der Finanzmärkte einzusetzen."

Lafontaine: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, dann den, dass ich zugelassen habe, dass Schröder Kanzler wurde. Mit diesem Makel werde ich leben müssen. Ich konnte die Regulierung der Finanzmärkte nicht voranbringen, weil der eigene Kanzler das im Verein mit Blair hintertrieben hat."

Frage: "Wäre es damals nicht produktiver gewesen, Ihre Gründe öffentlich zu machen und der SPD zu erklären?"

Lafontaine: "Ja, es war ein Fehler, aus falscher Rücksichtnahme auf die SPD zu lange geschwiegen zu haben."

Gregor Gysi - Stasi-Spitzel

Aber heute könnte er - um vordergründiger politischer Erfolge willen - wieder zu lange aus Rücksichtnahme für die "Linke" schweigen! - Was für eine widersprüchliche Partei: Gregor Gysi war nicht nur einfacher Stasi-Spitzel, sondern kungelte mit seiner Familie mit Erich Honecker persönlich, wie immer deutlicher wird und er erhielt von Erich Honecker persönlich Lob für die juristische Verteidigung eines DDR-Regime-Gegners. (- Wahnsinn!) Aber von seiner Partei und auch von Oskar Lafontaine wird er immer noch gedeckt.

Der Politiker Lafontaine „taktiert“


Sollte das Wort „taktieren“ in der Politik nicht endlich einmal zu einem Schimpfwort werden? Wie passt denn das zusammen, wenn Oskar Lafontaine einerseits Friedrich Ebert in seiner Rede den Vorwurf macht, die kommunistische Revolution zusammen mit den alten Eliten 1919/20 in Deutschland niedergeschlagen zu haben und in der gleichen Rede den Unrechts-Charakter der DDR geißelt? Deutschland hätte exakt einen solchen Unrechtsstaat, wie er 1919 schon in Russland verwirklicht wurde und nach 1945 schließlich in der DDR verwirklicht wurde, schon 1920 kennen gelernt, wenn eben Friedrich Ebert nicht so gehandelt hätte, wie er es getan hat.

Da beruft sich Lafontaine also kräftig auf Karl Marx, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht - aber wenigstens die beiden letzteren waren doch Leninisten. Rosa Luxemburg hätte – genauso wie Lenin und Stalin - jederzeit Gewalt zur Unterdrückung Andersdenkender benutzt, wie man heute aus ihren eigenen Äußerungen weiß (etwa gegenüber dem Sozialdemokraten August Winnig). Dennoch beruft sich Lafontaine auf sie!

Und zu Herrn Gysi heißt es in der "Welt" unter anderem:

"Der DDR-Experte Hubertus Knabe forderte Gysi auf, seine Zulassung zurückgeben. Ein Anwalt, der in einem Rechtsstreit der gegnerischen Partei diene, werde in Deutschland mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft: "Den Unterlagen zufolge hat Gysi vermutlich genau das getan." Es werde Zeit, dass er das unwürdige Versteckspiel um seine Vergangenheit beende. Wenn die Unterlagen früher gefunden worden wären, erklärte der Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen weiter, hätte die Staatsanwaltschaft gegen Gysi höchstwahrscheinlich ein Ermittlungsverfahren wegen Parteiverrat eingeleitet. Auch die Bundesrechtsanwaltsordnung sehe vor, Personen die Zulassung zu versagen, wenn sie sich eines Verhaltens schuldig gemacht hätten, das sie unwürdig erscheinen ließe, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben. "Was in einer Demokratie eine schwere Straftat ist, ist in einer Diktatur noch viel verwerflicher: einen Mandanten an die Behörden zu verraten", so der Stasi-Experte. Die jetzt gefundenen Unterlagen legten den dringenden Verdacht nahe, dass Gysi eben dies getan habe. (...)

Konsequenzen fordert die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Thüringen, Hildigund Neubert: "Gregor Gysi soll sich am 11. Juni ins Goldene Buch der Stadt Erfurt eintragen dürfen. Angesichts der erheblichen Zweifel an der Vorbildhaftigkeit seiner Persönlichkeit halte ich das für eine Beschmutzung des goldenen Glanzes." (...)

Unmittelbar vor dem heute beginnenden ersten Bundesparteitag der Linkspartei in Cottbus attackierte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla Gysi. Er stehe "exemplarisch für die Weigerung der SED-Nachfolgepartei, sich intensiv mit der dunklen Seite ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Dieses Verhalten ist und bleibt unerträglich"."

Wie sehr Herr Gysi nicht nur Robert Havemann bespitzelt hat, sondern auch einen gegenüber dem Staat "negativ" eingestellten Abiturienten und wie sehr in der Familie Gysi mit Honecker persönlich "geklüngelt" wurde, geht aus einem neuen "Spiegel"-Bericht hervor.

In was für einem merkwürdigen Staat leben wir? Und was für eine merkwürdige Partei ist das, "Die Linke"???

Ein ergänzendes "Studium generale"

Bisher gab es nur ein "Studium generale" (hier).

Der Wissenschafts-Blog "Studium generale" war Anfang 2006 gegründet worden. Dazu gehören inzwischen ein englischsprachiger Blog (hier), eine Buchhandlung (hier), eine "Schriftenreihe" (hier).

Damit in der äußeren Gliederung mehr unterschieden werden kann, zwischen "Kernthemen" und "ergänzenden Beiträgen" werden letztere künftig in diesen neuen Blog "Studium generale - Ergänzendes" ausgegliedert. So werden vielleicht künftig Beiträge zu Themen wie Familienpolitik, soziale Gerechtigkeit, Kinderpsychologie, Politik allgemein, Zeitgeschichte, Kunst, Kultur und unterhaltsamen Themen eher in diesem ergänzenden Blog behandelt werden.

Das soll aber nicht heißen, daß diese Themen nicht auch auf dem Hauptblog aufgegriffen werden, wenn ein Beitrag einmal besonders wichtig erscheinen sollte. Zumal ja in einem guten "Studium generale" Bezüge zwischen Grundlagen- und "angewandteren" Themen eigentlich selbstverständlich sein sollten.

Mitarbeit

Das interdisziplinäre Gespräch zwischen Natur- und Geisteswissenschaften und damit auch "informierten" und insbesondere "wissenschaftlich informierten Journalismus" gibt es auch und gerade heute, auch auf Gebieten wie der Politik oder der Familienpolitik noch viel zu wenig - trotz vieler neuer, auch deutschsprachiger Wissenschafts-Blogs und auch manches politisch engagierten Blogs. Mitarbeit und Gastbeiträge, zumal auch für diesen neuen Blog, die so in etwa auf der Linie der bisherigen Beiträge liegen, sind deshalb willkommen.
(das letzte mal überarbeitet, 4.9.08)